JMStV: Erste Blogs schließen

Alles was in den anderen Foren OFF-TOPIC wäre.
<br>Guinan freut sich auf Ihren Besuch.
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

Bayernlover @ 1 Feb 2011, 03:29 hat geschrieben: Durch Zufall bin ich grad mal wieder auf das Thema hier gestoßen, und da habe ich besonders mal die ersten Seiten angeschaut. Schön wie man wieder Panik machen konnte, sind die geschlossenen Blogs jetzt eigentlich immer noch zu? Schöne Publicity, dumm nur dass die niemandem mehr nutzt, wenn man von der Bildfläche verschwunden ist. Wie einfach es doch ist, Gesetze die es gar nicht gibt durchzusetzen.

Was ich damit sagen will: Nicht immer gleich so panisch reagieren, manche Probleme lösen sich auch von selbst.
Das vorläufige Aus für den JMStV kam völlig überraschend, keiner konnte damit rechnen. Am Schluss war der Druck dann wohl doch zu groß.

Der nächste JMStV ist in Vorbereitung, dazu kann man jetzt noch nichts sagen, die Gefahr ist aber sicher noch nicht vorbei.

Wenn nicht so viele Medien, Blogger und Leute sich so lautstark zu Wort gemeldet und vor den Auswirkungen gewarnt hätten, hätten wir den JMStV jetzt und die Abmahnmaschinerie würde voll laufen. Das kann keiner wollen. Bei Gefahren, die die Meinungsfreiheit und Pressefreiheit tangieren, muss man protestieren.
ropix
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14244
Registriert: 14 Apr 2004, 09:55
Wohnort: Überm großen Teich: Zumindest kann man mit der MVG gemütlich hinschippern
Kontaktdaten:

Beitrag von ropix »

TramPolin @ 1 Feb 2011, 10:26 hat geschrieben: Wenn nicht so viele Medien, Blogger und Leute sich so lautstark zu Wort gemeldet und vor den Auswirkungen gewarnt hätten, hätten wir den JMStV jetzt und die Abmahnmaschinerie würde voll laufen. Das kann keiner wollen. Bei Gefahren, die die Meinungsfreiheit und Pressefreiheit tangieren, muss man protestieren.
Dir ist aber hoffentlich klar, dass mit dem alten JMStV es eigentlich viel schlimmer ist - und jetzt eben nicht nur alle Blogs sondern überhaupt jede Webseite sofort dichtgemacht werden müsste, da die alten Regelungen aus dem römischen Kaiserreich überall angriffspotential bieten?

Und die Bundesregierung hat in ihrer kleinkindlichen Trotzphase bereits angekündigt ab jetzt nicht mehr auf die Einhaltung bestehender Gesetze verzichten zu lassen - auch wenn sie mit der Realität nichts zu tun haben, aber sie gelten eben.
-
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

ropix @ 1 Feb 2011, 10:32 hat geschrieben: Dir ist aber hoffentlich klar, dass mit dem alten JMStV es eigentlich viel schlimmer ist - und jetzt eben nicht nur alle Blogs sondern überhaupt jede Webseite sofort dichtgemacht werden müsste, da die alten Regelungen aus dem römischen Kaiserreich überall angriffspotential bieten?

Und die Bundesregierung hat in ihrer kleinkindlichen Trotzphase bereits angekündigt ab jetzt nicht mehr auf die Einhaltung bestehender Gesetze verzichten zu lassen - auch wenn sie mit der Realität nichts zu tun haben, aber sie gelten eben.
Der JMStV wäre aber auch keine Alternative gewesen. Die deutsche Erotikbranche hätte davon wahrscheinlich profitieren können, ja, weil sie hätten bestimmte Angebote über Ausnutzung der neuen "Sendezeiten" frei zugänglich machen können.

Aber die Alterseinstufung von Blogbeiträgen usw. ist einfach nicht zu leisten, da die Regeln viel zu komplex sind. Ob diese Einstufung bei "privaten" Blogs oder auch Foren wie diesem hier notwendig gewesen wäre, da gingen die Meinungen der Juristen weit auseinander. Daher würde ich dem nie in Kraft getretenen JMStV jetzt nicht nachweinen.
ropix
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14244
Registriert: 14 Apr 2004, 09:55
Wohnort: Überm großen Teich: Zumindest kann man mit der MVG gemütlich hinschippern
Kontaktdaten:

Beitrag von ropix »

TramPolin @ 1 Feb 2011, 10:42 hat geschrieben: Der JMStV wäre aber auch keine Alternative gewesen.
Und dennnoch - er war alternativlos :D

Das es derzeit in Deutschland noch Internet gibt liegt doch nur noch an der Unwissenheit solcher Nutzer die zwar total dagegen waren, sich aber irgendwie nicht darüber informiert haben was denn die Alternative ist.

(hach, ist das nicht toll. Jetzt darf ich das gleiche Schreckgespennst an die Wand malen dass vorher die Leute gezeichnet haben die gegen den neuen JDingsda waren. Ich will ja nicht sagen dass der neue handwerklich geschickt, praxis oder realitätsnah oder sinnvoll gewesen wäre. Aber eben doch schon erheblich mehr als der alte)

alle Blogbetreiber müssen übrigens jetzt schon einen Altersnachweis liefern. Das war schon immer so, wäre mit dem neuen JMStV nur deutlich einfacher geregelt gewesen.
-
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

ropix @ 1 Feb 2011, 11:10 hat geschrieben:Und dennnoch - er war alternativlos :D

Das es derzeit in Deutschland noch Internet gibt liegt doch nur noch an der Unwissenheit solcher Nutzer die zwar total dagegen waren, sich aber irgendwie nicht darüber informiert haben was denn die Alternative ist.
Glaub mir, ich habe mich informiert. Was nicht ganz einfach sind, da die Presse hier verzerrt und auch teilweise falsch berichtet hat. Dann gab's die Juristen, die ein völlig widersprüchliches Bild gezeichnet haben - die einen rieten zum Ignorieren von Alterskennzeichnungen, wenn man nicht gerade Erotikanbieter ist, die anderen sahen das nicht so positiv. O.k., dann muss man selbst lesen. Aber der Vertrag selbst ist für Nichtjuristen kaum verständlich und lässt viel Interpretationsspielraum.
ropix @ 1 Feb 2011, 11:10 hat geschrieben:(hach, ist das nicht toll. Jetzt darf ich das gleiche Schreckgespennst an die Wand malen dass vorher die Leute gezeichnet haben die gegen den neuen JDingsda waren. Ich will ja nicht sagen dass der neue handwerklich geschickt, praxis oder realitätsnah oder sinnvoll gewesen wäre. Aber eben doch schon erheblich mehr als der alte)
Der neue war ein bürokratisches Monster.
ropix @ 1 Feb 2011, 11:10 hat geschrieben:alle Blogbetreiber müssen übrigens jetzt schon einen Altersnachweis liefern. Das war schon immer so, wäre mit dem neuen JMStV nur deutlich einfacher geregelt gewesen.
Einfacher? Es war noch nicht mal die Software dazu fertig und völlig unklar, wie eine Kennzeichnung denn hätte passieren können. Neben dem technischen Aspekt gibt's den inhaltlichen - der normale Blogbetreiber ist kaum in der Lage, zu sagen, ob etwas FSK12 oder FSK16 ist. Tests haben ergeben, dass die Leute hier zum Großteil falsche Einschätzungen gaben.

Gegen einen vernünftigen Jugendschutz hat niemand was, aber einen realtitätsfremden Vertrag, der maximale Rechtsunsicherheit produziert und äußerst lachhafte Regeln kennt (Sendezeiten etwa in einem weltweiten Medium), braucht die Welt nicht. Warum machen wir nicht in aller Ruhe einen besseren Vertrag, bei dem auch Internetexperten mitreden, und keinen Schnellschuss, dem jetzt manche nachweinen?
ropix
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14244
Registriert: 14 Apr 2004, 09:55
Wohnort: Überm großen Teich: Zumindest kann man mit der MVG gemütlich hinschippern
Kontaktdaten:

Beitrag von ropix »

TramPolin @ 1 Feb 2011, 11:38 hat geschrieben: Warum machen wir nicht in aller Ruhe einen besseren Vertrag, bei dem auch Internetexperten mitreden, und keinen Schnellschuss, dem jetzt manche nachweinen?
Du hast anscheinend nicht verstanden. Weil der alte so dermaßen bescheuert ist dass mit seiner Regelung jeder Deutsche mit einem Bein im Knast steht der sich am Web beteiligt?
-
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

ropix @ 1 Feb 2011, 11:57 hat geschrieben: Du hast anscheinend nicht verstanden. Weil der alte so dermaßen bescheuert ist dass mit seiner Regelung jeder Deutsche mit einem Bein im Knast steht der sich am Web beteiligt?
Soll das jetzt Ironie oder bewusste Übertreibung sein? Oder willst Du mir vor Augen führen, dass ich ein Panikmacher bin und ob des bestehenden Vertrags man eigentlich genauso Panik machen müsste?

Selbst wenn der alte so gefährlich wäre, spräche nichts dafür, ihn durch einen handwerklich katastrophalen und praxisfernen Schnellschuss zu ersetzen.
ropix
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 14244
Registriert: 14 Apr 2004, 09:55
Wohnort: Überm großen Teich: Zumindest kann man mit der MVG gemütlich hinschippern
Kontaktdaten:

Beitrag von ropix »

TramPolin @ 1 Feb 2011, 12:07 hat geschrieben:Soll das jetzt Ironie oder bewusste Übertreibung sein?
Es ist genau die Übertreibung mit der man gegen das neue gekämpft hat UND behauptet hat dass dieser neue alles viel schlechter und komplizierter macht - o.O - das große Blogsterben. Das hat es aber eben nicht geben können, da der neue Vertrag eben in keinster weise schlechter ist als der Alte. In diesem Punkte wars eben Panikmache
Oder willst Du mir vor Augen führen, dass ich ein Panikmacher bin und ob des bestehenden Vertrags man eigentlich genauso Panik machen müsste?
Ja, diesen Punkt hast du sehr richtig erkannt. Wer gegen den neuen ist muss noch viel mehr gegen den Alten sein. Weil der ist nun wirklich totaler Quatsch, hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun, ist für einen Demokratischen Staat eine Schande usw. usf.
Selbst wenn der alte so gefährlich wäre, spräche nichts dafür, ihn durch einen handwerklich katastrophalen und praxisfernen Schnellschuss zu ersetzen.
Wie wir aus der Geschichte wissen - aus reim parteitatischen Plemplem kam er dann ja wirklich nicht. Allerdings ist eine Besserung so schnell nun auch nicht in Sicht. Und da bleibt dann eben die Frage. Mit was hätten wir besser leben können. Pest und Colera oder nur noch eines von beidem?

Was mich vor allen Dingen freut - diese maßlose Übertreibung wie das landesweite Blogsterben - snd jetzt wiederlegt, da im noch strengeren Gesetz das Massensterben ja lustigerweise auch ausblieb. Zumindest so lange wie noch keiner sein Geschäftsfeld entdeckt hat.

Ändert aber allessamt nichts am grundlegenden Problem. Der Jugenschutzvertrag ist und bleibt - in allen Ausführungen - ein totaler handwerklicher Pfusch von Leuten deren Weltbild wohl in den 50er Jahren oder hinter heilen Klostermauern stehengeblieben ist. Sogar diejenigen mit den heiligen Klostermauern müssten doch mittlerweile in der Realität angekommen sein. Sind sie aber nicht. Gegen diese Realitätsferne zu protestieren, dafür hat es sich dann aber doch wieder gelohnt. Und leider, das weiß ich auch, geht sowas heutzutage eben nicht mit Sachargumenten sondern nur mit Panikmache.

Ansonsten kann ich diesem C-T Editorial nur zustimmen
-
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

ropix @ 1 Feb 2011, 12:18 hat geschrieben: Es ist genau die Übertreibung mit der man gegen das neue gekämpft hat UND behauptet hat dass dieser neue alles viel schlechter und komplizierter macht - o.O - das große Blogsterben. Das hat es aber eben nicht geben können, da der neue Vertrag eben in keinster weise schlechter ist als der Alte. In diesem Punkte wars eben PanikmacheJa, diesen Punkt hast du sehr richtig erkannt. Wer gegen den neuen ist muss noch viel mehr gegen den Alten sein. Weil der ist nun wirklich totaler Quatsch, hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun, ist für einen Demokratischen Staat eine Schande usw. usf.
Wie wir aus der Geschichte wissen - aus reim parteitatischen Plemplem kam er dann ja wirklich nicht. Allerdings ist eine Besserung so schnell nun auch nicht in Sicht. Und da bleibt dann eben die Frage. Mit was hätten wir besser leben können. Pest und Colera oder nur noch eines von beidem?

Was mich vor allen Dingen freut - diese maßlose Übertreibung wie das landesweite Blogsterben - snd jetzt wiederlegt, da im noch strengeren Gesetz das Massensterben ja lustigerweise auch ausblieb. Zumindest so lange wie noch keiner sein Geschäftsfeld entdeckt hat.

Ändert aber allessamt nichts am grundlegenden Problem. Der Jugenschutzvertrag ist und bleibt - in allen Ausführungen - ein totaler handwerklicher Pfusch von Leuten deren Weltbild wohl in den 50er Jahren oder hinter heilen Klostermauern stehengeblieben ist. Sogar diejenigen mit den heiligen Klostermauern müssten doch mittlerweile in der Realität angekommen sein. Sind sie aber nicht. Gegen diese Realitätsferne zu protestieren, dafür hat es sich dann aber doch wieder gelohnt. Und leider, das weiß ich auch, geht sowas heutzutage eben nicht mit Sachargumenten sondern nur mit Panikmache.

Ansonsten kann ich diesem C-T Editorial nur zustimmen
Klar läuft beim Jugendschutz in Deutschland sehr viel schief.

Ich darf aber auch erinnern, dass in den ersten Entwürfen des JMStV sogar vorgesehen war, alle Angebote aus dem Ausland zu sperren, die keine Altersklassifizierung nach deutschen System haben. Ob das technisch so ohne Weiteres machbar gewesen wäre und verfassungskonform gewesen wäre, ist eine andere Geschichte. Allerdings gab es damals einen Sturm der Entrüstung, sodass dieser Punkt zum Glück wieder verworfen wurde. Daher finde ich es nicht falsch, sich in solchen Fällen lautstark zu Wort zu melden.

Du hast sicher Recht, dass der aktuelle Staatsvertrag ebenso keine Lösung ist und ich kenne auch die Einschätzungen, die aber nicht alle teilen, dass der neue Vertrag in einigen Punkten Besserung gebracht hätte.

Für mich ist die Debatte aber wichtig. In den Parteien muss mehr Realität und Medienkompetenz ankommen und die Frage "Was sind denn jetzt noch mal Browser?" (Zypries") oder die Phrase "Stop and go" (Kohl verwechselte Datenautobahn mit Autobahn) möchte ich nicht unbedingt mehr von führenden Politikern hören. Dass zum Anstoßen der Debatte auch schrille Aktionen notwendig sind, ist halt nun mal so. Das Tempo der Protestierenden hat sich erhöht, das ganze System verändert. Heute kann man mit ein paar Mausklicks Tausende Leute erreichen, auf einfachste Weise eine Onlinepetition machen. Ob das dann was bringt und sich die Politik dadurch beeindrucken lässt, ist eine andere Geschichte. Dennoch scheinen mir einige Politiker vom Volk 2.0 Angst zu haben. Oder es liegt daran, dass viele von ihnen die die Medien nicht im Ansatz verstehen. Daraus entspringen dann manch seltsame Bestrebungen nach Regulierungen.
DumbShitAward
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3612
Registriert: 11 Mai 2009, 10:46
Wohnort: München

Beitrag von DumbShitAward »

TramPolin @ 1 Feb 2011, 12:43 hat geschrieben: Für mich ist die Debatte aber wichtig. In den Parteien muss mehr Realität und Medienkompetenz ankommen und die Frage "Was sind denn jetzt noch mal Browser?" (Zypries") oder die Phrase "Stop and go" (Kohl verwechselte Datenautobahn mit Autobahn) möchte ich nicht unbedingt mehr von führenden Politikern hören. Dass zum Anstoßen der Debatte auch schrille Aktionen notwendig sind, ist halt nun mal so. Das Tempo der Protestierenden hat sich erhöht, das ganze System verändert. Heute kann man mit ein paar Mausklicks Tausende Leute erreichen, auf einfachste Weise eine Onlinepetition machen. Ob das dann was bringt und sich die Politik dadurch beeindrucken lässt, ist eine andere Geschichte. Dennoch scheinen mir einige Politiker vom Volk 2.0 Angst zu haben. Oder es liegt daran, dass viele von ihnen die die Medien nicht im Ansatz verstehen. Daraus entspringen dann manch seltsame Bestrebungen nach Regulierungen.
Und genau hier sehe ich eine Fehlannahme.

Die konservative Politik hat wenig Angst vor dem "Volk 2.0", denn das ist eine vergleichsweise winzige Gruppierung. Die allermeisten sind eine frühe Beta von Volk 1.5 und sind so verbuggt, dass das eigentlich nicht zu gebrauchen ist... um die Metapher beizubehalten. Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte ist, dass den meisten Leuten hierzulande nicht einmal ansatzweise klar ist, was solche Sachen wie die unsäglichen Websperren bei mutmaßlicher Kinderpornographie oder eben auch beim Thema "Jugendschutz" für "Nebenwirkungen" mit sich bringen. Ich glaube auch, dass das bei vielen der in letzter Zeit kritisierten Politkern ebenso ist, du zitierst hier Zypries und den Dicken mit der blühenden Landschaft prototypisch. Einige haben sicherlich krankhafte Überwachungsphantasien, allen voran möchte ich das auch Schäuble und Beate Merk unterstellen, die meisten glauben wohl wirklich damit "Gutes" zu tun - oder zumindest das, was sie für gut halten.

Aber gerade die Begründungen, mit denen solche politischen Programme legitimiert werden, sind Totschlagargumente par excellence. Wer sich gegen den Kampf gegen z.B. Kinderpornographie auflehnt, steht gleich in einem wirklich üblen Licht, selbst wenn die Argumente gut, richtig und stichhaltig sind. Und selbst wenn jemand mal das Kunststück hinbekommt, Leute davon zu überzeugen, dass kinderpornographisches Material nicht mit Heroin zu vergleichen ist und die angedachten Sperren technisch von solch lächerlicher Einfachheit sind, dass es niemanden, der die Firma Google kennt mehr als zwei Minuten aufhalten könnte, dann bekommt man gerne die Einstellung "Naja, und wenn es nur einen davon ahhält, dann ist schon etwas gewonnen" (was denn überhaupt?) zu hören.

Es fehlt wie so oft - und ich finde, das kann man auch an der Stuttgart21-Diskussion recht gut erkennen (was da von beiden Seiten für blanker Unsinn erzählt wird, ist schon beinahe von wissenschaftlichem Interesse) - auch hier an fundierter Fachkenntnis und wir haben einen Überfluss von Halbwahrheiten, fadenscheinigen Interpretationen und sonstigen Fehlinformationen.
Nur deshalb ist es den Politkern der genannten Couleur überhaupt möglich solche hahnebüchenden Ideen überhaupt in die Tat umzusetzen. Der, gelinde gesagt, sonderbare Jugendschutzkurs, der europaweit quasi einzigartig ist, ist wohl der fatale "deutsche" Gedanke durch Regeln, Gesetze und Verbote ein eigentlich fiktives Problem lösen zu können. Und wenn so etwas nicht funktioniert, dann muss man es halt noch viel rigider Versuchen...
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

Ich wies ja darauf hin, dass es beide Aspekte gibt. Die Angst vor mehr Einfluss des Volkes ist sicherlich der viel kleinere Part, auch wenn sich manche ärgern dürften, dass sie sich immer öfter mit Onlinepetitionen und der "Netzgemeinde" rumschlagen müssen.

Dass der Jugendschutz gut gemeint ist, nehme ich vielen ab, aber nicht allen. Die CDU gab ja am Ende zu, dass das Zugangserschwerungsgesetz gemacht wurde, um sich von den anderen Parteien abzusetzen - anders ausgedrückt, um die Wahlchancen bei ihrem Klientel zu verbessern.

Leider sind viele Politiker und solche, die es sein möchte, beratungsresistent. Frau Guttenberg etwa nehme ich ab, dass sie was gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie unternehmen möchte. Aber wenn man ihr dann sagt, die Sperren wären viel zu leicht zu umgehen und auch ein Anfang von einer generellen Zensur, dann plappert sie technische Lösungen wie "Deep Packet Inspection" nach. Den Kampf kann man durch den Ansatz, die Filter so lange technisch zu verbessern, bis es niemand mehr schafft, zu umgehen, nicht gewinnen. Den Verdacht, dass es hier auch darum geht, dank vorhandener Infrastruktur später Glücksspielanbieter aus dem Ausland zu sperren, dann generell alles nach deutschem Recht Illegale, später schließlich auch das Halblegale und vielleicht irgendwann auch Websites mit unbequemen politischen Meinungen, die man fern vom theoretisch-philosophischen Ansatz als nicht vereinbar mit der deutschen Demokratie interpretieren könnte, werde ich nicht los. Das heißt natürlich noch lange nicht, dass den Politikern die Kinder egal sind.

Die Wahrheit ist halt oft komplexer, da kommen echte Sorge, Unwissenheit in technischen Dingen, ein übertriebener Hang hin zu abschreckenden Gesetzen und Verboten, Parteipolitisches und Parteiräson, Rücksichtnahme auf Koalitionspartner, Wählerfang in bestimmten Lagern, Grundeinstellungen und vieles mehr zusammen.
Benutzeravatar
JNK
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4527
Registriert: 13 Mär 2008, 20:13
Wohnort: Wuppertal

Beitrag von JNK »

http://www.youtube.com/watch?v=Qh2sWSVRrmo

Dagegen kommst Du einfach nicht an. In der Aktuellen Stunde (WDR) war gestern ein Bericht anlässlich der sinnlosen und grausamen Ermordung Mircos: "Wie schütze ich mein Kind?" Der Moderator sagt noch "Rational betrachtet sind andere Dinge zum Beispiel der ganz normale Straßenverkehr objektiv viel gefährlicher, aber was heißt das schon?" Den Bericht zeigt man trotzdem.
(ab Minute 20:13, bei mir klappt die direkte Anwahl grad nicht) http://www.wdr.de/tv/aks/sendungsbeitraege...kind_schutz.jsp

Wir halten fest:
objektiv und rational /
ist doch völlig egal!
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

JNK @ 1 Feb 2011, 14:20 hat geschrieben: http://www.youtube.com/watch?v=Qh2sWSVRrmo

Dagegen kommst Du einfach nicht an. In der Aktuellen Stunde (WDR) war gestern ein Bericht anlässlich der sinnlosen und grausamen Ermordung Mircos: "Wie schütze ich mein Kind?" Der Moderator sagt noch "Rational betrachtet sind andere Dinge zum Beispiel der ganz normale Straßenverkehr objektiv viel gefährlicher, aber was heißt das schon?" Den Bericht zeigt man trotzdem.
(ab Minute 20:13, bei mir klappt die direkte Anwahl grad nicht) http://www.wdr.de/tv/aks/sendungsbeitraege...kind_schutz.jsp

Wir halten fest:
objektiv und rational /
ist doch völlig egal!
Dabei gehen die Morde an Kindern Jahr für Jahr zurück, auch wenn jeder einzelne Fall grausam bleibt. Generell haben viele den Hang zu irrationalen Verhaltensweisen. In manchen Fällen ist es gut, auch das Bauchgefühl einfließen zu lassen, in anderen nicht. Wenn ich ein Flugzeug meide, obwohl die Chance abzustürzen, verschwindend gering ist, aber ich gleichzeitig Motorrad fahre, dann handele ich irrational. Ebenso Eltern, die nach Mircos Tod die Kinder auf einmal mit dem Auto zur Schule bringen, obwohl der Täter ja gefasst ist und die Chance, dass ihr Kind Opfer wird, zwischenzeitlich nicht höher geworden ist (statistisch sogar eher niedriger).
Bayernlover
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 13814
Registriert: 02 Aug 2009, 16:49
Wohnort: Dresden (4, 6, 10, 12, 65, 85)

Beitrag von Bayernlover »

Auch dieses Forum ist irrational. Wir schreiben seitenweise über den Tod von noch nicht einmal zwei Dutzend Menschen (nicht falsch verstehen!), dabei stirbt jedes Jahr im Straßenverkehr ein ganzes Stadion - wurde bei Beckmann gestern so gesagt, ist nicht von mir...
Warum ist das so? Weil wir Menschen bei vielen Dingen sagen "kann man eh nicht ändern" -> Straßenverkehr, wohingegen bei dem Zugunglück irgendwie der Ansatz der Möglichkeit bestanden hätte, das zu verhindern. Abgesehen davon sollte man Tote nicht gegeneinander aufrechnen.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

Bayernlover @ 1 Feb 2011, 14:44 hat geschrieben: Auch dieses Forum ist irrational. Wir schreiben seitenweise über den Tod von noch nicht einmal zwei Dutzend Menschen (nicht falsch verstehen!), dabei stirbt jedes Jahr im Straßenverkehr ein ganzes Stadion - wurde bei Beckmann gestern so gesagt, ist nicht von mir...
Warum ist das so? Weil wir Menschen bei vielen Dingen sagen "kann man eh nicht ändern" -> Straßenverkehr, wohingegen bei dem Zugunglück irgendwie der Ansatz der Möglichkeit bestanden hätte, das zu verhindern. Abgesehen davon sollte man Tote nicht gegeneinander aufrechnen.
Ich kenne auch einen, der fuhr nach Eschede nicht mehr ICE, weil der ja viel zu gefährlich sei, und machte dann mit seinem Auto einen Überschlag auf der Autobahn. Zum Glück passierte ihm fast nichts, aber es hätte tödlich enden können. Vielleicht wurde ihm ja bewusst, dass Autofahren alles andere als weniger gefährlich als Zugfahren ist. Schade, wenn es dazu erst einen Unfall braucht.
Bayernlover
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 13814
Registriert: 02 Aug 2009, 16:49
Wohnort: Dresden (4, 6, 10, 12, 65, 85)

Beitrag von Bayernlover »

Auch dieses Verhalten ist irrational - hat er jetzt Angst vor allen Verkehrsträgern?
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

Bayernlover @ 1 Feb 2011, 15:11 hat geschrieben: Auch dieses Verhalten ist irrational - hat er jetzt Angst vor allen Verkehrsträgern?
Das nicht. Die Zeit heilt das bei den meisten. Manche entwickeln aber eine Paranoia.

Es ist natürlich legitim, mit dem Auto zu fahren. Wenn man aber sagt, man tue das wegen Eschede, ist das ein großer Blödsinn.

Auch die Hysterie beim Thema Terror ist übertrieben. Da gibt man schnell seine Freiheit auf, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, bei einem Terroranschlag zu Schaden zu kommen, geringer ist als fast alles andere. Das heißt ja nicht, dass man nicht doch den Terror bekämpft. Aber wenn scheinbare Sicherheit auf Kosten der Freiheit geht, dann haben die Terroristen gewonnen, so oder so.
Benutzeravatar
Boris Merath
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 16214
Registriert: 18 Nov 2002, 23:57
Wohnort: München

Beitrag von Boris Merath »

TramPolin @ 1 Feb 2011, 12:07 hat geschrieben: Soll das jetzt Ironie oder bewusste Übertreibung sein? Oder willst Du mir vor Augen führen, dass ich ein Panikmacher bin und ob des bestehenden Vertrags man eigentlich genauso Panik machen müsste?

Selbst wenn der alte so gefährlich wäre, spräche nichts dafür, ihn durch einen handwerklich katastrophalen und praxisfernen Schnellschuss zu ersetzen.
Alter Staatsvertrag: Nicht jugendgerechte Inhalte dürfen nur nachts erreichbar sein.
Neuer Staatsvertrag: Nicht jugendgerechte Inhalte dürfen nur nachts erreichbar sein oder müssen alternativ über eine maschinell auslesbare Kennzeichnung verfügen.

Das sensationelle Ergebnis ist also, dass es nach wie vor keine Alternative zur Sendezeitbeschränkung gibt, und die organisatorisch und technisch einfache Lösung der Kennzeichung nicht ermöglicht wurde.
TramPolin @ 1 Feb 2011, 12:43 hat geschrieben:Ich darf aber auch erinnern, dass in den ersten Entwürfen des JMStV sogar vorgesehen war, alle Angebote aus dem Ausland zu sperren, die keine Altersklassifizierung nach deutschen System haben. Ob das technisch so ohne Weiteres machbar gewesen wäre und verfassungskonform gewesen wäre, ist eine andere Geschichte.
Es war nie die Rede von irgendwelchen Sperrungen. Die Sperrung erfolgt softwareseitig auf dem Computer des jeweiligen Nutzers, und ist ausschließlich dafür vorgesehen, dass Eltern diese auf den Rechnern ihrer Kinder installieren.

Eine solche Kinderschutzfiltersoftware wäre natürlich einstellbar, es bliebe also den Eltern überlassen ob sie nicht gekennzeichnete Seiten standardmäßig sperren wollen.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
Benutzeravatar
TramPolin
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 12132
Registriert: 17 Feb 2007, 18:29
Wohnort: Hoch über den Dächern, mit einem anderen Blick auf unser Millionendörfchen (197, N45)
Kontaktdaten:

Beitrag von TramPolin »

Boris Merath @ 1 Feb 2011, 15:39 hat geschrieben: Es war nie die Rede von irgendwelchen Sperrungen. Die Sperrung erfolgt softwareseitig auf dem Computer des jeweiligen Nutzers, und ist ausschließlich dafür vorgesehen, dass Eltern diese auf den Rechnern ihrer Kinder installieren.
Während der Beratungen des JMStV gab es diverse Meldungen, es würde eine Sperrung ausländischer Seiten, die keine deutsche Altersverifizierung aufweisen, auf Providerseite geplant werden. Später war dann keine Rede mehr davon.

Clientseitige Sperrungen finde ich prinzipiell für sehr junge Kinder nicht schlecht, aber da wäre eine Whitelist wohl besser, da man sich auf die Jahresangaben kaum verlassen kann. Auch ist der Aufwand viel zu hoch, die Angebote zu klassifizieren. Wenn es eine Website als Ganzes betrifft, kann man das noch einsehen, da dies dann eine einmalige Geschichte ist. Schwieriger und erheblich aufwändiger wird,es , wenn einzelne Beiträge unterschiedliche Einstufungen haben. Einfach, um auf der sicheren Seite zu sein, das Angebot pro forma auf FSK 18 zu stellen, geht ja auch kaum, denn dann müsste man Sendezeiten einführen und am Rest des Tages eine Alterszugangskontrolle machen. Es gab auch einige Einschätzungen, dass eine solche Einstufung wettbewerbsrechtlich problematisch sei, immerhin machen Anbieter damit ihr nicht jugendfreies Angebot, das möglicherweise doch jugendfrei ist, interessanter und verschaffen sich dadurch möglicherweise einen Wettbewerbsvorteil.
DumbShitAward
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3612
Registriert: 11 Mai 2009, 10:46
Wohnort: München

Beitrag von DumbShitAward »

Ich stecke das mal in Ermangelung eines besseren hier rein (ganz OT ist es ja nicht).

Derzeit läuft hier eine Petition an den Bundestag zur Einführung des PEGI-Systems auch in Deutschland.

Der Petent schlägt vor endlich auch in Deutschland das europaweit benutzte PEGI (Pan-European Game Information) Bewertungssystem für Unterhaltungssoftware einzusetzen sowie ebendieser Software den gleichen rechtlichen Status wie Büchern oder Spielfilmen zu geben.

Zum allgemeinen Verständnis: in Deutschland ist die USK für die Altersempfehlungen für Videospiele zuständig, in quasi allen anderen EU Mitgliedsstaaten (sowie in einigen anderen ebenso) wird dafür das PEGI-System benutzt. Anders als bei der USK die sich aus einigen wenigen Bevölkerungsgruppen zusammensetzt (so ist dort leider auch die Kirche involviert) bewerten die Hersteller ihre Spiele selbst, den Mitgliedsstaaten bleibt aber die Möglichkeit bei krassen Fehleinschätzungen oder Verstößen gegen die jeweiligen Strafgesetze entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Die ist meines Wissens nach allerdings noch nie geschehen.

Hintergrund: Deutschland ist das einzige nennenswerte Land in Europa, das das PEGI-System nicht anerkennt. Dies hat neben der Widersprüchlichkeit zum Grundprinzip der EU aber einige gravierende praktische Folgen: das Zertifizierungssystem der USK ist sehr teuer für den Spielehersteller, was sich natürlich im Endpreis deutlich niederschlägt. Des Weiteren ist das das System bei Leibe nicht so freiwillig, wie gerne behauptet wird. Eine Nichtvorlage eines Spiels ist zwar nicht verboten, jedoch muss dieses Spiel dann unabhängig vom Inhalt als "ohne Jugendfreigabe" (was etwas anderes ist als "ab 18"!!) gehandhabt werden, was sich in einem Bewerbungsverbot niederschlägt, d.h. es dürfen nicht nur keine Plakate oder Fernsehwerbungen geschaltet werden, sondern das Spiel darf nicht auf den Verkaufstheken der Geschäfte liegen, solange nicht sichergestellt ist, dass Minderjährige dies auch nur sehen können. Für den Versandhandel bedeutet dies, dass dem Kunden zur "ab 18"-Rubrik solange kein Zugriff gewährt werden kann, bis dessen Alter zweifelsfrei identifiziert ist, was bis dato nur durch das teure und komplizierte PostIdent Verfahren möglich ist, vom Kauf möchte ich hier gar nicht sprechen (Stichwort: Einschreiben eigenhändig). Spiele, denen die Jugendfreigabe verweigert wird (per Definition ist "ab 18" noch eine Jugendfreigabe.......) sind zwar für Jedermann über 18 erhältlich, doch ist dies aufgrund der komplexen Umsetzbarkeit der gesetzlichen Vorgaben de facto nur in hochspezialisierten Läden und Onlineshops möglich, Großhandelsketten wie Saturn, MediaMarkt oder den meisten GameStop Filialen bieten solche Spiele gar nicht erst an (der Aufwand wäre zu hoch). Das Ende vom Lied ist, dass ein solches Spiel in Deutschland vom Spielehersteller nicht rentabel zu verkaufen ist (es hat schon Fälle gegeben, in denen die Zertifizierungskosten höher lagen als die Nettoeinnahmen in Deutschland), also erscheinen viele Spiele gar nicht erst hierzulande oder sie erschheinen in einer "freiwillig" stark geschnittenen Version um so USK 16 (was das ganze erheblich einfacher macht als USK 18 oder keine Jugendfreigabe). Der Passus "deutsche Version" auf einer Spielepackung ist somit mit "kaputtgeschnitten" zu übersetzen. Vielfach hat das auch den Effekt, dass diese Varianten nicht für Online-Multiplayerspiele verwendbar sind, da nicht kompatibel (man kann also entweder überhaupt nicht oder nur mit anderen Spielern dieser Version spielen).
Die einzige Möglichkeit an eine "vollwertige" Version eines solchen Spieles zu kommen läuft derzeit über den Import aus einem anderen EU Mitgliedsland (UK und Österreich sind hierbei recht beliebt). Aber auch hier hat der Gesetzgeber vorgesortg: der postalische Import von Spielen ohne Jugendfreigabe (welche meist auch noch von der BPjM indiziert sind, das ist aber eigentlich nur noch eine Formalie) ist untersagt, in gewerblichen Maße (lies: mehr als Eines) sogar strafbar, sofern nicht extrem hohe Auflagen erfüllt werden. Dementsprechend teuer ist ein solch importiertes Spiel. Ein handelsübliches PC Spiel kostet hierzulande neu etwas 40€, eine PEGI-Variante aus England gleich mal um die 60€ und mehr. Der populäre Selbstimport aus England ist immer mit dem Risiko verbunden, dass das Spiel beschlagnahmt und eingezogen wird (die automatisch folgende Strafanzeige wird standardmäßig wegen Geringfügigkeit eingestellt) - praktisch wird man meist vom Zoll herzitiert, zeigt den Ausweis vor und bekommt das Spiel ausgehändigt. Dies ist aber nur eine zollinterne Zollanweisung, ein Rechtsanspruch besteht nicht.

Der zweite Teil, der in dieser Petition ein wenig untergeht, befasst sich mit der Gleichstellung von Unterhaltungssoftware mit Büchern oder Filmen. Der Hintergrund dieses Anliegens ist, dass Videospiele hierzulande nicht als "Kunstwerk" betrachtet werden, sie unterliegen also standardmäßig dem Verbot von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, zu Deutsch ein Hakenkreuz in einem Spiel ist ein Beschlagnahmungsgrund. Man stelle sich die Reaktion des Zentralrats der Juden vor, wäre dies bei Schindlers Liste geschehen...
Beispiel aus der Praxis ist der jüngste Ableger *Zensiert*-en-stein Reihe. Nicht nur aufgrund der Gebahren der USK sondern auch wegen der dort sichtbaren Hakenkreuze entstand auch hier eine deutsche, entnazifizierte Version (was sich bisweilen in äußerst amüsanten Umschreibungen und Seitenhieben äußerte). Leider hatte man an einer Stelle des Spieles eines der Hakenkreuze übersehen, auch die Deutsche Variante wurde eingestampft.


Meine Meinung: aufgrund der oben geschilderten Situation sowie der Tatsache, dass durch die Besonderheiten des deutschen Jugendschutzgesetzes wohl kein einziges Kind oder Jugendlicher besser geschützt wird als in anderen Ländern, sondern lediglich Volljährige in der Wahl ihrer Freizeitbeschäftigung in einer Art eingeschränkt und behindert werden, dass der Begriff "Zensur" durchaus im Raum stehen könnte, begrüße ich diese Petition außerordentlich. Manche deutsche Politiker bekämpfen eben nach wie vor lieber einen vermeintlichen Sündenbock, da man sich so der eigentlichen Probleme (meist in Form der häuslichen Gewalt oder psychischer Misshandlung im Elternhaus) nicht annehmen möchte. Es widerspricht in meinen Augen jeglichem Sinn der europäischen Union, wenn die deutsche Eigenbrötlerei nicht bald ein Ende hat. Die USK hat in den letzten Jahren leider immer wieder durch krasse Fehleinschätzungen (gar nicht so sehr im USK18 Bereich, sondern eher im Bereich 0-12) von sich reden gemacht. Spiele werden in den unteren Bereichen ausschließlich wegen ihrer Darstellung von Gewalt, nackter Haut oder unangebrachter Kraftausdrücke eingestuft, nicht aber aufgrund ihres Anspruchs (so gibt es diverse Fälle in denen Spiele ab 0 Jahren freigegeben wurden, deren Komplexizität aber selbst für einen Zwölfjährigen grenzwertig ist; andersrum werden irgendwelche Babbelspielchen erst ab 12 freigegeben, obwohl sich der Inhalt an Vierjährige richtet. Fairerweise können hier aber die Eltern selbst regelnd eingreifen). Das ist an und für sich nichts sonderlich schlimmes, jedoch vermittelt die USK explizit den Anspruch genau das zu tun - könnte aber nicht weiter davon entfernt sein. Eine Möglichkeit des Einspruchs einer Bewertung gibt es für den Privatmann selbstverständlich auch nicht (selbst wenn dieser mit entsprechend aussagekräftigen Gutachten aufwarten könnte).

Praktisch wird diese Petition, selbst wenn sie auch nur annähernd so viele Mitzeichner wie beispielsweise die berühmte Netzsperren-Petition hätte, aber im Sande verlaufen, da sich weder Bundestag noch Bundesrat zu einem solchen Schritt bewegen lassen würden. Erschreckenderweise ist dieser Spielehass nicht nur bei der CDU, wo man ihn ja auch erwartet, zu finden, auch Teile der SPD und sogar bei den Grünen ist ein nicht unerheblicher Prozentsatz nicht nur gegen eine Lockerung, was diese Petition ja in der Praxis zu erreichen gedenkt, sondern für eine noch viel rigidere Verschärfung der Erwachsenenbehinderung des Jugendschutzes. Einige Bundesländer an sich, Bayern wäre hier wohl gesondert hervorzuheben, würden einer solche Veränderung aus Prinzip schon nicht zustimmen, da so praktisch den Ländern eine Kompetenz genommen werden würde (Die Länder können gegen eine Einstufung der USK ihr Veto einlegen, selbiges kann aber von der USK wieder überstimmt werden; so unlängst im Falle des Spiels Dead Space 2 (dt. Version) geschehen [n.b. an die Administratoren: dieses Spiel ist weder ohne Jugendfreigabe noch indiziert oder gar beschlagnahmt, die Nennung ist unproblematisch], als unsere heißgeliebte bayerische Internetausdruckerin Sozialministerin Haderthauer gegen die Einstufung "ab 18" wüst aber letztendlich erfolglos protestierte).

Dieses Chaos von USK, FSK, BPjM, SPIO/JK, ab 18, keine Jugendfreigabe, indiziert, beschlagnahmt, die ganzen Kompetenzüberschneidungen und ein Jugendschutzrecht, dass selbst die ehrlichen Kunden zum illegalen Download verleitet, keinen Jugendlichen in diesem Land aber besser vor "schädlichen" Eindrücken schützt hat seine Halbwertzeit schon vor 30 Jahren überschritten.
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
elchris
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4823
Registriert: 03 Mai 2003, 13:11

Beitrag von elchris »

Das Thema ist schon alt. Die Alterseinstufung disqualifiziert sich eh schon dadurch, dass sie im Kindesalter zu wenig und etwas willkürliche Stufen kennt und die dann auch ausgewürfelt werden. Mein Lieblingsbeispiel dazu:

ohne Altersbeschränkung: König der Löwen (die Tage mal wieder gesehen - das is echt nix für kleine Kinder...)
vs.
ab 6 Jahren: Raccoons (das ist dafür nett und putzig - auch die viel zitierte Bedrohungssituation ist da nach 20Min glücklich aufgelöst...)

Grad im Kindesalter fehlen hier Abstufungen, meinetwegen in 2-Jahres Schritten - und auch nicht nur als Untergrenze sondern eventuell als höher gesetzte, passende Empfehlung. Spätestens ab 14 aufwärts kannst das eh vergessen, da wird die Anzahl der Filme, die wirklich noch nix sind sehr klein - und die Kontrolle der Freigaben lächerlich. Was sassen wir in 16er Filmen oder hatten indizierte Spiele rumliegen, groß waren die vorgesetzten Riegel da nun nicht wirklich - eher war die hohe Freigabe ein "boah, das brauchst" nur um dann Festzustellen - ja, toll, Blut und sonst nix gewesen. Wie die Freigaben natürlich zustandekommen (nichtweltliche Organisationen mischen mit) gefällt mir natürlich auch nicht, aber das ist Deutschland - änder es doch, sind wir nicht ne Demokratie? Ach, alle Parteien findens so gut? Schade aber auch.
DumbShitAward
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3612
Registriert: 11 Mai 2009, 10:46
Wohnort: München

Beitrag von DumbShitAward »

Natürlich ist das Thema alt und natürlich hilft auch PEGI nichts dabei, dass gerade im Kinderbereich die Abstufungen wie du richtig sagst zu gering und willkürlich sind. Noch dazu unterscheidet sich ja gerade im frühen Jugendalter die Entwicklung von Individuum zu Individuum massiv. Deshalb sind die Abstufungen ja auch bis auf 18 und ohne Jugendfreigabe nicht bindend (für die Erziehungsberechtigten).

Dennoch sehe ich auch trotz oder gerade wegen unserer Demokratie einen unabdingbaren Handlungsbedarf, auch wenn gewisse Teile der Politik und einige Teile der Bevölkerung die Konsumenten solcher Medien doch ohnehin nur als Nerds oder potentielle Amokläufer betrachten, die Realität sieht aber etwas anders aus...
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
Antworten