Modalohr - Ein Konzept für die nahe Zukunft?

Strecken und Fahrzeuge des Güterverkehrs
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eltrevisor
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Beitrag von eltrevisor »

Hallo,

dieses Konzept war mir bisher neu:

Modalohr-Züge

Berückend finde ich die Idee der einfachen Terminals und der schnellen Be- und Entladung. Weiß jemand, ob solche Verbindungen auch bei uns konkret angedacht sind?

Auf alle Fälle könnte man so m.E. viel mehr Terminals in die Fläche bringen.

cu
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Wenn Du Dir den Film in diese Präsentation ansiehst, weißt Du die Antwort ;) . Ja, es ist geplant, und sogar weiter nach Polen und Italien.

http://www.modalohr.com/pack_modalohr/video.html

Aber für die Fläche ist das nicht geeignet. Allenfalls Zwischenstationen wären sinnvoll.
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Beitrag von 146225 »

Autobahn @ 8 Apr 2009, 16:29 hat geschrieben: Aber für die Fläche ist das nicht geeignet. Allenfalls Zwischenstationen wären sinnvoll.
Wenn das nicht für die Fläche geeignet ist, was dann ? Ein Gleis mit asphaltiertem Platz an der Seite findet sich noch am ehesten irgendwo bzw. läßt sich günstiger einrichten als eine Krananlage.
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JNK
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Beitrag von JNK »

Ich sehe da zwei Schwierigkeiten in Bezug auf die Verwendung in Deutschland, andere Länder mag ich nicht beurteilen. Das heißt, Frankreich und Alpenquerverkehrt ist, denke ich optimal. Die Ausrichtung auf Paris ist in Frankreich ja bekannt und der Spanien-Deutschlandverkehr hat auch nicht viele Wahlmöglichkeiten zwische Marseille und Nancy.

Die Frage ist, was mit den Zugmaschinen passiert und wie die Speditionen damit umgehen. Beauftrage ich bspweise eine Spedition damit Fracht von Lyon nach Kiel zu bringen, fährt ein Laster runter, nimmt die Fracht auf und kommt zurück. Eine Spedition - ein Preis - ein Ansprechpartner.
Bei Modalohr brauch ich eine Spedition die den Auflieger mit der Fracht zum Knoten Lyon bringt, ich brauche ein EVU für den Transport nach Hamburg oder Kiel, und eine Spedition, die den Auflieger zum Bestimmungsort bringt. 3 Unternehmen - 3 Rechnungen - 3 Ansprechpartner.
Man müsste also ein Verfahren entwickeln, wie mit den zurückbleibenden Zugmaschienen umgegangen wird.

Die zweite Frage wäre die nach der Regelmäßigkeit und der Berechenbarkeit Just-in- Time muss, denke ich, weiter gewährleistet sein.

Keine unlösbaren Fragen, aber man weiß ja, dass das keine Garantie ist.
dragon46
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Beitrag von dragon46 »

JNK @ 8 Apr 2009, 20:05 hat geschrieben: Die Frage ist, was mit den Zugmaschinen passiert und wie die Speditionen damit umgehen. Beauftrage ich bspweise eine Spedition damit Fracht von Lyon nach Kiel zu bringen, fährt ein Laster runter, nimmt die Fracht auf und kommt zurück. Eine Spedition - ein Preis - ein Ansprechpartner.
Bei Modalohr brauch ich eine Spedition die den Auflieger mit der Fracht zum Knoten Lyon bringt, ich brauche ein EVU für den Transport nach Hamburg oder Kiel, und eine Spedition, die den Auflieger zum Bestimmungsort bringt. 3 Unternehmen - 3 Rechnungen - 3 Ansprechpartner.
Man müsste also ein Verfahren entwickeln, wie mit den zurückbleibenden Zugmaschienen umgegangen wird.
Sorry, aber das ist vollkommen falsch. Ein Spediteur, der so handelt, wäre ziemlich dumm (und Du gleich mit, weil Du dann eine komplette Leerfahrt mitzahlen würdest, wenn Du diesen Transportweg wünscht). Entweder lässt der Spediteur das seinen Partner in Lyon machen (für den es dann eine entsprechende Rückladung gibt), die Sendung wird gesammelt mit anderen Gütern transportiert oder gleich über eine Frachtbörse ausgeschrieben, wo es dann ein Sub-Sub-Kabotage-Fahrer aus Polen zum Dumpingtarif macht...

Merke: Leerfahrten sind das absolute No-Go in der Logistikbranche. Auch wenn Du sie bezahlen würdest, der LKW würde trotzdem nicht leer fahren (und der Spediteur verdient dann zweimal ;) ). Sowohl aus der finanziellen als auch ökologischen Sicht, gibt es keinen Grund für Leerfahrten.

Heute läuft alles über Partner und Netzwerke: Dachser, Ascherl, Werndl, werauchimmer agieren weltweit mit Partnerfirmen. Oder meinst Du, dass z. B. Panalpina (die größte Luftfrachtspedition der Welt) in jedem Kaff einen LKW stehen hat? Wohl kaum... Auch wenn Du es nicht merkst, aber Deine Ladung geht über mehrere Partner und wird mehrmals umgeladen. Ansprechpartner ist aber immer der selbe für Dich. Hier wird wahrscheinlich auch Autobahn nochmal nützlichen Input liefern, sozusagen aus erster Hand (ich bin seit Anfang des Jahres raus aus dem Geschäft - und Müll muss nicht weit transportiert werden ;) )

Und das ist genau das selbe, wenn das Modalohr-Konzept von den Speditionen genutzt wird. Es wird bei einem Ansprechpartner bleiben. Wenn Du Luftfracht verschickst, erteilst Du auch den Auftrag der entsprechenden Spedition und fertig. Die wird ja dann bezahlt, dass sie sich mit Partner, eigenen Abläufen, Fluglinie etc. auseinander setzt. Bei diesem Zugkonzept würde sich für den Kunden nichts ändern. Die RoLa muss ja auch nicht vom Speditionskunden gebucht werden, oder?

Das Konzept ist durchaus interessant und stellt durchaus eine sinnvolle Ergänzung zum Verkehr mit genormten Ladungsträgern (Container, Wechselbrücken) dar. Denn es hat einen wichtigen Vorteil: Die Fracht muss nicht mehr umgeladen werden. Selbst wenn der Auflieger mehrmals die Waggons wechseln muss, die Ware selbst muss nicht in die Hand genommen oder bewegt werden. Das reduziert Aufwand, Schäden und Fehler. Das macht das ganze sinnvoll. Bei RoLa steht eine Zugmaschine nutzlos auf dem Waggon, die woanders besser verwendet werden kann (nicht nur Leerfahrten, auch Standzeiten sind zu vermeiden - die Dauer des RoLa-Transports ist tote Zeit für die Zugmaschine). Daher macht das Konzept viel Sinn und würde mein Konzept des Longhaul-Transportes treffen: Bündelung via Zug über lange Strecken, das Sammeln und Verteilen übernimmt dann wieder der Individualverkehr der Speditionen.

Es bleiben aber noch ein paar interessante Fragen:

- Wie wird der Ablauf bei Auf- und Abladen organisiert? Bei Fahrern aus allen EU-Ländern mit allen Varianzen des IQs kann da schonmal der falsche Auflieger von einem Fahrer mitgenommen werden.
- Was passiert, wenn am Entladepunkt X die Zugmaschine Y nicht vor Ort ist, weil sie liegen geblieben etc. ist? Evtl. wäre es sinnvoll, den direkten Umschlag selbst mittels eigener Zugmaschinen zu erledigen, um die Prozesse strukturiert zu halten.
- Der Umschlag selbst ist im Video stark vereinfacht worden. Mal schnell loshaken und ab mit der Zugmaschine ist nicht drin. Ein bisschen gehört da schon dazu, was wiederum die Aufenthalte verlängert.

Es lohnt sich auf jeden Fall, das Konzept im Auge zu behalten....

Grüße


dragon46
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

JNK @ 8 Apr 2009, 20:05 hat geschrieben:Die Frage ist, was mit den Zugmaschinen passiert und wie die Speditionen damit umgehen. Beauftrage ich bspweise eine Spedition damit Fracht von Lyon nach Kiel zu bringen, fährt ein Laster runter, nimmt die Fracht auf und kommt zurück. Eine Spedition - ein Preis - ein Ansprechpartner.
Bei Modalohr brauch ich eine Spedition die den Auflieger mit der Fracht zum Knoten Lyon bringt, ich brauche ein EVU für den Transport nach Hamburg oder Kiel, und eine Spedition, die den Auflieger zum Bestimmungsort bringt. 3 Unternehmen - 3 Rechnungen - 3 Ansprechpartner.
Man müsste also ein Verfahren entwickeln, wie mit den zurückbleibenden Zugmaschienen umgegangen wird.

Die zweite Frage wäre die nach der Regelmäßigkeit und der Berechenbarkeit Just-in- Time muss, denke ich, weiter gewährleistet sein.

Keine unlösbaren Fragen, aber man weiß ja, dass das keine Garantie ist.
Bei diesem System werden nicht komplette Sattelzüge transportiert, sondern nur die Auflieger. Der Verlader (so nennt man den Absender der Ware) braucht auch keine drei Ansprechpartner, sondern nur seinen Hausspediteur. Dieser stellte den Trailer bei ihm an die Rampe, fährt nach der Beladung damit zum Modalohr-Terminal, wo der Auflieger mit Zieladresse und Frachtpapieren versehen verladen wird. Anschließend übernimmt die Zugmaschine einen leeren (oder beladenen) Auflieger und bringt ihn zum Empfänger.

Mit der Bahn wird der beladene Trailer zum Zielbahnhof gebracht. Dort wartet bereits ein Trucker, um den Trailer mit der wertvollen Fracht auf kürzestem Weg zum Empfänger zu bringen. Nach der Entladung fährt er zur nächsten Ladestelle und nach Beladung wieder zum Terminal. Dort geht der Auflieger wieder auf den Zug und ab geht´s.

Die großen Speditionen verfügen über ein europaweites Netz von Niederlassungen oder Vertragspartnern und sind darüber hinaus auch untereinander vernetzt. Und die "kleinen Krauter" mit einem bis drei Sattelzügen sind ohnehin nur regional tätig. Es gibt aber auch selbstfahrende Unternehmer, die nur eine Zugmaschine besitzen und auf solche Aufträge von großen Speditionen angewiesen sind.

Der Hausspediteur übernimt das Routing, rechnet mit den beteiligten Unternehmen ab und erstellt eine Gesamtrechnung. ²)

Natürlich müssen die Modalohrzüge nach Fahrplan und pünktlich fahren. Dann ist Just-in-Time kein Problem. Aber genau da dürfte das große Problem liegen. So lange sich Güterzüge in Deutschland mit der Durchschnittgeschwindigkeit eines Radfahrers durchs Land quälen, bringt das alles nichts.

²) Für Kuriersendungen funktioniert das über Netzwerke weltweit problemlos. Und da wird manchmal auch der IC-Kurier eingesetzt :D
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Beitrag von JNK »

Aha, dann entschuldige ich mich für meinen Stuss. Ich hatte gedacht da wäre mehr Konkurrenz am Werk.
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Beitrag von 146225 »

Autobahn @ 8 Apr 2009, 20:58 hat geschrieben: Natürlich müssen die Modalohrzüge nach Fahrplan und pünktlich fahren. Dann ist Just-in-Time kein Problem. Aber genau da dürfte das große Problem liegen. So lange sich Güterzüge in Deutschland mit der Durchschnittgeschwindigkeit eines Radfahrers durchs Land quälen, bringt das alles nichts.
Natürlich ist dies ein Punkt, an dem man ansetzen muß. Das bedeutet unter anderem, den ziellosen Abbau von Gütergleisen zu stoppen bzw. umzukehren.

Gerade aber Verkehre wie die PIC zeigen, daß durchaus die meisten Relationen von Ballungsraum zu Ballungsraum innerhalb Deutschlands auch per Güterzug im Nachtsprung - abends weg, morgens dort - fahrbar sind, wenn es gefordert und eingeplant wird. Und das dürfte für die allermeisten Güter gut ausreichen.

Die zitierte niedrige Durchschnittsgeschwindigkeit enthält übrigens ja alles - vom 5000-t-Erzbomber bis zur Bedienfahrt mit 1-2 Wagen. Würde man nur den KLV isoliert betrachten, läge sie wahrscheinlich höher.
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Beitrag von Autobahn »

dragon46 @ 8 Apr 2009, 20:54 hat geschrieben:Merke: Leerfahrten sind das absolute No-Go in der Logistikbranche. Auch wenn Du sie bezahlen würdest, der LKW würde trotzdem nicht leer fahren (und der Spediteur verdient dann zweimal  ;) ). Sowohl aus der finanziellen als auch ökologischen Sicht, gibt es keinen Grund für Leerfahrten.
Ein guter Spediteur rechnet bei gleicher Lieferadresse, aber unterschiedlichen Auftraggebern doppelt ab :lol:

Leerfahrten sind wirklich das Letzte, was ein Spediteur braucht. An zweiter Stelle kommt eine schlechte Termin- und Routenplanung. Aber das zu vertiefen, wäre O.T.
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Beitrag von Autobahn »

JNK @ 8 Apr 2009, 21:06 hat geschrieben:Aha, dann entschuldige ich mich für meinen Stuss. Ich hatte gedacht da wäre mehr Konkurrenz am Werk.
Es war kein Stuss, sondern Unkenntnis der Materie. Natürlich kämpft jeder Spediteur um einen Auftrag. Da er vieles aber nicht allein bewältigen kann, braucht er Partner. Sogar die große DHL bedient sich gelegentlich der Dienste meines im internationalen Vergleich kleinen Arbeitgebers, weil er genau diese spezielle Relation in der erforderlichen Zeit nicht realisieren kann. Aber auch die anderen Größen der Branche stehen auf der Kundenliste, auch DB Schenker :)

Umgekehrt nutzen wir auch die Dienste von DHL, UPS oder TNT, weil wir (noch) keine eigenen Frachtflieger besitzen.
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Beitrag von Autobahn »

146225 @ 8 Apr 2009, 21:13 hat geschrieben:Gerade aber Verkehre wie die PIC zeigen, daß durchaus die meisten Relationen von Ballungsraum zu Ballungsraum innerhalb Deutschlands auch per Güterzug im Nachtsprung - abends weg, morgens dort - fahrbar sind, wenn es gefordert und eingeplant wird. Und das dürfte für die allermeisten Güter gut ausreichen.
Ich kenne die Fahrtzeiten von PIC nicht, darum will ich auch nicht unterstellen, dass sie nicht ausreichen. Aber wie sieht es mit z.B. einer Palette/100 Kg von Hamburg nach München aus? Ist für einen Güterwaggon etwas wenig, auch für einen 40 Tonnen Sattelzug.

Schön wäre es, wenn eine solche Sendung um 20:00 h in Hamburg (mit Gabelstabler) verladen würde und am nächsten Morgen um 08:00 h in München mit einem Gabelstabler auf ein Nahverkehrsfahrzeug umgeladen würde.
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Beitrag von eltrevisor »

Hallo,
@Autobahn: Wenn Du Dir den Film in diese Präsentation ansiehst, weißt Du die Antwort wink.gif . Ja, es ist geplant, und sogar weiter nach Polen und Italien.
Hm, das Video habe ich schon gekannt, aber es erschien mir etwas zu sehr auf Matketing gemacht. Die vielen am Schluss eingezeichneten Strecken sind vlt. Wunschdenken entsprungen, so scheint es mir.

Frage ist: Sind die Planungen konkret, gibt es schon festgelegte Standorte der Umladestation bzw. Linien?

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Beitrag von dragon46 »

Mal eine kleine Anekdote zum Thema Güterverkehr: Letztes Jahr war ich mal auf der Homepage von Railion unterwegs und dort fiel mit ein Passus in den AGBs auf: Verspätungen sind erst Verspätungen, wenn die Ware um 86 (? - um die genaue Zahl bin ich nicht sicher, aber es war in dem Bereich) Stunden nach einem garantierten Ankunftstermin ankommt. Da habe ich erstmal schlucken müssen. 86 Stunden nach einem garantiertem (!) Ankunftstermin? Sowas kanns auch nur bei der Bahn geben, jedes andere Unternehmen würde dafür zerissen werden :ph34r:
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Beitrag von 146225 »

Autobahn @ 8 Apr 2009, 21:49 hat geschrieben: Ich kenne die Fahrtzeiten von PIC nicht, darum will ich auch nicht unterstellen, dass sie nicht ausreichen. Aber wie sieht es mit z.B. einer Palette/100 Kg von Hamburg nach München aus? Ist für einen Güterwaggon etwas wenig, auch für einen 40 Tonnen Sattelzug.

Schön wäre es, wenn eine solche Sendung um 20:00 h in Hamburg (mit Gabelstabler) verladen würde und am nächsten Morgen um 08:00 h in München mit einem Gabelstabler auf ein Nahverkehrsfahrzeug umgeladen würde.
Genau da ist der Punkt, daß es für einen Güterwagen etwas wenig ist. Deswegen können und sollen ja auch Sammelgutspediteure diese Palette beim Versender abholen (zu Deiner Jugendzeit nannte sich das "Bahnamtliche Rollfuhr") und dann aber vom Umschlagszentrum in Hamburg ihren "gesammelt vollen" Wechselbehälter / Auflieger auf einen Waggon stellen, der bei einer Abfahrt gegen 20:00 Uhr sicherlich am nächsten Morgen vor 8:00 Uhr beim Umschlagszentrum in München einlaufen kann. Dort kann wieder der örtlich zuständige Nahbereichs-Spediteur das Geraffel dorthin bringen, wo es gerade verlangt wird.

Würde man sich darauf konzentrieren, diese Zusammenarbeit Güterbahn/LKW zu perfektionieren, - und gerade dieses "Modalohr" - Konzept ist wegen seiner Einfachheit ein Schritt dazu - dann könnten beide profitieren. Zum Beispiel auch der Hamburger LKW-Fahrer. Der hat gegen 20 Uhr dann nämlich Feierabend, statt noch ewig durch die Nacht gen Süden zu gondeln...
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Beitrag von JNK »

Autobahn @ 8 Apr 2009, 21:29 hat geschrieben: Es war kein Stuss, sondern Unkenntnis der Materie.
Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal ... :rolleyes:

Zum Thema: Wie wirkt sich das denn auf die Auflieger aus? Ist es möglich, das Ganze so zu gestalten, dass ein Auflieger immer nur zwischen zwei Filialen oder befreundeten Firmen pendelt, oder wäre es vielleicht sogar sinnvoller, wenn man die Auflieger von den Speditionen löst, sodass die "frei" im System (wenn es denn eines wird) unterwegs sein können? Also Spedition A schickt einen Auflieger nach Prag, von dort geht er nach Lille, dann nach Madrid, nach Brest, nach Edinburgh, nach Paris, nach Frankfurt etc., ohne das Spedition A sich darum kümmern muss, sondern die Verkehrssichertheit etc. liegt beim Modalohr-System.
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Beitrag von Autobahn »

146225 @ 9 Apr 2009, 21:09 hat geschrieben:Genau da ist der Punkt, daß es für einen Güterwagen etwas wenig ist. Deswegen können und sollen ja auch Sammelgutspediteure diese Palette beim Versender abholen (zu Deiner Jugendzeit nannte sich das "Bahnamtliche Rollfuhr") und dann aber vom Umschlagszentrum in Hamburg ihren "gesammelt vollen" Wechselbehälter / Auflieger auf einen Waggon stellen, der bei einer Abfahrt gegen 20:00 Uhr sicherlich am nächsten Morgen vor 8:00 Uhr beim Umschlagszentrum in München einlaufen kann. Dort kann wieder der örtlich zuständige Nahbereichs-Spediteur das Geraffel dorthin bringen, wo es gerade verlangt wird.
Die Bahnamtliche Rollfuhr kenne ich noch zu gut. Dieses vom Gedanken her richtige System hat sich aber wegen der langen Umschlagzeiten als ineffizent erwiesen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Die damaligen Güterwagen waren umständlicher und damit zeitaufwändiger zu be- und entladen, als ein LKW. Ein Zug war/ist nur dann wirtschaftlich, wenn möglichst viele Waggons hinter der Lok hängen. Das erfordert zusätzliche Zeit, um den Zug zusammen zu stellen. Evtl. muss er auf der Strecke ein oder mehrmals geteilt und neu zusammengestellt werden etc.

Die LKW fahren dagegen Nacht für Nacht sternförmig zu den HUB´s, wo die Ware in kürzester Zeit umgeschlagen werden kann.

Zu Zeiten der "Bahnamtlichen Rollfuhr" gab es keinen 24h bzw. "Next Day" Service, was heute fast Standart ist. Heute kannst Du sogar einen "Sameday" Service (natürlich gegen entsprechende Bezahlung) bestellen. Und das nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Wie ich oben schon schrieb, ist da auch im Einzelfall die DB beteiligt ;) Für den Stückgutverkehr ist für die Bahn sprichwörtlich der Zug abgefahren.
146225 @ 9 Apr 2009, 21:09 hat geschrieben:Würde man sich darauf konzentrieren, diese Zusammenarbeit Güterbahn/LKW zu perfektionieren, - und gerade dieses "Modalohr" - Konzept ist wegen seiner Einfachheit ein Schritt dazu - dann könnten beide profitieren. Zum Beispiel auch der Hamburger LKW-Fahrer. Der hat gegen 20 Uhr dann nämlich Feierabend, statt noch ewig durch die Nacht gen Süden zu gondeln...
Das Modalohr - Konzept ist in der Tat sehr gut. Aber eben nur für komplette Ladungen.

Herunter gebrochen auf Stückgut, ein Spediteur sammelt in Hamburg Stückgut ein, belädt einen Auflieger für München und fährt ihn auf den Zug. Dort holt ihn der Vertragspartner (oder die Niederlassung) ab, und beginnt mit der Auslieferung.

Doch leider sieht die Praxis anders aus. Von den 20 Tonnen eingesammelter Ware gehen nur 2 nach München, der Rest in alle anderen Teile der Republik, der EU und Übersee. Und da sieht das Routing ganz anders aus.

Nun ja, über die Psyche eines Truckers will ich nicht diskutieren, das ist eine Spezies für sich. Doch Gott sei Dank gibt es Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten, die immer stärker kontrolliert werden. Der LKW-Fahrer, der in Hamburg die Ladungen vorholt, hat um 20:00h Feierabend, sein Kollege übernimmt die Nachtschicht. So zumindest bei verantwortungsvollen Unternehmen. Und das dürften trotz mancher negativer Meldungen in der Presse die meisten sein.
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