Warum Riffelung der Seitenwände?

Rund um die Technik der Bahn
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Oliver-BergamLaim
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Immer wieder tauchen Eisenbahnfahrzeuge auf, deren Seitenwände geriffelt sind. Die BR 189 ist ein gutes Beispiel aus aktueller Zeit. Ich frage mich immer wieder: warum haben manche Fahrzeuge das, warum andere nicht? Bringt das konstruktionsbedingt bzw. statisch irgendwelche Vorteile? Für die Reinigung der Fahrzeuge dürfte es ja eher kontraproduktiv sein, je glatter die Außenfläche eines Fahrzeuges desto einfacher die Reinigung dachte ich immer...
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Luchs
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Beitrag von Luchs »

Ja, die Riffelung übernimmt statische Aufgaben. Es wird vor allem bei Fahrzeugen angewandt, bei denen man innen wenig Platz für entsprechende Versteifungen hat (daher bei der 189, aber nicht beim Taurus).

Die Reinigung interessiert dabei überhaupt nicht. Warum sollte die Riffelung für die rotierenden Bürsten ein grösseres Problem sein?

Luchs.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Die gesickten Wände sollten auch beim Lackieren kein Problem sein; einzig bekleben stell ich mir da aufwendiger vor.
Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Luchs @ 22 Aug 2009, 11:10 hat geschrieben: Warum sollte die Riffelung für die rotierenden Bürsten ein grösseres Problem sein?
Natürlich bleibt der Dreck da besser hängen. Das ist in etwa der selbe Effekt wie beim Zähneputzen. ;)
Aber in der Realität ist es wurscht, weil so ein Fahrzeug ja nicht nur aus einem glatten oder gesickten Wagenkasten besteht, sondern auch aus Lüftergittern, Spalten, Trittstufen, Griffstangen, etc.
Oliver-BergamLaim
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Luchs @ 22 Aug 2009, 11:10 hat geschrieben: Die Reinigung interessiert dabei überhaupt nicht. Warum sollte die Riffelung für die rotierenden Bürsten ein grösseres Problem sein?
Naja, beim Münchner M-Wagen ließ man zur Serie M5.65 extra die Fensterunterkante entfallen, und zwar ausdrücklich da dadurch die maschinelle Reinigung erleichert wird...
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Also ich sehe den Hauptnachteil der Riffelung in der schlechteren Aerodynamik (größere umspülte Fläche). Deswegen ist die Riffelung wohl auch eher im Bereich von Güter und Nahverkehrslokomotiven anzutreffen.
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Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Also ich sehe den Hauptnachteil der Riffelung in der schlechteren Aerodynamik (größere umspülte Fläche).
Wobei das bei einer Lok mit einem langen Zug dran, kaum auffallen dürfte, wenn ich mir anschaue, was ein ICE3 alles auf'm Dach hat. Kennst du dieses berühmte Flugzeug? B)
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Letztlich dürfte es bei der Konstruktion von Loks oder Wagen darauf ankommen, wie's mit dem Gewicht aussieht. Wenns eng wird, wird man auf Sicken ausweichen.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Rohrbacher @ 22 Aug 2009, 16:10 hat geschrieben: Wobei das bei einer Lok mit einem langen Zug dran, kaum auffallen dürfte, wenn ich mir anschaue, was ein ICE3 alles auf'm Dach hat. Kennst du dieses berühmte Flugzeug? B)
Man hat seit den 30er Jahren ja auch ein bisschen dazugelernt. :)
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Beitrag von Rohrbacher »

Iarn @ 22 Aug 2009, 16:18 hat geschrieben: Man hat seit den 30er Jahren ja auch ein bisschen dazugelernt. :)
Schon, aber die Maschine fliegt (Aerodynamik in Reinform!) trotzdem... Ich denke, ein ICE mit Wellblech wäre aerodynamisch so viel schlechter auch nicht, auf die wirklichen aerodynamischen Feinheiten schaut man bei der Bahn ja nicht, sonst sähen die Züge teilweise anders aus.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Wobei ein ICE3 schon eine höhere Vmax hat als die Tante Ju. Von der Reisegeschwindigkeit der 52er gar net zu reden. :lol:
Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Die Ju52 hebt bei 120 km/h etwa ab, Reisegeschwindigkeit ist 180 km/h, Vmax ist 290 km/h. Wie gesagt, beim Fliegen ist Aerodynamik ein deutlich gewichtigeres Kriterium als bei der Eisenbahn, weil ein Flugzeug ohne aerodynamische Effekte gar nicht oder nicht gescheit fliegen würde. Das bisschen mehr Oberfläche... ein paar parallel zur Windrichtung verlaufende Sicken dürften bei einer ganzen Lok sogar richtig wurscht sein.

Die vorhin genannten Effekte beeinträchtigen die Aerodynamik vor allem bei höheren Geschwindigkeiten viel mehr, durch mehr Stirnflächen und Kanten, wo der Luftstrom abreißt und sich Luftverwirbelungen bilden. Natürlich kann man Aerodynamik bis in den Nanobereich treiben, z.B. bei Anzügen für Skispringer, aber so lange ein ICE diese Tupperschüsseln auf'm Dach hat, die Drehgestelle vorne "aus der Nase rausragen" und nicht verkleidet sind und die E-Ausrüstung einfach so auf'm Dach rumsteht, kann man denke ich drauf verzichten. Erst Recht bei einem Güterzug, wo die Container mit ein, zwei Wagen "Sicherheitsabstand" beladen werden und sich vor jedem Container die Luft staut. Oder bei einem gemischten Güterzug mit abwechselnd hohen und niedrigen Wagen... Auch bei nur 90 km/h ist da ja schon einiges an Wind, wenn's einen bei 'nem Schnellboot bei 70 km/h fast über die Reeling weht, wenn man voll im Wind steht (und nicht nur die Hand raushält), dann kann man sich vielleicht vorstellen, was ein Güterzug an Energie vernichtet. Was sind da ein paar parallel zum Wind eingebaute Sicken von 2-3 cm Tiefe? :unsure:
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Luchs
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Beitrag von Luchs »

Ich denke es gibt nur einen Nachteil für die Sicken: sie sind deutlich teurer in der Herstellung.

@spock, nein. Produktionsbedingt kann es in den Sicken eigentlich keine Hohlräume dahinter geben. Die Kanten sind abgerundet und die das Blech wird wohl kaum auf ganz 90° abgekantet sein. Deswegen kommen die Bürsten da auch hin. Wenn man es überhaupt probiert :-o

Luchs.
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120 160-7
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Beitrag von 120 160-7 »

Iarn @ 22 Aug 2009, 15:56 hat geschrieben: Also ich sehe den Hauptnachteil der Riffelung in der schlechteren Aerodynamik (größere umspülte Fläche). Deswegen ist die Riffelung wohl auch eher im Bereich von Güter und Nahverkehrslokomotiven anzutreffen.
Die schweizer Re 460/465 würde ich dieser Kategorie nicht unbedingt zuordnen. Die wird auch fleißig beklebt.
DumbShitAward
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Beitrag von DumbShitAward »

Das Prinzip ist ja (schon allein dank Tante Ju) nichts neues. Wellblech hat ne deutlich höhere Stabilität, man schaue sich einmal einen Handelsüblichen Karton an, ist im Prinzip das gleiche. Versuch das mal mit ner ähnlichen Papiermenge nachzubauen... das Ding knickt ein wie nen Schäuble-Gesetz vor'm BVerfG
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
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Beitrag von EasyDor »

Interessant find ich in dem Zusammenhang, warum Richtung Osten Sicken immer mehr zum Standard werden. Selbst die neuesten Wagen in Russland haben sie, nur der Velaro nicht... ;)

Ich würde auf jeden Fall sagen dass die 189 das wegen der Stabilität hat. Da steckt so viel Technik drin dass man wahrscheinlich einfach auf den einen oder anderen Träger verzichtet hat. Evtl auch um die Modularität noch zu verbessern...
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Unkannter Verfasser - nicht A. Einstein
ChoMar
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Beitrag von ChoMar »

Die Sicken steigern die Stabilität in Längsrichtung. Aber eben NUR in eine richtung. Kreuzsicken etc. sind schon wieder "murks". In Längsrichtung sind sie dann aber eine ziemlich vernünftige Methode.
Wirklich Argumente dagegen gibt es auch nur aus dem bereich, weil sie die Stabilität in andere Richtungen reduzieren. Was die Verwirbelungen angeht, sind die bei einem Zug wirklich zu vernachlässigen. Reinigungstechnisch dürfte es auch egal sein. Die dreckigsten Loks sind eh die 101er und 120er, und die haben beide keine Sicken.
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