Es war einmal...

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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JNK
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Beitrag von JNK »

Bei mir fallen studiumsbedingt immer wieder mal kleinere Daten, Fakten, Ereignisse, usw. aus der langen Geschichte der Eisenbahn an. Ich hab' dazu kein Thema gefunden und dachte mir, das ein oder andere interessiert vielleicht jemanden.

Ich starte heute mal mit einem Blick auf den Einfluss des Ersten Weltkriegs auf Krupp in Essen:
Bei Krupp in Essen führten die vermehrten Rüstungsaufträge während des Krieges zu einem auffälligen Anwachsen: das Werksgelände, dass bei Kriegsausbruch 270.00 qm umfaßte, wurde bis zum Kriegsende auf 680.000 qm  erweitert. Produzierte das Unternehmen 1914 noch mit 5.800 Maschinen, so standen bei Kriegsende 17 000 – also fast die dreifache Menge – auf dem Werksgelände. Das Schienennetz der Werkseisenbahn war von 95 km auf 147 km ausgebaut worden und die Anzahl der beförderten Tonage [sic!] hatte sich von 10 Mio. t auf 20 Mio. t verdoppelt. Am extremsten wuchs jedoch die Belegschaft an. Arbeiteten  1914 noch 21.000 Beschäftigte in dem Werk, so hatte sich die Belegschaft bis zum Kriegsende auf 105.000 verfünffacht. Die 14-tägigen Lohnzahlung waren von 2,4 Millionen Mark auf 11 Millionen angestiegen.
Egbert F. Schwarz, Vom Krieg zum Frieden. Demobilmachung in Zeiten des politischen und sozialen Umbruchs im Ruhrgebiet. Frankfurt am Main (u. a.) 1995, S.56
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JNK
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Beitrag von JNK »

Ein Blick auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und den damit verbundenen Kohlen-Mangel
Durch die völlige Überbeanspruchung während des Krieges war der Lokomotive-und Waggonpark bei Kriegsende derart herunterkommen, so dass viele Transporte ausfielen und stellenweise eintreffende Kohlenmengen von der Eisenbahn selbst in Beschlag genommen wurden. Hinzu kamen noch der Umstand, dass nach den harten Bedingungen des Waffenstillstandes von Compiegne 5.000 Lokomotiven und 150.000 Waggons abzuliefern waren. Durch den Lokomotiv-und Waggonmangel drohte zeitweilig das gesamte Verkehrswesen einschließlich des Personenverkehrs zusammenzubrechen.
Egbert F. Schwarz, Vom Krieg zum Frieden. Demobilmachung in Zeiten des politischen und sozialen Umbruchs im Ruhrgebiet. Frankfurt am Main (u. a.) 1995, S.74f.
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rockstar84
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Beitrag von rockstar84 »

5000 Lokomotiven und 150000 Waggons als Reparationen?

Wie viel hatte die Reichsbahn denn? Ich schätze mal, dass diese Menge fast der gesamte Bestand war, oder? Weiß da jemand das oder hat mal nen Link für mich? Danke.

Edit Nachtrag: Ich finde das Thema sehr interessant, JNK. Gute Idee so ein Thread über Geschichte!
Die "Harlingerland" ist die längste der drei Wangerooge-Fähren und wurde 1979 von der Werft Schürenstedt in Bardenfleth gebaut. Geschwindigkeit: 11,00 kn (21 km/h) Antriebsleistung: 820 kW Vermessung: 477 BRZ Motoren: 4 Fahrgäste: 635 Personen
Das Schiff ist in Besitz der Schiffahrt und Inselbahn Wangerooge, welche eine Tochtergesellschaft von DB AutoZug ist, welche eine Tochter von DB Fernverkehr ist.
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Ist von der Krupp Bahn Heute noch was übrig?
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JNK
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Beitrag von JNK »

rockstar84 @ 31 Mar 2011, 14:54 hat geschrieben: 5000 Lokomotiven und 150000 Waggons als Reparationen?

Wie viel hatte die Reichsbahn denn? Ich schätze mal, dass diese Menge fast der gesamte Bestand war, oder? Weiß da jemand das oder hat mal nen Link für mich? Danke.

Edit Nachtrag: Ich finde das Thema sehr interessant, JNK. Gute Idee so ein Thread über Geschichte!
Die Reichsbahn gab es erst seit 1920, vorher waren das alles Länderbahnen. Die preußische P8 wurde aber laut Wikipedia von 1906 - 1923 ca. 3.800mal gebaut, die G8 von 1913–1921 ca. 5.155. Genaueres lässt sich der Liste der preußischen Lokomotiven und Triebwagen entnehmen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_pre..._und_Triebwagen

Die Reichsbahn wurde ab 1920 aus folgenden Unternehmen geschaffen:
die Preußischen Staatseisenbahnen,
die Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen,
die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen,
die Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen,
die Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen,
die Großherzoglich Hessischen Staatseisenbahnen,
die Großherzoglich Oldenburgischen Staatseisenbahnen und
die Großherzoglich Mecklenburgische Friedrich-Franz-Eisenbahn.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Reichsbahn

Ich nehme einfach mal an, da die E.F.Schwarz von einem drohendem Zusammenbruch des Eisenbahnverkehrs spricht, dass es ein heftiger Aderlass war, da das Material auch völlig heruntergefahren war, aber dass ein Betrieb noch einigermaßen möglich war.
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rockstar84
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Beitrag von rockstar84 »

JNK @ 31 Mar 2011, 15:12 hat geschrieben: Ich nehme einfach mal an, da die E.F.Schwarz von einem drohendem Zusammenbruch des Eisenbahnverkehrs spricht, dass es ein heftiger Aderlass war, da das Material auch völlig heruntergefahren war, aber dass ein Betrieb noch einigermaßen möglich war.
Danke für die Info bzgl. Gründung der Reichsbahn. Eigentlich irgendwie albern, dass man sie damals ausgerechnet Reichsbahn genannt hat in der Zeit als es mal gerade eine Republik und kein Reich mehr war ;)

Zu dem zitierten Satz: Klingt einleuchtend. Es war auf jeden Fall ein Großteil des Materials und ich vermute mal, dass die Siegermächte nicht die Maschinen mitgenommen haben die am übelsten abgerockt waren sondern natürlich die, die am besten in Schuss waren und nur den Halbschrott hiergelassen haben... ;)
Die "Harlingerland" ist die längste der drei Wangerooge-Fähren und wurde 1979 von der Werft Schürenstedt in Bardenfleth gebaut. Geschwindigkeit: 11,00 kn (21 km/h) Antriebsleistung: 820 kW Vermessung: 477 BRZ Motoren: 4 Fahrgäste: 635 Personen
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Beitrag von O 530 L »

rockstar84 @ 31 Mar 2011, 15:18 hat geschrieben: Zu dem zitierten Satz: Klingt einleuchtend. Es war auf jeden Fall ein Großteil des Materials und ich vermute mal, dass die Siegermächte nicht die Maschinen mitgenommen haben die am übelsten abgerockt waren sondern natürlich die, die am besten in Schuss waren und nur den Halbschrott hiergelassen haben... ;)
Das Problem war eher, dass das abzugeben Material hauptsächlich aus Preußen kam, da nur die einen großen Bestand hatten.

Aber da täuscht du dich gewaltig. Die Bayern z.B. hab den Franzosen so ziemlich den letzten Schrott angedreht den man hatte. Neuer Lack, neue Herstellernummer und voila, fertig ist die Neubau-S3/6:lol:
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rockstar84
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Beitrag von rockstar84 »

O 530 L @ 31 Mar 2011, 15:28 hat geschrieben: Die Bayern z.B. hab den Franzosen so ziemlich den letzten Schrott angedreht den man hatte. Neuer Lack, neue Herstellernummer und voila, fertig ist die Neubau-S3/6:lol:
*lol* Na da haben sie die Franzosen ja mal geil verar***t :D

Außen hui, innen pfui nennt man das wohl :D
Die "Harlingerland" ist die längste der drei Wangerooge-Fähren und wurde 1979 von der Werft Schürenstedt in Bardenfleth gebaut. Geschwindigkeit: 11,00 kn (21 km/h) Antriebsleistung: 820 kW Vermessung: 477 BRZ Motoren: 4 Fahrgäste: 635 Personen
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

rockstar84 @ 31 Mar 2011, 14:54 hat geschrieben: 5000 Lokomotiven und 150000 Waggons als Reparationen?

Wie viel hatte die Reichsbahn denn? Ich schätze mal, dass diese Menge fast der gesamte Bestand war, oder?
Bedenke, dass man damals ein vielfaches der heutigen Lokzahlen brauchte, weil die Dampfer sehr wartungsintensiv waren und mehr rumstanden als gefahren sind.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Galaxy @ 31 Mar 2011, 15:00 hat geschrieben:Ist von der Krupp Bahn Heute noch was übrig?
Was Krupp in Essen, sind wir im Saufen ;)

Spaß beiseite. Die Geschichte der Erfinder der nahtlosen Eisenbahnräder liest sich spannend. Aber die Firma war auch sehr stark in die Waffenproduktion involviert. Das wurde ihr nach dem zweiten Weltkrieg zum teilweisen Verhängnis. Alfried Krupp, der 1943 die Leitung des Unternehmens als Alleininhaber übernommen hatte, wird in einem Kriegsverbrecherprozess zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Auf Anweisung der Siegermächte wurde ein Großteil der nicht zerstörten Werksteile demontiert. Im Jahre 1951 wird Alfried Krupp begnadigt und darf ab 1953 wieder die Leitung seiner Werke übernehmen. Dabei verzichtete er für alle Zukunft auf die Produktion von Waffen. Es wurden unter anderem Lastwagen, Lokomotiven, Seeschiffe und komplette Industrieanlagen gebaut.

Aber das ist alles Geschichte, die Firma Krupp wurde nicht vererbt, sondern in eine Stiftung umgewandelt. Die wirtschaftlichen Aktivitäten werden nach der Fusion mit Thyssen als Thyssen-Krupp weiter geführt. Und die sind auch als Zulieferer für die Bahnindustrie tätig.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Beitrag von Rohrbacher »

Boris Merath @ 31 Mar 2011, 20:43 hat geschrieben:
rockstar84 @ 31 Mar 2011, 14:54 hat geschrieben: 5000 Lokomotiven und 150000 Waggons als Reparationen?

Wie viel hatte die Reichsbahn denn? Ich schätze mal, dass diese Menge fast der gesamte Bestand war, oder?
Bedenke, dass man damals ein vielfaches der heutigen Lokzahlen brauchte, weil die Dampfer sehr wartungsintensiv waren und mehr rumstanden als gefahren sind.
Zudem war Deutschland noch etwas größer als heute und das Streckennetz war dichter und man legte noch Wert auf Reserven. Die Züge waren auch um einiges langsamer, dafür war der Betrieb im Vergleich zu heute "recht ausgedünnt". Aber vor allem die ganzen Rangierloks, die an jedem mittleren Bahnhof stationiert waren, haben die Stückzahlen nach oben getrieben. ;)
Aber da täuscht du dich gewaltig. Die Bayern z.B. hab den Franzosen so ziemlich den letzten Schrott angedreht den man hatte. Neuer Lack, neue Herstellernummer und voila, fertig ist die Neubau-S3/6:lol:
Nur blöd, dass die S3/6 gegenüber der 20 Jahre jüngeren 03 und der 01 selbst in gebrauchtem Zustand noch die bessere Lok gewesen sein soll, die Reichsbahn hat ja parallel zu den neuen Einheitsloks noch die alten bayerischen Loks bis 1931 weitergebaut! Eine 4-Zylinder-Dampflok ist sowas wie ein 12-Zylinder bei den Autos. Die bei der DB später optimierten, also neubekesselten sollen die wirtschaftlichsten Dampfloks der DB gewesen sein und hätte man beim Umbau nicht einen Konstruktionsfehler reinverbockt, der dann zu fiesen Rissen geführt hat, hätte man die Loks nicht "schon" bis 1969 ausgemustert, sondern sie wären warscheinlich bis zum Dampflokende Mitte der 70er gelaufen. :rolleyes:
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Beitrag von JNK »

Während der Ersten Weltkriegs und der ihm folgenden Demobilisationszeit waren in Wuppertal Stationen der Schwebebahn und haltestelle der Straßenbahn außer Betrieb gesetzt, um angesichts der "Kohlennot" Strom zu sparen. In der Stadtverordneten-Versammlung der Stadt Elberfeld erklärte der zuständige Beigeordnete am 26.11.1918, dass dadurch 10-12 Prozent Strom gespart werden könne. Nur die Station Kluse der Schwebebahn wurde wieder in Betrieb genommen, da hier vor der Kurve eh gebremst werden müsse und man so kaum Strom spare.
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Beitrag von JNK »

rockstar84 @ 31 Mar 2011, 14:54 hat geschrieben:5000 Lokomotiven und 150000 Waggons als Reparationen?

Wie viel hatte die Reichsbahn denn? Ich schätze mal, dass diese Menge fast der gesamte Bestand war, oder? Weiß da jemand das oder hat mal nen Link für mich? Danke.

Edit Nachtrag: Ich finde das Thema sehr interessant, JNK. Gute Idee so ein Thread über Geschichte!
Wie ich nun herausfand, waren die 5000 Loks und 150000 Waggons zusammen mit den verlorenen Beständen in Elsaß-Lothringen ein Fünftel des Gesamtbestandes des Deutschen Reiches.

Während des Ersten Weltkrieges förderte das Ruhrgebiet täglich 340.000 Tonnen Steinkohle, was einen täglichen Bahnversand mit 23.000 bis 24.0000 Wagen erforderte. Nach der Novemberrevolution sank die Fördermenge in den letzten beiden Monaten des Jahres 1918 auf 220.000 Tonnen pro Tag, was 13.000 Wagen erforderte.

In Oberschlesien fiel die Produktion ebenfalls, sodass statt 10-12.000 Wagen nur noch 5.000 gebraucht wurden.

(Carl-Friedrich Wachs, Das Verordnungswerk des Demobilmachungsamtes, Frankfurt u.a. 1991, S.108ff.)
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