ETCS

Rund um die Technik der Bahn
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josuav
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Beitrag von josuav »

Danke für dein Konzept. :)

Wieso brauchen eigentlich Signale und Weichen so lange zum Schalten, spätestens nach 10 Sekunden sollten sogar die größten Weichen gestellt sein?

Außerdem sollte man beim Zugsicherungsystem nicht sparen, LZB sollte mindestens drin sein, besser ETCS mit Moving Block, wobei dann natürlich auch die Züge damit ausgerüstet sein müssten. Aber das werden sie über kurz oder lang eh alle. ;)
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Beitrag von JeDi »

josuav @ 25 Nov 2009, 19:48 hat geschrieben: Außerdem sollte man beim Zugsicherungsystem nicht sparen, LZB sollte mindestens drin sein, besser ETCS mit Moving Block, wobei dann natürlich auch die Züge damit ausgerüstet sein müssten. Aber das werden sie über kurz oder lang eh alle. ;)
Was ist an ETCS besser als an der normalen LZB? Und Moving Block - egal welcher Form - wirst wohl eh nicht zugelassen kriegen. Und ETCS Level 3 wird wohl eh noch etwas länger dauern.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Ich hab mal ein neues Thema draus gemacht, da das ja eher allgemeine Fragestellungen sind.
josuav @ 25 Nov 2009, 19:48 hat geschrieben:Wieso brauchen eigentlich Signale und Weichen so lange zum Schalten, spätestens nach 10 Sekunden sollten sogar die größten Weichen gestellt sein?
10 Sekunden sollten schon reichen. Aber die 10 Sekunden sind ja nicht das einzige was den Mindestabstand zwischen den Zügen ausmacht.
Außerdem sollte man beim Zugsicherungsystem nicht sparen, LZB sollte mindestens drin sein, besser ETCS mit Moving Block, wobei dann natürlich auch die Züge damit ausgerüstet sein müssten. Aber das werden sie über kurz oder lang eh alle. ;)
Genau genommen ist der Vergleich LZB mit ETCS kein zulässiger Vergleich - wenn dann müsste man LZB mit Euroradio als ÜBertragungsweg und Eurobalise als Ortungssystem vergleichen (und da gibt es keine sooo grundlegenden Unterschiede, außer dass Euroradio ein paar Probleme hat die sich mit der LZB nicht stellen) - alles weitere, insbesondere der Funktionsumfang, ist eine Frage des Protokolls, und mit der LZB genauso möglich wie mit ETCS. Der große Unterschied ist, dass man bei ETCS alle möglichen Funktionen, die vielleicht irgendwo irgendwann mal gebraucht werden, spezifiziert wurden, während die LZB natürlich nur Funktionen hat, die die DB in absehbarer Zeit einsetzen will. Eine Aufrüstung der LZB auf Moving Block wäre aber prinzipiell schon möglich.

Warum es noch keinen Moving Block gibt hat verschiedene Gründe - es sind einfach viele Probleme noch ungelöst, und seitens der Verkehrsunternehmen scheint das Interesse auch nicht gar so groß zu sein.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Gruppentaste »

josuav @ 25 Nov 2009, 19:48 hat geschrieben:Wieso brauchen eigentlich Signale und Weichen so lange zum Schalten, spätestens nach 10 Sekunden sollten sogar die größten Weichen gestellt sein?
Moin,

ein handelsüblicher Weichenantrieb benötigt im Regelfall 6sec für den Umlauf. Es gibt auch Schnellläufer für Ablaufberge. Die schaffen es in bis zu 0,6sec. Wie lange ein Signal selber zum schalten braucht ist eher unrelevant. Wichtig ist, daß alle Bedingungen vorher erfüllt sein müssen (Weichen in Endlage, Flankenschutz, Fahrweg frei, alle Signallampen in Ordnung usw.).
In der Energietechnik ist alles unter 1A zu vernachlässigender Kriechstrom und in der HF-Technik ist alles unter 1 GHz schwach pulsierender Gleichstrom!
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Beitrag von Gruppentaste »

Boris Merath @ 25 Nov 2009, 22:16 hat geschrieben:10 Sekunden sollten schon reichen. Aber die 10 Sekunden sind ja nicht das einzige was den Mindestabstand zwischen den Zügen ausmacht.

Eine Aufrüstung der LZB auf Moving Block wäre aber prinzipiell schon möglich.

Warum es noch keinen Moving Block gibt hat verschiedene Gründe - es sind einfach viele Probleme noch ungelöst, und seitens der Verkehrsunternehmen scheint das Interesse auch nicht gar so groß zu sein.
Meines Wissens gab es mal Untersuchungen an Nahverkehrssystemen, die zeigten daß man auch mit Moving Block nicht wesentlich unter 90sec Zugfolgezeit kommt.

LZB mit Pseudo Moving Block gibt es im Nahverkehr schon, meines Wissens arbeitet die Docklands Light Rail in London mit einer derartig modifizierten LZB von tcfkaLorenz.

Moving Block ist also im Nahverkehr schon im Einsatz.
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josuav
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Beitrag von josuav »

Aber wieso 90 Sekunden?

Das Paradebeispiel mit RE und S-Bahn in Freising, der RE fährt ab, die S-Bahn ist langsamer und könnte eigentlich sofort danach abfahren, muss aber wegen der alten PZB 4 Minuten warten. Mit Moving Block wäre es möglich, die S-Bahn direkt (in Sichtweite ;) ) des RE beschleunigen zu lassen, klar der Bremsweg erhöht sich mit der Geschwindigkeit, aber auch bei 140 km/h käme die S-Bahn bei 800 Meter Bremsweg 21 Sekunden nach dem letzten Wagen des RE am stehenden Beobachter vorbei. B)

Was da 90 Sekunden dauern soll, weiß ich nicht.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Gruppentaste @ 29 Nov 2009, 19:45 hat geschrieben:Meines Wissens gab es mal Untersuchungen an Nahverkehrssystemen, die zeigten daß man auch mit Moving Block nicht wesentlich unter 90sec Zugfolgezeit kommt.
Die Kapazität wird bei Nahverkehrssystemen ja auch nur sehr unwesentlich von der Sicherungstechnik limitiert, sondern durch die Bahnsteigaufenthalte. Mit Moving Block kann man vielleicht noch ein paar Sekunden rausholen, aber halt nicht allzu viel.
LZB mit Pseudo Moving Block gibt es im Nahverkehr schon, meines Wissens arbeitet die Docklands Light Rail in London mit einer derartig modifizierten LZB von tcfkaLorenz.
Da dürfte der Grund aber weniger im Wunsch nach dichterem Takt liegen, sondern in Einsparungen bei der Gleisfreimeldetechnik und damit Einsparungen bei den Kosten für die Außenanlage. Außerdem hat man in einem U-Bahn-System deutlich vereinfachte Grundvoraussetzungen, da die dort verkehrenden Fahrzeuge bekannt sind, und in der Regel jeder Wagen an einem Zugbussystem angeschlossen ist. So Dinge wie Zugvollständigkeitsprüfung oder auch Zuglängenbestimmung ist in einem solchen System damit in der Regel kein Problem. Im Bereich der normalen Eisenbahn stellt das bei lokbespannten Zügen nach wie vor ein größeres Problem dar.

Die Nürnberger U-Bahn hat auch dieses System verbaut, und hat nur noch sehr rudimentäre streckenseitige Gleisfreimeldung auf der U3, weswegen nicht-LZB-geführte Züge maximal 25 km/h und auch nur in großen Abständen dort fahren dürfen, während der Pseudo-Moving-Block so oder so keine Taktverdichtung ermöglich, weil die gemeinsam mit der U2 befahrenen Strecke soweit ich weiß keinen Moving Block unterstützt.
josuav @ 29 Nov 2009, 19:59 hat geschrieben:Aber wieso 90 Sekunden?
Die 90 Sekunden von Nahrverkehrssystemen sind eben wie gesagt im wesentlichen durch die Halte am Bahnsteig bedingt und auch mehr theoretisch als praktisch erreichbar.

Generell hängt sowas aber sehr von der jeweiligen Strecke ab.
Das Paradebeispiel mit RE und S-Bahn in Freising, der RE fährt ab, die S-Bahn ist langsamer und könnte eigentlich sofort danach abfahren, muss aber wegen der alten PZB 4 Minuten warten. Mit Moving Block wäre es möglich, die S-Bahn direkt (in Sichtweite ;) ) des RE beschleunigen zu lassen
Ein kurzer Blockabstand (entweder real mit einem zusätzlichen Signal oder virtuell im Teilblockbetrieb) direkt hinter Freising hätte fast denselben Effekt - spätestens nach Pulling ist der Abstand zwischen RE und S-Bahn dann eh groß genug.
Mit Moving Block wäre es möglich, die S-Bahn direkt (in Sichtweite ;) ) des RE beschleunigen zu lassen, klar der Bremsweg erhöht sich mit der Geschwindigkeit, aber auch bei 140 km/h käme die S-Bahn bei 800 Meter Bremsweg 21 Sekunden nach dem letzten Wagen des RE am stehenden Beobachter vorbei.  B)
Da kommt aber noch ein bisschen was dazu - der nachfolgende Zug kann nicht direkt am Vordermann kleben. Zum einen kommen gewisse Bearbeitungszeiten in der Elektronik dazu, zum anderen aber auch diverse Sicherheitsabstände. Gerade bei der automatischen Zugvollständigkeitserkennung hat man da einen großen Zeitverlust, sofern man die Zugvollständigkeit über Messungen in der Hauptluftleitung feststellt. Hier hat man ein PRoblem in der Unterscheidung zwischen einer regulären Bremsung und einer Zugtrennung. In beiden Fällen sinkt der Druck in der Hauptlufteitung ab, aber nur in einem der beiden Fälle darf die Überwachung Alarm schlagen. Je nach Zuglänge braucht man für eine sichere Erkennung bis zu 30 Sekunden Zeit - was schonmal von Anfang an auf den zeitlichen Mindestabstand zwischen zwei Zügen draufkommt. Prinzipiell könnte man die Zeit für kürzere Züge um ein paar Sekunden verkürzen, aber das haut dann auch nimmer viel raus. Dann ist der Zielpunkt auch nicht das Zugende vom Vordermann, sondern ein ausreichend großer Sicherheitsabstand hinter dem Vordermann, hier kommt also ein räumlicher Mindestabstand zusätzlich obendrauf. Dazu kommt noch weiterer Kleinkram, z.B. die UNsicherheit in der Positionsfeststellung durch die Züge selber.

Die positiven Effekte im Vergleich zu sinnvoll geplanter konventioneller Technik dürften jedenfalls nicht sooo groß sein, die Menge der Probleme die man dafür zu lösen hat sind dagegen noch groß.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
mrj
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Beitrag von mrj »

Ergänzender Link zum Thema "Moving Block" in London:

Moving block signals finally go ahead on Jubilee Line
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