146225 @ 25 Sep 2020, 06:16 hat geschrieben:Weil du funktionierende Eisenbahn nur immer an der Vergangenheit aufhängen kannst
An der Gegenwart geht's halt schlecht.
Deine "Grütze" hat überhaupt nichts mit dem Thema zu tun, ich hab ja nur u.a. gefragt, ob's nicht sinnvoll wäre, die Staatsbahnen nur in ihren Heimatländern fahren zu lassen, wo sie legal an Staatsgeld kommen können und solche Sachen wie bei Abellio nicht passieren können, wo der niederlänische Staat indirekt Geld im Ausland versenkt. Das kann man ja durchaus mal fragen, oder? Da gibt's ja offenbar ein Problem, wenn die DB jetzt Geld vom Staat kriegt, die armen Mitbewerber von ihren Eigentümern eher nicht.
Am damaligen System liegt's auch nicht, wenn du nach drei Fehlinterpretationen wieder meinst, dass ich vorschlage, die Wochenendruhe wieder einzuführen und Neufahrzeuge nach Baumustern der 50er Jahren wieder aufzulegen. Das ist ungefähr so dämlich, wie wenn ich vorschlagen würde, dass die öffentliche Kinderbetreuung verbessert werden muss und du da dann nur an das Dritte Reich oder die DDR denkst und die waren ja schließlich pfui und damit sollten wir das mit der Kinderbetreuung auf keinen Fall so machen!!!!1!!111elf!!
Wochenendruhe gibt's auch bei der BEG, z.B. KBS 947. Das liegt genauso wie die höchst unterschiedliche Reaktivierungsfreudigkeit in den Bundesländern als politische Entscheidung jedenfalls nicht am System. Im Gegensatz zur Bundesbahnzeit ist der Verkehr in Trostberg oder Freyung nicht so arg viel "besser" ... Außer man fährt gerne Bus. Also DAS hat mit Bundesbahn vs. Ausschreibung rein gar nichts zu tun. Das mit dem ungünstig verteilten Geldfluss, der letztlich immer mehr Einfluss auf die Betriebsqualität bekommt, schon. Wunderschönes Beispiel für die systematische (!) Abwärtsspriale der Kosten und damit der Qualität ist die Bayerische Oberlandbahn als erstes Wettbewerbsprojekt der BEG. 1998: Neufahrzeuge mit ebenerdigem, ohne Schnickschnack beinahe spaltlosem Zugang von extra dafür neugebauter Infrastruktur. 2020: Restwertoptimierte Neufahrzeuge mit Fallgruben und verschleppter Infrastrukturausbau = keine auf den Fahrzeugzyklus angepasste Elektrifizierung.
Ein Grund für den Rückzug der Eurothurbo vom "Allgäu-Express" war ja damals (Obacht: retrospektives Argument), dass es den Schweizern früh spanisch vorkam, mit ihrem öffentlichen Betrieb für damals schon nicht viel Rendite wirtschaftliche Risiken im gar nicht so grenznahen Ausland zu übernehmen. Das gleiche dämmert auch den Deutschen so langsam, warum unser Staatsbetrieb allein für Marktanteile (!) in der ganzen Welt aktiv sein muss, obwohl der gemeine Fahrgast überall auf der Welt eigentlich ganz andere Prioritäten hat. Auch die Hamburger Hochbahn hat offenbar Geld aus der Hansestadt mit dem Betrieb von Regionalzügen in Bayern versenkt. Das wird nicht ewig so weitergehen, dieses System wird irgendwann scheitern, weil es einfach genauso wenig nachhaltig ist wie damals den laufenden Betrieb der Bundesbahn mit Schulden zu finanzieren, während die gleichen Politiker, die sich darüber ärgern, aber immer mehr dafür gesorgt haben, dass die Einnahmen aus den lukrativen Geschäften in die Privatwirtschaft abwandern. Wäre man in den 50ern schon hart geblieben bei den Kraftverkehrslizenzen, wäre die Bundesbahn nie pleite gegangen. Das hat auch nichts mit schelchtem "Kaufmann" zu tun, sondern war schlicht geschickte Lobbyarbeit, an deren Spitze dann die Bahnreform kam, die da nochmal einen draufgesetzt hat, indem die privaten Kassen jetzt sogar Zugriff auf den Güterverkehr hatten. Also die lukrativen Teile der früheren Quersubventionierung. Der Rest wurde dann einfach per MORA C entsorgt. Kaum 20 Jahre später merkt glaub ich grad der letzte, dass das eine verdammt dumme Idee war. Und wenn man einfach die Fehlerkette mal zurückgeht bis an den Punkt an dem man vielleicht hätte anders abbiegen müssen, ja sorry, dann liegen der halt in der Vergangenheit. (Der kann auch rein logisch schon nicht in der Zukunft liegen oder jetzt aktuell stattfinden.)
Ich bin ein großer Freund der freien Wirtschaft und selbst Teil davon. Solange die öffentliche Hand einen defizitären SPNV betreiben soll, sehe ich es aus deren Perspektive aber eigentlich nicht ein a.) mit den Zuschüssen private Gewinne zu finanzieren, wenn auch nur sehr kleine und b.) aus Prinzip die lukrativen Geschäftsteile einem freien Markt zu überlassen. Sorry, das ist auf den ersten Blick nix weiter als das Sozialisieren von Verlusten und das Privatisieren von Gewinnen, die dann oft auch noch wie üblich recht steuerfrei ins Ausland abwandern und so auch nicht dazu beitragen, zu hochdefizitären SPNV mitzufinanzieren. Das ist neoliberaler Unsinn, den man in einigen kommunalen Bereichen auch längst wieder aufgibt. Das ist keine Freakfantasie, sondern schlicht Fakt. Beinahe jede Vereinskasse, die per Satzung mehr als nur wirtschaftliche Ziele verfolgt, funktioniert neben Zuschüssen durch Mitgliedsbeiträge nach dem Prinzip der internen Querfinanzierung durch wirtschaftliche Aktivitäten bei irgendwelchen Festen, über einen Fanshop oder ähnliches. Nur bei der Bahn machen wir's so, dass wir's total gut finden, wenn unser steuerfinanzierter Betrieb Konkurrenz durch Rosinenpicker bekommt.
Bei Renditen von nur noch 0,1% wird man auch nicht wirklich viel wirklich privates Kapital ins System hineinbringen, was ja eine der Idee von Bahnreform und DB-Börsengang war. Letzterer ist schon abgesagt, wegen funzt nicht, der Rest ist auch schon auf'm Weg. Auch wenn du mir das seit Jahren nicht glaubst, aber jetzt wo man bei den Gehältern eher hoch als runter muss, also der ganze Einmaleffekt mit dem Übergang vom Beamtentum auf gewöhnliche Angestellenverhältnisse verpufft ist, ist damit auch dauerhaft nichts mehr zu sparen.
Wenn man das System einfach so laufen lässt, die DB kriegt ab und an Geld vom Staat, echten Privten sind die Aussichten zu schlecht und nicht nicht mit Staatsgeld gefütterten ausländischen Staatsbahnen nehmen an Ausschreibungen seltener bis gar nicht mehr teil, dann kommen wir ganz automatisch irgendwann zu dem Punkt, wo gar kein Markt mehr vorhanden ist. FRüher oder später schafft sich dieses System sowieso ab. Die ersten Ausschreibungen, wo maximal noch einer geboten hat, das ahnte und entsprechend eingepreist hat, hatten wir schon. Die S-Bahn München scheint irgendwie eh mehr oder weniger direkt vergeben zu werden, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Da traut man sich offensichtlich ein Chaos wie bei so gut wie allen Betriebsaufnahmen nicht, scheinbar ist die S-Bahn "to big to fail" oder derzeit für alle außer der künstlich ernährten DB zu kapitalintensiv. Das allein sind schon zwei Hinweise auf ein derzeit ziemlich dysfunktionales Vergabesystem.
146225 @ 25 Sep 2020, 17:05 hat geschrieben:dann muss da schon mal Butter bei die Fische, sprich Zahlen auf den Tisch.
Also dann mein lieber Heilbronnser Kollege, dann mach das mal und belege meinen nun ausführlich dargelegten Irrtum hinsichtlich des aktuellen Geschehens. Dass du vergangene Alibizugpaare nicht magst, weiß ich schon, das ist jetzt aber so relevant wie deine Schuhgröße.