Zeil fordert mehr Geld für den Schienenverkehr

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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Electrification
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Beitrag von Electrification »

Es kommt ja selten was vernünftiges von der gelben Partei, aber gerade der Herr Zeil bringt oft viele Wahrheiten ans Tageslicht. Hier mal der Link zu seinen Ausführungen:

Wir brauchen eine dauerhaft solide Finanzierung des Schienennetzes
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Die Preispolitik der Deutschen Bahn ist mitverantwortlich dafür, dass für die Bestellung zusätzlicher Verkehrsleistungen so gut wie kein finanzieller Spielraum mehr besteht. Denn die Gebühren für die Nutzung der Infrastruktur steigen seit Jahren überproportional. Mittlerweile fließen 60 Prozent der Bestellerentgelte an DB Netz und DB Station & Service. „Geht diese Entwicklung so weiter, müssen wir in zehn Jahren 80 Prozent als Infrastrukturentgelte aufwenden“, prognostizierte Zeil und unterstrich: „Diese Entwicklung ist absurd und muss geändert werden.“
Davor warnt der VDV schon seit Jahren.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
BG
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Beitrag von BG »

Das ganze gabs sogar als Fernsehsendung der BEG (die ich vorgestern sogar auf Franken Fernsehen gesehen habe - man scheint also einiges dafür auszugeben, die eigene Meinung unters Volk zu bringen).
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Interessant ist für mich auch dieser Artikel in der tz zur 2. Stammstrecke.
Zum einen gibt Ramsauer die Unterfinanzierung offen zu und zum anderen sagt Teil den wohl sinnhaltigsten Satz aller Verkehrsminister der letzten Jahre:
Schöne Pläne stellen die Bevölkerung nicht mehr zufrieden.
Ich wünscht Politiker aller Parteien würden sich diesen Satz jeden Tag zum Frühstück aufsagen.
Autonome Volksfront für die Wiedererrichtung der klassischen 22er Tram in München
Nicht zu verwechseln mit der Populären Front
bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

Was ich schon seit Jahren sage: das gesamte Schiennennetz muss wieder in eine Behörde überführt werden (die DBAG ist nach wie vor ein 100%iges Staatsunternehmen, von einer "Verstaatlichung" zu reden wäre also falsch). Diese Behörde muss dieses Netz, ähnlich dem allgemeinen Straßennetz, diskriminierungsfrei ausschreiben und die Behörde muss zum Selbstkostenpreis operieren, d.h. aus den Erträgen darf nichts in den Bundeshaushalt fließen, sie darf aber auch nicht defizitär arbeiten. Notwendigen Subventionsbedarf kann man, wie bisher, über subventionierte Ausschreibungen von Verkehrsleistungen abdecken. Aber keine Subventionen mehr für überdimensionierte Prestigeprojekte.

Dann wären die Trassenpreise auf lange Sicht stabil und der Erhalt der Substanz gesichert.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Eine Eisenbahn als gewinnorientiertes Unternehmen zu betreiben ist einfach völliger Blödsinn. Es geht doch darum, eine Infrastruktur für jedermann bereitzustellen und nicht möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften. Das kann als AG nie funktionieren...
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Beitrag von Electrification »

Wie kann man Infrastruktur nur einer Gewinnpflicht unterstellen? Das Ergebnis sieht man draußen, es wird zur Melkkuh der DB Holding und die Preise explodieren, gleichzeitig wird aber sogar auf den Hauptabfuhrstrecken abgebaut was geht, ob Sbk, Überleitweichen oder Überholgleise. Die Kapazität wird massiv zurückgefahren und der desinteressierte Haupteigentümer schreitet nicht ein.
Würde man das Straßennetz so betreiben, würde ein massiver Aufstand angezettelt, bei der Eisenbahn scheint es so gewollt zu sein. Wer weiß wer da alles im Hintergrund die Fäden zieht um der Eisenbahn zu schaden.

Eine Trennung von Infrastruktur (nicht nur das Netz, die gesamte Infrastruktur!) und Betrieb ist unabdingbar. Ebenso müssten die Rangierbahnhöfe vom Infrastrukturbetreiber komplett betrieben werden, also inkl. der Berg- und Schubloks, so dass jeder hier diskriminierungsfrei seine Züge bilden und auflösen kann. Auch die Schubloks an den Rampen müssten zur Infrastruktur gehören, da sie ja quasi Teil der hier eingeschränkten Infrastruktur sind und nur damit ein diskriminierungsfreier Zugang möglich ist.

Die Stationsgebühren gehören sich abgeschafft! Das ist die unsinnigste Gebühr aller Zeiten und verteuert den Bahnverkehr unnötig. Das ist ein linke Tasche - rechte Tasche-Spiel, das wider jeder Vernunft ist.
Für alle Stationen müsste es einen festen Pauschalbetrag vom Bund geben. Solange nicht getrennt ist für eine DB Netze, die komplett von der Holding abgeschnitten ist (kein Geldfluss zur Holding) und später dann direkt an die Bundes-Infrastrukturgesellschaft.
Die Bahnhofsinfrastruktur inkl. Bahnsteigen sollte man evtl. dann von regionalen Stationsgesellschaften betreiben lassen, wo die betroffenen Regionen, Kreise, Kommunen ihre Anteile haben und somit ein großes Interesse an einem sauberen, einladenden Zustand.
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Beitrag von ropix »

In dem Ansatz steckt nur der Denkfehler, der Bund würde mehr für das Schienenetz tun wenn es ihm in anderer Form gehören würde.

Ich sage jetzt einfach mal, verstaatlicht kosten die Stationen das Doppelte, die Trassen das Dreifache und Investitionen werden auf Negativ zurückgefahren. Du wirst mir nicht widersprechen können, zumindest nicht mit Argumenten :)

Man kann auch das Straßennetz so betreiben. Man tut sogar an allen Ecken und Enden. Wenn ich mich hier umschaue, im Umkreis von 3 Kilometern wüsste ich fast 30 Langsamfahrstellenschilder wegen Oberbaumangels (es hat Schlaglöcher die nach dem nächsten Froschlaich als Naturschutzgebiete ausgewießen werden müssten), Parkplätze kosten pro 12 Minuten 20 Cent ohne irgendeine Gegenleistung (das wäre also die Stationsgebühr) usw...

Ich verderbe Leuten ja ungern ihre Hoffnungen. :rolleyes:
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Beitrag von Electrification »

ropix @ 1 Nov 2012, 14:25 hat geschrieben: In dem Ansatz steckt nur der Denkfehler, der Bund würde mehr für das Schienenetz tun wenn es ihm in anderer Form gehören würde.

Ich sage jetzt einfach mal, verstaatlicht kosten die Stationen das Doppelte, die Trassen das Dreifache und Investitionen werden auf Negativ zurückgefahren. Du wirst mir nicht widersprechen können, zumindest nicht mit Argumenten :)

Man kann auch das Straßennetz so betreiben. Man tut sogar an allen Ecken und Enden. Wenn ich mich hier umschaue, im Umkreis von 3 Kilometern wüsste ich fast 30 Langsamfahrstellenschilder wegen Oberbaumangels (es hat Schlaglöcher die nach dem nächsten Froschlaich als Naturschutzgebiete ausgewießen werden müssten), Parkplätze kosten pro 12 Minuten 20 Cent ohne irgendeine Gegenleistung (das wäre also die Stationsgebühr) usw...
Im Straßenbau werden falsche Prioritäten gesetzt. Für Autobahnen fehlt die Maut (in anderen Ländern ist der Zustand meist top und es gibt keine geflickten Stellen) und bei Straßen ab Staatsstraßen abwärts sollte man vielleicht mal mehr in den Unterhalt stecken, statt ständig Gemeindeverbindungsstraßen (mit wenig Verkehr) teuer zu verbreitern und neu zu trassieren. Das Geld fehlt dann bei anderen Straßen.
Es mag nicht perfekt sein, aber wenn diese Straßen in privaten Händen wären, dann würde man sich nach solchen Zuständen wie jetzt sehnen, da gehe ich jede Wette ein!

Es kommt immer darauf an wie man eine bundeseigene Netzgesellschaft aufstellt, das liegt auch an der jew. politischen Ausrichtung. Dieses ständige Schlechtreden halte ich aber für falsch, denn schlechter als jetzt könnte es nicht werden.
Selbst wenn man nicht mehr Geld zur Verfügung hätte, bei gleichem Geld hätte man schon mehr, da kein Geld mehr in die DB-Holding wandern müste. Natürlich müsste auch der Fluss in den Bundeshaushalt unterbunden werden und geregelt sein dass das Geld wieder ins Netz investiert werden muss.

Die Trassenpreise sind derzeit auf Gewinnmaximierung getrimmt und dafür da, den Goldesel Netz zu melken. Es gibt keinerlei begründetes Argument dass es in Staatshand teuerer würde, nein, eine unabhängige Gesellschaft, sofern sie nicht gewinnpflichtig ist, müsste die Preise so festlegen dass sie kostendeckend sind, aber nicht dass damit Rekordgewinne eingefahren werden, dafür ist Infrastruktur nicht da.

Die Stationsgebühren kosten in Schweden, wo es für Straßenbau und Schienenwege eine gemeinsame Behörde gibt, gar nichts (ich glaube erst ab Standzeiten >60 Minuten). Das widerlegt jedes Vorurteil. Man kann alles regeln und ich halte es für ein Märchen dass eine Infrastrukturgesellschaft die keine Gewinnverpflichtung hat (das einzig sinnvolle) teuerer sein soll, als eine Netzgesellschat in einer privatwirtschaftlich organisierten Holding die so viel Gewinne wie möglich einfahren muss und der vor allem der kurzfristige Gewinn wichtiger ist als langfristige, strategische Maßnahmen (wie das heute eben so üblich ist).
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TramBahnFreak
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Beitrag von TramBahnFreak »

Electrification @ 1 Nov 2012, 14:38 hat geschrieben: Es mag nicht perfekt sein, aber wenn diese Straßen in privaten Händen wären, dann würde man sich nach solchen Zuständen wie jetzt sehnen, da gehe ich jede Wette ein!
Dir sagt autobahnplus was?

Die A8 ist die Autobahn im Münchner Raum, wo ich mit Abstand die meisten Unterhalts-Fahrzeuge gesehen habe. Der Straßenzustand dankt es ihnen...
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Beitrag von Electrification »

TramBahnFreak @ 1 Nov 2012, 14:57 hat geschrieben: Dir sagt autobahnplus was?

Die A8 ist die Autobahn im Münchner Raum, wo ich mit Abstand die meisten Unterhalts-Fahrzeuge gesehen habe. Der Straßenzustand dankt es ihnen...
Dort kassieren sie aber die Mautgebühren und da kommt nicht wenig zusammen.
Was wäre also der Weg? Für normale Kreisstraßen und Dorfstraßen eine Mautgebühr verlangen? Von Dorf A nach Dorf B, die Maut der APlus, von Dorf B nach Dorf C, die Maut bei der Dorfstraßengesellschaft DorfPlus?

Ich bezweifle dass das ein Dauerzustand ist, denn jeder Kapitalgesellschaft geht es in erster Linie um Gewinnmaximierung und dazu gehört auch Wirtschaften auf Verschleiß. Spätestens in den Jahren bevor es an den Staat zurückgeht.
Das macht die Energiewirtschaft so und DB Netz ebenso.
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Beitrag von bayerhascherl »

ropix @ 1 Nov 2012, 14:25 hat geschrieben: In dem Ansatz steckt nur der Denkfehler, der Bund würde mehr für das Schienenetz tun wenn es ihm in anderer Form gehören würde.

Ich sage jetzt einfach mal, verstaatlicht kosten die Stationen das Doppelte, die Trassen das Dreifache und Investitionen werden auf Negativ zurückgefahren. Du wirst mir nicht widersprechen können, zumindest nicht mit Argumenten :)

Man kann auch das Straßennetz so betreiben. Man tut sogar an allen Ecken und Enden. Wenn ich mich hier umschaue, im Umkreis von 3 Kilometern wüsste ich fast 30 Langsamfahrstellenschilder wegen Oberbaumangels (es hat Schlaglöcher die nach dem nächsten Froschlaich als Naturschutzgebiete ausgewießen werden müssten), Parkplätze kosten pro 12 Minuten 20 Cent ohne irgendeine Gegenleistung (das wäre also die Stationsgebühr) usw...

Ich verderbe Leuten ja ungern ihre Hoffnungen.  :rolleyes:
Man diskutiert nicht im Reich der Fantasie.

Zu Bundesbahnzeiten mag sich mancher über brüske Schalterbeamte beklagt haben...

aber die Züge kamen pünktlich, bei Wind und Wetter.
Jeder Bahnhof hatte präsente Ansprechpartner vor Ort, die nebenbei auch aufgepasst haben dass die Bahnhöfe nicht total verkommen und Opfer von Vandalismus werden.
Das Tarifsystem war durchschaubar und folgte vorallem einer instinktiven Logik (a lá grundsätzlich ermäßigte Fahrpreise für Jugendliche).
Die Infrastruktur war auf dem technischen Stand bzw. zumindest gepflegt und in bestem technischen Zustand wo sie das nicht war (siehe Nebenbahnen wo Weichen noch per Hand gestellt wurden - aber täglich geölt und in tiptop Zustand). Zudem waren Eisenbahner stolz auf ihren Beruf und haben viel Herzblut eingebracht, was sich auch im alltäglichen Betrieb ganz klar bemerkbar macht.

Wenn ich Pro und Contra von beiden "Denkschulen" abwäge so plädiere ich aus Fahrgastsicht zur Staatsbahn. Zumal keiner denken braucht dass die Bundesbahn von 1982 auch die von 2012 gewesen wäre, hätte man es bei der Bundesbahn belassen. Auch die Bundesbahn hätte sich selbstverständlich weiterentwickelt. Und nur so als kleines Beispiel, der ICE wurde noch von der alten Bundesbahn initiiert.

Meine Präferenz wäre ganz klar eine komplette Rückführung in eine Behörde, mit Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst und deutlich höherem Personalstand, etc.

Man muss mal ins Verhältnis setzen wie wichtig die Bahn für zigmillionen Bundesbürger jeden Tag ist. Und wie wenig wir, trotz der erstmal schwindelerregenden Summen, dafür ausgeben. Die Bundesrepublik wird ein Bruttoinlandsprodukt von ca. 3700 Milliaden US Dollar dieses Jahr erwirtschaften!

Die Mobilitätskosten pro Personenkilometer sind bei Bahn (und auch Bus) unschlagbar günstig gegenüber dem PKW, vom Flugzeug ganz zu schweigen. Wir als Volkswirtschaft sparen unter dem Strich mit jedem Kilometer der per öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wird enorm Geld ein, ganz besonders bei der Bahn da diese größtenteils elektrisch angetrieben wird während die PKW Flotte noch zu 99,999% fossil angetrieben ist und für jeden Kilometer im PKW Geld ins Ausland überwiesen wird, da wir quasi keine heimischen Öl und Gasvorkommen haben in nennenswertem Ausmaß. Das Geld was hingegen im Bahnbereich ausgegeben wird bleibt im Lande, bei hiesigen Stromerzeugern die eine ganze Armada von Beschäftigten haben, bis hin zum kleinen Wartungstechniker, und natürlich bei den zigtausenden Beschäft der Eisenbahngesellschaften. Die haben damit Kaufkraft, schaffen durch ihre Nachfrage woanders Jobs, letztlich hängen Einkommen von Fahrgästen und z.B. Lokführern und Schaffnern indirekt zusammen. Und dabei ist es volkswirtschaftlich auch irrelevant wie das finanziert wird, ob staatlich subventioniert oder nicht. Ein psychologisches Problem haben nämlich die "Öffis" allesamt. Der PKW Fahrer der am Steuer sitzt hat kein direktes Feedback darüber was seine morgendliche Fahrt zum Bäcker jetzt gekostet hat, er tankt einmal die Woche, ärgert sich und das war es wieder. Wenn er nicht gerad ein Abo hat zahlt er aber jede Busfahrt sofort beim Einsteigen und jede Bahnfahrt muss er im Voraus bezahlen, auch wenn das Sparpreisticket quer durch Deutschland viel billiger sein mag als der Kraftstoff, wäre er die Strecke gefahren. Über diese psychologische Schwelle, die immer bleiben dürfte, muss man mit Steuergeld helfen. Da die Steuern von uns allen gezahlt werden kommt es volkswirtschaftlich auf das selbe raus - mit dem Zusatznutzen das man die Mobilität von Einkommensschwachen fördert, da jeder nach seiner Leistungsfähigkeit besteuert wird.

Daher ist volkswirtschaftlich die Wirtschaftlichkeitsrechnung bei den allermeisten Projekten des öffentlichen Verkehrs über, häufig sehr weit über, dem Faktor 1 (beim Faktor 1 wird für jeden Euro den der Staat investiert 1 Euro privatwirtschaftliche Wertschöpfung angeschoben). Vom ökologischen und politischen Nutzen reden wir gar nicht. Denn wir Deutschen tun immer so als wären wir nur eine größere Schweiz und historisches schlechtes Gewissen und so weiter, das lässt uns blind für geopolitische Zusammenhänge werden - immer im Glaube, wenn wir nur schon demütig sind und bleiben werden uns schon alle liebhaben. Fakt ist dass die fossilen Rohstoffe zur Neige gehen und durch die Finanz- und Weltwirtschaftskrise seit 2008 nur eine Verschnaufpause erzeugt wurde. Es scheint sich keiner mehr an immer exzessivere Ölpreise und Mangel an Grundnahrungsmitteln in vielen Weltregionen erinnern. Das lässt sich nicht alles durch Spekulation erklären, wir werden einfach immer mehr Menschen bei schwindenden Ressourcen und alle wollen leben wie die Europäer. Wir müssen uns schlicht unabhängig von Öl- und Gasimporten machen, wo es nur geht. Daher ist es einfach eine Milchmädchenrechnung wenn man PKW und Bahn nebeneinanderstellt und diese ganzen Zusammenhänge außer Acht lässt. Und: wenn wir nicht jetzt anfangen die Abhängigkeit zu verringern, dann gibt es ein böses Erwachen, denn das braucht viele Jahre und wenn es zu spät ist werden wir dazu keine Ressourcen mehr übrig haben.

Mir ist gleichgültig wer sich Themen wie Mobilitäts- und Energiewende an die Brust heftet, es sind notwendige Projekte und nicht parteigebunden - und es wäre schön wen wir das endlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen würden und nicht als "grüne" (etc.) Politik. Ganz so als könnte z.B. eine CSU Alleinregierung in Bayern dieses Thema in Zukunft ignorieren. Spätestens wenn das Öl einfach knapp wird, also nicht einfach immer teurer sondern die weltweite Nachfrage nicht mehr befriedigt werden kann und auch in Deutschland nicht immer, egal für wieviel Geld auch immer, Benzin aus dem Zapfhahn kommt wird uns jede Subvention der Schiene lächerlich billig vorkommen und einen fundamentalen Vorteile werden jede Unternehmen und Bürger haben die die Schiene als Transportmittel nutzen können. In jedem noch so düsteren worst case scenario könnte die Bahn die Mobilität in Deutschland sicherstellen (ohne Mobilität geht nämlich gar nichts, die Versorgung bricht zusammen, der Alltag bricht zusammen - es gibt nichts wichtigeres als Mobilität für eine Volkswirtschaft!). Und sei es durch Stromrationierung an anderer Stelle, genug Wind- Wasser- und Solarstrom für den stabilen Eisenbahnbetrieb (auf elektrifizierten Strecken) könnten wir schon heute zusammenkratzen. Jeder darf sich mal kurz überlegen was die Flächenstaaten Kanada, Australien und USA machen wenn dieser Tag X kommt, er wird irgendwann kommen, denn dort hat man den Sektor Schiene zu Gunsten kurzfristiger Einsparßmaßen und wegen der Automobilisierung quasi vernichtet, außer für Güter spielt die Bahn dort keine Rolle mehr. Wir haben sogar noch das Know-How wie man z.B. den Briefverkehr per Bahn organisiert, die Leute sind zwar größtenteils im Ruhestand, aber das Know-How ist noch da. Der Alltag könnte hier weitergehen, ruckeliger, beschwerlicher, aber wir hätten keinen Zusammenbruch. Und jemehr wir in die Schiene und erneuerbare Energien investieren, desto besser werden wir davonkommen.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Ich kann mich da nur anschließen. Privatisierung von Infrastruktur ist und bleibt ein Irrweg. Eine staatlich betriebene Eisenbahn ohne irgendwelche Stationsgebühren, Trassengebühren und Ausschreibungen würden die Preise günstiger machen, den Betrieb nachhaltiger und die Bürokratie abbauen.
Leider scheint sich die Erkenntnis, dass unsere Wirtschaft viel zu stark vom Öl abhängt, noch nicht durchgesetzt zu haben. Wir haben die Wahl, uns jetzt teuer vorkommende Investitionen zu tätigen oder in 50 Jahren 5 mal so hohe, dann aber alternativlos.
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bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

50 Jahre wird es nicht mehr dauern.
Wenn sich Förderung und Nachfrage wie bisher weiterentwickeln dann ist das bereits in den 2020er Jahren der Fall. Die anderen Rohstoffe gehen im Übrigen auch zur Neige. Ganz besonders absurd sind Hoffnungen von Elektroautos mit leistungsfähigen Akkus, um irgendwie weiterzumachen wie bisher. Das sind rollende HiTech-Computer und die Akkus basieren z.B. auf sog. "seltenen Erden", Rohstoffen die immer mehr zur Neige gehen und schlicht nicht annähernd in ausreichender Menge vorhanden sind um Milliarden von Kraftfahrzeugen anzutreiben. Das ist eine Illusion, die IMHO betrieben wird um die Leute einzulullen.

Wenn wir uns ideal vorbereiten würden dann würden wir bereits jetzt einen Großteil der Industrie aus Fernost etc. zurück ins Land holen (in der Welt von Peak Oil sind Späße wie Containerschiffahrt für wenige Dollar pro Tonne um die halbe Welt nicht mehr drin). Wir würden, solange Ressourcen und z. B. Solarmodule noch so billig zu produzieren sind wie jetzt (sehr energieintensive Produktion!), unser Land sukzessive umrüsten. Kein neues Gebäude mehr ohne Solarmodule, etc. und wir würden insbesondere die Gleise von Regionalbahnen, Güterbahnen und Straßenbahnen, als effektivste Verkehrsmittel in urbanen Räumen, ausbauen. Und wieder simplere Fahrzeuge anschaffen, die nicht volldigital sind sondern auch rein mechanisch noch zu betreiben wären in einer Art "Notfallmodus", wenn für das Defekte Bauteil Nummer X84KDI.234 (oder so) nicht mehr einfach Ersatz aus Taiwan bestellt und die defekte Leiterplatine entsorgt werden kann. Sondern wenn Dinge wieder händisch, von Fachleuten in Werkstätten ohne Reinraumbedingungen, reparierbar sein müssen. Dabei wären wir nicht zurück in der Steinzeit sondern zurück in den 1970ern, wo durchaus auch bequeme Züge und Straßenbahnen gebaut wurden. Und wir würden vorallem diese wahnsinnige Art des Siedlungsbaus und der Gewerbegebiete umkehren. Jeden Kilometer den wir in 20 Jahren zur Arbeit oder zum Lebensmittelmarkt zurücklegen müssen werden wir bitter bereuen. "Albtraum vom Haus im Grünen"!

All das erfordert enorme Investitionen. Wir machen aber das Gegenteil. Gezwungenermaßen investieren wir immer mehr Geld in die gestrigen Verbrennungsfahrzeuge, der Ölpreis zwingt uns dazu. Aber immer weniger Geld in öffentliche Verkehrsmittel. Irgendwo habe ich gelesen dass wir inflationsbereinigt nur noch 1/3 dessen investieren was in den 1970ern investiert wurde.

Eines gebe ich am Schluss noch zu bedenken "Und weil wir uns, was Peak Oil anbelangt, vor allem über den Preis unterhalten, verfestigt sich der Glaube, das Problem sei gleichsam
marktwirtschaftlich zu lösen. " - dieses Zitat stammt aus dieser Sendung vom Deutschlandradio Kultur: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/zei...reisen/1902594/ und behandelt den simplen Umstand dass physikalischer Ressourcenmangel nicht politisch und durch noch soviel Geld behoben werden können. Ähnlich wie Alchemisten nie Gold erzeugen konnten wird keine Energiewende das billige Öl ersetzen können. Alles basiert darauf, seien es Chemikalien, Arzneien, Kunststoffe oder unsere Mobilität. Ja unser ganzer Wohlstand. Das Leben wird mit zu neige gehendem Öl schlicht beschwerlicher werden, es handelt sich nicht um dem Weltuntergang aber man muss aufgeklärt damit umgehen und sich vorbereiten bevor uns die Ereignisse einholen.
Die oben genannte Reportage kann ich ernstlich Interessierten nur empfehlen nachzuhören. Nur nicht depressiv werden angesichts von soviel ungeschminkter Wahrheit, die Schiene kann einen Teil davon abmildern. Und vielleicht manchen Luxus unserer Konsumgellschaft, dem wir uns nicht so wirklich bewusst sind, noch genießen solange wir ihn noch haben.
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Beitrag von Entenfang »

bayerhascherl @ 1 Nov 2012, 17:58 hat geschrieben:Ganz besonders absurd sind Hoffnungen von Elektroautos mit leistungsfähigen Akkus, um irgendwie weiterzumachen wie bisher. Das sind rollende HiTech-Computer und die Akkus basieren z.B. auf sog. "seltenen Erden", Rohstoffen die immer mehr zur Neige gehen und schlicht nicht annähernd in ausreichender Menge vorhanden sind um Milliarden von Kraftfahrzeugen anzutreiben. Das ist eine Illusion, die IMHO betrieben wird um die Leute einzulullen.
Es gibt meiner Ansicht nach noch ein weiteres Problem mit Elektroautos. Das ist ja schön und gut, dass sie lokal kein Emissionen produzieren. Aber egal wie man Autos antriebt, sie sind und bleiben eine Energieverschwendung und der Strom muss ja auch irgendwie produziert werden. Die Energiewende ist sicher nicht schaffbar, wenn in 20 Jahren auch noch 20 Millionen Elektroautos versorgt werden müssen. hier sind neue Konzepte gefragt, aber das sieht ein Großteil der Menschen leider nicht ein...
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Beitrag von Cloakmaster »

Warum bezeichnest du E-Autos als Engergieverschwendung? Es fragt sich halt, wie die Energie gewonnen wird. Die effizientesten Antriebe im Alltag sind Schiffsantriebe: Gigantischer Hubraum, niedrige, und vor allem immer konstante Drehzahl, da hier nur Strom gewonnen wird. Den eigentlichen Antrieb übernhmen die E-motoren. Brennstoffzellen sollchen auch sehr effizient sein, nur ist das Nebenprodukt Wärme nicht immer gewünscht, und im Auto nur begrenze nutzbar. Für mich gehört jeder E-Antreib mittels Solarzellen "gefüttert", sei es nun zur alleinigen, oder nur zur unterstützenden Energiegewinnung. Vermutlich wird man es nicht schaffen, ein alltagstauglichens Fahrzeug rein mit der aus den Solarzellen gewonnenen Energie zu betreiben. Aber unter umständen kann man genügend Energie produzieren, um die Reichweite um 10,15 oder 20 Prozent zu erhöhen, Zudem wird der Akku (wenn auch nur allmählich) im Stand auch ohne Ladesteckdose wieder aufgeladen. Das Problem sehe ich hier eher in der massenhaften zur Verfügungstellung von Ladestrom und Strom-zapfsäulen.
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Beitrag von 146225 »

Cloakmaster @ 1 Nov 2012, 19:57 hat geschrieben: Warum bezeichnest du E-Autos als Engergieverschwendung?
Im Vergleich zu dem, was wir von der Verbrennungsmotortechnik gewohnt waren und heute sind, werden elektrisch angetriebene Fahrzeuge natürlich den Wirkungsgrad schon merklich nach oben schrauben, gar keine Frage.

Was Entenfang jedoch meint und zurecht feststellt: Es ist situationsabhängig immer noch Energieverschwendung, wenn 150 Menschen im Stadtverkehr mit 100 E-Autos statt 1 Tram bewegt werden.

Aus diesem Grund - und hier ist die Politik gefordert! - muß die Mittelvergabe nicht nur das Individuum oder die seitherigen Gewohnheiten berücksichtigen, sondern auch daran denken wie nachhaltig etwas ist.
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Beitrag von Entenfang »

Sehr gut erkannt, genau das ist der Grund, den ich meinte. Und Solarzellen auf dem Auto wären zwar schön, aber die Anschaffungskosten sind auch ohne schon extrem hoch. Meiner Ansicht nach hat Elektromobilität so keine Zukunft, auch wegen der Nutzungskonflikte um die Seltenen Erden, die uns wieder von Rohstoffimporten abhängig machen würden.
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Beitrag von bayerhascherl »

Der faktische Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren mit fossilen Treibstoffen ist unerreichbar hoch, da wir die enthaltene Energie nicht erst herstellen müssen sondern "gratis" aus dem Erdboden holen - die Natur schickt keine Rechnung für Öl, Gas und Kohle, lediglich die Förderkosten entstehen.

Ganz anders bei der Elektrizität, mit denen Akkumulatoren für KFZ gespeist werden.
Was sich aber ohnehin erübrigt als Debatte da der technologische Flaschenhals die Rohstoffe sind die man benötigt, es ist nicht einmal im experimentellen Laborstadium der Grundsatzforschung eine leistungsfähige Akkutechnik bekannt die ohne seltene Erden auskommt. Bereits der teilweise Ersatz auch nur westlicher KFZ Flotten fossilen Antriebes durch Fahrzeuge mit Elektroakkus ist daher schlicht nicht möglich. Das muss man akzeptieren sonst jagt man Regenbogen nach. Maximal könnte ich mir einen Erhalt des MIV in urbanen Zentren vorstellen, wo man flächendeckend unter den Straßen Induktionstechnologie verlegt, die per Induktion die darüber fahrenden Fahrzeuge mit Strom versorgt, diese Infrastruktur könnte dann mit Trambahnen geteilt werden. Problem hier ist nur wieder der schlechte Wirkungsgrad, da bei der Induktion technologiebedingt immer recht viel Energie verloren gehen wird.

Zu klassischen Elektrozügen mit Oberleitung gibt es nicht einmal langfristig "am Horizont" irgend eine Alternative für die Massenmobilität. Alles andere ist nicht in mit fossilen KFZ vergleichbarer Zahl herstellbar oder finanzierbar (eine Oberschicht wird sich immer individuelle Mobilität leisten können, vgl. Privatjets heute).

Abgesehen von Insellösungen in urbanen Zentren wird es IMHO wie gesagt keine Elektroautos geben können.
Und auf dem Land, man denke auch an Landmaschinen die enorme Kraft benötigen um unsere Nahrungsmittel zu erzeugen, was mit Akkus und Elektromotoren schlicht unmöglich zu erzeugen/speichern ist in dieser Energiedichte, wird man sich mit Biodiesel behelfen müssen. Die ganze Logistik die heute mit LKW bewältigt wird muss zurück auf die Schiene.
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Beitrag von TravellerMunich »

Na ganz einfach:
In Afrika wird man halt alles zu "Biodiesel"-Farmen umbauen, sanft genötigt durch die aus dem Westen gezahlten hohen Summen, dafür erhalten die Afrikaner von uns Soylent Green zu Ernährung...
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Beitrag von Alex420-V160 »

-bayerhascherl\ @ 1. November 2012, 21:30 Uhr hat geschrieben:Der faktische Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren mit fossilen Treibstoffen ist unerreichbar hoch, da wir die enthaltene Energie nicht erst herstellen müssen sondern "gratis" aus dem Erdboden holen - die Natur schickt keine Rechnung für Öl, Gas und Kohle, lediglich die Förderkosten entstehen.

Ganz anders bei der Elektrizität, mit denen Akkumulatoren für KFZ gespeist werden.
Wie viel Energie verbraucht nun eigentlich eine durchschnittliche Raffinerie? :rolleyes:

Gruß, Alexander
AndiFant

Beitrag von AndiFant »

bayerhascherl @ 1 Nov 2012, 21:30 hat geschrieben:Der faktische Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren mit fossilen Treibstoffen ist unerreichbar hoch, da wir die enthaltene Energie nicht erst herstellen müssen sondern "gratis" aus dem Erdboden holen - die Natur schickt keine Rechnung für Öl, Gas und Kohle, lediglich die Förderkosten entstehen.
Strom lässt sich auch aus regenerativen Energien herstellen. Insofern verstehe ich nicht, warum der "Wirkungsgrad" fossiler Treibstoffe "unerreichbar" ist.

Btw. vielleicht lässt sich das Batterieproblem ja doch lösen, zwei Alternativen:

1.) Brennstoffzelle, Energieträger Wasserstoff oder Methanol
2.) Erdgas-Auto mit Verbrennungsmotor, der synthetisch erzeugtes Methan (Sabatierprozess: CO2 + 4 H2 -> CH4 + 2 H2O) verbrennt. Ein link zur Ökostrom-Speicherung mit Methan: ZSW Stuttgart verbrennt.
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Beitrag von bayerhascherl »

AndiFant @ 1 Nov 2012, 23:32 hat geschrieben: Strom lässt sich auch aus regenerativen Energien herstellen. Insofern verstehe ich nicht, warum der "Wirkungsgrad" fossiler Treibstoffe "unerreichbar" ist.

Btw. vielleicht lässt sich das Batterieproblem ja doch lösen, zwei Alternativen:

1.) Brennstoffzelle, Energieträger Wasserstoff oder Methanol
2.) Erdgas-Auto mit Verbrennungsmotor, der synthetisch erzeugtes Methan (Sabatierprozess: CO2 + 4 H2 -> CH4 + 2 H2O) verbrennt. Ein link zur Ökostrom-Speicherung mit Methan: ZSW Stuttgart verbrennt.
Jedes Joule und jedes Kilowatt ist bereits in den fossilen Energieträgern enthalten - wir fördern sie nur. Erneuerbare Energien gibt es nicht, es gibt nur Technologien um in der Natur verfügbare Energie, z.B. die des Windes, technisch in Elektrizität umzuwandeln und diese dann zu speichern. Dabei entspricht der geladne Akku dem geladenen Tanklaster. Die Wertschöpfungskette ist viel länger, komplexer, damit teurer und bis heute sind wir nicht in der Lage, auch auf absehbare Zeit nicht, die Energiebilanz die entsteht wenn man eine Solarzelle oder ein Windrad herstellt (da hängt alles mit dran, vom Abbau und Raffination der Metallerze aus denen die Maschinerie besteht bis hin zur Arbeitskleidung der Mitarbeiter) ohne fossile Energien zu decken. Mehr noch, es ist noch nicht geglückt auch nur eine Solarzelle oder ein Windrad marktreif herzustellen welches über die vorhersehbare technische Nutzungsdauer von z.B. 30 Jahren, bis es sich nur noch um Schrott handelt, mehr Energie bereitstellt als dessen Herstellung, unter Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungskette, Aufbau und Betrieb gekostet hat. Das ist finanziell wie energetisch nach wie vor ein "Zuschussgeschäft", in der globalen Energiebilanz.

Eine Brennstoffzelle hat wieder den selben technologischen Flaschenhals, nur dass die dafür benötigten "seltenen Erden" noch seltener sind als die für Akkus. Methanol, also Biosprit, hat wieder ganz andere Probleme und unter dem Strich ist es da ökologischer weiter Benzin zu verfeuern, solange es das noch gibt. Wasserstoff ist ein sehr ineffizienter Energiespeicher und hat enorme Gefahren wenn sich das als Technologie erstmal global verbreiten würde, von denen ich ehrlichgesagt nicht glaube dass sie beherrschbar sind. Zumindest nicht in bisheriger Weise (man könnte keinem Laien zutrauen Wasserstoff ähnlich locker zu betanken wie bisher Benzin oder Diesel, Wasserstoff ist äußerst flüchtig und hochgradig explosiv; auch Profis haben damit Probleme). Die Methansynthetisierung ist einigermaßen technisch beherrschbar, zumindest hat man endlich eingesehen dass die fossilen Energieträger unerreichbar sind in Punkto Lagerbarkeit, Einfachheit des Handlings und Energiedichte pro Kubikmeter.

Allen "Lösungsideen" gemein ist aber dass es viel komplexer und damit viel teurer wird als bisher. Jeder "Ottonormalverbraucher" der denkt dass der technische Fortschritt schon dafür sorgen werde dass wir in 20 Jahren noch wie jetzt in Komfort und Verschwendung leben können lullt sich ein. Zusätzliche Herausforderungen machen das noch schwieriger und unwahrscheinlicher, wie der demographische Wandel der alle Industriestaaten erfassen und für Massenverarmung sorgen wird (nach unseren Maßstäben, Hungersnöte drohen auch in Zukunft nicht bei uns..). Dazu gibt es immer noch mehr Menschen auf dem Planeten, in einer Welt die selbst nach optimistischsten Szenarien voll im Klimawandel stecken wird, mit all seinen Folgen. Die Nahrungskrise wird zusätzlich durch die Überfischung der Meere angeheizt, die sich langsam auszuwirken beginnt, Fisch ist die Nahrungsgrundlage für Milliarden Menschen - noch. Immer größere Zonen der Ozeane sind tot und leer, unser Zivilisationsmüll vergiftet den Ozean zusätzlich zur Versauerung (durch den höheren CO2 Gehalt der Luft). Phänomene wie der große pazifische Plastikstrudel und zigtausende dahinrostende Fässer mit in den 50ern und 60ern versenkten Atomabfällen rund um den Globus dürften den Weltmeeren den Rest geben. Auf Land nimmt die Desertifikation massiv an Fahrt zu, immer mehr fruchtbares Land wird zudem durch die Besiedelung des Menschen versiegelt, abgetragen, kontaminiert und ruiniert. Jeder cm fruchtbarer Ackerboden/Humus braucht ca. 200 Jahre zur Entstehung. Wird verlieren jedes Jahr selbst in Deutschland großflächig solche Mengen durch die industrielle Landwirtschaft (Erosion) die Jahrhunderte zur Regeneration brauchen würden. Auch Boden ist nicht unerschöpflich vorhanden.

Wo man hinschaut geht unser gewohntes und geliebtes Wachstums- und Wohlstandsmodell in eine Schieflage, knallt gegen die Wand. Zu unseren Lebzeiten nicht erst bei "unseren Kindern und Kindeskindern", die uns ohnehin wurscht sind (sonst hätten wir viel früher gehandelt). Am meisten werden wir das bei der Mobilität zu spüren kriegen. Jahresurlaub "im Süden" gibt es dann nicht mehr für einen normalen Einwohner der ehemaligen Industriestaaten, Reisen wird wieder ein Privileg für die Oberschicht, ebenso wie Gewürze und andere Massengüter aus fernen Winkeln der Erde, die wir heute hinterhergeschmissen kriegen im Discounter. Wenn ich mir anschaue mit welchen Dingen viele Mitbürger inzwischen bereits "überfordert" sind und worüber sich die Deutschen so aufregen dann zweifle ich an der Anpassungsfähigkeit unserer Gesellschaft. Das wird ein bößes Hauen und Stechen geben. Zumindest wenn wir einfach so weitermachen wie bisher und uns in Illusionen flüchten, irgendwie könne es schon alles so weitergehen. Die Frage ist nur ob wir Zivilisation, Sicherheit und ein Mindestmaß an Wohlstand, gesundheitlicher Versorgung etc. aufrechterhalten und hinüberretten können in die Zeit nach dem Öl. Und wenn wir das wollen müssten wir uns a) einfach damit abfinden dass dieser "Bruch" kommen wird, man kann sich höchstens über den Zeitraum des eintretens streiten, und b) nun alles daran setzen uns darauf vorzubereiten und unser Land und unsere Lebensweise so umbauen, solange wir noch die billige Energie und grenzenloses Warenangebot haben, dass wir dann damit umgehen können und vorallem nicht von der Substanz leben, wie einst die Nachfahren der Römer deren Städte und Errungenschaften nicht erhalten konnten, sondern auch dann noch in der Lage sind neue Güter zu produzieren, zu forschen, einem Leben mit unseren Ansprüchen nachzugehen (Schule, Studium, eine Perspektive...nicht Ackerarbeit um irgendwie von der Hand in den Mund zu leben, als Extrembeispiel).

Alleine die Ernährung wird aber eine Herausforderung werden, die alte Flächeneinheit "Morgen" heißt so weil ein Landwirt vor der Industrialisierung mit Hand, Ochse und Pferd einen Tag benötigte um diese Fläche zu bestellen. Und in der Erntezeit hat man nicht unbegrenzt Zeit die Ernte einzubringen. Je nach Region entspricht ein Morgen heute etwa 1/4 Hektar! Dementsprechend arbeitete noch im frühen 20. Jahrhundert der Großteil der Deutschen in der Landwirtschaft und war den ganzen Tag damit beschäftigt sich und den Rest der Bevölkerung zu ernähren. Und die hatten bereits zahlreiche technische Hilfsmittel. So mancher BWLer und "Kopfarbeiter" dürfte in der Zeit nach Peak Oil seinen Arbeitsplatz verlieren und bei Landwirten anheuern müssen. Das sind so die Dinge über die man redet wenn man an eine Zukunft ohne Erdöl denkt. Wobei ich uns allen wünsche dass das nicht mehr zu unseren Lebzeiten der Fall ist. Erstmal ist für uns wichtig vom Öl wegzukommen und den ÖPNV auszubauen. Da sind schienengebundnee Verkehrsmittel nun einmal am effizientesten und leistungsfähigsten.
AndiFant

Beitrag von AndiFant »

bayerhascherl @ 2 Nov 2012, 15:04 hat geschrieben: [...] bis heute sind wir nicht in der Lage, auch auf absehbare Zeit nicht, die Energiebilanz die entsteht wenn man eine Solarzelle oder ein Windrad herstellt.
sorry, der Faden wird jetzt etwas "offtopic", aber einer muss noch sein ...

Bei der Herstellung eines Solarmoduls mit 10kWpeak entstehen ca. 25.000kg CO2. Solch eine Anlage erzeugt in Süddeutschland ca. 10.000kWh im Jahr. Ein durchschnittliches Kraftwerk erzeugt 0,65kg CO2 pro kWh. In 20 Jahren werden also 130.000kg CO2 vermieden. Abzüglich der Herstell-Emissionen bleiben 105.000kg CO2 als Netto Vermeidung über (Quelle).

Das ist jetzt keine Energiebilanz, sondern eine CO2 Bilanz ... aber die wird nicht viel anders aussehen.

Ansonsten muss ich Dir Recht geben: Vermeidung ist viel einfacher und wirkungsvoller als Kompensation oder Substitution. Man sollte also erstmal sein Haus richtig dämmen, bevor man das Geld in eine Solaranlage steckt. Genauso sollte man öfter radeln, zu Fuß gehen oder den ÖPNV nutzen, statt in ein sparsameres (Elektro-) Auto zu investieren.
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Beitrag von bayerhascherl »

Ich habe mal irgendwo eine Tabelle gesehen, habe die Werte nur noch grob im Kopf.
Beispielsweise beträgt die Energiedichte von 1 kg Superbenzin demnach das Vierfache von 1 kg tiefgekühltem Wasserstoff (Brennstoffzelle) und über 100 (!) mal so soviel wie die Energiedichte von 1 kg Lithiumakku. Die Energiedichte von Erdöl/Erdölprodukten ist unschlagbar, dazu noch die unkomplitzierte Lagerbarkeit, die leichte Umpumpbarkeit (siehe Tankstelle), die unkomplitzierte Handhabung (Benzin ist in Alaska genauso flüssig und normal verbrennbar wie in der Sahara, Elektronik hat da diverse Probleme)...

Elektroautos sind einfach eine Fata-Morgana in meinen Augen.

Und zur Energiebilanz, relevant für unseren Wohlstand ist die Nettoenergiebilanz einer Technologie.
Den gesamten Wertschöpfungsprozess kriegen wir technologisch noch lange nicht so hin dass die Technologie netto mehr Energieeinheiten erzeugt als sie kostet. Und bedenke was du alles einberechnen musst. Die Herstellung jeder kleinen Schraube, ja die Gewinnung des Eisenerzes für diese Schraube, ja den Sprit für das Auto des Schrankenwärters der die Erzgrube bewacht, ja das Auto des Schrankenwärters, ja selbst seine Uniform, die er ja nur für diese Tätigkeit trägt und in Indien mit hohem Energieaufwand produziert wurde, um die halbe Welt gekarrt, mit petrochemischen Farben gefärbt und mit petrochemischen Zusätzen behandelt wurde damit sie knitterfrei ist und nicht schnell verbleicht... der "Rattenschwanz" an Dingen die man bilanzieren muss, die an energetischem Aufwand in einem Endprodukt stecken, und sei es nur zu einem winzigen Anteil die sich aber zu großen Summen addieren, ist kaum überschaubar.

Das Erdöl hat unsere gesamte Lebensweise möglich gemacht und ohne Erdöl wird das Leben beschwerlicher, die Energieproduktion beschwerlicher und in vielen Bereichen ist es schlicht nicht zu ersetzen. Kunststoffe die unseren hohen Anforderungen entsprechen kann man bisher aus nichts als aus Erdöl herstellen, die meisten Arzneien auch nicht. Oder auch Dinge an die man erstmal gar nicht denkt, wie z.B. Autoreifen. Es ist Wahnsinn dass wir diesen kostbaren Rohstoff verbrennen anstatt ihn für diese Zwecke aufzusparen.

Und zu dem ach so teuren Öl mal einen kleinen Vergleich. Der Energiegehalt in einem "Barrel" Rohöl ist etwa so hoch wie die Arbeitskraft die ein erwachsener Mann in ca. 15 Jahren (!), bei einer 38 Stunden Arbeitswoche und konstanter körperlicher Arbeit, erbringen könnte. Damit ist harte körperliche Arbeit gemeint, wie bei Maurern. Angenommen wir bezahlen dafür einen Nettostundenlohn von 15 Euro. Dann würde dieser Mann dafür im Laufe von 15 Jahren ca. 444.000 Euro verdienen. Und solch ein "Barrel" mit diesem Energiegehalt kostet aktuell ca. 65 Euro. Man geht davon aus dass ein durchschnittlicher Deutscher pro Jahr, mit allem implitzierten Erdöl z.B. in den Verpackungen seiner Lebensmittel, etwa 12 Barrel Erdöl verbraucht. Das heißt jeder von uns nutzt im Durchschnitt die Arbeitskraft von 180 körperlich hart arbeitenden Männern im Jahr (15 Jahre Männerarbeit pro Barrel multiplitziert mit 12 Barrel Durchschnittsverbrauch), die rein rechnerisch in dem Öl steckt welches wir im Jahr verbrauchen!

Das ist natürlich ein reines Gedankenspiel, aber wir sollten uns vergegenwärtigen welche enorme Energie uns mit dem Erdöl zur Verfügung steht. Unsere gesamte Zivilisation, alles ohne jegliche Ausnahme, beruht ausschließlich auf dem billigen, hochenergetischen, Erdöl. Man kann, mit hohem Aufwand und in Nischen, hier und da punktuell substituieren. Aber dabei in keinem Fall unseren gewohnten Wohlstand aufrechterhalten. Solange wir das nicht einfach akzeptieren werden wir auch nicht die notwendigen Vorkehrungen treffen sondern vollkommen unvorbereitet in diese Zukunft steuern. Das ist der Punkt der mich umtreibt. Offtopic ist es auf gar keinen Fall - es geht um die Zukunft der Mobilität und darum dass die meisten Wirtschaftlichkeitsvergleichen zwischen fossilen KFZ und der Bahn schlicht kurzsichtige Milchmädchenrechnungen sind und wir eigentlich ganz andere Summen in den Schienenverkehr stecken müssten.
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Beitrag von Boris Merath »

AndiFant @ 1 Nov 2012, 23:32 hat geschrieben: Btw. vielleicht lässt sich das Batterieproblem ja doch lösen, zwei Alternativen:

1.) Brennstoffzelle, Energieträger Wasserstoff oder Methanol
2.) Erdgas-Auto mit Verbrennungsmotor, der synthetisch erzeugtes Methan
Wahrscheinlich wird nichts draus werden. die Kosten für die Elektrolyse von Wasserstoff konnte trotz umfangreicher Bemühungen nicht gesenkt werden, und es ist momentan nicht absehbar, dass sich daran doch noch etwas ändert. Wasserstoff ist aller Voraussicht nach als Energieträger tot - und damit auch die synthetische Herstellung von Erdgas.
bayerhascherl @ 1 Nov 2012, 21:30 hat geschrieben:es ist nicht einmal im experimentellen Laborstadium der Grundsatzforschung eine leistungsfähige Akkutechnik bekannt die ohne seltene Erden auskommt.
Wie kommst denn darauf?
bayerhascherl @ 2 Nov 2012, 18:31 hat geschrieben:Das Erdöl hat unsere gesamte Lebensweise möglich gemacht und ohne Erdöl wird das Leben beschwerlicher, die Energieproduktion beschwerlicher und in vielen Bereichen ist es schlicht nicht zu ersetzen. Kunststoffe die unseren hohen Anforderungen entsprechen kann man bisher aus nichts als aus Erdöl herstellen, die meisten Arzneien auch nicht. Oder auch Dinge an die man erstmal gar nicht denkt, wie z.B. Autoreifen. Es ist Wahnsinn dass wir diesen kostbaren Rohstoff verbrennen anstatt ihn für diese Zwecke aufzusparen.
Da stimme ich absolut zu - aber dann verstehe ich erst recht nicht warum Du hier so ein Loblied auf das Erdöl als Energieträger singst.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Beitrag von bayerhascherl »

Na da hast du mich aber mißverstanden. Man muss die epochale Bedeutung des Erdöls für den westlichen Lebensstil und das was wir Wohlstand nennen anerkennen, mit allen Begleiterscheinungen wie Bildung, Freizeitgesellschaft, Reisen, geweiteter Horizont, alles was uns etwas bedeutet - ob das immer so sinnvoll ist oder nicht sei dahingestellt - basiert auf Erdöl. Es bereitet mir zumindest größtes Kopfzerbrechen wenn ich an meine Zukunft denke, und ich bin noch mitten in der ersten Hälfte meines Lebens und werde diese Zeiten daher miterleben, wo all dem die Grundlage - das massenhaft verfügbare, billige, Erdöl - entzogen wird. Und daher müssen wir uns einfach Alternativen überlegen mit denen wir zumindest den Stand den wir gewohnt sind und kennen einigermaßen aufrechterhalten können. Von Wachstum ist dann eh nicht mehr zu reden.
Tausend kleine Beispiele, wie eben z.B. der Postverkehr, der sich in Zukunft wieder per Schiene, wie es noch in den 80ern war, organisieren lassen würde. Es wäre halt wieder relativ zu unserem Monatseinkommen teurer einen Brief zu verschicken und er würde nicht mehr im Regelfall am nächsten Tag beim Empfänger innerhalb Deutschlands eintreffen, aber es wäre zu stemmen. Und so könnte man alle Bereiche des Alltags durchgehen die auf Mobilität aufbauen und fast immer kann man fossile Kraftfahrzeuge durch Bahn oder, lokal, das Radl ersetzen. Das heißt dass das Leben weitergeht. Wenn wir frühzeitig massivst in die Schiene investieren.

Und das ist in einer Bandbreite notwendig die jeden Bürger, auch in ländlichen Regionen, dazu befähigt potentiell auf ein eigenes KFZ verzichten zu können - es muss im Bezug auf Fahrtzeiten und Flexibilität nicht vergleichbar sein, es geht ja lediglich darum die Mobilität als solche sicherzustellen. Vor dem Erdöl und der Eisenbahn war ja für 99% der Menschen in Europa nicht die Frage wie man am schnellsten und billigen reist sondern ob man läuft oder die Postkutsche nehmen kann. Daher würde ich auch eine PKW Maut befürworten, die direkt zur Finanzierung der "Verkehrswende" zweckgebunden verwendet wird. Und die LKW Maut müsste soweit verteuert werden, und mit den Einnahmen ein vom Personenverkehr unabhängiges Netz aus Gütergleisen geschaffen werden, dass Schiene und Straße für die Speditionen und Logistik kostentechnisch auf Augenhöhe sind. Wenn die Güterbahn dabei auch noch verlässlicher wird, was sie potentiell sein kann, und die stabilen Energiekosten bewirbt (der Dieselpreis ist für Speditionen bei Jahresverträgen ein kaum kalkulierbares Risiko) dann hat die Logistikbranche sogar einen Vorteil davon.

Erst wenn wir uns der unermesslichen Bedeutung des Erdöls für unseren Wohlstand wirklich bewusst sind merken wir was für eine Jahrtausendaufgabe es wird vom Erdöl loszukommen, erst dann nehmen wir das Ausmaß der Herausforderung wahr - und merken dass es z.B. spottbillig ist mit dem EEG erneuerbare Energien zu fördern, dann steigt deren Anteil an der Kilowattstunde halt von 2 auf 5 Cent. Das macht für mich im Monat 10 Euro Mehrkosten aus. Ein verschwindend geringer Betrag, wenn man wirklich wirklich wirklich ehrlich ist, den nicht einmal Geringverdiener am Monatsende im Geldbeutel spüren, dafür dass uns das in Zukunft die Stromversorgung ohne Atom und Kohle sichert. Millionen Deutsche geben pro Tag mehr fürs Rauchen aus. Und Steigerungen der monatlichen Benzinpreisrechnung von 10 Euro werden von Pendlern höchstens schulterzuckend hingenommen.

Nur für eine Zukunft mit nachhaltiger Energie ist jeder Cent noch zuviel, man hat ja nicht augenblicklich hier und jetzt etwas davon, langfristiges Denken ist "out". Dabei wird unser Strom in Zukunft umso teurer wenn wir das nicht machen. Sobald sich eine physische Erdölknappheit bemerkbar macht, das wird sie mittelfristig, wird ein letzter Run auf die Kohle einsetzen, Kohleverflüssigung und solche Späße. Und aufs Erdgas. Dann zahlen wir locker 1 Euro pro Kilowattstunde. Panikmache? Nun wir sind bald bei 5 DM pro Liter Super, ich erinnere mich noch wie das in den 90ern für einen Aufschrei in der deutschen Öffentlichkeit sorgte dass die Grünen genau das prophezeiten und daher für eine Abkehr vom Öl warben, unter anderem mit dem EEG. Und hier sind wir nun, kaum ein Jahrzehnt später.

Die Fakten sind wie sie sind, seit 2005 stagniert die weltweite Ölförderung trotz eines viel höheren Ölpreises als in den 1990ern, wären noch Reserven da dann würden diese gefördert werden, der "Preisanreiz" ist vorhanden. In Wahrheit hat die Erdölbranche weltweit damit zu kämpfen auch nur das aktuelle Förderniveau aufrechtzuerhalten. Die großen alten leicht zu finden "Megaölfelder" sind leer oder gerade dabei ihre letzten Tropfen herzugeben, alles was man jetzt noch findet sind unterirdische Pfützen, die teuer und komplitziert zu fördern sind und von denen man unzählige braucht um eines der großen alten Felder auch nur zu ersetzen. Dass die Erdölwirtschaft sich schon mit Dingen wie Teersand zur Erdölherstellung befasst sollte uns alle alarmieren, damit zeigt uns die Erdölindustrie eigentlich dass man inzwischen zum letzten Strohhalm greift und selbst sowas teures und ineffektives macht nur um irgendwie noch an Öl zu kommen. Gleichzeitig hat der Erdöldurst in Indien und China, zusammen fast 3 Milliarden Einwohner!, gerade erst begonnen. Es gibt keine logische Erklärung, die mir bekannt ist, wie das weiter wie bisher funktionieren soll. Wir müssen massiv Gelder in die Schiene investieren, jeder Cent ist hier gut angelegt. Wir werden uns noch wundern wie bald wir die Kapazitäten dringend brauchen werden, vermute ich.
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