Betriebswirtschaftliche Aspekte bei Verkehrsfirmen

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Yopohari
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Beitrag von Yopohari »

Das manchmal auch Schwachsinn finanziert wurde, kann sein. Das heißt aber nicht, dass man dann der Schiene die Gelder streicht (es werden noch viel mehr unsinnige Straßenbaumaßnahmen finanziert). Aber natürlich sollte man in Zukunft noch mehr auf die sinnvolle Verwendung der Gelder achten.
Erst mal: Ich mag den Begriff "die Schiene" nicht, da es betriebswirtschaftlich sowas nicht gibt. Es gibt einen (theoretisch privatwirtschaftlichen) SPFV und einen ÖPNV, zum den nicht nur "die Schiene" gehört, sondern auch z.B. die Stadtbuslinien - regionale Buslinien gibt's auch.

Irgendwie schafft man es immer wieder, einerseits die Ressourcen zu verschleudern (z.B. die 5-er Formel der Tagestickets wegen der dieselbe Leistung mal 20%, mal 100% kostet. Gestern habe ich in einem RE einen Teenager von einem am Waggonende reisenden Kollektiv erlebt, der im Waggon rumging und... ein SWT-Mitfahren (für 6 EUR) angeboten hat - 28 EUR / 4 = 7 EUR / Nase war den Herrschaften noch nicht umsonst genug!). Andererseits werden auf eine oft kleinkarierte Weise gerade die das Geld einbringenden -> Stammkunden genervt: Mal versucht die DB-Regio, die VRR-Grenzen eigenmächtig umzudefinieren, mal denkt man beim NRW-Tarif am wenigsten just auf eines der Hauptziele, mal sagt man einem Ehepaar, die mögen sich doch für einen Ausflug ein Reisekollektiv suchen... (S. -> HIER).

Ein Zitat vom Statement im Rahmen des Workshops XI der Akademie für Technikfolgenabschätzung
am 4. November 1999 von Dr. Oliver Szabo vom Verkehrsverbund VRS (-> Die_Quelle):
"(...)
Die Annahme eines ökonomischen und zweckrationalen Verhaltens der Individuen lässt den Schluss zu, dass das Zielsystem der ÖPNV-Betriebe primär von betrieblichen Optimierungszielen geprägt ist. Dazu gehört das Wirtschaftlichkeitsziel, das unter unternehmerischen Aspekten vor allem monetär quantifizierbare Kriterien beinhaltet. Ökonomische Systeme, die nicht befähigt sind, ihre Leistungen gewinnbringend (verlustminimierend) zu erbringen, sind unter markt- und volkswirtschaftlichen Aspekten zum Untergang verurteilt. (...)"
Unter selbem Link kann man lesen, was man dort in der Praxis gemacht hat ("Marktbehauptung des ÖPNV - Sicht der SSB", ein Statement von Karen Marte im Rahmen des Workshops XI der Akademie für Technikfolgenabschätzung am 4. November 1999):
"(...) Die SSB will den VVS-Tarif vereinfachen und flexibilisieren. Unser Ziel ist,
mittelfristig die Anzahl der Zonen und der Fahrausweisarten zu reduzieren. Dafür soll
eine flexible Zeitkarte eingeführt werden, die nicht an Kalenderwochen und Kalendermonate
gebunden ist, und die auch in der Anzahl der Wochen und Monate flexibel ist.
Ab 01.01.2000 bietet der VVS-Tarif eine Mitnahmeregelung: Zeitkarteninhaber können
am Wochenende und an Feiertagen ihre eigenen oder bis zu 3 andere Kinder kostenlos
mitnehmen. (...)"
(Ausserdem einige neue U-Bahn-Linien und ein 10 Minuten-Takt vormittags auf der Angebotsseite.)

Weitere Möglichkeiten wären z.B.:

-> Zusatztickets

-> "Premium-Zeitkarten" wie das VRR-Ticket2000
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Dave
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Beitrag von Dave »

Yopohari @ 18 Jul 2004, 13:40 hat geschrieben: Erst mal: Ich mag den Begriff "die Schiene" nicht, da es betriebswirtschaftlich sowas nicht gibt. Es gibt einen (theoretisch privatwirtschaftlichen) SPFV und einen ÖPNV, zum den nicht nur "die Schiene" gehört, sondern auch z.B. die Stadtbuslinien - regionale Buslinien gibt's auch.
Natürlich gibt es "die Schiene", den Investitionen in Schienenwege helfen dem Fernverkehr, dem Güterverkehr und dem Nahverkehr - aber nicht dem Bus! Und die großen Geldverschwendungen finden bei der Infrastruktur statt, weniger dann beim Betrieb!

Gruß, Dave
[font=Times]"Die Abwrackprämie soll die deutsche Wirtschaft ankurbeln. Von wegen. Warum die Prämie den Falschen hilft, viele Kunden foppt und zum Betrügen geradezu einlädt." Artikel Politik abgewrackt! auf taz.de[/font]
Yopohari
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Beitrag von Yopohari »

Erst mal ein Linktipp: In einem Webforum zum Marketing hat jemand nach diesem bei der DB AG gefragt und einige Links dazu als Antwort bekommen (meistens zur Mehdorn'schen Aussage, eine Bahnfahrt über 4 Std. wäre "eine Tortur" und zum Fernverkehrs-Preissystem):

http://www.marketing.de/forum/showthread.php?t=6411
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Yopohari
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Beitrag von Yopohari »

Natürlich gibt es "die Schiene", den Investitionen in Schienenwege helfen dem Fernverkehr, dem Güterverkehr und dem Nahverkehr - aber nicht dem Bus!
Ach, wieso kommt keiner auf die Idee, die Buslinien, die LKW's und die PKW's zu einer angeblichen "Einheit" "Die Straße" zu vermengen? (Bis auf dieselben Herrschaften, die auch eine "Die Schiene" erfinden...)
Und die großen Geldverschwendungen finden bei der Infrastruktur statt, weniger dann beim Betrieb!
Strecken nur für den SPNV werden praktisch nicht mehr gebaut. Eher werden die existierenden stillgelegt, z.B. sobald ein Verkehrsverbund zuwenig Geld hat, den SPNV dort zu bestellen. Mit der Investitionspolitik hat es nix zu tun.
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Südostbayer
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Beitrag von Südostbayer »

Yopohari @ 19 Jul 2004, 11:19 hat geschrieben: Ach, wieso kommt keiner auf die Idee, die Buslinien, die LKW's und die PKW's zu einer angeblichen "Einheit" "Die Straße" zu vermengen? (Bis auf dieselben Herrschaften, die auch eine "Die Schiene" erfinden...)
:blink:

Woher die Annahme, dass der Begriff "Die Straße" als Sammelbezeichnung für straßengebundene Verkehrsmittel nicht allgemein verbreitet ist? Und was spräche grundsätzlich dagegen?
goldberger
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Beitrag von goldberger »

Interessant wäre einmal, ob es in Deutschland SPNV gibt, der sich _betriebswirtschaftlich_ (nicht volkswirtschaftlich) rechnet. D.h. für mich, die Fahrgasterlöse decken alle Kosten, ausser in den Auf-/ und Ausbau der Infrakstruktur, aber mit Abschreibungen für die normale Nutzung (Alle für Beibehaltung des Status quo der Infrakstruktur notwendigen Maßnahmen). Hat jemand darüber schon einmal seriöse/unabhängige Studien gesehen ?

Vermutlich ist es ein schwieriges Thema, insbesondere auch, weil heute praktische alle Linien in Verkehrsverbünden mit Einnahme-Aufteilungsverträgen liegen, es ist nicht einfach den Erlösanteil einer Linie herauszufinden.

Wie ist es mit Vorzeigelinien wie der Schönbuchbahn ? Eckdaten: Ca. 20km, ca. 7.000 Fahrgäste/Tag, eingleisiger Betrieb mit Dieseltriebwagen. Ich habe beim VRS mal ein Paar Zahlen gefunden, diese waren allerdings mit Investitionen z.B. in Haltepunkt-Ausbau etc.

Zur Klarstellung: Ich möchte mich hier gar nicht behaupten, dass sich SPNV betriebswirtschaftlich rechnen soll, es wäre einfach interessant, ob dies möglich wäre. Z.B. wenn man die Taktzeiten in nachfrageschwachen Zeiten soweit ausdünnt (bitte nicht prügeln ;-), solange die Einsparungen nicht mehr Fahrgäste vergraulen...
luc
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Beitrag von luc »

Wie ist es mit Vorzeigelinien wie der Schönbuchbahn ? Eckdaten: Ca. 20km, ca. 7.000 Fahrgäste/Tag, eingleisiger Betrieb mit Dieseltriebwagen. Ich habe beim VRS mal ein Paar Zahlen gefunden, diese waren allerdings mit Investitionen z.B. in Haltepunkt-Ausbau etc.
Ich hab nur ne Quelle mit veralteten Angaben gefunden, in einer Diplomarbeit:
http://elib.uni-stuttgart.de/opus/volltext...arbeit_Lenz.pdf
Ab Seite 21 finden sich dort dann ganz interessante Zahlen über die Schönbuchbahn.
Vertrag 5 Jahre, Fahrgeldeinnahmen verbleiben beim ZVS (Connex hat also keine Fahrgeldeinnahmen), bei 2500 Fahrgästen erwartetes Defizit: 850.000DM

Meine Rechnung:
Mehreinnahmen durch 7000 Fahrgäste Mo-Fr (Durchschnittl. Fahrpreis 1€ pro Person für Anteil Schönbuchbahn):
260 d/a * 4500 p/d * 1€/p = 1,17Mio€
Eigentlich dürfte der Betrieb wirtschaftlich sein, denn wenn das Defizit bei 2500 Personen nur 850000DM beträgt, werden die Mehrkosten durch Verbesserung sich nicht gerade auf 745000€ belaufen.
Aber verbessert mich bitte, vielleicht ist das ja eine Milchmädchenrechnung.
Yopohari
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Beitrag von Yopohari »

Südostbayer @ 19 Jul 2004, 15:47 hat geschrieben: :blink:

Woher die Annahme, dass der Begriff "Die Straße" als Sammelbezeichnung für straßengebundene Verkehrsmittel nicht allgemein verbreitet ist? Und was spräche grundsätzlich dagegen?
Die fehlende betriebswirtschaftliche Relevanz. Ist Ihr Auto ein Stadtlinienbus und fahren Sie Ihre Frau damit zum MVV-Tarif? ;) :P
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Südostbayer
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Beitrag von Südostbayer »

Yopohari @ 21 Jul 2004, 07:58 hat geschrieben:
Südostbayer @ 19 Jul 2004, 15:47 hat geschrieben: :blink:

Woher die Annahme, dass der Begriff "Die Straße" als Sammelbezeichnung für straßengebundene Verkehrsmittel nicht allgemein verbreitet ist? Und was spräche grundsätzlich dagegen?
Die fehlende betriebswirtschaftliche Relevanz. Ist Ihr Auto ein Stadtlinienbus und fahren Sie Ihre Frau damit zum MVV-Tarif? ;) :P
Es ist mir durchaus bewußt, dass für betriebswirtschaftliche Betrachtung einzelner Verkehrsangebote eine detailliertere Aufschlüsselung zwingend nötig ist. Das schließt aus meiner Sicht trotzdem die grundsätzliche Verwendung eines Oberbegriffs nicht aus.
Yopohari
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Beitrag von Yopohari »

Es ist mir durchaus bewußt, dass für betriebswirtschaftliche Betrachtung einzelner Verkehrsangebote eine detailliertere Aufschlüsselung zwingend nötig ist. Das schließt aus meiner Sicht trotzdem die grundsätzliche Verwendung eines Oberbegriffs nicht aus.
Die Frage ist, wie grundsätzlich und unverbindlich diese Verwendung ist. Wenn manche Leute meinen, alles, was nur auf den Schienen fährt, sich der Tarifpolitik der DB AG unterzuwerfen hat (und möglichst die Mehdorn'sche Fernbahn sponsern sollte), hört der "Spaß" endgültig auf. :huh:
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luc
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Beitrag von luc »

Noch was zu meinem vorigen Beitrag, hab noch was zur Schönbuchbahn gefunden:
1 Mio DM hat die Verlängerung der Bahnsteige gekostet, also ca. 500.000 €. Wär nach meiner Rechnung in nem halben Jahr drin.
Quelle: http://www.scritti.de/text/schoenbuchbahn.html
Jetzt muß ich noch zusätzliche Kosten 2*RS1 und Erweiterung Werkstatt sowie Wartungsaufwand RS1 pro Jahr wissen, um die Rechnung abzuschließen.
luc
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Beitrag von luc »

Ich hab im Netz ein ganz interessantes Paper von den Grünen aus dem Jahr 2000 entdeckt:
Dort wird behauptet, die DB-AG (wohl DB Netz gemeint) macht auf den REGENT-Strecken in Schleswig-Holstein einen jährlichen Gewinn von mindestens 16 Mio. DM. Kann das stimmen?
Hier der Link:
http://www.parlanet.de/presseticker/2000-0...hE-b-gruene.pdf
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