
420 - warum die lange Bauzeit?
Ohne Zweifel ist der 420 ein Durchbruch gewesen. Es verwundert aber dennoch dass dieses Fahrzeug bis in die 1990er gebaut wurde. Denn die Technik war ja voran geschritten und auch die Komfortansprüche waren gewachsen. Ich weiß ja noch wie uns damals klimatisierte DoStos und S-Bahnen versprochen wurden, die kamen dann allerdings trotz entsprechender Pressearbeit alle ohne Klima. Beim 420 wäre derlei zwar nachrüstbar gewesen, aber offenbar wollte man den Beförderungsfällen nicht mehr Komfort als unbedingt erforderlich gewähren
Aus der Sicht der Werkstätten mag ein möglichst einheitlicher Fahrzeugpark ja wünschenswert sein, nun hat man aber verschiedene S-Bahn Baureihen und immer noch einen großen 420er Fahrzeugpark der noch eine lange Restnutzungsdauer vor sich hat.

- Boris Merath
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Die Entscheidung Klimaanlage ja oder nein hat nichts mit dem Fahrzeug zu tun - man hätte auch auf den 420er problemlos eine Klimaanlage draufbauen können.
Ansonsten - was spricht gegen den 420er?
Ansonsten - was spricht gegen den 420er?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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nichts, der 420er ist heilig
Nein, ernsthaft: Man hätte ein neues Fahrzeug besser den gestiegenen Anforderungen anpassen können.
Kritikpunkte aus heutiger Sicht: Lärmemissionen, Laufruhe, keine Rekuperation, E-Bremse im unteren Geschwindigkeitsbereich wenig wirksam, Belüftungs/Heizkonzept. Natürlich hätte man eine Klima/Heizung draufsetzen können, aber bei einer Neukonstruktion wäre das alles aus einem Guss möglich gewesen. 420 - im Winter frieren, im Sommer schwitzen
Inzwischen haben wir ja das andere Extrem: Bald jagt eine S-Bahnbaureihe die Nächste und der 420 und die x-Wagen fahren auch noch rum.
Natürlich ist ein technisch veraltetes Fahrzeug besser als eines das nicht fährt
- siehe S-Bahn Berlin.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Auch ich bin eher 420 Fan, ich hasse nur n-Wagen und unklimatisierte DoStos
Wobei der n-wagen in den 50ern und 60ern seine Berechtigung hatte, da war sogar er ein Fortschritt.

Nein, ernsthaft: Man hätte ein neues Fahrzeug besser den gestiegenen Anforderungen anpassen können.
Kritikpunkte aus heutiger Sicht: Lärmemissionen, Laufruhe, keine Rekuperation, E-Bremse im unteren Geschwindigkeitsbereich wenig wirksam, Belüftungs/Heizkonzept. Natürlich hätte man eine Klima/Heizung draufsetzen können, aber bei einer Neukonstruktion wäre das alles aus einem Guss möglich gewesen. 420 - im Winter frieren, im Sommer schwitzen

Inzwischen haben wir ja das andere Extrem: Bald jagt eine S-Bahnbaureihe die Nächste und der 420 und die x-Wagen fahren auch noch rum.
Natürlich ist ein technisch veraltetes Fahrzeug besser als eines das nicht fährt

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Auch ich bin eher 420 Fan, ich hasse nur n-Wagen und unklimatisierte DoStos

Wobei der n-wagen in den 50ern und 60ern seine Berechtigung hatte, da war sogar er ein Fortschritt.
- Boris Merath
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Na so schlimm sind die aber auch nicht - und der 423er in der ersten Bauserie ist auch nicht grade leise.rabauz @ 26 Apr 2012, 12:48 hat geschrieben: Lärmemissionen, Laufruhe
Das war damals halt Stand der Technik.keine Rekuperation, E-Bremse im unteren Geschwindigkeitsbereich wenig wirksam
Dass eine Klima beim 420er kein Problem gewesen wäre wurde ja mit dem 420+ bewiesen. Klimatisierung war zum Zeitpunkt des Baus der 420er halt nur im Fernverkehr üblich - auch ein komplettes Neubaufahrzeug hätte wohl zu dem Zeitpunkt noch keine Klimaanlage bekommen.Belüftungs/Heizkonzept. Natürlich hätte man eine Klima/Heizung draufsetzen können, aber bei einer Neukonstruktion wäre das alles aus einem Guss möglich gewesen. 420 - im Winter frieren, im Sommer schwitzen![]()
Jein - die heißen zwar anders, sind sich aber technisch doch relativ ähnlich. Auch innerhalb der 420er-Baureihen gibt es große technische Unterschiede. Der Sprung von 423er zu 422/430 dürfte auch nicht viel wilder sein als der Sprung von 420 6. Bauserie auf 420 7.Bauserie.Inzwischen haben wir ja das andere Extrem: Bald jagt eine S-Bahnbaureihe die Nächste
Der 420er war nicht technisch veraltet - jetzt ist er technisch veraltet, das stimmt, zum Zeitpunkt des Baus und der Konstruktion war er das aber noch nicht. Als die 7. Bauserie des 420ers gebaut wurde ist gerade die Auslieferung der Serienloks der 120er gestartet. Man kann aber nicht einfach die Technik aus einer Lokomotive nehmen und in einen Triebwagen einsetzen, in einem Triebwagen hat man ganz andere Probleme, insbesondere mit dem Platz und der Kühlung.Natürlich ist ein technisch veraltetes Fahrzeug besser als eines das nicht fährt
Hätte man damals ein neues Fahrzeug basierend auf der nagelneuen Technik des Drehstromantriebs gebaut, hätte das zu lange gedauert, man hat die Fahrzeuge sofort gebraucht. Außerdem hätte der Bau basierend auf der neuen Technik das Risiko von weiteren Verzögerungen durch technische Probleme gehabt - man hatte ja noch nicht so viel Erfahrungen.
Klar hätte man auf den 423er warten können - aber dann hätte man die Flughafen-S-Bahn in München mit n-Wagen fahren müssen.
Damit bestätigst Du es ja selber - der Dosto war (mehr oder weniger, ich weiß, DR-Dostos gabs schon lang) eine Neukonstruktion, und hatte eben keine Klimaanlage. Später wurde das existierende Dosto-Modell angepasst und eine Klimaanlage nachgerüstet. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.Damit kein falscher Eindruck entsteht: Auch ich bin eher 420 Fan, ich hasse nur n-Wagen und unklimatisierte DoStos![]()
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
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Die Neuentwicklung wäre halt das geworden was heute der 423er ist, nur ein paar Jahre früher - bzw. vermutlich eben nicht ein paar Jahre früher, weil man das wohl nicht geschafft hätte. Vermutlich hätte man jahrelang mit Ersatzkonzepten fahren müssen bis der 423er fertig ist.andreas @ 26 Apr 2012, 13:20 hat geschrieben: man muß aber auch sehen, daß die beiden lose in den 90er ingesamt nur 80 Fahrzeuge waren - dafür wäre eine Neuentwicklung wohl zu teuer gewesen
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
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Ende der 80er Jahre war Drehstromtechnik bei Stadtbahnfahrzeugen bereits seit längerem Standard (z.B. bei den B-Wagen der U-Bahn München), und auch ein S-Bahn-Fahrzeug mit Drehstromtechnik gab es damals bereits: Die Baureihe 480.Boris Merath @ 26 Apr 2012, 12:57 hat geschrieben:Das war damals halt Stand der Technik.
Sicher richtig. Andererseits: Hätte man im Jahre 1988 (also kurz vor Beginn der Wiederaufnahme der 420-Produktion) mit der Entwicklung des 423 begonnen und sich, sagen wir, damit fünf Jahre Zeit gelassen, dann hätte die Auslieferung 1993 beginnen können, also gerade drei Jahre nach Wiederaufnahme der 420-Produktion. Diesen Zeitraum hätte man wohl überbrücken können.Boris Merath @ 26 Apr 2012, 12:57 hat geschrieben:Hätte man damals ein neues Fahrzeug basierend auf der nagelneuen Technik des Drehstromantriebs gebaut, hätte das zu lange gedauert, man hat die Fahrzeuge sofort gebraucht. Außerdem hätte der Bau basierend auf der neuen Technik das Risiko von weiteren Verzögerungen durch technische Probleme gehabt - man hatte ja noch nicht so viel Erfahrungen.
Aber die Deutsche Bundesbahn hatte in den letzten Jahren ihres Bestehens auch sonst keine Lust mehr, Fahrzeuge in Eigenregie zu entwickeln, wie sie das zuvor jahrzehntelang getan hatte. Und Fahrzeuge "von der Industrie von der Stange" gab es Ende der 80er / Anfang der 90er noch nicht. Also legte man selbst entwickelte Baureihen, die nicht mehr auf der Höhe der Zeit waren, nochmal auf, um die Zeit zu überbrücken.
Ein anderes Beispiel ist der 628.4. Der war zum Zeitpunkt seiner Produktionsaufnahme (1992) auch nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Im Stadtverkehr waren damals Niederflur und Barrierefreiheit bereits in aller Munde, schon damals wurden weit überwiegend Niederflur-Stadtbusse und Niederflur-Straßenbahnen neu beschafft. Für den Regionalverkehr gab es aber noch nichts entsprechendes, 64x und 650 waren noch nicht auf dem Markt, also nahm man nach drei Jahren Pause im Jahre 1992 die im Jahre 1989 eingestellte Produktion des 628 wieder auf - als 628.4, der ja nichts anderes als ein geringfügig weiterentwickelter 628.2 ist.
Drehstromtechnik gab es schon, aber alle mit Rekuperation in Gleichstromnetze, z.B. beim BR480 in 750V DC. Das ist viel einfacher als die Synchronisation der Einspeisung in den 16 2/3Hz 16kV Wechselstrom des Fahrdrahts. Diese Technik hat dann auch etwas länger gebraucht ...sbahnfan @ 26 Apr 2012, 14:08 hat geschrieben: Ende der 80er Jahre war Drehstromtechnik bei Stadtbahnfahrzeugen bereits seit längerem Standard (z.B. bei den B-Wagen der U-Bahn München), und auch ein S-Bahn-Fahrzeug mit Drehstromtechnik gab es damals bereits: Die Baureihe 480.
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Stadtbahnfahrzeuge haben aber ganz andere Voraussetzungen. Hier haben wir als Eingangsspannung eine relativ niedrige Gleichspannung, damit entfällt der Transformator sowie ein Teil der Stromrichter. Dazu kommt, dass diese Stadtbahndrehstromfahrzeuge der ersten Stunde eine völlig andere Technik drin haben als die heutigen heutigen Drehstromfahrzeuge bzw. die 120er. Technisch gesehen ist der Münchner B-Wagen oder der Drehstrom-DT1/DT2 von Nürnberg ein Chopperfahrzeug mit "elektronischer Kommutierung" - und damit einem Gleichstromantrieb wesentlich näher als einem Drehstromantrieb wie wir ihn heute kennen. Das ganze lässt sich nicht so ohne weiteres auf die 15kV 16,7Hz im Bahnstromnetz übertragen.sbahnfan @ 26 Apr 2012, 14:08 hat geschrieben: Ende der 80er Jahre war Drehstromtechnik bei Stadtbahnfahrzeugen bereits seit längerem Standard (z.B. bei den B-Wagen der U-Bahn München), und auch ein S-Bahn-Fahrzeug mit Drehstromtechnik gab es damals bereits: Die Baureihe 480.
Würde man die Technik dieser Stadtbahnfahrzeuge auf die große Bahn übertragen, hätte man hier statt dem Chopper halt eine Phasenanschnittssteuerung - exakt das, was der 420er hat, nur mit dem Unterschied dass man für die elektronische Kommutierung zusätzliche platzraubende Technik unter dem Fahrzeug hätte anbringen müssen. Das ganze hat man übrigens beim TGV so gemacht, die haben genau das (Phasenanschnittssteurung für Wechselstromstrecken, Chopper für Gleichstromstrecken mit nachgeschalteter elektronischer Kommutierung).
Der 480 ist übrigens ein sehr schlechtes Beispiel - der 480er ist aus technischer Sicht letztendlich auch nur ein Stadtbahnfahrzeug wie der Münchner B-Wagen auch, nur dass jemand "S-Bahn" drauf geschrieben hat. Auf die Wechselstrom-S-Bahnen lässt sich das nicht übertragen.
Prinzipiell ist Rückspeisung bei der Phasenanschnittssteuerung übrigens kein grundlegendes Problem, es kostet nur Platz und Geld, weshalb man beim 420er darauf verzichtet hat.
Hätte man vielleicht, man hätte aber auch das Risiko gehabt dass man mit der noch nicht sehr ausgereiften Technologie größere Probleme bekommt und sich die Auslieferung deutlich verzögert. Der Schritt zum 423er hin war ziemlich einschneidend, der 423er ist eine fast vollständige Neuentwicklung mit viel neuen Techniken, mit denen man noch keine so große Erfahrung hatte - so etwas unter Zeitdruck machen zu müssen halte ich nicht gerade für sinnvoll.Sicher richtig. Andererseits: Hätte man im Jahre 1988 (also kurz vor Beginn der Wiederaufnahme der 420-Produktion) mit der Entwicklung des 423 begonnen und sich, sagen wir, damit fünf Jahre Zeit gelassen, dann hätte die Auslieferung 1993 beginnen können, also gerade drei Jahre nach Wiederaufnahme der 420-Produktion. Diesen Zeitraum hätte man wohl überbrücken können.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.
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- Kaiser
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Hallo,
was kostet eigentlich die Klimatisierung von Waggons, bezogen auf die Gesamtkosten im Betrieb aus Mehrinvestionen und Wartungsaufwand samt zusätzlichem Energiebedarf für Kima selbst und das Mehrgewicht traktionseitig?
Was macht das je verkauften Personenkilometer aus?
Wenn es 1cent/km wäre, dann stellte ich mir die Frage ob bei 20 000km/a = 200€/a ich an den wenigen Tagen lieber schwitzen würde.
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Wenn es 1cent/km wäre, dann stellte ich mir die Frage ob bei 20 000km/a = 200€/a ich an den wenigen Tagen lieber schwitzen würde.
Daß nach den Prototypen der B-Wagen nochmals die A-Wagen aufgelegt wurden, sollte nicht vergessen werden.sbahnfan @ 26 Apr 2012, 14:08 hat geschrieben: Ende der 80er Jahre war Drehstromtechnik bei Stadtbahnfahrzeugen bereits seit längerem Standard (z.B. bei den B-Wagen der U-Bahn München), ...
Technischer Fortschritt braucht eben seine Zeit.
Entweder in der Prototypenphase, oder in der Zeit wo Ersatzfahrzeuge die Leistungen übernehmen.

Viele Grüße, Marc
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