Mont-Cenis-Basistunnel

Alles rund um die Eisenbahnen außerhalb von Deutschland
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blubbeldiblubb
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Beitrag von blubbeldiblubb »

Die Neue Zürcher Zeitung titelt: "Startsignal für TGV nach Turin".
Auch wenn ich ein glühender Befürworter für die Verlegung insbesondere des Güterverkehrs vom Lastwagen auf die Schiene bin, muss es bei diesem Projekt erlaubt sein, daran zu zweifeln, das Kosten und Nutzen in einem akzeptablen Verhältnis stehen. Was bekäme man Deutschland für 25 Milliarden Euro hin? Rhein-Main/Rhein-Neckar, Stuttgart 21-Ulm, Ulm-Augsburg, Frankfurt-Fulda müssten da doch mindestens drin sein. Und die EU-weite Ausrüstung von Güterzugwaggons mit Flüsterbremsen als Schmankerl gäbs noch obendrauf.
Wo nehmen Frankreich und Italien nur das Geld für so ein Projekt her? Beide Länder stehen doch finanziell noch wesentlich schlechter da als Deutschland.
Zitat aus dem Artikel:
40 Prozent davon [von 25 Milliarden] soll laut Budget die EU übernehmen.
Was ist das denn bitte? Kann das stimmen? Werden deutsche Eisenbahnprojekte auch so großzügig gefördert? Ich habe jedenfalls noch nichts davon gehört. Korrigiert bitte meine laienhafte Meinung, wenn ich falsch liegen sollte.
firefly
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Beitrag von firefly »

blubbeldiblubb @ 4 Dec 2012, 00:00 hat geschrieben: Wo nehmen Frankreich und Italien nur das Geld für so ein Projekt her? Beide Länder stehen doch finanziell noch wesentlich schlechter da als Deutschland.
Italiener und Franzosen leihen sich das Geld über diverse Banken bei deutschen Sparern. So wie die Spanier zuvor gemacht haben. Die wissen eben alle, dass man mit einer Weichwährung in der Hand nicht spart, sondern auf Pump in Beton investiert. Nur in Deutschland ist man so blöd und bejubelt einen ausgeglichenen Haushalt, während gleichzeitig die Infrastruktur zerbröselt.
146225
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Beitrag von 146225 »

blubbeldiblubb @ 4 Dec 2012, 00:00 hat geschrieben: Was bekäme man Deutschland für 25 Milliarden Euro hin? Rhein-Main/Rhein-Neckar, Stuttgart 21-Ulm, Ulm-Augsburg, Frankfurt-Fulda müssten da doch mindestens drin sein. Und die EU-weite Ausrüstung von Güterzugwaggons mit Flüsterbremsen als Schmankerl gäbs noch obendrauf.
So wie ich unser versagensreiches Deutschland kenne: Nach Abzug der Korruptions- und Bürokratiekosten vermutlich noch nicht einmal die Hälfte.

Ach, und gleich mal wieder die Grundsatzinfo: Neid ist keine europäische Geschäftsgrundlage.
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AndiFant

Beitrag von AndiFant »

Die gleiche Frage können wir uns auch beim Brenner Basistunnel stellen. Und bei beiden Projekten steht der Italienische Staat in der Schuld.
Es ist also absehbar, dass sich beide Projekte massiv verzögern werden, weil die Finanzierung immer enger wird.

Eine andere Sorge habe ich beim Mont Cenis Basistunnel: Was macht man mit dem ganzen radioaktiven, uranhaltigen Aushub?
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JNK
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Beitrag von JNK »

blubbeldiblubb @ 4 Dec 2012, 00:00 hat geschrieben:Was ist das denn bitte? Kann das stimmen? Werden deutsche Eisenbahnprojekte auch so großzügig gefördert? Ich habe jedenfalls noch nichts davon gehört. Korrigiert bitte meine laienhafte Meinung, wenn ich falsch liegen sollte.
"Das" ist Teil der europäischen TEN Achse Nummer 6 und wird aus diesem Grund von der EU gefördert.

Die TEN Achse Nummer 1, Berlin-Palermo, wird übrigens auch von der pösen EU gefördert und zwar konkret der Bau der SFS Erfurt-Nürnberg. Weitere TEN-Achsen können auch gefördert werden, ob das bei Stuttgart - Ulm (TEN 4 und TEN 17) auch so ist, weiß ich nicht. Die Bahn verschleiert so etwas ja gerne in Pressemeldungen. Wenn NRW und VRR Gelder für die Sanierung von Bahnhöfen stellen, heißt das am Ende "Die Deutsche Bahn saniert Bahnhof XY" und in der Zeitung steht dann: "Die Bundesbahn saniert Bahnhof XY"

Wir haben übrigens bereits ein Thema dafür (bin beim Googeln drauf gestoßen): http://www.eisenbahnforum.de/index.php?act...t=ST&f=6&t=8364 Vielleicht hat ja einer der Kollegen Zeit und Lust das zusammen zu führen.
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panurg
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Beitrag von panurg »

AndiFant @ 4 Dec 2012, 9:31 hat geschrieben:Eine andere Sorge habe ich beim Mont Cenis Basistunnel: Was macht man mit dem ganzen radioaktiven, uranhaltigen Aushub?
Ganz einfach: Neues KKW errichten, das enthaltene Uran darin verbraten und mit der gewonnenen Energie die Bahnstromversorgung sicherstellen.
Btw, sooviel Uran ist da jetzt auch wieder nicht drin, außerdem ist die Aktivität von Uran aufgrund der "ewigen" Halbwertszeit sehr gering und zum dritten ist dieses im Gegensatz zu Plutonium nicht einmal chemisch giftig.
AndiFant

Beitrag von AndiFant »

Genau: Zu wenig Uran, dass sich eine Urangewinnung lohnt, aber zu viel Uran, um es sinnvoll beim Bauen zu verwenden.
blubbeldiblubb
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Beitrag von blubbeldiblubb »

146225 @ 4 Dec 2012, 05:38 hat geschrieben:Ach, und gleich mal wieder die Grundsatzinfo: Neid ist keine europäische Geschäftsgrundlage.
Ich bin mir nicht sicher, wie du diesen Satz meinst. Ironisch? Ich würde mich nicht als neidisch bezeichnen, eher als bestürzt über die scheinbare Sorglosigkeit, mit der an dieser Stelle Geld ausgegeben wird. Und wenn ich dann lese, dass dieses Projekt zu 40% von der EU gefördert wird, dann mischt sich zu der Bestürzung auch ein bischen Ärger.
JNK @ 4 Dec 2012, 09:59 hat geschrieben:Die TEN Achse Nummer 1, Berlin-Palermo, wird übrigens auch von der pösen EU gefördert und zwar konkret der Bau der SFS Erfurt-Nürnberg. Weitere TEN-Achsen können auch gefördert werden, ob das bei Stuttgart - Ulm (TEN 4 und TEN 17) auch so ist, weiß ich nicht.
Das die TEN Projekte auch in D gefördert werden, weiß ich. Kann mir aber nicht vorstellen, dass die EU-Finanzierung auch nur annähernd 40% Prozent erreicht. Der Wiki-Artikel zur Schnellfahrstrecke Nürnberg-Erfurt ist da auch sehr unübersichtlich. Habe das jetzt so verstanden, dass die EU insgesamt ca 540 Millionen dazugibt, was einem Anteil von ungefähr 10% entspricht. Das sind allerdings keine besonders belastbaren Infos. Kennt jemand Details?
146225
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Beitrag von 146225 »

blubbeldiblubb @ 5 Dec 2012, 00:08 hat geschrieben: Ich bin mir nicht sicher, wie du diesen Satz meinst. Ironisch? Ich würde mich nicht als neidisch bezeichnen, eher als bestürzt über die scheinbare Sorglosigkeit, mit der an dieser Stelle Geld ausgegeben wird. Und wenn ich dann lese, dass dieses Projekt zu 40% von der EU gefördert wird, dann mischt sich zu der Bestürzung auch ein bischen Ärger.
Nein, vollständig ernsthaft. Wenn wir ein vereintes Europa und die Zusammenarbeit in der EU nur auf dem "Niveau" angehen, daß wir wie die Kleinkinder jammern, wenn der Nachbar mal ein größeres Stück Kuchen bekommen hat, dann machen wir irgendwie doch deutlich was falsch.
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Electrification
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Beitrag von Electrification »

Genau durch so ein Nationalstaatsdenken schaffen es die Leute von außerhalb immer wieder in Europa Keile zu treiben, denn diese Uneinigkeit, diese Missgunst verstärkt und fördert doch Krisen nur.
Es ist doch klar dass viele kein starkes, einiges Europa wollen, da wird von außen alles versucht um das zu verhindern und hier macht man munter dieses Spiel mit.
blubbeldiblubb
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Beitrag von blubbeldiblubb »

Electrification @ 5 Dec 2012, 13:23 hat geschrieben:Genau durch so ein Nationalstaatsdenken schaffen es die Leute von außerhalb immer wieder in Europa Keile zu treiben, denn diese Uneinigkeit, diese Missgunst verstärkt und fördert doch Krisen nur.
Es ist doch klar dass viele kein starkes, einiges Europa wollen, da wird von außen alles versucht um das zu verhindern und hier macht man munter dieses Spiel mit.
Es geht mir überhaupt nicht darum, dass ich hier irgendwem irgendwelche "Stücke vom Kuchen" nicht gönne, und schon gar nicht darum, einen Keil zwischen die Staaten der europäischen Union zu treiben. Gegen diese Vorwürfe wehre ich mich entschieden. Ich bin ein großer Anhänger der europäischen Idee.
Es wird doch noch erlaubt sein, die Verhältnismäßigkeit eines 25 Milliarden Euro Projektes in Frage zu stellen, das von Staaten mit leerer Staatskasse finanziert wird? Und ob es wirklich notwendig ist, dass die von Haushaltskrisen geplagte EU so viel Geld für ein Projekt mit verhältnismäßig geringem verkehrlichem Nutzen und besonders problematischen Folgen für die Umwelt in einem solchen Ausmaß fördern sollte?
Vielleicht habe ich meinen vorherigen Beitrag überbetont, dass der Finanzierungsanteil der EU bei diesem Projekt - sollte die Zahl der NZZ stimmen - größer ist als bei deutschen TEN-Projekten, und das wurde mir dann als neidisches Gejammer ausgelegt. War aber eher als Frage gemeint.
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