
Vor etwa zwei Wochen begannen die Arbeiten im oeffentlichen Bereich des U-Bahnhofes. Die Automaten am Verbindungstunnel U-S wurden abmontiert, und dieser Bereich gesperrt. Momentan sind die Arbeiter dabei, die Deckenverkleidung abzureissen. Ausserdem muss unter anderem der breite Luftschacht verlegt werden und die Kacheln auf ganzer Breite entfernt werden. Auch an der suedlichen Wand von Gleis 2 kommend muessen Arbeiten vorgenommen werden, diese wird offenbar quasi angeschnitten, so dass man dort schraeg zur S-Bahn laufen kann. An de Bahnsteigen selber gehts auch rund, So wurden die Infoscreens abmontiert (was dem Bahnhof sehr steht

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So viel zu dem momentan oeffentlich zugaenglichen Bereich. Wie ihr vielleicht bemerkt habt, sind die Informationen nicht nur aus beobachtungen. Heute hatte ich im Rahmen der zweiten Architekturwoche die Moeglichkeit, in verbindung mit einem Vortrag Die Baustelle zu besichtigen. Die Veranstaltung war recht interessant, insgesamt waren wir ueber zwei Stunden auf dem Gelaende (davon aber nur einen kleinen Teil auf der eigentlichen Baustelle

Wie wohl den meissten bekannt sein duerfte, wird ein zweiter Nebentunnel direkt neben dem bestehenden gebaut. Dieser neue tunnel wird in Spritzbetonweise direkt neben dem alten erstellt. Die beiden Tunnel werden mit 11 Durchbruechen miteinander verbunden, der Anstand zwischen den beiden betraegt wenn ich das richtig verstanden habe etwa 3 Meter. Die Durchbrueche selber sind soweit ich auf den Plaenen erkennen konnte recht breit, und wohl etwa so breit die Stuetzen dazwischen.
zwischen der Bauweise des alten und des neuen Tunnels gibt es erhebliche Unterschiede: Der alte Tunnel hat eine Wandstaerke von immerhing 2,5m Beton, was bei der Erstellung der Durchbrueche nicht gerade vorteilhaft ist. Der neue Tunnel kommt mit gerade mal 30cm aus. Der Grund dafuer ist ein Umdenken bei der Berechnung der Statik: Frueher musste der Tunnel die komplette Last des materials ueber ihm tragen, heute wird miteinberechnet, dass die ueber dem Tunnel befindlichen Erdschichten einen grossen Teil davon abfangen.
Der Bau der Tunnel wird bekanntlicherweise unter Vereisung durchgefuehrt. Daraus resultieren folgende Bauschritte:
- Bau des Startschachtes:

Fuer den Startschacht wurden zuerst Bohrpfaehle eingerammt. Die Besonderheit ist die ovale Form, ueblich ist ein runder Kreis. Dies haengt mit den beengten Verhaeltnissen zusammen.
Der Schacht wurde dann bis zu einer bestimmten Tiefe ausgebaggert.
Dort wurde dann zuerst ein sogenannter Pilotstollen gebaut. Dafuer wurden fertige 3m-Betonroehren mit einem Durchmesser von 2 Metern in den Startschacht heruntergelassen. und hydraulisch in die Erde gedruckt. In dem ersten Element befand sich eine Druckkammer mit einem manuell bedienten Bagger, der vorne das material wegbaggert hat. Der Abraum wurde dann mit Wasser vermischt und abgepumpt. Auf diese Weise wurde der 90m-lange Stollen in nur 9 Tagen fertiggestellt.
Auf dem oberen Bild kann man den aktuellen zustand des Startschachtes fuer Gleis 1 erkennen (das oestliche Gleis), Der Pilotstollen ist bereits fertiggestellt, und es wurde bekonnen, den Startschacht auf das spaetere Niveau auszubaggern, wo dann der Bahnsteigtunnel erstellt wird.
Am Schacht 2 ist der Startschacht bereits auf endgueltiger Tiefe:

Das Bild ist nicht von oben aufgenommen, sondern von der Treppe, deswegen wirkts nicht so tief. ganz links sieht man ein Rohr. Dabei handelt es sich um ein Abwasserrohr, das durch den Schacht fuehrt und jetzt quasi aufgehaengt da durch fuehrt. etwas weiter rechts sieht man eine Zwischenplatform, das ist die Ebene, auf der sich der Pilotstollen befindet. Darunter sieht man eine Baumaschine zum abtragen der Erde.
Hier ein Bild von dem fertigen Pilotstollen am Schacht von Gleis 2:

Hier sieht man die ROhre fuer die Vereisung des Untergrundes. Unten ist eine dicke Eisschicht zu erkennen, im Hintergrund steht ein Arbeiter. Fuer die Vereisung wurden pro Tunnel 300 Bohrungen in die Erde erstell mit einer jeweiligen Laenge von bis zu 12 Metern. Dort fliesst die Kuehlfluessigkeit. Die Kuehlleistung wurde mir etwa 300 "Kuehlschraenken" pro Tunnel angegeben. Naehere Informationen dazu erspar ich euch jetzt mal, sofern ueberhaupt noch einer das liesst

Unter dem Schutz der Vereisung kann das Erdreich dann relativ leicht abgetragen werden. DUrch den Einsatz dieser Technik kann die Bauzeit erheblich verkuerzt werden und eine Fertigstellung bis 2006 ist kein Problem.
Auf der Seite des Bahnsteiges 2 wurde mit dem bau des endgueltigen Tunnels bereits begonnen, ich wuerde die Laenge auf etwa 15 Meter schaetzen. Pro 24h-Schicht werden etwa 2m VOrtrieb erreicht. Hier mal ein Foto vom momentanen Zustand bei Arbeiten an der Bewehrung:

Das Weisse was man oben an der Erdwand sieht ist vereistes Erdreich, das was zwischen Bildrand und Bewehrung liegt hingegen kein Eis, sondern der (wasserfeste) Spritzbeton

Und hier nochmal bei Erdarbeiten:

Das helle links ist die Wand des Startschachtes, allerdings wirktdas auf dem Foto etwas kuerzer als es tatsaechlich ist.
Durch diese neue Methode sind fuer das eigentliche Erstellen des Tunnels nur 2 Monate Bauzeit eingeplant.
Die Erstellung der DUrchbrueche selber gestaltet sich auch nicht gerade einfach, zum einen wegen der grossen Dicke der Waende, zum anderen, weil wegen der Bauweise des Tunnels die Durchbrueche nicht in einem Stueck erstellt werden koennen, da es sonst Probleme mit der Statik geben koennte. Daher wird jeder Durchbruch in mehreren Phasen erstellt: Zuerst wird die eine Haelfte des spaeteren Durchbruchs erstellt, und ein Rahmen, der auf einer Seite offen ist, aus Beton erstellt. Danach wird die andere Haelfte geoeffnet, allerdings bleibt in der Mitte noch eine "Saeule" aus dem alten Baumaterial stehen. Darauf wird auch auf dieser Seite der Rahmen erstellt. Erst dann wird die Saeule in der Mitte herausgenommen.
Es wird zuerst jeder zweite Durchbruch gebaut, d.h. gleichzeitig 6 Stueck. Allerdings dauern die Arbeiten trotzdem 6 Monate, also dreimal so lang wie der Bau des Tunnels, und das finde ich schon bemerkenswert.
So, damit bin ich jetzt einigermassen fertig, ich hab einiges absichtlich ausgelassen, an anderes vielleicht einfach nicht gedacht. Wenns Fragen gibt fragt einfach, vielleicht wurde das ja auch angesprochen. Und sollte jemand bis hier hin durchgehalten haben: Vielen Dank fuer die Aufmerksamkeit
