[CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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[CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Und Bahn frei für die Herbstreise...

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Tag 1 Basel → Prag

Der Herbst hat Einzug erhalten - endlich. Es ist ein trüber Abend, als ich zum Bahnhof aufbreche.
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Um ein bisschen Puffer zum Nachtzug in Zürich zu haben, fahre ich eine halbe Stunde früher. Dafür werde ich wieder mit dem Aussichtswagen belohnt.
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Pünktlich geht’s los, in die blaue Stunde, bald setzt Regen ein. Es ist ein ruhiger Start in die Reise. Irgendwo auf der Strecke kommen wir zum Halten, erreichen Zürich mit +4. Ich schaue noch der Auflösung des Knotens zu, dann wird auch der Nachtzug bereitgestellt. Er wird von einigen jungen Japanern mit Schrankkoffern, einem Rucksacktouristen mit Longboard und auch einigen Familien mit Kindern schon erwartet. Es ist nur ein tschechischer Wagen ganz an der Zugspitze dabei.
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Ich hatte mich schon gefragt, warum die Fahrkarte für tschechische Verhältnisse mit über 100€ sündhaft teuer war. Aber immerhin gibt es dafür ein 3er-Schlafwagenabteil mit eigenem WC und Dusche.
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Interessant finde ich, dass der Duschkopf auch gleichzeitig der Wasserhahn ist. Die Dusche ist mit einem Vorhang abgetrennt, sodass man also das WC nicht unter Wasser setzt und dort sicher Sachen ablegen kann.
Doch niemand benutzt die Dusche, weder der Tscheche Mitte 30, der in der Schweiz lebt, noch die junge deutsche Frau, die nach der Begrüßung gleich in ein anderes Abteil verschwindet.
Reist man in größerer Gruppe zusammen, kann man die Tür zum Nachbarabteil öffnen.
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Der Durchgang kann gleichzeitig auch als Stauraum genutzt werden, sodass das Gepäcktetris nicht allzu schwierig ist.

Leicht hinter Plan geht es los. Leider sind auch im tschechischen Wagen die Abteile auf der falschen Seite, sodass es keinen Blick über den nächtlichen Zürichsee gibt. Das erste Mal seit über zwei Jahren höre und spreche ich mal wieder Tschechisch und darf mir sogleich anhören, dass ich ja sehr gut Tschechisch könnte. Dabei habe ich entsetzlich viel vergessen und ringe nach den Worten.
Ich schaue den vorbeifliegenden Lichtern in der regnerischen Nacht zu, schemenhaft heben sich die Berge vom Horizont ab. In Buchs wird auf Taurus umgespannt und der Richtungswechsel vollzogen.
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Mit leichter Verspätung geht es weiter nach Liechtenstein und für mich ins Bett.
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 2 Prag → Dresden

Ich schlafe gut, wache nur einmal von einem heftigen Stoß auf, wahrscheinlich beim Rangieren in Linz. Dann wache ich widerwillig auf, als der Schaffner an die Abteiltür klopft. Keiner von uns hat schon Lust, aufzustehen. Wir müssten in České Budějovice umsteigen, erinnert der Schaffner. Als ich das Rollo hochschiebe, ziehen die Hügel Südböhmens vorbei.
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Ich klappe meine Liege hoch, scheitere aber daran, die Sitzlehnen aufzurichten. Der Schaffner hat Unterstützung durch einen Kollegen bekommen, der irgendwo zugestiegen sein muss. Drei Handgriffe später sitze ich beim Frühstück.
Das gibt es im Gegensatz zum Nightjet nicht auf einem Tablett, sondern einem Karton. Das ist nicht ganz dumm, weil es im Abteil keinen Tisch gibt.
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Es gibt zwei Brötchen und der Belag ist dafür deutlich zu wenig, dazu Kaffee oder Tee. Die Manner-Waffeln lassen das Frühstück im ČD-Schlafwagen österreichischer erscheinen als im Nightjet.

Važení cestujicí, nasledujicí stanice Kaplice. (starker österreichischer Einschlag) Sehr geehrte Fahrgäste, der nächste Halt ist Kaplice. (ein wenig überschwänglich) Ladies and gentlemen, the next stop is Kaplice.
Nach so langer Zeit höre ich mal wieder diese automatische Ansage, die für mich immer mit Bahnfahrten in Tschechien verbunden sein wird. An jedem Halt wird außerdem auf den SEV zwischen České Budějovice und Tábor hingewiesen.
Dingding. Dingding. Pozor vlak!
Wie schön, wieder hier zu sein.

Nach dem Abwarten des Gegenzugs kommen wir mit +7 an.
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Schnell ein Foto, dann ab zur Unterführung. Oh, am Gleis gegenüber steht der Arriva 628 via Příbram – Beroun nach Prag und ich spiele mit dem Gedanken, die Baustelle so zu umfahren. Aber dann fällt mir ein, dass ich erstens Zugbindung habe und zweitens ohnehin keinen besonders langen Aufenthalt in Prag und die Umfahrung dauert trotz SEV über eine Stunde länger. Also folge ich der Menge in die Unterführung und nach draußen. Seit meinem Sommerkurs 2017 hat sich hier eigentlich gar nichts verändert. Inzwischen schüttet es und auf den 100 m zur Bushaltestelle werde ich ziemlich nass. Fünf Reisebusse nehmen die Fahrgäste nach Tábor auf, sodass das Gepäck problemlos unten verstaut werden kann und nicht wie meistens in Deutschland im SEV eingesetzten Stadtbussen irgendwo im Gang herumliegt.
Das ist ja fast so gut wie der Aussichtswagen…
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Gefühlt jedes mal, wenn ich diese Strecke fahren wollte, war hier irgendwo SEV. Bereits bei meinem allerersten Besuch in Tschechien 2014 sind wir von Tábor nach České Budějovice im SEV gefahren. Die neue Autobahn ist auf weiten Abschnitten fertiggestellt und auch die Bahnstrecke folgt. Sie wird auf nahezu der gesamten Strecke von Prag bis České Budějovice vollständig neu trassiert und zweigleisig ausgebaut. Der Infrastrukturausbau ist in den letzten Jahren in Tschechien durchaus beachtlich gewesen und wird vermutlich auch fortgeführt werden. Allerdings wird die Konkurrenzfähigkeit der Eisenbahn gegenüber der Straße vermutlich abnehmen, da die Reisegeschwindigkeit trotz Ausbauten oft niedrig bleibt.

In Tábor überwacht der Schaffner den Fahrgaststrom zum Zug, dass alle den Weg finden, wie ich das aus Tschechien gewohnt bin und wie es auch sein sollte. Er trägt ein Sixpack Rivella, das er wohl importiert hat. Der Zug aus der planmäßigen Taktlage wartet den Anschluss vom Bus ab, was etwa 20 min sind. Doch auf der Anzeige steht +60. Der Schaffner lotst alle zum EC-Ersatz und tatsächlich geht es dann wenig später auch schon los, parallel mit dem R, wir auf dem Gegengleis. Statt enger Kurven und einem Gleis verläuft die Strecke jetzt größtenteils für 160 km/h ausgebaut durch Tunnels, über Brücken und Dämme. Bis Prag sinkt die Verspätung auf +14, neu für mich ist die Neutrassierung im Bereich von Praha-Strašnice sowie der viergleisige Ausbau. Auch der Bahnhof Vršovice hat seinen ostalgischen Flair verloren und ist komplett modernisiert worden.
Im Hbf sind die Schließfächer komplett erneuert worden, statt Münzzahlung funktioniert die Bedienung über Bildschirme und mit kontaktloser Zahlung. Im Bereich des Einkaufszentrums wird irgendwas gebaut, das Klavier immerhin gibt es noch, es ist aber von den Geschäften zum Ausgang umgezogen.
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Ich kaufe mir eine Tageskarte und nehme einen Netzplan mit, in den letzten Jahren hat sich doch so manche Linie geändert. Zum ersten Mal seit 2015 sind außerdem die Fahrpreise angehoben worden, dafür die Einzelfahrten gleich um über 20%, die Tageskarten um knapp 10%, die Abos sind unverändert geblieben.
Gerade passend zu meiner Ankunft hat sich der Regen verzogen, da kann ich ja einen Spaziergang zu meinem Lieblingsaussichtspunkt machen. Mist, fährt der 22er nochmal in Bahnhofsnähe oder nicht? Zum Glück habe ich den Netzplan mitgenommen, denn ich bekomme selbst die unveränderten Linien nicht mehr im Kopf zusammen.
Vor dem Bahnhof gibt es eine neue Tramhaltestelle, welche derzeit nur für die Linie XC genutzt wird, die bei Wochenendsperrungen die Metro C ersetzt.
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Die Reste der vor Jahrzehnten eingestellten Strecke sind noch gut zu erkennen.
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In wenigen Jahren wird dieser Streckenabschnitt Teil des Wiederaufbaus der Tram vor dem Bahnhof und auf dem Wenzelsplatz sein.

Ich nehme also den 9er, voll wie eh und je und fahre Richtung Kleinseite. Umgestaltet wurde der Smetanovo nábřeží, allerdings immer noch nicht autofrei.
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Der Fahrstreifen in nördlicher Richtung wurde zum Teil dem viel zu schmalen Gehweg, zum anderen Teil einem neuen Radweg (immerhin die Hauptachse entlang der Moldau) zugeteilt. Weiter nördlich sind dafür auch Parkplätze entfallen. Leider ebenfalls entfallen ist der besondere Bahnkörper für die Tram Richtung Norden und es handelt sich um einen sehr staugeplagten Abschnitt. Letztlich ist also der ÖPNV der große Verlierer der Umgestaltung, da die Einschränkung für den MIV nur gering ist.
Visualisierungen der Umgestaltung gibt es hier:
https://www.praguemorning.cz/in-picture ... struction/
Zum Vergleich, der Zustand vor dem Umbau 2018:
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Blickrichtung Süden, die Fahrspur und die Parkplätze links im Bild gibt es nicht mehr. Dafür muss die Tram jetzt im Mischverkehr fahren.

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Haltestelle Karlovy lázně, Blickrichtung Süden. In nördlicher Richtung wurde die Haltestelle bis zum Umbau nicht bedient, eigentlich ein totaler Irrsinn, ist sie doch die nächstgelegene zur Karlsbrücke.

Auch wenn es in die richtige Richtung geht, hat hier der Stadt ganz klar der Mut gefehlt, endlich die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um das Verkehrschaos endlich zu beenden und Autos zu verbannen.

9380 bei Újezd, die 15T-Wagen sind jetzt neu leider fast alle mit Vollwerbung unterwegs.
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6004 auf der Nostalgielinie 23 (obwohl im Netzplan als temporär außer Betrieb vermerkt) wenige Meter weiter, auch der Verkehrsalptraum hier hat sich leider nicht geändert.
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Ohje, habe ich tatsächlich den Weg hoch zu meinem Lieblingsaussichtspunkt vergessen? Es nützt nichts, ich muss nachschauen. Während ich den Petřín-Hügel erklimme, erklingt in der Ferne heroische Marschmusik, wie um mich an die schönste Zeit meines Studiums zu erinnern.
Schließlich erreiche ich den gewünschten Aussichtspunkt.
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Wenig später kommen zwei junge Männer dazu. „Oh, und wir haben gedacht, von dort unten kann man gute Fotos machen“, bemerkt der eine, ehe er seinen Arm beim Selfie-Schießen verrenkt.

Die Sonne gewinnt die Oberhand und ich laufe weiter, um mit der 23 zurückzufahren.
Nur noch stadtauswärts fährt sie an der Haltestelle Pohořelec, stadteinwärts wenig nachvollziehbar etwas versteckt einen Block weiter von der Haltestelle Hládkov ab.
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Eingangstor zum Kloster Strahov
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8541 folgt stadteinwärts…
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…und 9097 wagt sich stadtauswärts um die Ecke.
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7275 parkt in der riesigen, aber leicht verfallenen Wendeschleife Dlabačov, die sicher für den Veranstaltungsverkehr des nahegelegenen Stadions ausgelegt wurde.
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Unter schwarzen Wolken biegt 9333 Richtung Park Maxe van der Stoela ab
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Bald kommt der nächste 23er. Zu Beginn ist er immer schön leer, was sich an der Prager Burg freilich ändert.
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Etliche Haltestellen sind verbreitert worden, doch die große Verkehrswende ist noch ausgeblieben. Die Tatras sind seltener geworden, die T6A5 seit 2021 vollständig aus dem Stadtbild verschwunden und teilweise nach Sofia, teilweise in die Ukraine abgegeben worden. Dennoch hat die Stadt ihre Anziehungskraft auf mich behalten.
Die größte Enttäuschung aber ist, dass ich kein Svíčková (Lendenbraten mit Sahnesoße) zum Mittagessen bekomme.

Weiter laufe ich durch Žižkov, die St.-Prokop-Kirche ragt empor, im Hintergrund der Fernsehturm.
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Alltag in der Großstadt
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Wenig später erreiche ich den Vítkov-Hügel. Nun ragen Kirche und Fernsehturm nicht mehr so weit empor
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Aus einem vollgepissten Türmchen schweift der Blick über Karlín
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Beim Abstieg lasse ich mir den Blick auf die Hauptzufahrt zum Hbf nicht nehmen.
350 002 zieht einen der langen EC Richtung Slowakei
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Zu meiner Zeit in Prag noch ein begehrtes Fotomotiv, sind die türkisen Arriva-628 fast schon zu viele geworden…
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Ein Pendolino liefert sich ein Rennen mit einem Interjet, einer neuen Zugkategorie, eingeführt 2021.
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Es handelt sich um Siemens Viaggio-Wagen, die zunächst zwischen Prag und Cheb (auf beiden Strecken, via Pilsen und Ústí) eingesetzt werden und als Zuggattung IC verkehren.
Aus dem Video einer Mitfahrt sind die guten und schlechten Seiten der Wagen gut zu erkennen:
https://youtu.be/fCzqevKzlZ0
In der 1. Klasse gibt es haufenweise Wandfensterplätze, in der 2. Klasse dagegen scheinen Sitze und Fenster schön zusammenzupassen. Abteilliebhaber werden enttäuscht, der Trend zum Großraumwagen setzt sich in jeder Hinsicht fort (Kinderkino mitten im Wagen und komplett offenes Dienstabteil). Steuerwagen sind nicht vorgesehen, das Umsetzen der Lok bleibt also.

Ich steige ab und nehme die U-Bahn bis Pankrác. Bürogebäude prägen dort das Stadtbild.
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Auf der Trasse der in den 70er Jahren stillgelegten Tramstrecke ist sie über wenige Hundert Meter weit wieder aufgebaut worden und endet an einer eingleisigen Stumpfendstelle. Bedient wird sie von der neuen Linie 19.
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Dadurch wird einerseits ein U-Bahnersatz durch Tram ermöglicht, wenn die Metro C beim Bau der hier endenden neuen Linie D unterbrochen werden muss. Andererseits ist jeder Fahrgast, der hier nicht die Metro C nimmt (oder in Zukunft nicht von der Linie D in die C umsteigt) ein Gewinn, da die C ohnehin auf dem Abschnitt südlich von Muzeum ihren stärksten Querschnitt hat und oft hoffnungslos überlastet ist.
Als Nächstes fahre ich zum Vršovické náměstí, wo ich enttäuscht feststelle, dass es meinen Lieblings-Trdelník-Stand nicht mehr gibt. Wenige Meter gibt es aber eine gute Bäckerei mit Tramblick, in der ich seinerzeit manchen ungemütlichen Winternachmittag bei einem Kaffee verbracht habe. Dann kehre ich allmählich zum Bahnhof zurück.

Kleine Geschäfte prägen einige Zwischengeschosse der U-Bahn.
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Allzu sehr beeilen muss ich mich nicht, denn der Railjet steht bereits mit +15 in der App drin, obwohl er fast pünktlich aus Österreich gekommen ist. Das Zugpaar Graz – Berlin fährt in Prag nicht zum Hbf, sondern nimmt den direkten Weg über die Verbindungskurve von Libeň (ohne Halt) nach Holešovice (mit Halt). Allerdings sind mal wieder so gut wie alle Fernzüge mit +20 unterwegs, denn in Tschechien gibt es genau dasselbe Problem wie in Deutschland. Auf fast allen Hauptachsen wird gebaut, es gibt auf den ganzen ohnehin schon überlasteten Strecken noch Kapazitätseinbußen und am Ende fährt kein Zug mehr pünktlich.
Bis ich meinen Koffer eingesammelt und mit der U-Bahn nach Holešovice gefahren bin, sind schon +25 draus geworden. Als Grund wird Verspätung im Ausland genannt, das stimmt aber definitiv nicht, denn sie ist fast ausschließlich in Tschechien entstanden. Auch die Hecken-S-Bahn Králupy – Holešovice – Libeň – Hostivař ist unpünktlich unterwegs, als Begründung werden betriebliche Gründe des EVU genannt.
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Am Ende jeder Verspätungsansage kommt die Anmerkung, dass sich die angekündigte Verspätung noch ändern kann und das ist wörtlich zu nehmen, denn fast alle Züge bekommen nach und nach mehr Verspätung als angekündigt. Der EC in Gegenrichtung muss geschlagene 20 min warten, ehe er die letzten Meter bis zum Hbf weiterfahren kann – der muss auch hoffnungslos überlastet sein.
Aus den +25 werden +40, die Betriebsqualität in Tschechien ist genauso katastrophal wie in Deutschland. Endlich fährt der RJ ein.
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Im letzten Wagen herrscht freie Platzwahl und so kann ich entspannt der Moldau zusehen, wie sie träge unter den abendlichen Wolken dahinfließt – soweit das durch die ziemlich dreckigen Scheiben möglich ist. Ich bin aus der Schweiz ziemlich verwöhnt, merke ich gerade…
Das wechselhafte Wetter zaubert einen Regenbogen in den Himmel, die Farben leuchten unglaublich intensiv. An der Verspätung ändert sich nichts, schon bald senkt sich die Nacht über das Elbtal, sodass ich den schönsten Teil der Strecke wegen der Verspätung leider im Dunklen habe. Kurz vor der Grenze müssen wir den Gegenzug abwarten, denn wegen Baustelle herrscht eingleisiger Betrieb. Während meiner Zeit in Dresden von 2013 bis 2018 gab es kein Jahr, in dem nicht irgendwo im Elbtal eingleisiger Betrieb war. Ich frage mich manchmal, wie viel man denn auf 34 km bauen kann, um nach 9 Jahren immer noch nicht fertig zu sein. In Bad Schandau steigt die Polizei ein und fordert alle auf, die Masken aufzusetzen. Auf den S-Bahngleisen zwischen Pirna und Dresden gibt es schon den ganzen Tag irgendeine technische Störung, weswegen die S-Bahnen teilweise über die Ferngleise fahren. Schließlich überquere ich die Marienbrücke, der gewohnte Blick aus dem Fenster ist etwas enttäuschend, denn nur matt erscheint die Altstadtkulisse am Horizont. Achja, wie haben ja Energiekrise. Mit +43 endet die Fahrt schließlich in Dresden-Neustadt.
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Ein junges Pärchen, die mit Bierflaschen im Einstiegsbereich saßen, nutzen die Gelegenheit, ihr Leergut auf dem Bahnsteig abzustellen, dann pfeift es schon und der Taurus verschwindet singend in die Nacht.

Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2022 ist der Railjet wieder Geschichte, denn im Elbtal wird mal wieder gebaut (wie eigentlich jedes Jahr seit 2014) und es gibt deswegen teilweise eingleisigen Betrieb. Die Trassen braucht man auch für den GV, also gibts den letzten Zug aus Dresden nach Berlin um 19:55 Uhr, ab April dann sogar schon um 18:55 Uhr (!).

In der Tram sind die Münzautomaten durch kleine Geräte zur kontaktlosen Zahlung ausgetauscht worden, nur erhält man nur ein sehr eingeschränktes Sortiment. Theoretisch. Ich erhalte gar nichts, als ich meine Kreditkarte an das Gerät halte. Einen zweiten Versuch starte ich noch, wieder erfolglos. An der Karte liegt es nicht, denn in Prag hat sie einwandfrei funktioniert. Zum Glück wird wenigstens nichts abgebucht. Digitalisierung in Deutschland, seufz…
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 3 Dresden

Ich fahre eine kurze Runde durch die Neustadt, hier hat sich so gut wie nichts verändert. Insbesondere die Königsbrücker Straße ist in unverändert holprigem Zustand geblieben. Nun gibt es einen neuen Anlauf mit drei neuen Varianten, von denen nun diejenige bevorzugt wird, die größtenteils einen besonderen Bahnkörper für die Tram vorsieht, aber nicht allzu viele Vorgärten enteignet. Aufgrund der viele Einwände gibt es noch keinen Zeitplan zu Umsetzung – kann sich nur noch um Jahrzehnte handeln.
https://www.dresden.de/de/stadtraum/bre ... trasse.php

Bald wird der 13er rappelvoll mit Fußballfans, denn heute findet ein Spiel statt. Der Weg von -2 bis +2 ist nur zwei Dresdner LSA-Umläufe entfernt. Weiter geht’s über die Neubaustrecke durch die Oskarstraße am Hp Strehlen. Die alte Strecke ist nicht mehr sichtbar und die Fahrbahn saniert, was auch bitter nötig war.
Weiter nehme ich den 61er, ein Rollstuhlfahrer hat sich auf die Fahrbahn verirrt. Auch an der Uni hat sich nichts verändert. Für das einst Stadtbahn 2020 genannte Projekt für die Tram zur Uni wird es wohl nicht mal bis 2030 reichen. Derzeit rechnet man mit einem Baubeginn für den westlichen Abschnitt Löbtau – Nürnberger Platz ab 2025 und für den östlichen Abschnitt auf dem Zelleschen Weg bis zum Wasaplatz ab 2027 (!).
An der Fabrikstraße gibt es eine neue Haltestelle, für mich war das immer Niemandsland.

Überraschend ist für mich die Fahrt nach Radebeul – dort habe ich die Gleise in schlechter Erinnerung mit vielen La, doch die sind alle verschwunden und auch einige DDR-Ruinen abgerissen und durch Neubauten ersetzt worden.
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Spätabends fahre ich in einem vollgekotzten Wagen zurück. Immerhin, der Fahrer wusste sich zu helfen. Bremssand ist vielseitig verwendbar.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 4 Dresden → Prag → Split

Gegen Mittag breche ich zur Tram auf. Bis die Fußgänger-Anforderungsampel Grün wird, dauert es über 60 s und das ohne erkennbaren Grund, denn es kommt keine Tram und nur ab und zu ein Auto – willkommen zurück in Dresden. Wieder versuche ich, in der Tram bargeldlos eine Fahrkarte zu kaufen. Wieder geht es nicht. Und da es gerade zuvor jemand anders erfolglos probiert hat, bin ich mir jetzt endgültig sicher, dass es nicht an mir liegt.
Es bleibt noch Zeit für einen kleinen Spaziergang in der inzwischen vollständig wiederaufgebauten Altstadt.
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2585 am Altmarkt
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Am Bahnhof angekommen, wird der EC nach Prag mit hoher Auslastung angekündigt. Der Menge an wartenden Fahrgästen nach zu schließen wird das zutreffen. Ich warte ganz hinten, steige in den letzten Wagen ein und schnappe mir schnell einen der wenigen unreservierten Fensterplätze auf der Elbseite. Fast die Hälfte der Plätze sind Wandfensterplätze, das schränkt die Auswahl auch ohne Reservierungen schon stark ein. Ein paar Zusteiger plärren durch den Wagen. „Haben wir die 72 und 78? Wo ist das?“ „Ist das Wagen 255?“ Es gibt leichte Verspätung verursacht durch den zähen Fahrgastwechsel, weil es relativ lange dauert, bis alle ihr Gepäck und sich selbst so verstaut haben, dass alle einsteigen können. Zuletzt müssen aber immer noch einige Fahrgäste stehen. Der Zub geht durch, zählt Fahrgäste und wenig später sind wir auch schon im Elbtal. Pünktlich erreichen wir Bad Schandau und überpünktlich Děčín. Inzwischen prägen 628er in allen erdenklichen Fragen den Verkehr auf einigen nicht elektrifizierten Strecken.
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Ich gehe in den Speisewagen, bekomme doch noch mein Svíčková, wenn auch kein Vergleich zu dem aus meinem Lieblingsrestaurant in Prag.
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Bald erreichen wir die Baustelle mit eingleisigem Betrieb, vor der in der App gewarnt wurde, müssen den Gegenzug abwarten und mit den obligatorischen +10 geht’s weiter. Im Zulauf auf Prag gibt es im wahrsten Sinne des Wortes ein Elefantenrennen, denn auf dem Regelgleis fährt ein CityElefant, den wir auf dem Gegengleis überholen. Doch mangels Geschwindigkeitsdifferenz gibt es erstmal eine lange Parallelfahrt. Der Tf sitzt mit Sonnenbrille in seinem Führerstand wie eine Statue.
Ein mittelalter Mann versucht sich an einem Zauberwürfel und hat ihn innerhalb weniger Minuten farbrein gelöst – dann verdreht er den Würfel wieder und das Spiel geht von Neuem los, wieder dauert die Lösung nur wenige Minuten. Mich hat das schon immer beeindruckt.
Irgendwo sehe ich einen jungen Mann im pinken Hasenkostüm, natürlich darf der obligatorische Junggesellenabschied im Zug nach Prag nicht fehlen.
„Wir müssen an der nächsten Station aussteigen, Holesowitsch, oder wie das heißt. Macht mal langsam eure Sachen bereit“, fordert ein Lehrer seine etwa 16 Jahre alten Schüler auf. Die Betonung liegt wohl auf langsam, denn es sind noch fast 20 min bis zur Ankunft. Die Schulklasse steigt dann in Holešovice aus und es wird merklich ruhiger im Wagen. Mit +12 erreichen wir schließlich den Hbf. Die Junggesellen hinterlassen ein Vermögen in Bierdosen im Zug, eine riesige Tragtasche voll.

Es bleibt noch reichlich Zeit bis zur Abfahrt des Regiojet.
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Das historische Bahnhofsgebäude aus Lego…
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…und in Echt.
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Es herrscht reger Betrieb, wie immer. 193 222 zieht den Regiojet Richtung Wien.
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Immer wieder entdecke ich deutsche IC-Wagen, die eine neue Heimat gefunden haben. Die Zulassung ist offenbar in Deutschland geblieben, wie sie auch bei den von der ÖBB übernommenen Wagen in Österreich geblieben ist.
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Und da kommt er, mit über 21h vermutlich Anwärter auf einen der derzeit längsten Zugläufe Europas (ausgenommen Ukraine und Russland). Wien – Bukarest kommt auf „nur“ 19h.
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Der Tf hält ganz knapp vor dem Signal an, denn der Zug benötigt mit seinen 15 Wagen die gesamte Bahnsteiglänge.

Ich teile mir das Abteil mit einem ukrainischen Paar um die 50, das schon seit mehreren Jahren in Pilsen lebt. Der Mann arbeitet als Ingenieur im Kommunikationsbereich und spricht wesentlich besser Tschechisch als seine Frau. Dennoch ist der für meine Ohren typisch russische Akzent (H wird zu CH) deutlich zu hören. Sie nutzen die Wochenenden regelmäßig für Ausflüge innerhalb Tschechiens und viele Namen kommen mir bekannt vor. Český Krumlov, Adršpach, Karlovy Vary… Die beiden fahren mit dem Zug in den Urlaub, weil der Flug dreimal so teuer gewesen wäre.

Prag bleibt pünktlich zurück.
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In Tschechien hat Flixbus noch kein Monopol…


Der Zug hat in Tschechien einige Zwischenhalte.

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Einfahrt in Kolín, der spannende Zug am Gleis nebenan ist der Hecken-R nach Ústí n.L., inzwischen von Regiojet betrieben. Man erkennt es nicht besonders gut, aber die hübsch modernisierte Lok hat eine Arriva-Logo, der erste Wagen ist ein ex-Deutscher IC-Wagen in Originallackierung, der zweite Wagen ein gelber Regiojetwagen.
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Wir sind schon leicht hinter Plan, der Zugchef pfeift, während ein paar Fahrgäste noch über den Bahnsteig hetzen. Ohne Wagenstandsanzeiger ist halt bei einem 15-Wagen-Zug echt blöd… Er pfeift nochmal lang und ausgiebig, aber noch immer ist der Fahrgastwechsel nicht abgeschlossen. Alle guten Dinge sind drei, er scheint wirklich gerne zu pfeifen. Und dann kann es auch endlich weitergehen.
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Der Zug nimmt nicht die Hauptstrecke via Pardubice – Česká Třebová nach Brno, sondern die weiter südliche Strecke via Havličkův Brod, was planmäßig rund 30 min länger dauert. Realistischerweise geht es wegen der chronischen Überlastung und der Baustelle auf der Hauptstrecke wahrscheinlich gleichschnell.
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Der lange Zug steht an einigen Zwischenhalten über den Bahnsteig hinaus.

Das Abteil wirkt, wie eigentlich der ganze Zug, etwas abgewirtschaftet und könnte mal eine gründliche Reinigung und Reparatur gebrauchen.
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Nicht alle Fenster im Gang lassen sich öffnen und von den Verfügbaren klemmen viele, sodass ich eine Weile suchen muss, bis ich geeignete Stellen finde.
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Kreuzung mit dem Gegenzug aus Wien, der wohl auch die Alternativroute genommen hat.
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Unterwegs durch Wald und Wiesen
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Der Ukrainer holt Kuchen und Bier und erkundigt sich, ob ich auch was möchte. Ich verneine, doch als er wiederkehrt, drängt er mir dann doch ein Stück Mohnkuchen auf. Der Preis ist mit 40 Cent wirklich günstig.
An jedem Zwischenhalt steigen ein paar Fahrgäste zu und obwohl sich der Zugführer sehr bemüht, steigt die Verspätung langsam an, weil immer jemand über den Bahnsteig zum richtigen Wagen hetzen muss.
Die blaue Stunde liegt über Brno, als wir uns der Stadt nähern. Der Halt in Brno-Židenice ist fragwürdig, denn dort steigt kaum jemand ein oder aus. Am Hbf dagegen wird der Zug von zahlreichen Fahrgästen erwartet und allmählich füllen sich alle Abteile mit einem bunten Publikum aus Familien, Backpackern und älteren Ehepaaren.
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Die Raucher springen für ein paar hastige Züge raus, dann geht das Signal auch schon auf und der Zugführer pfeift ungeduldig. Dabei hat es am stark gekrümmten Bahnsteig selbst vom äußersten Ende Mühe, die Abfertigungssignale der Zugbegleiter weiter hinten zu sehen.
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Ich gönne mir ein Essen, man kann zwischen drei Gerichten auswählen. Ich entscheide mich für Bulgur mit Hähnchen für 2,50 €. Es ist wirklich schade, dass es nur Mikrowellenessen gibt und keinen richtigen Speisewagen.
Zum letzten Mal hält der Zug in Bratislava, nun sind alle Abteile belegt. Während die Stadt schier endlos vorbeizieht, fallen mir schon die Augen zu und ich lege mich hin. Wenig später bin ich eingeschlafen.
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 5 Split

Es ist unerträglich stickig und heiß im Abteil. Wahrscheinlich geht die Lüftung wegen Lokwechsel nicht.
Kurz vor 3 in der Nacht werden wir geweckt. Grenzkontrolle. Immerhin erfolgen Ausreise und Einreise am selben Bahnhof. Der ungarische Grenzpolizist murmelt nur „Okay“ und reicht mir den Pass zurück, ohne mich überhaupt anzuschauen. Aus dem Gang ertönt das typische Geräusch von Grenzposten-Stempeln. Kliklack. Kliklack. Was der Kroatische sagt und ob überhaupt irgendwas, weiß ich nicht mehr, denn ich muss unmittelbar danach wieder eingeschlafen sein.

Als Nächstes höre ich die topfitte, durchdringende Stimme der Schaffnerin trotz Ohrstöpsel. „Važení cestujicí, příjedeme do stanice Zagreb glavni kolodvor...“ Warum das allerdings um halb 6 über Lautsprecher durch den Zug geplärrt werden muss, wird mir ein Rätsel bleiben. Jetzt ist es kalt im Abteil und ich drehe die Heizung höher.
Das nächste Mal wache ich auf, als der Halt in Ogulin angekündigt wird. Auch hier wieder mit viel Tam-tam, Hinweis auf Anschlussbusse (Regiojet bietet eigene Busse in zahlreiche Küstenorte an, die nicht per Bahn erreichbar sind) und schönen Urlaub. Hier werden die Zugteile getrennt. Regen klopft an die Scheibe.
Nicht lange danach klopft es an der Abteiltür. Frühstück! Wollen Sie Kaffee oder Tee? Grmblmpf, so eine Eile, sind ja bloß noch fünfeinhalb Stunden bis Split… Fünf Sekunden später drückt mir die Schaffnerin einen Becher und ein Croissant in die Hand. Zum Glück kommt mir die ukrainische Frau zu Hilfe und bietet mir an, den Becher auf dem kleinen Tisch abzustellen. Ich brauche ein paar Minuten, um mich zu sammeln. Als ich den Vorhang beiseiteschiebe, hält gerade der Fdl die grüne Kelle in die hoch und der Zug setzt sich mit etwa +15 wieder in Bewegung.
Kurz zeigt sich die Sonne, die Landschaft hat sich gegenüber gestern Abend zu meiner Überraschung noch gar nicht verändert. Der Zug fährt ein paar Kilometer auf der elektrifizierten Strecke zurück, ehe es dann auf die nicht elektrifizierte Strecke Richtung Split geht.
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Ein paar verfallene Gebäude ziehen vorbei, wir müssen vor einigen BÜ kurz anhalten, pfeifen und unter einer beachtlichen Rußwolke die Fahrt fortsetzen.
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Die Geschwindigkeit nimmt ab, sind wir anfangs noch abgesehen von den BÜ-Halten mit 80 gefahren, sind es bald nur noch 50, dann 30. Die Zub erinnert zweimal über Lautsprecher daran, dass man im Zug weder echte noch elektronische Zigaretten rauchen darf.
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Die Strecke windet sich durch dichten Wald bergauf. Ich habe überhaupt nicht erwartet, dass hier noch alles so grün ist, obwohl wir Luftlinie keine 50 km von der Küste entfernt sind.
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Der Streckenzustand lässt eigentlich nichts zu wünschen übrig. Einige Einschnitte sind frisch ausbetoniert worden, um Hangrutsche zur vermeiden.
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In vielen Bahnhöfen sind allerdings die Signale ausgekreuzt.
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Wir fahren durch ein großes Regengebiet. Es schüttet, während sich der Zug durch unberührte Landschaft bergauf quält.
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Eigentlich habe ich erwartet, dass die Küste während einem Großteil der Fahrt zu sehen ist – tatsächlich könnten es aber auch deutsche Mittelgebirge sein.
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Beim genauen Hinsehen ändert sich die Vegetation dann doch langsam, aber stetig. Kadongkadong.
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Zeit für einen Rundgang durch den Zug.
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Der großzügige Fahrradwagen
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Kinderabteil
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Außerdem gibt es ein Dienstabteil mit kleiner Küche, wo man allerdings nur Kuchen und aufgewärmtes Mikrowellenessen bekommt.

Blick aus dem letzten Wagen
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Kein Unkraut wuchert aus dem Gleis.

Nachdem wir den Pass überwunden haben, geht es plötzlich sehr viel schneller voran. Die Vermutung liegt nahe, dass nicht die Streckengeschwindigkeit, sondern die Leistungsfähigkeit der Diesellok der limitierende Faktor in der Steigung ist und sie mit den 7 Wagen fahrdynamisch nicht über die 30 km/h herauskommt.
Einzelne Fahrgäste stehen am Fenster und bewundern die vorbeiziehende Landschaft. Über eine Stunde schüttet es, dann klart es auf und Nebelschwaden schmücken die Täler.
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Einzelne Hochebenen sind dichter besiedelt, doch dann folgen wieder lange Abschnitte ohne jegliche Zivilisation. Viele Felder scheinen aufgegeben zu sein. Die nächsten Stunden geht es so weiter – Pass mit 30 und schwarzen Rußwolken erklimmen, dann mit 80 runterrollen. Und mit jeder überwundenen Bergkette wird die Vegetation etwas karger.
Einfahrt in den Bahnhof Knin, nach rechts führt die unbefahrbare Strecke Richtung Bihać in Bosnien.
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Auch die im Bild nicht sichtbare Zweigstrecke nach Zadar wird seit etlichen Jahren nicht mehr im Personenverkehr bedient.

Knin muss mal ein wichtiger Bahnhof gewesen sein und war bis zur Zerstörung im Bosnienkrieg der 90er Jahre elektrifiziert.
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In Bosnien wurde die Strecke bis Bihać wieder elektrifiziert, auch auf dem grenzüberschreitenden Abschnitt sind nach dem Krieg wieder Züge gefahren. Da die Strecke mehrfach die neue Grenze überquert, wurde eine Infrastrukturgrenze definiert, an der unabhängig vom Staatsgebiet die jeweilige Bahn zuständig ist. 2010 hatte die HŽ dann keine Lust mehr zur Instandhaltung und sperrte ihren Teil der Strecke. Von Bihać gab es wieder einen Direktzug nach Sarajevo, der jedoch genau wie jeder andere Zug, der die innerbosnische Grenze zwischen der Föderation Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska überquert, eingestellt ist. Bosnien ist eisenbahntechnisch ein hoffnungsloses Trauerspiel – politisch wie bahntechnisch zersplittert und seit etlichen Jahren vom internationalen Bahnverkehr abgeschnitten. So kann man es fast als Wunder bezeichnen, dass es diesen Sommer an Wochenenden wieder einen Direktzug von Sarajevo nach Ploče gab. Zum Zeitpunkt meines Besuchs war die Saison allerdings schon wieder vorbei. Einen Erfahrungsbericht gibt es hier.
https://rail-away.com/tag/ploce/
Allmählich wird der Anblick mediterraner.
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Ein LKW-Fahrer hält in der rechten Hand ein Handy, schaut drauf und lenkt sein Fahrzeug einhändig über die parallel verlaufende kurvige Landstraße.

Durchfahrt in Perković, von hier gibt es Züge nach Šibenik.
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Dunkle Wolken über dem Küstengebirge
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Weitere Eindrücke
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Endlose Pässe später taucht dann plötzlich das Meer auf.
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Bald drängen sich fast alle Fahrgäste an den Fenstern, um den besten Blick und die besten Fotos zu bekommen. Jetzt macht es sich bezahlt, dass ich mir schon lange vorher eines der zu öffnenden Fenster gesichert habe.
Von dichtem Wald ist nun nichts mehr zu sehen und der dicht besiedelte Großraum Split erstreckt sich an der Küste.
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Wir kommen an einem Signal zum Halten, der vor uns liegende Abschnitt ist wohl noch belegt.
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Einige Minuten später geht es weiter, zuerst durch großzügige Häuser, dann durch ein Industriegebiet. Ein Tunnel führt unter der Altstadt von Split hindurch und schon ist der Endbahnhof erreicht, welcher ganz praktisch in unmittelbarer Nähe sowohl zur Altstadt als auch zum Hafen liegt.
Mit +29 steige ich aus, die Lok wird bereits umgesetzt.
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Schwarze Wolken türmen sich auf und wenige Augenblicke später fallen die ersten Tropfen.
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Die überschaubaren Abfahrten der 170.000-Einwohner-Stadt
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Ich laufe los und plane, schnellstmöglich meine Unterkunft zu erreichen. Doch zwei Minuten später wird mir klar, dass ich und mein Gepäck komplett durchnässt werden, wenn ich noch zwei Minuten weiterlaufe. Es schüttet wie aus Kübeln, also setze ich mich in ein Restaurant in Bahnhofsnähe, das fast bis zum letzten Platz gefüllt ist. Zahlreiche Menschen haben sich untergestellt oder haben spontan Platz genommen und es dauert ziemlich lange, bis sich der überarbeitete Kellner erbarmt, meine Bestellung aufzunehmen. Dafür bekomme ich mein Getränk und den Grillteller innerhalb von zwei Minuten.
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Jetzt bin ich wieder in dem Teil Europas, wo eine Portion für zwei Personen reicht…

Der Regen hat nachgelassen, bis ich mit dem Essen fertig bin. Gerade auf der Brücke über die Bahngleise wird der Nahverkehrszug nach Perković abgefertigt. Grüße an den Tf!
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Zu meiner Überraschung wurde der Regiojet wegrangiert, vermutlich in den einige Kilometer entfernten Abstellbahnhof. Planmäßig müsste er in 10 Minuten die Rückfahrt antreten, was wohl ganz sicher nicht klappen wird.

Ich bin müder als erwartet und verbringe den Nachmittag nur mit einem kleinen Spaziergang.
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Da hat jemand beim Betonieren nicht mitgedacht
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Wäsche flattert im Wind
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Niemandsland am Bahnhof
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Glasscherbenübersäter Aussichtspunkt
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Meerblick
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Auf dem Rückweg kaufe ich noch die Busfahrkarte zur Weiterreise. Ein Teil der Informationen hängt auch auf Englisch aus, doch längst nicht alles. Mit etwas Improvisation kann man sich aber alles erschließen und am Schalter wird erstaunlich gut Englisch gesprochen.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von karhu »

Entenfang hat geschrieben: 11 Jan 2023, 21:31 Kurz vor 3 in der Nacht werden wir geweckt. Grenzkontrolle. Immerhin erfolgen Ausreise und Einreise am selben Bahnhof. Der ungarische Grenzpolizist murmelt nur „Okay“ und reicht mir den Pass zurück, ohne mich überhaupt anzuschauen. Aus dem Gang ertönt das typische Geräusch von Grenzposten-Stempeln. Kliklack. Kliklack. Was der Kroatische sagt und ob überhaupt irgendwas, weiß ich nicht mehr, denn ich muss unmittelbar danach wieder eingeschlafen sein.
Das ist zum Glück vorbei Kroatien ist jetzt endlich in Schengen :) Eigentlich sollte auch Rumänien und Bulgarien längst drin sein, hoffentlich wird das bald was.

Die Strecke nach Split ist ja echt schön, ja da muss ich auch mal hin 8) Danke für deinen Bericht soweit, Europa mit dem Zug endecken ist das beste, auch wenns manchmal unötig kompliziert ist.
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FloSch
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von FloSch »

Entenfang hat geschrieben: 11 Jan 2023, 21:31 Bosnien ist eisenbahntechnisch ein hoffnungsloses Trauerspiel – politisch wie bahntechnisch zersplittert und seit etlichen Jahren vom internationalen Bahnverkehr abgeschnitten.
Grundsätzlich stimme ich dir absolut zu, ganz stimmt es aber nicht: letzten Sommer gab es endlich mal wieder einen Direktzug von Bosnien nach Kroatien, an seinem letzten Betriebstag bin ich damit auch von Mostar nach Ploče gefahren (tags zuvor von Sarajevo nach Mostar) und zwei Tage vorher in die Gegenrichtung.

Die Una-Bahn von Knin nach Bihać wäre übrigens ein wunderschönes Erlebnis, wenn da denn Züge fahren würden. Ich bin letzten Sommer einen Teil der Strecke zu Fuß und ein weiteres Stück entlang der Straßen abgefahren, die Landschaft ist wunderschön und die Wasserfälle der Una auch von der Zugstrecke aus sehr gut sichtbar.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Entenfang hat geschrieben: 11 Jan 2023, 21:31 Bosnien ist eisenbahntechnisch ein hoffnungsloses Trauerspiel – politisch wie bahntechnisch zersplittert und seit etlichen Jahren vom internationalen Bahnverkehr abgeschnitten. So kann man es fast als Wunder bezeichnen, dass es diesen Sommer an Wochenenden wieder einen Direktzug von Sarajevo nach Ploče gab. Zum Zeitpunkt meines Besuchs war die Saison allerdings schon wieder vorbei.
8)

@karhu: Die Schengen-Erweiterung ist eine gute Sache, dürfte der Pünktlichkeit der Züge sicher auch gut tun und die nervige Grenzkontrolle mitten in der Nacht fällt weg. Dass Rumänien und Bulgarien nicht aufgenommen wurden, finde ich einfach absolut nicht nachvollziehbar, zumal das mit den Flüchtlingen insbesondere bei Rumänien eine ziemlich plumpe Ausrede ist.

Tag 6 Split

Von meinem Apartment ist es ein kurzer Spaziergang durch kleine Gassen zur Innenstadt.
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Es herrschen angenehme Temperaturen bei spürbarem Wind, dankenswerterweise hat sich der Sommer vorgestern verabschiedet.
Ich schlendere über den Markt, auf dem von professionellen Händlern bis zu alten Frauen, die überschüssige Ernte aus ihrem Garten verkaufen, alles vertreten ist. Tauben flattern umher und versuchen, Nüsse zu stibitzen.
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Kurzer Blick in die St.-Dominik-Kirche
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Weiter geht’s in die leider völlig überlaufene Altstadt.
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Split war eine wichtige Stadt in den Römerzeit und die Relikte sind hier im Diokletian-Palast gut zu sehen.
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Äußerst enge Gassen prägen die Altstadt, da wussten sich die Menschen früher vor der Sommerhitze zu schützen.
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Sehr sehenswert ist die Altstadt jedenfalls…
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…findet offenbar auch diese Taube.
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Spannende Klimaanlagenkonstruktion – bei angenehmen 22° fällt es schwer zu glauben, dass vor wenigen Wochen selbst nachts die Temperatur kaum unter 30° gefallen ist…
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Trg Republike
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Hafen mit Riva-Promenade und Turm der Kathedrale aus dem 4. Jahrhundert im Hintergrund
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Im Hintergrund erhebt sich das dalmatinische Gebirge über der Stadt – der parallel zur Küstenlinie verlaufende Gebirgszug ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Mittelmeerklima nur auf einem relativ schmalen Streifen entlang der Küste herrscht und das Inland so grün ist.

Westlich der Innenstadt gibt es ein ruhigeres Viertel, in dem auch Einheimische zu wohnen scheinen.
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Gefahr von Steinregen unter dem Hausdach
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Ich entspanne mich ein wenig auf einer Bank und genieße den Blick, bis ein Straßenhund kommt und seine Nase direkt in meinen Rucksack steckt. Da hat wohl jemand gerochen, dass ich vorher Wurst eingekauft habe (die aber jetzt gar nicht mehr im Rucksack ist). Er schaut mich erwartungsvoll an, als ich den Rucksack öffne, doch eigentlich will ich bloß meine Kamera verstauen.
Ein älterer Mann streckt seinen Bierbauch auf einer Bank der Sonne entgegen, dabei hat er schon einen üblen Sonnenbrand am ganzen Körper. Schilder weisen darauf hin, dass Badeoutfit in der Innenstadt verboten ist, genauso wie „excessive luggage carrying“, abgebildet eine Person mit Koffer. Es bleibt mir rätselhaft, was damit gemeint ist.

Zum Sonnenuntergang breche ich auf den Aussichtshügel Marjan im Westen der Stadt auf. Das Großartige an dieser Stadt ist definitiv, dass sie Berge und Meer verbindet. Oben angekommen, herrscht Gedränge am Aussichtspunkt. Für den perfekten Insta-Shot muss man eine Weile anstehen. Und nochmal so drehen und nochmal so und nochmal Haare richten und – natürlich – auf die Brüstung klettern. Ich setze mich auf eine Bank und warte ab.
„Hey, can you take a photo of us ?" So wechseln sich die Menschen vor dem Geländer ab, während die Schatten langsam über die Stadt wandern und die Berge emporklettern.
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Es ist unübersehbar, dass Split außerhalb der Altstadt fast nur aus Wohnblocks besteht.
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„Hübsches Kleid.“ „Ja, ich bin echt froh, dass sie mir das geschenkt hat. Die hat jetzt einen Mann und der hat ihr gesagt, sie soll nicht so kurze Kleider tragen.“

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„Can you do one more ? Without the legs ?" "But you can cut them off afterwards." … "Ok, ok. One more without the legs." Zwei Kumpels um die 30 sind gemeinsam unterwegs und werden von einer etwa gleich alten Frau begleitet, die vermutlich hier lebt. „Give me your backpack“, meint der eine zum anderen, der sich gerade ablichten lässt. Also verschwindet der Rucksack aus dem Bild, aber er hält noch immer eine Wasserflasche in der Hand, auf die er sich auf die Brüstung abstützt. „Holding on to the bottle like to your girlfriend“, kommentiert der andere lachend. Ein paar Fotos später sind sie fertig. „Let´s go up there?“, schlägt die Führerin der beiden vor und deutet auf den weiteren Weg Richtung Gipfel. „Oh no, let´s stay here“, korrigiert sie sich sofort, „that will be difficult for you.“ Auf dem weiteren Weg sind vielleicht noch 100 Höhenmeter zu überwinden. „Nono, it´s ok“, meint einer der beiden Jungs. „No, it´s better to stay here“, wiederholt sie nochmal. „Nono, I want to go!“ Also gehen sie dann doch weiter.

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Eine kleine Gruppe mittelalter Männer und Frauen, möglicherweise sogar Einheimische, drängt auf die Aussichtsplattform. Einer von ihnen drückt einem Japaner sein Handy in die Hand. Der versucht sich an einem Bild, anscheinend erfolglos. Sein Kumpel kommt ihm zu Hilfe, aber offenbar klappt es immer noch nicht. „Are you taking selfies?“, fragt eine Frau aus der Gruppe und alle lachen. Dann gelingen doch noch Fotos und der zweite Japaner meint: „He got it!“, und alle lachen wieder.
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Als die blaue Stunde anbricht, steige ich ab.
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In der Innenstadt herrscht ein Gedränge, dass man sich kaum bewegen kann. Dabei ist die Hauptsaison schon vorbei…

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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 7 Split

Der heutige Tag soll genutzt werden, um das Ende der Nachtzugsaison zu dokumentieren. Von Anfang Juni bis Mitte September kann man Split von Prag (Regiojet), Budapest (MÁV) und Wien/Bratislava (ŽSSK) direkt erreichen. Nicht alle Züge fahren täglich, heute starten zum letzten Mal für 2022 alle drei Züge innerhalb von 4 Stunden Richtung Norden.
Einige hübsche Fotostellen gibt es rund 20 km vom Stadtzentrum entfernt im Olivenhain. Nextbike bietet in Split ganz neu teilweise E-Bikes an, diese Gelegenheit möchte ich nutzen. An der nächsten Verleihstation gibt es überhaupt kein verfügbares Fahrrad, also laufe ich entlang des Hafens zur nächsten.
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Um mir ein Fahrrad auszuleihen, muss ich mich zunächst auf der kroatischen Nextbike-Seite registrieren und das Formular bleibt trotz Sprachauswahl Deutsch auf Kroatisch. Ich kann die Bedeutung halbwegs erraten, schließe die Registrierung ab und beim zweiten Versuch klappt dann auch die Ausleihe. Wie die Standard-Nextbikes haben auch die E-Bikes nur drei Gänge. Man kann die Unterstützungsstufe nicht einstellen, der Elektromotor schiebt kräftig an. Das ist natürlich einerseits schön, andererseits soll der Akku ja den ganzen Tag reichen. Die 25 km/h erreiche ich in der Ebene mit der 3-Gang-Schaltung jedenfalls nicht. Zunächst geht es noch durch die quirlige Fußgängerzone, dann aber bald über größere Straßen. Die EU hat zwar ein Premium-Bikesharingsystem finanziert, doch die passende Infrastruktur dazu fehlt komplett. Man sieht außerhalb der Innenstadt so gut wie keine Radfahrer und wenn, dann kämpfen sie sich über die viel zu schmalen Gehwege mit Mastenparcours und Bordsteingebirgen. Ich versuche zwar, die größten Hauptstraßen zu meiden, doch auch auf den kleineren Straßen ist noch reichlich Verkehr. Bis auf wenige Ausnahmen fahre ich ganz normal auf der Fahrbahn und die meisten Autofahrer verhalten sich einigermaßen rücksichtsvoll. Dank E-Bike schwimme ich im Stadtverkehr auch relativ gut mit. Auf Wohnblocks folgt ein Industriegebiet, dann geht es aus der Stadt raus. Auf einer Brücke über die Bahnstrecke passt es gerade zur Abfahrt des Nahverkehrszugs und keine Minute später saust er auch schon mit -2 ohne Halt durch.
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Im hübschen Dorfkern von Solin lege ich einen kurzen Stop ein.
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Aufgrund der regen Fütterung gibt es ausgiebigen Entenfang
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An mehreren Stellen in der Stadt habe ich diese Solarbänke gesichtet, an denen man das Handy aufladen kann.
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Ein Stück den Hügel hoch liegen die umfangreichen Reste der römischen Stadt Salona, die in ihrer Blütezeit über 50.000 Einwohner hatte.
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Hier gibt es eine Fahrradleihstation, doch ich möchte nicht riskieren, dass mir jemand das Fahrrad wegleiht, also lasse ich die Miete weiterlaufen.
Unter einer schattigen Laube
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Die Stadt war von dicken Mauern umgeben und hatte Therme und Amphitheater.
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Die große Ruinenanlage ist gleichzeitig ein schöner Park mit Ausblick und mit dem frischen Wind ist es im Schatten fast ein wenig kühl.

Schließlich fahre ich weiter, an einem Kieswerk vorbei und über eine üble Holperpiste durch eine Baustelle.
Ein alter Gleisanschluss bildet einen verlockenden Weg, aber da ich nicht weiß, wie weit er befahrbar ist, halte ich mich lieber auf den Straßen.
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Folgt man dem Verlauf auf einem Satellitenbild, führt er zu einer großen ehemaligen Industrieanlage.

Bald kann ich die Hauptstraßen verlassen, fahre zuerst durch enge Gassen und dann am Meer entlang. Es ist wirklich sehr schade, dass es keinen durchgehenden Weg aus Split in die Vororte am Meer entlang gibt.
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Immer wieder muss ich verkehrtherum durch Einbahnstraßen fahren, denn offenbar ist es nicht vorgesehen, als Radfahrer der Küste zu folgen. Doch die Straßen sind breit genug und kaum befahren, sodass es kein Problem ist. Ich stocke an einem Supermarkt ein paar Snacks für die bevorstehende Wartezeit auf, dann verlasse ich den Ort bergauf und bald führt die Straße durch wunderschöne Olivenhaine. Zu Beginn ist sie geteert, dann wird sie zu einer immer holprigeren Schotterpiste und schließlich wird ein steiniger Wanderweg draus und ich muss die letzten paar Hundert Meter schieben. Mit bleibt nicht mehr viel Zeit bis zur Durchfahrt des Regiojet und so eile ich zum Bahndamm. Tatsächlich handelt es sich um einen markierten Wanderweg, doch der BÜ wurde aufgegeben und die betonierte Überfahrt entfernt. In Erwartung einer baldigen Durchfahrt ist es mir zu riskant, das schwere Fahrrad über den Bahndamm zu hieven, da die Strecke nur schlecht einsehbar ist. Also bleibe ich, wo ich bin und muss nicht lange warten. Allerdings kommt nicht der erwartete Regiojet, sondern der Nahverkehrszug nach Perković, der vorgestern auch kurz vor der planmäßigen Abfahrt des Regiojet gefahren ist.
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Nun kann ich die Gleisquerung wagen – wow, welch ein Ausblick sich da auftut!
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Ich setze mich in den spärlichen Schatten eines Busches und genieße den Blick aus dem Olivenhain über das Meer.
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Jetzt fehlt nur noch ein Zug…
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Fenchelduft zieht in meine Nase, er wächst am Wegrand. Im Olivenhain hinter mir wird fleißig gebaggert und gewerkelt. Die Zeit vergeht und ich schaue auf der Regiojet-Webseite nach der aktuellen Pünktlichkeit, da die HŽ sowas nicht kennt. Grundsätzlich scheint Fahrgastinfo in Kroatien keine allzu große Bedeutung zu haben. Oh, +120. Na, da hätte ich mich wirklich nicht beeilen müssen…
Eine halbe Stunde vergeht, beim Warten habe ich viel Zeit, meine Umgebung genau anzuschauen.
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Ein Betonmischer rangiert rückwärts die schmale und steile Zufahrt zum Olivenhain hoch.

Nach über einer Stunde Wartezeit klappt das Vorsignal runter – passt zur Rückfahrt des Regionalzugs. Ups, was ist denn das?
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Der Regiojet fährt durch, aber nach Split statt von Split, das sind über +240. Mit den angekündigten +120 für die Rückfahrt dürfte es wohl auch nichts werden. Ich warte eine weitere halbe Stunde, dann kommt der Regionalzug Richtung Split mit +30.
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Ist das wirklich nur ein Block bis Perković? Dann wäre die Strecke ziemlich ausgelastet mit drei Nachtzügen in vier Stunden und noch einem Regionalzug alle zwei bis vier Stunden. Zudem nutzen auch einige Güterzüge die Strecke.
Ich warte eine weitere Stunde, allmählich neigt sich die Sonne dem Bergkamm entgegen.
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Zum Glück habe ich einen Pulli mitgenommen, denn trotz Sonne ist es durch den frischen Wind ziemlich kühl geworden. Die rumänischen Arbeiter vom Olivenhain verabschieden sich in den wohlverdienten Feierabend, nicht ohne mich und mein Fahrrad etwas erstaunt anzuschauen. Dann steigen sie in ihren Lieferwagen und brausen davon.
Wenig später transportiert ein Trecker die Traubenernte ins Tal, dann verschwindet der Betonmischer und schließlich der letzte Lieferwagen. Jetzt bin ich allein mit dem pfeifenden Wind.

Die Sonne nähert sich schnell dem Horizont und bald wird der Nachmittag ohne richtige Fotoausbeute zu Ende gehen. Wenigstens hat dann das Warten ein Ende. Doch dann höre ich ein Wummern und Pfeifen in der Ferne, eine Minute später taucht ein Zug am Horizont auf, schlängelt sich bergan. Es ist der leicht verspätete Zug der ŽSSK, der im letzten Licht vorbeidröhnt. Viele Fahrgäste stehen an den Abteilfenstern und genießen den genialen Blick – zehn Minuten später ist die Sonne bereits hinter der Bergkette verschwunden.
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Ich fahre ein Stück zurück Richtung Kaštel Stari und entdecke noch einen Abschnitt im Licht. Ohne große Hoffnung halte ich nochmal an.
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Doch natürlich kommt kein Zug mehr, der von der MÁV wird – sofern er pünktlich ist – frühestens in einer halben Stunde durchkommen und Gott weiß, wann der Regiojet…
Blick über Kaštel Stari
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Wärterhäuschen
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Bahnhof mit Weitsicht
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Der hier endende Regionalzug aus Split kommt mit 9 Fahrgästen und +10 an.
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Inzwischen habe ich bereits beschlossen, nicht wieder die ganze Strecke mit dem Fahrrad zurückzufahren, denn im Dunklen über 10 km auf stark befahrenen Straßen muss ja nicht unbedingt sein. Stattdessen rolle ich runter ans Meer, sehe auf dem Weg einen Bus Richtung Split fahren (er sollte alle 20 min kommen) und gebe eilig mein Fahrrad an einer Station zurück.
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Bis zur Haltestelle ist es etwa 1 km zu laufen. Einige Jungs springen mit ihren Fahrrädern und E-Rollern über die fiesen Bodenwellen auf der Straße.
Doch auch dieses Mal ist die Eile unnötig, denn ich muss noch eine ganze Weile warten, bis der nächste Bus kommt. 2,50€ kostet die Fahrkarte beim Busfahrer und er fährt schon weiter, während er die entsprechenden Tasten auf dem Touchscreen drückt. Ich setze mich auf einigen der wenigen freien Plätze, bald wird es noch voller, doch unterwegs steigen auch immer wieder Fahrgäste aus. Etwa eine halbe Stunde später erreiche ich den Busbahnhof, der jedoch noch recht weit vom Zentrum entfernt ist. Die Aushangfahrpläne geben nur die Abfahrt an der Endstation der jeweiligen Linie an und der Netzplan ist nicht wirklich nützlich dabei, im Halbdunkel herauszufinden, mit welchen Linien ich eigentlich weiterfahren kann.
https://www.promet-split.hr/en/bus-line ... ic-network
In der App sind die Linienverläufe der einzelnen Linien hinterlegt, eine Fahrplanauskunft gibt es allerdings nicht. Also suche ich schnell die Nummer des nächsten auftauchenden Busses. Mist, fährt nicht bis zu mir, sondern endet am nördlichen Rand der Altstadt. Ich beschließe, trotzdem einzusteigen, halbiere meinen Fußweg und mache noch einen kleinen Spaziergang durch die abendliche und sehr, sehr volle Altstadt.
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Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 8 Split

Für den Nachmittag habe ich eine Wanderung geplant, doch davor bleibt noch Zeit, mich ins Getümmel der Altstadt zu stürzen.
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Ich erklimme den Glockenturm der Kathedrale aus dem 4. Jahrhundert. Natürlich sind die engen Treppen hoffnungslos überlaufen. Ein Mädchen weint, es hat Angst, die Stufen hinunterzugehen.
Hat man sich nach oben gekämpft, wird man mit einem tollen Ausblick belohnt.
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Über den überschaubaren Bahnhof…
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…den Hafen…
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…die Dächer…
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…und zum Marjan-Hügel.
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Wieder unten, spaziere ich eine Runde durch den Diokletianpalast. Hier das Vestibül.
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Die gute Akustik machen sich zwei Männer zunutze, die traditionellen dalmatinischen Gesang vorführen und von einer Reisegruppe gefilmt werden.
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Nach einer Minute ist die Darbietung vorbei und sie gehen mit einem Korb durch, um Geld einzusammeln. Dabei verkaufen sie auch 2 CDs und nehmen deutlich über 50 € ein. Kein schlechter Stundenlohn….

Hinterhof
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Auf dem Rückweg beschaffe ich mir noch etwas Proviant auf dem Markt, packe alles für die Wanderung ein und laufe zur Bushaltestelle. Dort gibt es einen winzigen Fahrkartenschalter und ich nenne mein Ziel, Gornje Sitno. Ich erkundige mich auch gleich, ob ich bereits die Rückfahrt kaufen kann und die Verkäuferin bejaht. Ich bekomme zwei einzelne Tickets, auf denen nur Zone Split draufsteht und sie kosten zusammen weniger als die gestrige Rückfahrt, obwohl die einfache Strecke heute viel länger ist.

Moderne Citaros und Lion´s City prägen den Stadtbusbetrieb.
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Ich beobachte aufmerksam die herannahenden Busse, da immer wieder zwei oder drei direkt hintereinanderkommen und dann die Sicht auf die Zielanzeigen verdeckt ist. Leicht hinter Plan kommt dann mein 28er, fast alle Sitzplätze sind belegt. Ich entdecke ein Scanner und halte den Code meines Tickets darunter. Und tatsächlich, ein grüner Haken erscheint auf dem Display. Es herrscht dichter Verkehr mit Stau und wir kommen nur langsam voran. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es auf der sechsstreifigen Ausfallstraße keine Busspur gibt, obwohl es dafür mehr als genug Platz gibt. Kluge Verkehrsplanung sieht jedenfalls anders aus.
Außerhalb der Innenstadt besteht Split fast nur aus Wohnblocks, ziemlich hässlichen noch dazu. Hier die dortige Interpretation des „Wiener Lochs“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Pl ... h%E2%80%9C
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Irgendwann hören die Wohnblocks auf, der Bus fährt auf eine Schnellstraße, die an Autohäusern und Supermärkten groß wie ein Fußballfeld vorbeiführt. An beiden Seiten gibt es lediglich einen Trampelpfad, keinen richtigen Fußweg.
Ein Mann quatscht mit dem Busfahrer, wogegen ja auch nichts einzuwenden ist, aber vielleicht ist es nicht so eine kluge Idee, dem Fahrer während der Fahrt Videos auf dem Handy zu zeigen?

Bald verlassen wir die Schnellstraße auf eine ruhigere Landstraße. Hin und wieder steigen Rentner mit Einkaufstüten aus, dann windet sich der Bus Spitzkehren hinauf. Nun folgt einsame Berglandschaft mit einsamen Dörfern. Immer höher geht es, an einer Stelle ist die Kurve zu eng für den Bus, also fährt er erst ein Stück weiter, wendet dann rückwärts über einen kleinen Parkplatz und nimmt dann die Abzweigung. Gornje Sitno erreiche ich mit +10, es ist nur noch rund ein Dutzend Fahrgäste an Bord und die meisten steigen mit mir aus.
Auch hier muss der Bus über einen kleinen Parkplatz wenden, um ein Stück zur Hauptstraße zurückzufahren und dann noch das letzte Dorf vor dem Ende der Straße zu erschließen.
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Der Busfahrer meckert herum, wahrscheinlich wegen des Fotos, aber ich verstehe es sowieso nicht und es kümmert mich auch nicht.

Los geht’s, der Weg ist steinig und zum Glück gut markiert, sonst wäre er sehr schwer zu finden.
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Ich bin heilfroh, dass die Temperatur unter 20° liegt und ein frischer Wind weht, denn die Sonne brennt in den Wolkenlücken erbarmungslos auf den Südhang nieder.
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Als die Wolke länger die Sonne verdunkelt, brauche ich dann doch eine Jacke.

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Am Wegesrand wächst Salbei. Jetzt habe ich auch eine starke Vermutung, warum sich der Salbei in der Blumenerde auf meinem Balkon nicht so wohlgefühlt hat. Nächstes Jahr pflanze ich den einfach in einen Topf voller Steine und gieße ihn für 3 Monate nicht…

Weg in die Wolken
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Blick über Split
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Der Bus tritt die Rückfahrt tief unten in Gornje Sitno an
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Weiter bergauf
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Die Umberto-Girometta-Hütte liegt tief in den Bergen, überraschenderweise sogar in einem Wald.
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Wie man sieht, war der Wald mal deutlich größer.

Der Weg ist sehr einsam, nur dreimal begegne ich anderen Wanderern. Im weiteren Verlauf wird er noch einsamer und schwerer zu finden.
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Die Ausblicke sind grandios…
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…die Farben auch – ob sie durch die Trockenheit des Sommers oder den beginnenden Herbst verursacht werden, weiß ich allerdings nicht.
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Für die höchste Bergkette, links im Bild, über 1300 m hoch, reicht es heute nicht mehr.

Ein verfallenes Haus irgendwo im nirgendwo
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Es folgt ein Abschnitt durch überraschend dichten Wald, ich komme zweimal vom Weg ab und muss mich neu orientieren.
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Allmählich geht es wieder bergab zum letzten Aussichtspunkt.
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In der Nähe der Hütte passiere ich ein paar Zelte, vor einem ein Mann mit seinem 6-jährigen Sohn. Mutig, mutig – oder leichtsinnig? – hier Ćevapčići auf offenem Feuer zu grillen…

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Die Bergkette erstrahlt in der Abendsonne
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Schließlich bleibe ich an diesem Aussichtspunkt sitzen, um den Sonnenuntergang abzuwarten.
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Nachdem sie Sonne hinter dem Horizont abgetaucht ist, mache ich mich schleunigst an den Abstieg, denn hier im Süden wird es schnell dunkel und der steinige Weg dadurch tückisch.

Rechtzeitig erreiche ich einen weniger steilen Weg und beschließe, ihm trotz der größeren Entfernung bis runter in den Ort zu folgen und den Blick ins Abendrot weiter zu genießen.
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An der Bushaltestelle warten bereits vier Personen, die alle wie Wanderer aussehen. Zwei davon haben sich in ihre Regenjacken eingewickelt und wirken so, als würden sie ziemlich frieren. Man kann sich tatsächlich leicht vom strahlenden Sonnenschein täuschen lassen, denn nachmittags wird es durch den Wind schnell frisch. Keine zwei Minuten später kommt schon der Bus. Hoppla, so knapp habe ich aber nicht geplant? Achso, er hat -3.
Der Busfahrer saust die leere Passstraße in halsbrecherischem Tempo runter, durch die Spitzkehren mit einer Hand lenkend. Er kennt die Strecke sicher im Schlaf, doch mir wird bei dem Fahrstil ganz schwindelig… Zum Glück ist der Abschnitt bald vorbei. Nur eine Handvoll Fahrgäste steigt unterwegs ein und bald sind wir mit -10 unterwegs. Ob Bus oder Bahn, wirklich verlässlich ist der Fahrplan hier jedenfalls nicht… Auf den Trampelpfaden an der Schnellstraße gehen Leute mit ihren Hunden Gassi. Mit unveränderten -10 bin ich zurück in Split.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 9 Split → Mostar

Ich laufe zum Busbahnhof und sehe, dass in Kürze ein Zug abfahren wird. Also noch ein schnelles Foto im Bahnhof, der Fdl gibt dem Bummelzug nach Kaštel Stari den Abfahrauftrag.
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Die Suche nach dem richtigen Bus dauert nicht lange.
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Der Busfahrer beäugt meine Fahrkarte äußerst kritisch, befindet sie dann aber für gut. Für größeres Gepäck muss man extra zahlen, der Busfahrer will 2€. Allerdings habe ich meine Münzen im Koffer verstaut (Memo an mich selbst fürs nächste Mal…) und daher keinen Zugriff darauf. 20 Kuna nimmt er aber auch, hat damit ein gutes Geschäft gemacht und ich kann damit ohnehin nichts mehr anfangen. Zum 1.1.2023 hat Kroatien den Euro eingeführt.
Im letzten Moment kommt noch ein junger Mann angerannt und zieht nicht nur deswegen die Blicke der Umstehenden auf sich - südländisches Aussehen, großer Rucksack mit allen möglichen bunten Stickern dran, weite Jeans, die aus mehr Löchern als Stoff besteht. Der Busfahrer verstaut auch sein Gepäck, dann geht es auch schon los. Noch ist im Bus wenig los.
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Die Straße windet sich am türkisblauen Meer entlang, ein Ort folgt auf den nächsten und sie scheinen alle nur aus Ferienwohnungen und Gästezimmern zu bestehen. Ob die wohl jemals alle gebraucht werden?
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Es gibt einige kleinere Wälder, die einzigen Schattenspender an der Küste.
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Nach anderthalb Stunden gibt es eine kurze Pause am Busbahnhof in Makarska.
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Huch, hier gibt’s ja ein Plumpsklo. Damit ist wohl der Balkan offiziell erreicht…

Und weiter führt die Fahrt immer die Küste entlang.
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Je näher wir Ploče kommen, desto häufiger winkt jemand den Bus an den Unterwegshaltestellen ran. Bis das Gepäck verladen und die Fahrkarte verkauft ist, vergehen jedes Mal ein paar Minuten und so zieht sich die Fahrt in die Länge. Ploče sieht schon etwas armseliger aus, inzwischen ist der Bus zu drei Vierteln gefüllt.
Das Delta des Neretva ist eine der wenigen flachen Gebiete in Küstennähe und wird daher intensiv landwirtschaftlich genutzt.
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Bald erreichen wir die Grenze zu Bosnien. Die Ausreisekontrolle aus Kroatien findet unter einem riesigen Dach und ordentlichen Fahrspuren statt. Alle müssen aussteigen und den Pass vorzeigen. Nebenan werden die Autos kontrolliert, auf die meisten Dokumente werfen die Grenzbeamten nur einen flüchtigen Blick und winken die Fahrzeuge durch. Nur die M-Klasse mit russischem Kennzeichen wird sehr, sehr genau kontrolliert. Nach zwei Minuten hupt weiter hinten schon jemand, doch es dauert nochmal so lange, bis es weitergeht.
Nach wenigen Minuten halten wir am bosnischen Grenzposten und der Unterschied könnte kaum größer sein – ein paar Baracken stehen auf einer betonierten Fläche. Der Busfahrer sammelt die Ausweise ein und gibt sie ab. Ein paar Minuten später kommt er zurück und beauftragt zwei Fahrgäste damit, sie wieder zu verteilen, während er schon mal weiterfährt.
Aufgrund eines Felssturzes ist die Landstraße halbseitig gesperrt und eine lange Schlange hat sich vor der Baustellenampel gebildet. Ein paar Zigeuner nutzen die Gelegenheit und bieten den wartenden Autos ihre Waren an.
In Čapljina gibt es nochmal ein paar Minuten Pause, die vor allem von den Rauchern sehr begrüßt wird.
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Hier wird der Gegenkurs gekreuzt.
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Alles wirkt ziemlich heruntergekommen.
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Ich werfe noch einen Blick in den direkt danebenliegenden Bahnhof, wo ein Güterzug abfahrtbereit steht und der Talgo aus Sarajevo seine mehrstündige Wendezeit verbringt, die problemlos ausreichen würde, um noch bis Ploče zu fahren, wenn man denn wollte…
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Auch der letzte Abschnitt wird überwunden, das Tal weitet sich etwas.
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In den Bergen ist die Verlängerung der Autobahn aus Kroatien in Bau.
Bisher habe ich nur ein Straßenschild gesehen, auf dem die kyrillisch geschriebenen Ortsnamen graffitiübermalt waren, vor zehn Jahren habe ich das sehr oft gesehen.
Fast eine Stunde nach Plan erreiche ich schließlich Mostar, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von kaum mehr als 30 km/h entspricht.
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Die Stadt sieht noch genauso aus, wie ich sie von vor zehn Jahren in Erinnerung habe. Irgendwo zwischen Orient und Okzident, Moscheen stehen neben Kirchen, dazwischen Kriegsruinen.
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Der Muezzin ruft zum Gebet, während ich zur Unterkunft laufe.

Da ist die Parkplatznot wohl größer als die Furcht vor dem Einsturz der Ruine…
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Mit einem Teller gemischter bosnischer Spezialitäten bestehend aus Reis, Gegrilltem, Eingelegtem und Eintöpfen stille ich meinen Hunger nach der langen Reise.
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Die Altstadt ist übersichtlich und lässt sich perfekt zu Fuß erkunden.
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Hauptsehenswürdigkeit ist die Stari most (Alte Brücke).
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Die ursprüngliche Brücke wurde 1566 eröffnet und 1993 im Bosnienkrieg von kroatischen Truppen zerstört – es ist wirklich erstaunlich, wie viel diese Brücke ausgehalten hat…
https://www.youtube.com/watch?v=wipwqtI_hcg

Nach Kriegsende wurde sie im ursprünglichen Stil wieder aufgebaut und 2005 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.
Wenig überraschend ist die Information, dass die Brücke (bosnisch: most) namensgebend für die Stadt war. In diesen Türmen befanden sich früher die Brückenwächter.
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Ein Straßenhund ruht sich zwischen den herumlaufenden Menschen aus
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Ein Punkt hat sich in Mostar in den letzten zehn Jahren definitiv verändert – die Stadt ist viel touristischer geworden. Damals waren es nur ein paar Tagestouristen aus Kroatien und am späten Nachmittag ist schnell Ruhe eingekehrt, was nun ganz anders ist. Man hört Deutsch, aber auch Englisch und natürlich Serbokroatisch (Kroatien, Bosnien, Serbien und Montenegro haben eigentlich dieselbe Sprache, nur schreiben die einen lateinisch, die anderen kyrillisch).

Blick von der Brücke
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Blick auf die Brücke
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Direkt daneben eine weitere Ruine, davon gibt es in der Stadt noch unzählige…
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Der Stolac erhebt sich über die Stadt
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Altstadtpanorama
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Das Gerüst am Ufer, im Bild „unter“ der Brücke, ist ein Sprungturm.
Eine beliebte Tradition in Mostar ist das Brückenspringen – kaum zu glauben, dass man das heil überstehen kann…
https://www.youtube.com/watch?v=LlxchacAphg

Erinnerungen an den Krieg…
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…und hübsche Seitenwege
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Briefkasten
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Die belebte Altstadt mit Restaurants und diversen Läden, die fast schon basarartig sind
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Blick durch ein verrostetes Tor an einem verfallenen Haus
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Hier gibt’s deutsches Bier unter Kiwis
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Das Milleniumskreuz überragt die Stadt, westlich des Flusses ist die Stadt stark christlich geprägt, östlich dagegen muslimisch. Wohl aus diesem Grund fiel die Stari most als Symbol der Verbindung zwischen den beiden Religionen dem Krieg zum Opfer.

Einige Fischer sitzen einsam am Ufer der Neretva
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Als die blaue Stunde anbricht, ziehe ich nochmal mit Stativ los.
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Egal ob bei Tag oder Nacht, die Brücke ist einfach ein tolles Fotomotiv und auch abends noch gut besucht.

Bäume wachsen aus einer Ruine – der Eindruck von der Stadt wechselt unfassbar stark innerhalb von wenigen Metern.
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Kleiner Weg
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Abendliches Panorama – die zahlreichen Grillrestaurants sorgen für deutlich sichtbare Rauchwolken.
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Pause am Ufer
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Zwischen den ganzen Restaurants gibt es noch eine kleinere Bogenbrücke – angeblich hat der Architekt Hayreddin seinerzeit die neuartige Bauweise zuerst hier ausprobiert.
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Basar
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Nach langem Warten endlich ein touristenfreier Blick über die Brücke
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 10 Mostar → Sarajevo

Als erstes bringe ich mein Gepäck zum Bahnhof, um es dort in die Aufbewahrung zu geben. „One moment, please“, gibt mir die Frau hinter dem Schalter zu verstehen. Inzwischen sind Englischkenntnisse hier wirklich deutlich weiter verbreitet, als ich es erwarte.
Der Moment dauert lange, Minuten verstreichen. Dann kommt ein Einheimischer, um die Gepäckaufbewahrung zu nutzen und die Frau öffnet sofort die entsprechende Tür. Ich nutze die Gelegenheit und gehe mit. Uff, ein Qualm wie aus der Räucherkammer schlägt mir entgegen. Ich bekomme eine Quittung und schaue, dass ich so schnell wie möglich wieder an die frische Luft komme.
Der brutalistische Busbahnhof mit Bahnhof, dessen Eingang sich etwas versteckt in dem erhöhten Gebäudeteil hinten befindet.
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Das traurige Kurs“buch“ der ŽFBH
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Bis zur Abfahrt meines Zuges am Nachmittag bleibt mir reichlich Zeit, die Stadt ein wenig zu erkunden. Drei Schriftsteller aus Mostar aus dem 19. Jahrhundert schmücken einen kleinen Park.
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Teilweise sind die Konstruktionen zur Sicherung baufälliger Gebäude selbst nicht besonders vertrauenserweckend…
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Was bei uns in Regionalzeitungen die Seite mit Todesanzeigen ist, klebt man in Mostar einfach an den nächsten Laternenmast.
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Die Fußwege sind, sofern sie nicht wegen baufälliger Gebäude abgesperrt sind, größtenteils in gutem Zustand, aber so zielsicher zugeparkt wie Radwege in München. Offenbar passen sich Ausländer dieser Unsitte auch recht schnell an.
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In diesem Geschäft gibt es viele bunte Blumen und sie sind alle aus Plastik.

Unweit der Stari most steht die Koski-Mehmed-Pasha-Moschee. In Bosnien darf man im Gegensatz zu Marokko auch als Nicht-Muslim Moscheen besichtigen.
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Vom Minarett hat man den perfekten Blick über die Altstadt – zum Glück bleiben die Lautsprecher stumm, solange ich direkt danebenstehe.
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Wie deutlich zu erkennen ist, nutze nicht nur ich den Samstag für einen Stadtspaziergang. Es herrscht ziemliches Gedränge in der Stadt.

Moscheen und Kirchen prägen das Stadtbild
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Wieder unten genieße ich einfach den Blick auf die Brücke von einer ruhigen, schattigen Bank.
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Ein Brautpaar macht eine aufwändige Fotosession, zwei Fotografen laufen hierhin und dorthin, und bitte so drehen und so gehen. Zum Schluss kommt sogar noch eine Drohne zum Einsatz.

Auf der Brücke ist es jetzt so voll, dass man sich kaum bewegen kann, aber der Blick bleibt einfach toll.
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Gestern Abend war das Licht schon weg, also Motivwiederholung.
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Zeit für ein Mittagessen. Von der Terrasse habe ich zwar keinen Blick auf die Brücke, dafür aber auf das Treiben in der Gasse vor dem Haus. Mir sind schon an einigen Stellen Bettlerinnen aufgefallen, teilweise mit Babys auf dem Arm. Eine schickt ihre beiden Söhne los, der jüngere etwa sieben, der ältere zehn Jahre alt. Der Siebenjährige setzt sich eine Weile an die Stelle seiner Mutter direkt vor dem Restaurant, während sie mit dem milchsaugenden Baby davoneilt. Doch er spielt mehr mit dem Pappbecher und den Münzen darin als zu betteln und bekommt folglich nichts, bis die Frau mit dem Baby nach etwa zehn Minuten zurückkehrt. Sie schickt den Jungen weg und probiert es selbst. Und siehe da, die Masche mit dem Baby funktioniert wunderbar. Immer wieder bekommt sie ein paar Münzen zugesteckt, einmal sogar einen 5€-Schein, den sie schnell in ihrer Handtasche verschwinden lässt. Einmal kehrt der kleine Junge wieder, gibt ihr ein paar Münzen. Dann verschwindet er wieder für ein paar Minuten, ehe er mit einem 20€-Schein in den Händen zurückkommt, den die Mutter eiligst in ihrer Tasche verschwinden lässt. Kein Wunder, dass hier so viele Bettler sitzen, bei einem üblichen Monatslohn von 400…500€ ist ihr Stundenlohn ziemlich gut.

Miniatur-Brücke von oben
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Springbrunnen
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Überzeitig bin ich wieder am Bahnhof, sammle meinen Koffer aus der Räucherkammer ein und stelle mich in die Schlange am Fahrkartenschalter. Man hört Deutsch und Englisch, aber auch Einheimische stehen an. Gelangweilt stempelt der Verkäufer meine Fahrkarte und ich begebe mich auf den Bahnsteig. Mangels Sitzgelegenheiten nutzen ein paar die Bahnsteigkante dafür.
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Ein paar Minuten hinter Plan rollt der Zug herbei.
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Ich warte vorne, um in den Wagen einzusteigen, der am weitesten von der Treppe entfernt ist. Leider ist es der 1. Klasse-Wagen und dahinter folgt der Barwagen und dann bin ich mitten im Gedränge. Als sich die Türen öffnen, wird rigoros um die Pole-Position gekämpft, denn es gibt keine reservierten Plätze, sodass der Schaffner kaum aussteigen kann. Ok, das ist mir zu blöd, also gehe ich zum letzten Wagen, wo ich mich zwischen einem Zweier auf der rechten (=besseren) Seite, aber totaler Wandfensterplatz und einem Zweier auf der linken Seite mit Fensterblick entscheiden muss und wähle letzteres. Der Sitzabstand in den Talgowagen ist sehr großzügig, die Sitze bequem, aber fast die Hälfte sind leider Wandfensterplätze. Das ist eine totale Fehlkonstruktion, ist die Bergkulisse doch ein Highlight der Fahrt und deswegen bei Touristen so beliebt. Vor zehn Jahren bin ich hier noch in alten Abteilwagen mit Übersatzfenstern gefahren, da war das Fotografieren definitiv einfacher.
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Als die Dämmerung hereinbricht, windet sich der Zug in engen Bögen die Berge hinauf. In einer Kurve liegen ein paar entgleiste Güterwagen neben den Gleisen herum. An den wenigen Zwischenhalten findet kaum Fahrgastwechsel statt.

Es ist bereits dunkel, als die Fahrt mit gemütlichen 40…90 km/h ohne erkennbaren Grund mit +17 in Sarajevo endet. Wie schade, dass in Bosnien so wenig Züge fahren, das Land ließe sich so wunderbar entspannt erkunden…
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Die imposante Bahnhofshalle darf ich leider nicht von innen fotografieren, wie blöd, dass ein Wachmann zufällig entdeckt, dass ich meine Kamera aus dem Rucksack ziehe. Aber auch von außen bietet sie einen hübschen Anblick.

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Tragischerweise ist der Direktzug nach Belgrad, den ich 2012 noch genutzt habe, kurz darauf eingestellt worden. Vorbei sind die Zeiten, als man aus Sarajevo noch nach Zagreb, Budapest und Belgrad direkt fahren konnte…

Eigentlich möchte ich mit der Tram in die Innenstadt fahren, doch der Ast zum Bahnhof ist in eine temporäre Abstellanlage mit improvisierter Werkstatt konvertiert worden, weil die Zufahrt zum Betriebshof über mehrere Monate wegen Gleisbauarbeiten nicht möglich ist. Am Busbahnhof erkunde ich mich gleich nach Weiterreisemöglichkeiten, doch die Person am Auskunftsschalter ist nicht sehr auskunftsfreudig und noch weniger freundlich und meint nur knapp, ich müsse die Fahrkarte am Tag der Abfahrt kaufen. Ich finde keine Infos zu Bussen nach Belgrad und ziehe meinen Koffer etwas ratlos wieder in die Nacht. Während ich rätsele, ob ich, wie fast alle Fahrgäste, ein Taxi nehmen soll, rollt gerade ein Bus mit Ziel Baščaršija herbei, was genau meine Richtung ist. Ich steige ein und bleibe der einzige Fahrgast, bis ich nach wenigen Minuten am Rand der Innenstadt die Haltewunschtaste betätige. Der Fahrer erkundigt sich nochmal, ob ich wirklich schon hier aussteigen wolle, was ich bestätige.
Doch die Suche nach meiner Unterkunft gestaltet sich etwas mühsam, denn die Hausnummer gibt es nicht an der Stelle, wo ich sie vor der Abfahrt recherchiert habe. Praktischerweise ist in der Nähe ein größeres Hotel und an der Rezeption erhalte ich den Tipp, dass ich noch einen halben Kilometer weiterlaufen muss. Memo an mich selbst – nächstes Mal die Bilder mit dem Haus von außen mit Google Street View vergleichen, dann wäre das sofort aufgefallen.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 11 Sarajevo

Ein bewölkter und windiger Tag empfängt mich.
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Mein Apartment ist in einem großen Gebäudekomplex, der mich ein wenig an das Ihme-Zentrum in Hannover entwickelt, nur nicht ganz so heruntergekommen. https://flic.kr/s/aHBqjAgkFm

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Die Tram umrundet die Altstadt in einer großen Häuserblockschleife, der südliche Teil führt parallel zum Fluss Miljacka.
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Häuserzeile am Miljacka
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Die Straßen sind alle stark befahren, sodass ungestörte Bilder quasi unmöglich sind.
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Alle Wagen sind mit Vollwerbung beklebt und man sieht ihnen die Abstellung im Freien überdeutlich an.

Vor der orthodoxen Kathedrale steht dieses Monument mit der Inschrift „Der multikulturelle Mensch baut die Welt“. Interessant auch die zusätzlichen echten Tauben, welche sich neben den fest installierten offenbar sehr wohlfühlen.
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Eine Frau füttert die Tauben und ein ganzer Schwarm stürzt sich auf das Brot – und schreckt plötzlich auf, als sich ein Hund nähert. Doch offenbar nicht schnell genug, denn eine Taube landet zwischen seinen Zähnen, was einige Passanten mit geschocktem Erstaunen bemerken.

Bei genauerem Hinsehen erkennt man noch das Herkunftsland dieses Busses.
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Der gedeckte Basar aus dem 16. Jahrhundert erfreut sich großer Beliebtheit
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Vor der Gazi-Husrev-Beg-Moschee steht der Uhrturm. Die Zeit orientiert sich am Sonnenauf- und -untergang, aufgrund der täglich leicht wechselnden Zeiten muss die Uhr jeden Tag nachgestellt werden.
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Brunnen
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In den Gassen des Handwerkerviertels herrscht Gedränge, keine Spur von den bei uns sonntags oft ausgestorbenen Innenstädten.
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Auch Sarajevo ist sehr viel touristischer geworden, als es vor 10 Jahren war, was man nicht zuletzt am Sightseeing-Bus erkennt.

Baščaršija, der zentrale Platz der Altstadt
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Dieser Bus ist wahrscheinlich aus Bern übernommen, darauf deutet zumindest die unter der Vollwerbung hervorschauende Farbe hin.
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Direkt dahinter folgt scheppernd eine Tram.
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Ich entdecke das Angebot einer Free Walking Tour um 16 Uhr, sodass mir noch reichlich Zeit bleibt, meinem Hobby nachzugehen. Zum Glück hat das kleine Kabuff mit dem Schalter des Verkehrsbetriebs GRAS geöffnet, denn nur dort erhält man die Tageskarte, die in allen Stadtverkehrsmitteln gilt und deshalb wesentlich praktischer als die separaten Einzelfahrkarten vom Kiosk ist.
Die Tatras sind definitiv die abgeranztesten, die ich je gesehen habe.
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Westlich der Innenstadt folgen ein paar moderne Gebäude, dann endlose Plattenbauten.
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Der Gleiszustand ist erwartungsgemäß schlecht.
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Ui, Radwege. Hier sind es vor allem Lieferdienste, die Fahrrad fahren.
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Weiter geht’s im Düwag.
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Der Zustand ist kaum besser als jener der Tatras.
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Nichtsdestotrotz ist die Holzoptik einfach wertig.
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Haltewunsch
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Das klingt für mich doch sehr türkisch – spontan hätte ich aber erwartet, dass der Wagen aus Deutschland kommt. Die nachträgliche Recherche ergab, dass die Fahrzeuge aus Köln erst nach Konya abgegeben wurden und von dort nach Sarajevo gelangt sind.

An der Station Čengić Vila ist Schluss, die doch recht zahlreichen Fahrgäste steigen zur Weiterfahrt in den links sichtbaren Ersatzbus um.
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Die Fahrzeuge rechts sind auf den eigentlichen Streckengleisen abgestellt, eines davon mit einem völlig demolierten Stromabnehmer.

Dieser Wagen ist vermutlich aus Brno übernommen und wirkt in deutlich besserem Zustand.
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Die weitere Strecke bis zum westlichen Endpunkt in Ilidža wird komplett rekonstruiert.
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Außerdem wurden mithilfe von EU-Fördermitteln Neufahrzeuge von Stadler bestellt, die ab Sommer 2023 ausgeliefert werden sollen.
https://www.tagblatt.ch/wirtschaft/tram ... ld.2183647

Hochhäuser, soweit das Auge reicht…
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Von hier ist es nur ein kurzer Fußweg zum Obus. Doch von der nächstgelegenen Haltestelle fährt er mir vor der Nase weg und es ist unmöglich herauszufinden, ob der nächste in 5 oder 30 min kommt. Es gibt keinerlei Infos an den Haltestellen, auch nicht zur ersten und letzten Abfahrt.
Noch ein paar Minuten weiter gibt es eine Obus-Hauptachse, die vom Süden der Innenstadt bis an den südwestlichen Stadtrand fährt. Eingesetzt werden aus Bern übernommene Hess-Wagen, zu meinem großen Ärger wie die Trambahnen ausschließlich mit Vollwerbung unterwegs.
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Dazu gibt es noch nagelneue Fahrzeuge aus belarussischer Produktion…
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…sowie historische Schmuckstücke aus Genf.
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Da steige ich doch gerne ein, um zur Innenstadt zurückzufahren.
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Von der Endstation Trg Austrije ist es nicht mehr weit in die Innenstadt.

Baumaßnahmen im Fluss
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Ich gönne mir etwas Gegrilltes auf der Baščaršija, ehe ich zur Touri-Info mit der Free Walking Tour zurückkehre. Erst vor Ort erfahre ich, dass die Nachmittagstour sonntags nicht stattfindet, grmpf. Immerhin erfahre ich, dass Busse nach Belgrad nur vom Busbahnhof Istočno Sarajevo abfahren, der am südwestlichen Stadtrand liegt.

So steige ich wieder in die nächste und ziemlich gut gefüllte Tram.
Auch die Wendemöglichkeit westlich der Innenstadt wird zur Fahrzeugabstellung genutzt.
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Eine weitere Obusfahrt finde ich attraktiver als die abgeranzten Tatras. Die vielen Linien sind ziemlicher Etikettenschwindel, denn theoretisch gibt es zwar ein nahezu vollständiges Verästelungsnetz mit Direktverbindungen von allen zu allen Endpunkten, doch manche Linien habe ich kein einziges Mal gesichtet und auf anderen verkehrt wahrscheinlich nur ein einziger Kurs, was wahrscheinlich nicht mal für Takt 30 reicht.
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Auf dem Kurzläufer 102 kommt wieder ein Ex-Berner.
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Ich steige aber unterwegs an der Haltestelle Kovačići aus, um die ganze Linie bis an die Stadtgrenze zu erkunden.
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Trotz geöffneter Klappfenster ist es im Obus wie in der Sauna, weil die Heizung so stark läuft. Während man in der Schweiz intensiv über Energieeinsparungen durch reduzierte Innenraumtemperatur der Fahrzeuge diskutiert (und es dann nach meiner Reise auch größtenteils umsetzt), scheint man sich in Sarajevo darüber keine Gedanken zu machen.

Die Busbuchten sind oft zugeparkt, sodass der Busfahrer mitten auf der Straße halten muss. Ein besonders ungeduldiger Autofahrer hat dafür offenbar überhaupt kein Verständnis, und hupt wie verrückt.

Die Berner Details sind noch deutlich zu sehen.
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Der leuchtende Werbebildschirm ist in Sarajevo nachgerüstet und das Stromkabel einfach zu den Verteilerkästen über den Fenstern improvisiert worden.
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Nett die Kombination aus schweizerischer und bosnischer Werbung, sowie der Hinweis auf das bei 0,70€ Fahrpreis happige EBE. Die 20 min CH-Zeitungen werden wohl leider auch nicht mehr ausgefüllt.

Der Innenraum ist einfach typisch Bern und quasi vollständig im Originalzustand.
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Der Infomonitor ist noch funktionsfähig, zeigt aber nicht den richtigen Linienverlauf an.
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Es wirkt fast so, als wäre der Obus beim Einrücken vom Berner Bahnhof ins Depot einmal falsch abgebogen und dann in Sarajevo gelandet…

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Die großzügige Wendeanlage Dobrinja
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Wo ich schon mal hier bin, suche ich auch gleich den nur wenige Minuten Fußweg entfernten Busbahnhof auf, von dem man nach Belgrad fahren kann. Dass der Obus knapp vorher endet, ohne diesen richtig zu erschließen, liegt höchstwahrscheinlich an der Verwaltungsgrenze dazwischen. Der Busbahnhof liegt bereits in der Republika Srpska, daher die kyrillische Anschrift.
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Überhaupt scheint hier alles strenger geregelt zu werden, man beachte auch den hohen Zaun um die Busanfahrt.
Als ich mich ein wenig umschaue, spricht mich sofort ein unfreundlicher Stationsaufseher an und brummelt die ganze Zeit etwas Unverständliches vor sich hin, während ich nach einer Information zu den Abfahrten nach Belgrad suche. Ich suche schließlich den Schalter auf und brauche drei Anläufe, um zu erklären, dass ich nicht sofort heute Abend mit dem Nachtbus fahren möchte. Die Frau zieht schließlich einen Kalender hervor, der Wachmann mustert mich die ganze Zeit argwöhnisch. Ich sage „27“ auf Tschechisch und das wirkt Wunder. Die Frau zeigt im Kalender auf übermorgen, den 27. September und ich nicke eifrig. Sie nimmt einen Zettel, schreibt 8:00, 11:00, 12:30, 15:00 und 22:00 drauf. Na also, geht doch. Bis auf die Abfahrt um 11:00 Uhr habe ich auch alle Abfahrten online gefunden. Tatsächlich bezweifle ich, dass die Fahrt nur die genannten sieben Stunden dauert und bin froh, diese neue Option zu haben, die ein guter Kompromiss zwischen Stress am frühen Morgen und Ankunft am späten Abend darstellt.

Zurück an der Obushaltestelle, kommen gerade zwei Fahrzeuge direkt hintereinander an. Das beobachte ich häufig.
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Ich steige in das vordere der beiden wartenden Fahrzeuge.
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Hier ist die Berner Werbung verschwunden und der neue Bildschirm durch ein Kabelrohr angeschlossen.

Die beiden Fahrer unterhalten sich und einer der beiden zeigt sich etwas irritiert von meinen Fotos. Ich versuche, auf Tschechisch zu erklären, dass ich in der Schweiz lebe und gerne die von dort stammenden Obusse dokumentieren möchte. Ich ernte etwas verwunderte Blicke, doch zumindest der Fahrer dieses Obusses scheint ziemlich schnell zu kapieren, was ich meine und zeigt sich hocherfreut, dass ich mich dafür interessiere.
Er schenkt mir eine (ungültige) Spielfahrkarte für Kinder und wir kommen ins Gespräch, aber die Sprachbarriere ist schwierig zu überwinden. „Only little English, my German is much better“, meint er dann. Na gut, wir können auch Deutsch sprechen… Sein Vater hat in den 70ern und 80ern bei Mannesmann im Ruhrgebiet gearbeitet und er habe als Kind die deutsche Sprache mitgenommen und bis heute nicht vergessen. Der Fahrer sucht zwar immer wieder nach Worten und meint, seine Grammatik wäre sicher ganz schlecht, obwohl das gar nicht stimmt. Er würde so gerne nach Deutschland zum Arbeiten gehen, z.B. als Busfahrer. Aber er habe seine Chance verpasst, meint, dass es jetzt mit 52 zu spät wäre. Als LKW-Fahrer ist er auch schon quer durch Europa gefahren und hat dabei viel gesehen. Aber jetzt wäre er halt wieder hier und müsse sich damit abfinden. Mit den Schweizer Fahrzeugen ist er sehr zufrieden, sie wären viel besser als die Modernen aus Belarus. Aber an allem würde gespart, die Straßen wären schlecht, es gäbe regelmäßig mit der elektrischen Versorgung, die Reifen wären immer total abgefahren und im Schnee würden dann die Busse steckenbleiben, wobei sich da die Genfer Wagen mit zwei angetriebenen Achsen noch am besten schlagen würden. Er deutet auf einen Falschparker in der Busbucht. „In Deutschland geht sowas nicht, aber hier kann man das machen…“ In Deutschland leider auch… Es gäbe einfach zu viele Autos in der Stadt, das finde ich angesichts des recht mageren ÖPNV aber nicht verwunderlich. Überall Korruption, ach, er würde so gerne in Deutschland leben, welch schönes Land… Sein Sohn, Mitte 20, hätte hier kaum die Möglichkeit, mehr als 400…500 € monatlich zu verdienen. Wer mehr verdiene, sei nicht ehrlich. Das Haus, in dem er wohnt, hat sein Vater mit dem in Deutschland verdienten Geld errichtet.
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Während der Fahrt gibt er mir auch gleich eine kleine Stadtführung – hier das Stadion, dort das Krankenhaus und da vorne sei er zur Schule gegangen.
Ich fahre bis zur anderen Endstation Jezero mit, womit ich das Netz quasi komplett habe.
Es gibt außerdem sehr konkrete Pläne, die im Krieg zerstörte, etwa 10 km lange Überlandlinie nach Vogošća wieder aufzubauen.


Schweizer Qualitätsprodukt
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Weichen werden durch das Passieren der entsprechenden Kontakte mit Leistungsbezug geschaltet, soll die Weiche nicht gestellt werden, lässt er den Obus einfach rollen. Da nirgendwo Abfahrtszeiten ausgehängt sind, frage ich mich, woher er eigentlich weiß, wann er von der Endstation wieder starten muss. „Ach, in ein paar Minuten.“ Er zieht einen Zettel heraus, auf dem die Abfahrtszeiten an den Endpunkten stehen. 18:22 Uhr, das ist erst in zwölf Minuten. „Ich muss jetzt eine rauchen, aber in so fünf Minuten fahren wir wieder.“ Kein Wunder, dass die Fahrzeuge einfach alle irgendwie kommen, wenn nicht mal von der Endstation planmäßig gestartet wird… Und wie sich bald herausstellt, gibt es für die verfrühte Abfahrt auch einen guten Grund – nämlich den Feierabend an der anderen Endstation. Er raucht während der Fahrt weiter. „Tja, das könnte ich in Deutschland wohl nicht machen.“ Dann warnt er mich noch vor Dieben im ÖPNV, ich solle bloß gut auf mein Geld, mein Handy und meine Kamera aufpassen.

Westlich der Innenstadt steige ich schließlich aus, nehme die Tram für zwei Haltestellen und laufe dann zum Bahnhof.
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Hier die zur provisorischen Werkstatt umfunktionierte Tramhaltestelle.
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Ganz in der Nähe steht der Avaz Twist Tower. Der Name ist bei dem 2009 fertiggestellten Gebäude durchaus wörtlich zu verstehen.
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Im Bürogebäude hat unter Anderem der Zeitungsverlag Avaz seinen Sitz.
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Der Turm ist öffentlich zugänglich, mit dem Aufzug kann man in den 35. Stock fahren und für 1 € auf die Aussichtsterrasse gehen, von der man einen wunderbaren Blick über die Stadt genießt.
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Bahnhof von oben
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Die übersichtliche Abstellanlage
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Das moderne Viertel zwischen Altstadt (links des Bildes) und Plattenbauten (rechts des Bildes) mit dem Trebević im Hintergrund.
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Die Aussichtsterrasse ist offen und erlaubt zum Glück unverspiegelte Fotos – dafür kühlt mich der Wind schnell aus.
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Ein junger Mann spricht mich an. Ob das wohl gute Fotos würden? Da es keine Scheiben im Weg gibt, bin ich zuversichtlich. Wie ich denn Sarajevo finden würde und ob ich der Meinung wäre, dass die Stadt etwas Besonderes hat? Durchaus, die Mischung aus Orient und Okzident ist für mich das Besondere an Bosnien wie auch an Sarajevo und das friedliche Zusammenleben der unterschiedlichen Religionen. Ob ich schon mal in Sarajevo gewesen wäre und ob sich seitdem etwas verändert habe? Praktischerweise habe ich die Antwort darauf schon die letzten beiden Tage im Reisebericht vermerkt. Ob ich viel reisen würde? Ich antworte einfach mal mit ja. Ob ich einen Lieblingsort hätte? Ja, Prag.
Während des Gesprächs fährt der Zug aus Mostar mit etwas mehr Verspätung als gestern ein.

Ich laufe zurück zur Tram.
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Einige der Zugfahrgäste steigen ebenfalls ein. Zwei rätseln, ob man wohl die Fahrkarten entwerten muss – da kann ich natürlich aushelfen.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 12 Sarajevo

Los geht’s mit einer kurzen Tramfahrt zur Baščaršija. Unter der Woche wird im dichten Takt gefahren.
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Es ist nicht schwer zu erraten, warum er den Beinamen Taubenplatz trägt. Interessant ist das Social distancing zur Katze.
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Ich nehme an einer Free Walking Tour teil. „Come a little closer, please", sagt der Führer zu Beginn, „no more social distancing anymore. We have found a cure that consists of two parts and works in 99,9%. The first part is raki and the second part is ignoring it."

Der Führer holt zunächst ein wenig in der Geschichte aus – die starken orientalischen Einflüsse Bosniens kommen durch die fast 500 Jahre dauernde Herrschaft des osmanischen Reichs, während der die Koexistenz von Muslimen (Bosniaken, heute ca. die Hälfte der Bevölkerung), Orthodoxen (Serben, ca. ein Drittel der Bevölkerung) und Katholiken (Kroaten, ca. ein Sechstel der Bevölkerung) gepflegt wurde. Ab 1878 bis zum Ende des 1. Weltkriegs war Bosnien dann Teil von Österreich-Ungarn und auch diese Zeit hat ihre Spuren im Stadtbild deutlich hinterlassen. Aus dieser Ära stammt unter anderem die Nationalbibliothek, welche jedoch im Krieg der 90er Jahre abgebrannt ist, wobei über eine Million Bücher zerstört wurden.
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Während dieser Jahrzehnte gab es immer wieder Unabhängigkeitsbestrebungen, doch die ethnische Vielfalt Bosniens erschwerte den gemeinsamen Kampf. Vor dem 1. Weltkrieg wollte sich Österreich-Ungarn auch Serbien einverleiben und das wäre militärisch wohl keine große Herausforderung geworden. Allerdings wurde ein Eintritt Russlands an der Seite Serbiens erwartet und das wollte Wien verhindern – also hat man einen Vorwand gesucht.
Und den fand man schließlich – an der Lateinerbrücke.
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1914 erschoss ein serbischer Nationalist hier den österreichischen Thronfolger und dessen Frau.
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Dieses Ereignis gilt als Beginn des 1. Weltkriegs.
Zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg war Bosnien Teil des Königreichs Jugoslawien, nach dem 2. Weltkrieg dann des sozialistischen Vielvölkerstaats. 1992 gab es nach der Unabhängigkeitserklärung von Slowenien und Kroatien ein Referendum über die Unabhängigkeit Bosniens, welches vom serbischen Teil der Bevölkerung boykottiert wurde, aber letztlich erfolgreich war und schließlich zum Krieg führte. In dessen Verlauf kam es zu einer über drei Jahre dauernden Belagerung von Sarajevo, die erst nach langem Zögern durch die NATO beendet wurde. Im Krieg gab es zahlreiche Verbrechen (die Hauptausfallstraße durch das westliche Sarajevo mit der Tramstrecke in der Mitte war als Sniper alley bekannt), Vertreibungen und Genozide, am bekanntesten ist jener von Srebrenica, wo über 6000 Bosniaken ermordet wurden.
Das Land hat eine schwierige Geschichte hinter sich und ganz überwunden sind die Gräben definitiv noch nicht. Das politische Gefüge ist äußerst kompliziert und sehr föderalistisch, zum Zeitpunkt meines Besuchs standen gerade Wahlen bevor. Der Führer meint, gewählt würden Parteien in Bosnien nicht wegen ihrer Wahlversprechen oder charismatischer Persönlichkeiten, sondern allein aufgrund der Tatsache, wer sie sind (oder vorgeben zu sein). Nach wie ungelöst sind die Frage um die Abspaltung der Republika Srpska oder das Einrichten einer weiteren autonomen kroatischen Teilrepublik.
Wir kehren in die belebte Innenstadt zurück. Der Führer fragt in die Runde, wie lange wir brauchen würden, um einen dieser kleinen türkischen Kaffee zu trinken. Zehn Sekunden und zwei Minuten werden in den Raum geworfen – der Führer meint dazu nur: „We´re not the most productive people in the world, we sit together, drink 5 cups of coffee every day and usually one cup takes us 20 to 30 minutes and several cigarettes, depending on how big the problem is that needs to be solved.“

Nach einer Mittagspause würde eigentlich eine Führung zum Bosnienkrieg starten, man hat das große touristische Potenzial der Geschichte erkannt, was man nicht zuletzt an den Souvenir-Panzern sieht, die aus Patronenhülsen bestehen. Doch es müssen mindestens zwei Personen an der Führung teilnehmen, damit sie stattfindet und außer mir findet sich niemand ein. Sehr schade, denn westlich des Flughafens gibt es das kleine Kriegstunnelmuseum, an das ich mich noch bei meinem ersten Besuch vor zehn Jahren erinnern kann. Sarajevo war komplett von serbischen Truppen eingekesselt, nur der Flughafen war von der UN und die Region westlich davon durch bosniakische Truppen gesichert. Über einen einzigen, nur gebückt begehbaren Tunnel unter dem Flughafen wurde die Stadt mit allem Lebensnotwendigen versorgt.
https://en.wikipedia.org/wiki/Sarajevo_ ... tunnel.jpg

Also spaziere ich stattdessen noch ein wenig durch die Stadt.
Es fällt schwer zu glauben, aber auf der Baščaršija wird tatsächlich Taubenfutter verkauft. Ich werde es einfach nie begreifen, wieso man sich eine derartige Plage freiwillig heranzüchtet…
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Markale-Markt am Rand der Innenstadt
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Blick in die Moschee
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Das ganze Handwerkerviertel erinnert an orientalische Basare, nur ohne die nervigen, aufdringlichen Händler. Spannend ist auch der Übergang von westlicher Einkaufsstraße zu orientalischem Basar.

Und was ist da drin?
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Ich gehe dem Schild nach und lande in einem großen Innenhof, der mit kleinen Tischen vollgestellt ist. Gruppen von Menschen sitzen rauchend und sich angeregt unterhaltend mit einem Kaffee herum, genau wie es der Führer zuvor erzählt hat.

Durch Kaffee und Baklava gestärkt, beschließe ich, noch eine Seilbahnfahrt auf den Trebević zu unternehmen.
Ein Hund beobachtet seine Umgebung.
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Blick aus der Kabine über die Stadt
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Es wird trüber und Regen setzt ein.
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Er lässt aber glücklicherweise nach wenigen Minuten wieder nach. Sarajevo war 1984 Austragungsort der olympischen Winterspiele, worauf man offensichtlich noch immer sehr stolz ist. Die Rodelbahn ist erhalten geblieben und kann als Lost place begangen werden.
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Ich gehe bis zu den Ruinen eines Observatoriums, ebenfalls im Krieg zerstört.
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Der nächste Schauer zieht durch und ich stelle mich eine Weile unter. Dann klart es wieder auf.
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Chancen auf Sonnenuntergang sehe ich aber keine und so fahre ich wieder ins Tal, dennoch zufrieden, dass der Regen deutlich schwächer ausgefallen ist als angekündigt. Das Paar, mit dem ich in der Kabine sitze, macht während der Fahrt fast ununterbrochen durch die regennasse Scheibe Panoramaaufnahmen mit dem Handy.

Abendstimmung an der Miljacka
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Zur blauen Stunde breche ich nochmal auf.
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Mit einem üppigen Abendessen schließe ich den Tag ab.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 13 Sarajevo → Belgrad

Um zum richtigen Busbahnhof zu kommen, muss ich einmal mit dem Obus quer durch die Stadt fahren. Aufgrund bisheriger Beobachtungen schätze ich, dass etwa alle 10 min ein Obus fährt, allerdings gibt es keine Information zu den genauen Abfahrtszeiten. Ich schätze die Reisezeit und die ungünstigste Wartezeit ab und gehe knapp eine Stunde vor der Busabfahrt zur Haltestelle. Ich sehe den Obus aus dem Augenwinkel davonfahren, erwarte also eine Wartezeit von zehn Minuten und ahne schon, dass es knapp werden wird.
Dieses Fahrzeug wurde von Istanbul gespendet
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Die Wartezeit verhält sich wie erwartet, ein Ex-Berner Obus kommt. Fahrkarte gibt es beim Fahrer, erfreulicherweise vom Block.
Der Obus ist gut gefüllt, aber nicht überfüllt. Wie erwartet dauert die Fahrt bis zum anderen Ende gute 35 min. Zum Schluss setzt plötzlich Regen ein, damit habe ich gar nicht gerechnet. Doch der Schauer ist schon wieder vorbei, als wir endlich die Endstation erreichen. Mir bleiben 7 min bis zur Busabfahrt und vor mir liegt noch ein gutes Stück Fußweg. Um exakt 10:59 Uhr bin ich am Busbahnhof, ein Kleinbus mit Ziel Belgrad steht bereit, der Fahrer verlädt gerade das Gepäck. Ich kaufe schnell eine Fahrkarte am Schalter. Zusätzlich zu den 23 € muss ich noch 50 Cent für die Bahnsteigkarte bezahlen. Als der Fahrer dann nochmal 1,50 € für den Koffer haben will, gehen mir die bosnischen Mark aus. Glücklicherweise akzeptiert er die stattdessen angebotenen Euros. Die Sitzplätze sind fast alle belegt, als es losgeht. Bald regnet es in Strömen. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, dass ich genau rechtzeitig vor der Abfahrt angekommen bin und das auch noch trockenen Fußes… Ironischerweise führt die Fahrt erstmal wieder zurück Richtung Zentrum, denn Belgrad liegt Richtung Nordosten. Ich habe einen guten Reisetag erwischt, denn gestern hat es trotz gegenteiliger Ankündigung nur wenig geregnet, dafür schüttet es heute umso stärker, obwohl davon gestern noch nichts zu hören war. Unterwegs wird der Bus noch einige Male herangewunken und bald stehen auch Fahrgäste im Gang. An Nachfrage mangelt es jedenfalls nicht. Nach gut 45 min erreichen wir Pale, wo Fahrerwechsel stattfindet. Von dort müssen wir wieder ein paar Kilometer zur nächsten Abzweigung zurückfahren. Der Busfahrer lenkt den Bus mit dem Handy am Ohr durch den strömenden Regen über die kurvige Landstraße.
Sie führt in die Berge, die sich kaum noch von deutschen Mittelgebirgen unterscheiden. Kühe und Schafe grasen auf Weiden. Auf einmal legt der Bus eine Vollbremsung hin und fährt rückwärts über die Landstraße zurück. Offenbar hat der Fahrer zusteigewillige Fahrgäste irgendwo fernab der Zivilisation übersehen. Bald laufen Autos von hinten auf und er kann nicht weiter zurückfahren. Er winkt den Fahrgästen zu, sie sollen bitte zum Bus vorlaufen und ihr Gepäck einfach mit in den Fahrgastraum nehmen. Hoch in den Bergen klart es auf und wir legen eine Pause an einer Raststätte ein. Wohlbekanntes Gebimmel von Kuhglocken ertönt. Es tut gut, ein wenig die Beine zu vertreten.
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Es geht wieder bergab, vor uns ein Auto, das große Mühe damit hat, die Spur zu halten, oft halb auf der Gegenfahrbahn fährt und vor jeder Kurve übertrieben stark abbremst. Es dauert eine ganze Weile, bis sich eine Gelegenheit zum Überholen ergibt. Eine ältere Frau winkt den Bus heran, doch es sind keine Sitzplätze mehr frei. Der Fahrer bittet sie, auf den nächsten großen Bus in anderthalb Stunden zu warten, weil sie sonst lange stehen müsse. Sie ist nicht besonders glücklich. «Naja, trinken Sie halt noch einen Kaffee», empfiehlt der Busfahrer, zumindest vermute ich das.
Allmählich kommt die Sonne durch und es wird bald unerträglich heiß im Bus, obwohl es draußen kaum mehr als 20° hat. Weder die Klimaanlage noch die geöffnete Notklappe können den überfüllten Bus auf eine erträgliche Temperatur abkühlen – wie froh bin ich mal wieder, dass ich nicht im Sommer gefahren bin…
Im belebten Busbahnhof von Zvornik gibt es wieder ein paar Minuten Pause.
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In der Republika Srpska sind die Busbahnhöfe alle vollständig umzäunt, die Zufahrten durch Wachposten gesichert, sodass man nur von der Wartehalle zu den Bussteigen kommt. Im bosniakischen Teil ist einfach alles offen. Zwei Männer wollen zusteigen, doch der Busfahrer weist darauf hin, dass nur noch ein Platz frei ist und er sonst mehrere Stunden bis Belgrad stehen müsse. Der Mann, der nicht mehr mitdarf, ist darüber gar nicht erfreut und sagt, er verstehe nicht, wieso ihm gerade eine Fahrkarte für diesen Bus verkauft worden wäre, wenn gar kein Platz mehr wäre. Offenbar wurde außerplanmäßig der Kleinbus eingesetzt. Es muss auch irgendeine Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Busunternehmen stattfinden, denn das regionale Busunternehmen scheint auch gleichzeitig der Betreiber des jeweiligen Busbahnhofs zu sein.
Doch voll ist voll und so muss der Mann auf den nächsten Bus warten. Zvornik wird durch die Grenze geteilt, wir müssen zuerst aussteigen, um der bosnischen Kontrolle die Pässe auszuhändigen. Dann fährt der Bus über die Brücke und hält am serbischen Grenzposten. Es dauert über 15 min, bis ein Grenzpolizist die Pässe einsammelt und nochmal so lange, bis er sie wieder zurückbringt. Ohne Fahrtwind kocht es im Bus. Lange Busfahrten sind einfach so viel unbequemer als eine vergleichbare Zugfahrt… Wie schade, dass es keinen Zug mehr gibt, denn an Bedarf mangelt es ja offenbar nicht. Noch vor etwa 10 Jahren war Belgrad wohl eine der europäischen Städte, die aus den meisten anderen Ländern mit Direktzügen erreicht werden konnte. Bukarest, Sofia, Istanbul, Skopje, Thessaloniki, Bar, Zagreb, Zürich, Prag, Budapest… Davon geblieben ist 2022 nur noch der Nachtzug nach Bar.
Endlich ist die Kontrolle abgeschlossen und wir fahren weiter. Es geht an einem Güterbahnhof vorbei, in dem eine Diesellok vor einem Güterzug dunkle Abgaswolken in die Luft pustet. Der nächste BÜ ist geschlossen und wenig später kommt der Zug pfeifend angerumpelt. Nachdem der BÜ wieder offen ist, überholen wir den Zug schon bald wieder, denn er fährt wahrscheinlich keine 40 km/h. Theoretisch gibt es auf serbischer Seite sogar einen täglichen Personenzug nach Belgrad, der jedoch zum Zeitpunkt meines Besuchs offenbar zumindest auf einer Teilstrecke im SEV gefahren wird.
Bald wird die Landschaft flach und der Busfahrer fährt schneller, überholt immer wieder Autos. Hier müssen wir unterwegs nicht mehr anhalten, obwohl die Straße fast ununterbrochen durch bebautes Gebiet führt. Einige vorwiegend ältere Männer fahren mit dem Fahrrad, was angesichts der mit viel zu geringem Abstand vorbeidonnernden LKW lebensgefährlich ist. Einen Fußweg gibt es trotz durchgehender Bebauung nur teilweise.
Den nächsten Zwischenstop legen wir an einem Gasthof ein.
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Dann halten wir erst wieder in der Stadt Šabac, wo ein paar Fahrgäste aussteigen. Die letzten Kilometer führen über die Autobahn, auf der es der Busfahrer dann aber nicht mehr so eilig hat und langsamer fährt als auf der Landstrasse. Zum Schluss gibt es noch einen Abstecher zum Flughafen, wo noch ein Fahrgast aussteigt. Es herrscht ein hoffnungsloses Chaos von Autos, die kreuz und quer parken und auf Angehörige warten. Nach achteinhalb Stunden steige ich endlich in Belgrad aus, die Fahrt hat gut eine Stunde länger gedauert als erwartet und ungefähr gleich lang wie die Bahnfahrt vor 10 Jahren.
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Blick zum alten Bahnhof, der bis 2018 in Betrieb war
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Nach einer Stärkung mache ich noch einen Abendspaziergang. Trotz der späten Stunde ist in der Stadt noch einiges los.
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Kalemegdan-Park
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Blick über die Sava
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Auf der Festung gibt es zwei Fotoausstellungen. Eine zeigt von Kindern gemalte Bilder zum Krieg, teilweise aus Polen vom 2. Weltkrieg, teilweise ganz neue aus der Ukraine. Die zweite zeigt Naturfotografien aus Russland.
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Dieses Graffiti war tags darauf verschwunden.
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Die hübsch sanierte Festung ist frei zugänglich
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Blick zurück, die zahlreichen Hochhäuser gehören zum Stadtentwicklungsprojekt Belgrade waterfront
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Ich laufe weiter in die Fußgängerzone, wo es einen 24h-Supermarkt gibt.
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Am Regal für Backwaren erkundigt sich eine Frau auf Englisch, ob ich wüsste, welche der Füllungen vegetarisch wären. Leider weiß ich es nicht, doch mithilfe meiner Tschechischkenntnisse kann ich zumindest eine gut begründete Vermutung abgeben. An der Kasse hat sich bereits eine lange Schlange gebildet und es scheint nichts voranzugehen. Einige Leute legen ihre Sachen wieder zurück und verlassen das Geschäft. Die beiden Kassiererinnen stehen herum und machen nichts. Zehn Minuten vergehen. Eine geht zum Rauchen vor die Tür. Die andere steht einfach da, während immer mehr Kunden genervt ihre Einkäufe zurücklegen oder einfach irgendwo stehen lassen, um unverrichteter Dinge abzuziehen. Ich warte fast 30 Minuten, bis die beiden Kassiererinnen wieder ihre Arbeit aufnehmen. Auch wenn es selbstverständlich ist, dass bei 24h Öffnungszeit das Personal auch mal Pause machen muss, frage ich mich schon, wer auf die Idee kommt, dass es beide Angestellten zur selben Zeit machen müssen… Ein bisschen sozialistische Mentalität ist wohl doch erhalten geblieben.
In der Fußgängerzone unterhält ein Straßenmusiker die Passanten um Mitternacht, warum auch nicht? Auf dem Rückweg muss ich durch eine Fußgängerunterführung, die wie so vieles in dieser Stadt graffitiübermalt ist.
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Obdachlose richten sich für die Nacht ein.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 14 Belgrad

Tief unten in der Straßenschlucht rollt ein Basler Düwag vorbei
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Blick von der Brankov most auf die neue Sava-Promenade.
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Bis zur Aufgabe des alten Bahnhofs gab es am Ufer entlang ein Gleis Richtung Pančevo, welches bis zur Einstellung von den Zügen nach Rumänien genutzt wurde.

Auf der Tramstrecke fahren die Linie 2 (mit Solo-Tatras) und die Linie 11, an einem Tag nur mit BVB-Düwags, an einem anderen Tag dagegen ebenfalls mit Tatras bedient
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Die Brankov Most ist eine Schnellstraße, immerhin mit eigener Busspur. Denn in der HVZ staut es sich hier oft.
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Längst nicht alles ist auf Kyrillisch geschrieben, insbesondere Werbung nicht.
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In der von chronischer Parkplatznot geplagten Stadt sind Smartfahrer klar im Vorteil.
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In der Innenstadt gibt es immerhin eine recht große Fußgängerzone
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Studentski trg…
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…mit der stark genutzten zugehörigen Obuswendeschleife.
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Daily Quest für heute – Fahrkarte für den ÖPNV kaufen. Ich erinnere mich dunkel, dass das bei meinem ersten Besuch vor zehn Jahren eine ziemlich große Herausforderung war. Der Webseite konnte ich entnehmen, dass es auch Tages- und Mehrtageskarten gibt. Möglicherweise kann man auch Fahrkarten beim Fahrer kaufen, wobei da immer die Frage ist, welche oder ob man per Kreditkarte einchecken muss, was ich überhaupt nicht leiden kann, da ich nie weiß, was ich dann eigentlich gekauft habe.

Ich versuche es zuerst an der Touri-Info in der Fußgängerzone. Der Pfeil deutet in eine Hauspassage. Dort spricht mich ein älterer Mann an. „Du ju nou wer se turist informäischon is?“ Dieser Akzent kommt mir doch sehr bekannt vor… Im EG entdecke ich jedenfalls keine und der Pfeil scheint auf einen Aufzug zu zeigen. Ich antworte einfach auf Englisch, obwohl ich mir zu 99,9% sicher bin, die Herkunft der Person ziemlich genau eingrenzen zu können. Der Aufzug hat nur zwei Tasten, eine Null und eine Eins, ich drücke die Eins und der Mann schließt sich mir an.
„Du ju spiek Inglisch?“, fragt er einen jungen Mann hinter dem Tresen, nachdem sich die Türen des Aufzugs geöffnet haben und wir tatsächlich die gut versteckte Touri-Info gefunden haben. „A little.“ Ohje, das kann ja heiter werden… „Du ju nou hau matsch is a taxi tu se erport?“ « Hmm, not sure… But you can take a bus. It leaves just 5 mins from here. » « Änd du ei nied a corona test? Ei flei tu… äh… München.“ „Hmm, don´t think so…“ Ich versuche es währenddessen bei der Kollegin, die mit einem weiteren jungen Mann in ein Handy starrt. Sie deutet nur auf den Kollegen, der nun frei ist. Ich erkundige mich nach einem Netzplan. „I think that doesn´t exist.“ Gut, das habe ich erwartet. Fahrkarten bekomme ich auch keine, ich solle es beim Kiosk probieren. Hurra, der erste Hinweis für den Quest, an den ich wirklich keine guten Erinnerungen habe.
Kiosk 1. Do you sell bus tickets? „No.“
Kiosk 2, direkt an der Haltestelle Studentski trg mit dem Hinweis „We sell public transport tickets here“. Do you sell bus tickets? „No.“ Steht das nicht da? „Not working.“ Ich solle beim Fahrer kaufen. An der Haltestelle gibt es irgendein kleines Kabuff, an dem ganz viele auf Kyrillisch bedruckte Zettel hängen.
Do you sell bus tickets? „No, buy at kiosk.“ Der Mann deutet in die Richtung, wo ich es gerade erfolglos probiert habe.
Ich setze mich erstmal auf eine Bank in den kleinen Park, um mir das weitere Vorgehen zu überlegen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich beim Fahrer keine 3-Tageskarte bekomme und bis ich das erst erklärt hätte… Und wenn ich eine Einzelfahrt kaufe, dann stehe ich in einer halben Stunde wieder vor demselben Problem.
Ein paar Studenten schlendern durch den Park, eine Frau wirft einen Ball für ihren Hund, der daraufhin wild durch den Park stürmt.
Etwa 500 Meter weiter gibt es am Trg Republike auch eine größere Haltestelle. Ich beschließe, bis dorthin zu laufen und es nochmal zu versuchen.
Es herrscht blankes Verkehrschaos, alle hupen den Stau an, der wegen einer Straßensperre durch die Polizei besonders zäh ist.
2023 und 2011 vor dem Nationalmuseum – keine Ahnung, ob das hier Shared Space sein soll oder es einfach keine Fußgängerampel gibt, ich laufe jedenfalls quer rüber wie alle anderen Fußgänger auch.
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Nationalmuseum von vorne
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Kiosk 3, direkt an der Haltestelle. Do you sell bus tickets? „No.“
Kiosk 4, etwa 100 Meter von der Haltestelle entfernt. Do… „You want 1 day?“ Zuerst glaube ich, mich verhört zu haben. 3 days, please. „Seven hundred sixty please.“ Die ältere Frau lädt die Karte auf und händigt sie mir aus. So einfach kann der Quest „Tageskartenkauf in Belgrad“ sein – hat bloß eine knappe Stunde gedauert. Zur Belohnung könnte ich ja eine Runde Obus fahren. Ah nein, lieber doch nicht. In den letzten fünf Minuten ist er ungefähr 50 m vorangekommen.

Stattdessen spaziere ich lieber die Kneipenstraße Skadarska runter.
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Zur Mittagszeit ist hier noch nicht viel los.
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Von diesen Kiosken muss es in der Stadt Tausende geben – da Leitungswasser in Serbien kein Trinkwasser ist, haben sie aber durchaus auch für den Reisenden einen wichtigen Nutzen.
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Und wenn man sehr viel Glück hat, erhält man auch die Tageskarten.

2371 an der Pijaca Skadarlija
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Hier gibt es einen großen Markt.
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Ich kaufe ein bisschen Obst und Gemüse und gehe in das Milchhaus, um mich nach Käse umzuschauen. Ich entziffere Kozi syr – Ziegenkäse, das ist nicht meins. Ich schaue mich um, eine Verkäuferin bietet mir ein Stück zum Probieren an. Ich entziffere die kyrillische Beschreibung, kann mir daraus aber nichts ableiten. Ok, auch Ziegenkäse. Mist, wie sagt man nochmal Kuh auf Tschechisch? Genau aus diesem Grund habe ich es doch damals gelernt… Es will mir auf die Schnelle nicht einfallen, also sage ich „muhmuh syr“ und die Verkäuferin versteht. „Krava.“ Genau, das wars… Aber der weiße Balkankäse ist generell nicht so mein Fall, also gehe ich unverrichteter Dinge wieder zur Tram und steige später in einen Basler Düwag um. Krrrk. Zisch. Krrrk. Krrrrk. Zisch. Hebel nach vorn, Hebel nach hinten. Klack. Klackklack. Die unterste Stufe als Türöffner. Eine herrliche Geräuschkulisse.

Vorhin bin ich an einem kleinen indischen Bistro vorbeigelaufen, das klingt nach Abwechslung zum Balkangrill. Das Bistro ist wirklich winzig, der gesamte Raum samt Tresen und Küche hat nicht mehr als 20 m2. Hinterm Tresen begrüßt mich ein junger Inder. „Hey!“ Dahinter kocht eine Frau, die seine Mutter sein könnte und formt irgendwelche Bällchen. Eine steile Wendeltreppe führt in den Keller und von Zeit zu Zeit gibt jemand einen Topf nach oben. Es gibt nur Plastikgeschirr und -besteck, ein klares Minus. Aber das Essen ist authentisch und mit 3€ auch sehr günstig, wie Belgrad im Allgemeinen. Die Portion ist zwar nicht riesig (vor allem nicht verglichen mit den in Serbien üblichen Megaportionen), reicht für mich aber zum Sattwerden. Die Gäste sind Inder und Touristen, meinem Eindruck nach sowohl Laufkundschaft als auch solche, die den Ort kennen und schätzen. Auf Google Maps ist der Laden gar nicht eingetragen, wie mir später auffällt.
Wir kommen ins Gespräch, der junge Mann stammt aus der Nähe von Delhi, sein Bruder ist bereits seit etwa einem Jahr in Belgrad und er ist vor wenigen Monaten nachgekommen. Sie hätten vier Restaurants in Indien gehabt, aber er habe seit Corona nicht mehr dort arbeiten wollen und so versuchen sie halt hier ihr Glück.

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Vojvoda-Vuk-Moument, ein Held aus dem 1. Weltkrieg, der für Serbiens Unabhängigkeit gekämpft hat.

Ich nehme den Obus, um zum Tašmajdan-Park zu fahren. Wobei fahren nicht wirklich zutreffend ist – für etwa 1 km brauche ich 15 min, nachdem ich schon einen Obus wegen Überfüllung fahren lassen musste.
2181 vor der Hauptpost…
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…die sich in diesem imposanten Gebäude befindet.
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Es ist ein nicht endendes Hupkonzert und ein endloser Kampf um jeden Meter, denn oft sind die Kreuzungen blockiert und der Verkehr kommt vollständig zum Erliegen.
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Die mächtige St.-Markus-Kirche am Rand des Tašmajdan-Parks
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Woran erkennt man, dass es sich um eine orthodoxe Kirche handelt? Es gibt keine Bänke drinnen.
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2377 wendet am Tašmajdan
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In der Straßenmitte verläuft eine wichtige Tramachse, durch das Verkehrschaos stauen sich häufig mehrere Trambahnen hintereinander.
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Die Autos stehen übrigens richtig – die Linksabbiegespur ist nämlich auf dem besonderen Bahnkörper.

Nach langer Wartezeit schafft es dann endlich die erste Tram über die Kreuzung, denn in der folgenden Straße gibt es keinen besonderen Bahnkörper und dort staut sich der Verkehr ebenfalls.

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Die 30 Urbos sind die einzigen Neufahrzeuge der Millionenstadt und deren Inbetriebnahme soll wohl alles andere als reibungslos verlaufen sein, denn die Verkehrsbetriebe hatten überhaupt keine Erfahrung in der Beschaffung von Neufahrzeugen und haben mehr oder weniger ein „Standardfahrzeug“ beschafft. Offenbar konnten diese dann erstmal gar nicht eingesetzt werden, weil die Strecken nicht geeignet waren und erst umgebaut werden mussten.

2377 hat die Fahrgäste vor der St.-Markus-Kirche aufgenommen und wird sich gleich ins Verkehrsgetümmel stürzen.
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Ich spaziere durch den Park, in dem einige Marktstände aufgebaut sind.
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Kinder vergnügen sich auf den großen Spielplätzen.

Ein übertrieben kitschiger Blumenladen
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Endlich gelingt mir ein halbwegs brauchbares Bild vom Düwag-Zug 2646/1478, der mit den Logos des lokalen Verkehrsbetrieb GOP und der BVB verziert ist.
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Eine große Werbetafel erinnert an die Zusammenarbeit mit der Schweiz, wie im Hintergrund erkennbar, mischt die DB auch im Stadtbusgeschäft mit
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Und warum kommt schon wieder ewig keine Tram? Deswegen.
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Ich statte dem nahegelegenen Tesla-Museum einen Besuch ab.
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Tesla ist in Serbien ein Nationalheld – obwohl er im Gebiet des heutigen Kroatien geboren wurde und nie in Serbien gelebt hat, aber serbische Nationalität hatte. Der Streit um Tesla beschäftigte sogar die Präsidenten der beiden Länder, denn Kroatien beschloss, auf die neu einzuführenden Euromünzen zum Teil Tesla zu prägen, was den Serben sauer aufgestoßen ist.
https://orf.at//stories/3228062/
Der Besuch startet mit einem 15-minütigen Film über Teslas Leben, in dem er als der große Erfinder und Publikumsliebling gepriesen wird – was er zweifelsohne auch war. Verschwiegen wird jedoch, dass er unter chronischer Geldnot litt, weil er immer größenwahnsinnigere Experimente durchführen wollte und absolut nicht mit Geld umgehen konnte.

Im Anschluss werden auch einige von Teslas Experimenten vorgeführt – sie hatten ihre Premiere größtenteils Ende des 19. Jahrhunderts und haben nichts an ihrer Faszination eingebüßt. Beispielsweise die drahtlose Energieübertragung, eines von Teslas Lieblingsthemen – in der Hand gehaltene Leuchtstoffröhren leuchten wie von Geisterhand.
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https://youtu.be/ByxNuaSMFFw

Oder das Ei des Kolumbus, quasi der Vorläufer des heutigen Elektromotors.
https://www.youtube.com/watch?v=TF71fBEfD74

Und mein persönlicher Favorit – das ferngesteuerte Boot:
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https://www.youtube.com/watch?v=oQyaI7Bt1Ig
Am Ausstellungsstück gibt es zwei Antennen – nur wenn beide aktiviert werden, setzt sich das Boot in Bewegung. Man könnte es auch als erste UND-Verknüpfung bezeichnen.

Anschließend nehme ich einen Düwag stadtauswärts Richtung Ustanička. Zunächst verläuft die Strecke auf besonderem Bahnkörper in Straßenmitte, dann auf einer ziemlich holprigen Straße am Rand.
2653/1476 an der Pijaca Zvezdara
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Es kommen gleich fünf Bahnen hintereinander.
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Dann kommt ewig nichts mehr, also kann ich mich ein wenig umschauen. Die Werbeflyer schälen sich vom Laternenmast
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Bücherverkauf am Straßenrand
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Der Verkehr ist die Hölle und brauchbare Trambilder so gut wie unmöglich. Ich versuche es an der Haltestelle Mite Ružića
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Mit viel Gerumpel lege ich noch das letzte Stück bis zur Endstation Ustanička zurück. Es gibt nur ein einziges Wendegleis für vier Linien (rechts im Bild ein Hinterstellgleis)
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Rund um die Wendeschleife herrscht dichtes Treiben vor den zahlreichen Geschäften, manch einer schaut mich etwas verwundert an, es gibt aber keine negativen Reaktionen.
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An den Endstationen hängen zwar Fahrpläne aus, die sind aber Makulatur, da die Linien gar nicht unabhängig voneinander ihre Wendezeit abwarten können und quasi genau so zufällig wieder losfahren, wie sie angekommen sind.
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Es ist kein Düwag zu sehen und so fahre ich mit einem Tatrawagen zurück. Ohne erkennbaren Grund bleibt er zwischendrin fünf Minuten auf der Strecke stehen und schon haben sich wieder vier Trambahnen hintereinander aufgestaut, die sich durch den dichten Verkehr quälen.
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Die Tatras wirken teilweise schon etwas abgeranzt, aber kein Vergleich mit Sarajevo.
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Die Pfeile an den Türen dürften noch Relikte der bei meinem Besuch bereits nicht mehr geltenden Coronarestriktionen sein und meine Vermutung ist, dass Serbien deutlich strenger war als z.B. Kroatien oder Bosnien. Auch der Anteil freiwilliger Maskenträger ist dort mit etwa 10% viel höher als in den anderen beiden Ländern, wo er wahrscheinlich unter 1% liegt.

Der Abend schreitet voran, als 2377 am Tašmajdan wendet.
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Insgesamt hat die Fahrt von 5 km etwa eine halbe Stunde gedauert.

St.-Markus-Kirche bei Nacht
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Für jede einzelne Seitenstraße wird über eine dynamische Anzeige die Anzahl freier Parkplätze angezeigt – die Anzahl an DFI an den Haltestellen ist dagegen ziemlich überschaubar.
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Oh, da kommt mein 7er! Ich renne quer über die Kreuzung, man weiß schließlich nicht, ob in der nächsten halben Stunde nochmal einer kommt. Ein bisschen Wagemut muss schon sein, wenn auch nicht ganz so viel wie bei den Lieferdiensten auf dem Fahrrad, die ohne Licht pure Kamikaze fahren.

An der nächsten Haltestelle entdecke ich einen Supermarkt und beschließe, wieder auszusteigen, um mich für das Abendessen zu versorgen. Deutsche Qualitätsprodukte im Regal
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Ich muss über zehn Minuten auf die nächste Tram warten und kann währenddessen dem totalen Verkehrschaos zuschauen, da alle trotz Stau in die Kreuzung reinfahren und dann gar nichts mehr geht.
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Meine Tram ist mit +31 unterwegs.

Am Savski trg muss ich umsteigen.
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Im Hintergrund der alte Bahnhof, der jetzt zum Teil als Museum und zum Teil von Obdachlosen genutzt wird. Die gigantomanische, 20 m hohe Statue des mittelalterlichen serbischen Führers Stefan Nemanja prägt den Platz.

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Im Zuge der Umgestaltung des Platzes nach der Bahnhofsschließung wurden auch die Tramgleise erneuert und sind in einwandfreiem Zustand.

Während ich mich stärke, höre ich tief unten das Heulen der Tatras und Summen der Düwags.
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 15 Belgrad

Blick über die Sava, der Wolkenkratzer links gehört zum Stadtentwicklungsprojekt Belgrade Waterfront, welches größtenteils auf den früheren Gleisanlagen entsteht. Rund um dieses Projekt gibt es zahlreiche Korruptionsskandale – gerüchteweise wurde das alte Bahnhofsareal für einen geringen symbolischen Betrag an einen Immobilieninvestor verkauft…
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Die Tauben haben in Belgrad ein angenehmes Leben und werden ständig gefüttert.
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Unterwegs im Tatrawagen
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Ich steige am Savski trg aus, wo mir kurz darauf 2398 begegnet
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Eine mit irgendwelchen Kabeln behängte Dampflok erinnert an den alten Bahnhof.
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Die riesige Statue von der Seite bei Tageslicht betrachtet
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Von den früheren Gleisanlagen ist nichts mehr zu sehen
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Den alten Bahnsteig kann man noch erahnen
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Ein einsamer ZZA steht in der Brache herum
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Das Empfangsgebäude ist in gutem Zustand und zugänglich, der brutale Geruch hält mich allerdings von weiteren Erkundungen ab.
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2226 rollt vorbei
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Dann laufe ich ein Stück zum Obus, denn wirklich gut Umsteigen kann man in Belgrad oft nicht, da es keine gemeinsamen Haltestellen gibt. Mein nächstes Ziel ist der neue Bahnhof Beograd Centar, der alles ist, nur nicht zentrumsnah und daher oft auch als Bahnhof Prokop nach dem dortigen Stadtviertel bezeichnet wird. Ich warte über zehn Minuten und als der Obus auftaucht, frage ich mich, ob er wohl voll oder sehr voll sein wird. Die Antwort lautet sehr voll, aber immerhin können noch alle Fahrgäste einsteigen, an der nächsten Haltestelle bleiben schon welche zurück.
Nach dem Ausstieg laufe ich einmal quer über die Straße, denn einen entsprechenden Übergang für Fußgänger gibt es nicht und dann ist der imposante Hauptbahnhof einer Millionenstadt auch schon vor mir:
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Die Neugestaltung des Eisenbahnknotens Belgrad dauert nun schon über vier Jahrzehnte – dazu gehört neben dem neuen Bahnhof auch der Bau einer neuen Eisenbahnbrücke über die Sava sowie die unterirdischen Zulaufstrecken. Immer wieder gab es mehrjährige Baustops aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten, doch seit 2016 verkehren dort die Nahverkehrszüge und seit der Schließung des alten Bahnhofs 2018 auch die Fernverkehrszüge, wozu auch die 2021 eröffnete auf 200 km/h ausgebaute Strecke nach Novi Sad gehört.
Ähnlich wie in Stuttgart gab es auch viel Kritik am Projekt, unter anderem das bis heute bestehende Problem der ungünstigen Lage mit unzureichender ÖPNV-Anbindung, welches sich auf absehbare Zeit nicht ändern wird. In einigen Jahren soll auf der Betonplatte immerhin ein Geschäfts- und Bürozentrum entstehen, worauf diese Bilder auf dem Bauzaun hindeuten.
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Die Gestaltung des Bahnhofs erinnert mich stark an die HGV-Bahnhöfe in China, die zudem sehr flughafenmäßig aussehen. Naja, der alte Bahnhof hatte jedenfalls mehr Flair…

Der Eingang ist nicht ganz einfach zu finden und ist ziemlich unscheinbar.
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Der Bahnhof bietet feinste Tiefgaragenatmosphäre
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Im FV setzt die ŽS auf Schweizer Qualitätsprodukte, links einer der nagelneuen 200 km/h schnellen KISS für die ABS nach Novi Sad.
Der Bahnhof wird auch von der S-Bahn BG Voz bedient, die deutlich ältere Triebwagen einsetzt, welche mir allerdings nicht vor die Linse gefahren sind.

Noch versteckter als der Eingang ist der Fahrkartenschalter, an dem ich mein Glück für die Weiterreise übermorgen versuche. Geplante Route war aufgrund der Streckensperrung Novi Sad – Subotica und mangels Lust auf die nächste lange Busfahrt diese hier:
Beograd Centar........IC 540 ab 8:09
Novi Sad........................ an 8:45
.........................Bus SEV ab 9:40
Novi Sad Ranžirna..............an 9:50
.........................Re 3410 ab 10:00
Subotica.........................an 13:40
........................ R 342 ab 14:02
Kelebia..........................an 14:16
........................Bus SEV ab 14:40
Szeged..........................an 15:35
........................IC 713... ab 15:45
Budapest-Nyugati..............an 18:07

Die ganze Fahrplangestaltung wirkt immerhin so, als hätte man sich bei der ŽS und der MÁV zumindest Gedanken darüber gemacht, einmal täglich eine sinnvolle internationale Bahnverbindung anzubieten. Allerdings verschwindet der Grenzpendel Subotica – Kelebia wenige Tage vorher aus der EFA und daher vermute ich schon, dass er nicht mehr fährt, vielleicht wegen Bauarbeiten, vielleicht wegen der kurz zuvor wieder hochgekochten Flüchtlingsthematik, vielleicht wegen chronischer Unlust.
Do you speak English? „A little. "
Na immerhin. Eine Fahrkarte nach Kelebia für übermorgen, bitte. „International train not running.“ Na so eine Überraschung. Na gut, dann halt nach Subotica, mal sehen, wie ich von dort weiterkomme, online habe ich keine Busse gefunden. „There is no direct train to Subotica.“ Weiß ich, halt mit Umstieg in Novi Sad. Die Frau am Schalter schaut mich noch einen Moment etwas skeptisch an, verkauft mir dann aber die gewünschte Strecke, die auf zwei Fahrkarten aufgeteilt wird. Vom SEV in Novi Sad sagt sie nichts mehr, aber der ist in der EFA hinterlegt. Theoretisch könnte ich auch einen Zug später nehmen, aber 5 min Umsteigezeit zum Bus in Novi Sad ist mir mangels jeglicher Ortskenntnisse viel zu riskant.

Ganz in der Nähe ist Titos Mausoleum, ein Museum. Ich laufe zwischen einigen Wohnblocks hin.
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Titos Grab mit Blick über die Stadt
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Es gibt zahlreiche historische Fotos und mir fällt es extrem schwer, zu glauben, dass Tausende Menschen den Tod des Führers so sehr betrauert haben… Tito ist es jedenfalls gelungen, den Vielvölkerstaat Jugoslawien zusammenzuhalten, was nach seinem Tod bekanntlich nicht mehr lange gelungen ist.

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Diese Reste von Tito-Büsten fand ein Künstler 1997 zufällig bei einem Schrotthändler, wo sie eingeschmolzen werden sollten. Doch er kaufte sie spontan auf und so haben sie ihren Weg in das Museum gefunden.
Sogar eine deutsche Gruppe läuft mit interessierten Mienen und Kompaktkameras durch die Räume.

Die Göttin der Eisenbahn, sehr amüsant…
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Für die Rückfahrt muss ich abermals 10 Minuten auf den nächsten Obus warten und er ist wieder sehr voll, aber ich passe rein, was das wichtigste ist.
Nicht nur die Schweiz hat Fahrzeuge gespendet, sondern auch Japan.
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Tischdeckenverkauf in der Fußgängerzone
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Wer wird Millionär in der serbischen Variante
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Auf der Buslinie EKO2 werden Elektrobusse eingesetzt
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Auf mehrspurigen Straßen fährt die Tram oft an der Seite, was eher ungewöhnlich ist. Es ist allerdings definitiv sicherer für die Fahrgäste, nur ungern erinnere ich mich da an Russland, wo man erstmal über drei Spuren bis zur Tram in der Mitte laufen muss, während die Autofahrer keine besondere Lust haben, anzuhalten.
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Nachteilig sind allerdings die Behinderungen durch ein- und ausparkende Fahrzeuge.

Ich möchte einen Blick auf die im Außenbereich des Betriebshofs Dorćol abgestellten Fahrzeuge werfen.
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Es fällt schwer zu glauben, dass über diese Strecke alle Trambahnen in diesen Betriebshof einrücken…

Der Betriebshof liegt etwas versteckt in einem Wohngebiet mit dieser Tankstelle.
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Auch der weitere Streckenverlauf sieht nicht besonders vertrauenserweckend aus.
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Aus dem angrenzenden Park kann man die draußen abgestellten Ex-Basler Fahrzeuge gut erkennen und außerdem unauffällig Fotos machen, was dem Vernehmen nach in Serbien immer wieder Probleme macht. Außerdem stehen knallorangene Obusse abgestellt, vielleicht Arbeitswagen…?
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Auf den BLT-Beiwagen ist noch die originale rote Linie 11 eingestellt

Wie praktisch, dass es in Belgrad auch die Linie 11 gibt, da muss man das Rollband gar nicht anpassen.
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Ich laufe einmal um das Gelände, von der Buszufahrt von Norden sieht man auch gut rein, aber dort sitzt ein Wachmann, also gehe ich lieber weiter.

Von der anderen Seite kann man auch gut und unauffällig durch den Zaun knipsen
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Teile des Betriebshofs sehen für mich wie eine Ruine aus…

BLT-Triebwagen sind im Einsatz deutlich in der Minderheit, nur einmal habe ich einen auf der Strecke gesichtet.
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Sauber verkabelt, kommt der Obus über eine rund 1 km lange Betriebsstrecke zum Depot.
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Während meines Aufenthalts habe ich als einzigen Fahrzeugtyp Solowagen des belarussischen Herstellers Belkommunmasch gesehen.

Auf die nächste Tram warte ich ewig…
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Es dauert fast 20 min, dann kommt ein 10er. Der fährt zwar nicht zu mir, aber so kann ich die kurze Stichstrecke zur Wendeschleife Kalemegdan noch mitnehmen, die am nördlichen Rand des Schlossparks neben dem Zoo liegt.
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Gleich müsste ein 11er kommen, aber es ist leider kein Düwag.
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Ein Kampfjet im Hinterhof
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Bei Sonnenuntergangsstimmung überquert ein BVB/BLT-Zug die Sava
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Zur blauen Stunde geht es nochmal los – 2312 unter der Brankov most
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Es folgt 2649
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Ein Aufzug führt auf die Brücke hoch, der ernsthaft eine Begleitperson hat, die den Knopf drückt. Welch ein spannender Job und so schaut der ältere Herr auch drein. Möglicherweise ist er zur Vandalismusprävention erforderlich.
Von oben gibt es einen guten Blick über die Sava
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Anschließend laufe ich ein Stück die neue Promenade entlang, der es aber meiner Ansicht nach an Bäumen und Beleuchtung mangelt.
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Partymeile statt Lagerhaus
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Eine Brücke führt auf direktem Weg in den Schlosspark.
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Der Mond steht tief über den Wohnblocks
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In der Schleife Pristanište wird eifrig rangiert, vermutlich um die verspäteten Fahrzeuge wieder in die richtige Reihenfolge zu bekommen. Die durchfahrenden Linienfahrzeuge der Linie 2 und 11 müssen dann halt ein bisschen warten…
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Die schlammige Fläche neben den Gleisen wird auch als Parkplatz genutzt und nicht nur deswegen muss ich genau schauen, wo ich hintrete. Irgendwo entdecke ich auch eine offene Grube.
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Nur an die elektrische Klingel, mit der einige Tatras ausgerüstet wurden, kann ich mich absolut nicht gewöhnen.
Mein Bahnjahr 2023
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 16 Belgrad

Vermutlich aufgrund eines Rohrbruchs steht die Kreuzung vor meinem Apartment komplett unter Wasser.
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Eigentlich möchte ich die für heute geplante Düwag-Fotorunde mit dem 11er vor meiner Haustür beginnen. Ich warte und warte, doch nach über 20 Minuten kommt noch immer kein 11er, obwohl sie bisher hier immer sehr zuverlässig und pünktlich abgefahren sind.
Stattdessen kommen dann in Gegenrichtung gleich zwei hintereinander.
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Ich gebe auf und nehme den gerade eintreffenden 2er. Der Fahrer fährt so schnell, dass der Wagen gefährlich ins Schwanken gerät und ich tatsächlich fürchte, dass wir auf den schlechten Gleisen entgleisen könnten. Nachdem wir eine rote Ampel überfahren haben, folgt die langgezogene Rechtskurve am Savski trg, wo sich der Wagen aufgrund der Geschwindigkeit merklich nach außen neigt. Es kommen drei Trambahnen hintereinander in Gegenrichtung, dann nochmal zwei 2er.
1513 am Savski trg
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Eigentlich wollte ich ja mit dem 7er oder 9er nach Novi Beograd fahren, aber wer weiß, wann da wieder einer kommt. Also nehme ich den als nächstes einfahrenden 12er Richtung Banovo brdo.
Die Strecke verläuft vollständig auf besonderem Bahnkörper, zeitweise sogar eisenbahnmäßig abseits der Straßen, daher geht es zügig voran. Die Strecke Richtung Kneževac, normalerweise vom 3er bedient, ist halb zugewachsen und wohl schon lange im SEV bedient. Wie lange die Gleisbauarbeiten noch dauern, ist schwer absehbar. Zumindest sind große Teile des Netzes inzwischen saniert.
Anschließend folgt ein quirliges Stadtteilzentrum, ehe es zum Streckenende wieder etwas ruhiger zugeht.

Die Urbos sind sitzplatzoptimiert, die große Scheibe der Fahrerkabine erlaubt den Blick über die Schulter.
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Der Innenraum wirkt auf mich eher billig und auf Vandalismusresistenz ausgelegt, was sicher in Belgrad keine schlechte Idee ist.
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2235 in der Wendeschleife, immerhin gibt es hier ein zweites Gleis, über das man eine Ehrenrunde durch die Schleife fahren kann und so die Reihenfolge ankommender Fahrzeuge ändern kann.
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Von der Tram kann man direkt in die zahlreichen Busse umsteigen, die den tramlosen Süden erschließen
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Kurz vor der Wendeschleife gibt es einen kurzen eingleisigen Abschnitt, der einzige im Netz.
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1517 erreicht in Kürze die Endstation Banovo brdo
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Da haben sich mal wieder mehrere Bahnen aufgestaut…
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Endlich kommt das Objekt der Begierde, ein kombiniertes BVB/BLT-Gespann. 2607/1447 im Stadtteilzentrum an der Kijevska, die abmarkierte Spur wird auch von den zahlreichen hier verkehrenden Bussen genutzt.
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Im Beiwagen ist hinten eine Linienanzeige nachgerüstet worden
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Dichtes Gewusel herrscht zwischen den vielen Geschäften und Ständen auf dem Fußweg
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Überraschend wenig ist hier auf Kyrillisch angeschrieben
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Als der Ex-Basler Zug wiederkehrt, steige ich ein.
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Neben den alten Schweizer Beschriftungen finden sich auch Kyrillische
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Ich fahre einmal quer durch die Stadt bis zum anderen Ende mit. Jetzt zur Mittagszeit kommt man halbwegs gut durch, aber ein bisschen im Stau stehen muss die Tram doch. An der vorletzten Haltestelle steigen Kontrolleure ein und ein Fahrgast springt noch ganz schnell raus, als er das bemerkt. Meine 3-Tageskarte können sie offenbar mit ihren Geräten zunächst nicht auslesen, doch nach längerer Wartezeit gelingt es dann doch noch. Knapp 45 min dauert die Fahrt durch die Stadt, immerhin ein Schnitt von knapp 13 km/h.
Der bunte Zug in der Wendeschleife Omladinski stadion
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Egal wo man sich befindet, immer parkt irgendein Auto blöd im Bild…
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Stillleben mit Schachbrett und Zigaretten
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Ich fahre wieder ein Stück zurück, die meisten Bilder sehen so aus…
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Interessant finde ich auch die Fußweggestaltung, der Radweg soll wohl hinter der Haltestelle vorbeiführen, der Blindenleitstreifen irgendwie quer rüber, alles nicht so wirklich durchdacht…

Oh, eine funktionierende DFI!
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Keine Ahnung, ob innerhalb der nächsten 17 min keine Tram mehr kommt oder sie einfach nicht angezeigt wird… Ich nehme jedenfalls den 27er zum Studentski trg, anfangs ist der Bus rappelvoll, doch bald werden Sitzplätze frei.
Ich gönne mir ein üppiges Mittagessen mit Pljeskavica, dem serbischen Nationalgericht, das wenig überraschend aus gegrilltem Fleisch besteht. Wohl aufgrund meines großen Hungers habe ich anscheinend kein Foto gemacht…
https://www.gutekueche.at/storage/media ... 9_626.webp

Ich laufe wieder zur Haltestelle Pristanište und begutachte die Grube, in die ich gestern Abend zum Glück nicht gefallen bin.
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Scheint fast so, als wäre sie für notdürftige Reparaturen unter dem Fahrzeug ausgelegt und wirklich vertrauenserweckend finde ich die Gleisführung darüber nicht…

2229 kommt langsam angerumpelt und ich steige gleich ein.
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Diesen gordischen Knoten zu lösen dauert etwa fünf Minuten, während denen es keinen Meter vorwärts geht.
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Dann herrscht endlich wieder freie Fahrt
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2395 am Savski trg, hinter dem alten Bahnhof ragen die Wolkenkratzer von Belgrade Waterfront auf
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Kurz darauf kommt wieder ein 12er, ich steige ein und fahre bis zur Haltestelle Hipodrom auf der Schnelltramstrecke, die durch eine Industriebrache führt.
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Dort steige ich in den 13er um, der über die 2012 eröffnete und seit 2019 auch von Trambahnen genutzte Most Na Adi fährt. Die Fahrgastzahlen sind recht überschaubar.
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Irgendwo unter den ganzen Betonrampen sind noch die Reste der Bahnstrecke zum alten Bahnhof zu sehen.

Eine endlose Blechlawine staut sich auf der sechsspurigen Brücke, welche die Tram zügig überquert. Es gibt auch eine Haltestelle am südlichen Ende, die als reine Umstiegshaltestelle zu den darunter verkehrenden Bussen dient. Das bemerke ich leider zu spät, denn vermutlich ist es eine gute Fotostelle – die bleibt für das nächste Mal.
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Ups, da rumpelt es ordentlich.
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In Novi Beograd sieht es genau so aus, wie ich es mir vorgestellt habe. Breite Straßen, große Kreuzungen und noch größere Wohnblocks. Die Tram hat ihr „Rasengleis“ in der Straßenmitte und die größten Behinderungen sind hier die langen LSA-Umlaufzeiten. Immerhin sind die im Gegensatz zum Stau gut prognostizierbar.

Beginnen wir doch an der Endstation mit dem zutreffenden Namen Blok 45.
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Hier gibt es tatsächlich mal zwei Gleise für vier Linien.

2632/1476 passiert ein Kiosk, an dem das Wasser tatsächlich deutlich günstiger als am Kiosk in der Innenstadt ist.
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2651/1472 trifft auf 1506 nahe der Haltestelle Dr Ivana Ribara
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Kaputte Linienrollbänder sind eher selten und Vollwerbung habe ich abgesehen von diesem Beiwagen auch nur auf einem Urbos gesehen.

Wenige Augenblicke später trifft der Basler Zug auf 1517
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Es folgt 2615
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Das ist übrigens ein Teil des Blok 45 von innen, ein total abgeranztes Einkaufszentrum im Ostblock-Stil.
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2618 folgt, im Hintergrund Blok 62 und 63
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2632/1411 macht sich auf den Rückweg Richtung Innenstadt
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2653 auf der breiten Tramtrasse in der Mitte der Jurija Gagarina
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Das L hinter der Liniennummer bedeutet, dass die Strecke irgendwie vom Regelweg abweicht, z.B. Einrücker ins Depot.

Auf der Trasse herrscht dichter Verkehr, zwischen die zahlreichen Düwag-Züge mischen sich auch einige Tatras und Urbos. Ich vermute, dass 2415 aus einer anderen Stadt übernommen wurde, weil die Frontlichter anders aussehen.
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Ungünstig sind die häufig hinter den Knotenpunkten angeordneten Einfachhaltestellen, denn so muss der zweite Wagen vor der Kreuzung warten. Oft sind die Umlaufzeiten aber so lange, dass es für das Nachfahren noch reicht.

2646/1478 in der Vorstadtbrache bei Gandijeva
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Teilweise kommen die Bahnen sehr stark ausgelastet an
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2391 an der Haltestelle Milutina Milankovića
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Es dämmert langsam und obwohl ich heute schon einen reinen BLT-Schindlerzug gesichtet habe und allmählich auch alle Kurse gesehen haben müsste, will er sich nicht mehr zeigen. Wahrscheinlich ist er inzwischen eingerückt.
Überraschenderweise habe ich weder verwunderte Blicke noch blöde Kommentare bekommen – alle haben mich als Fotografen einfach ignoriert und das ist mir eigentlich auch am liebsten.

Bei Staro Sajmište fährt mir dagegen noch ein gemischter BVB/BLT-Zug mit dem arg verrosteten 2625 an der Spitze vor die Linse.
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In den im Hintergrund sichtbaren Stau muss sich auch die Tram einreihen, denn über die folgende schmale Stari Savski most quält sich der Verkehr. Ist mir einigermaßen unverständlich, warum man die nicht zu einer reinen ÖPNV-Brücke macht, der MIV hat schließlich 500 m weiter nördlich eine vierstreifige Schnellstraßenbrücke und 1 km weiter südlich noch eine sechsstreifige Autobahnbrücke.
Die gesamte Fahrbahn auf der Brücke ist in absolut nicht vertrauenserweckendem Zustand.
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Bis zur Eröffnung der Tramstrecke über die Most Na Adi war dieses Nadelöhr die einzige Verbindung zwischen der Altstadt und Novi Beograd.

Blick zwischen den Wolkenkratzern der Belgrade Waterfront bis zum Dom des heiligen Sava
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2618 auf Einrückfahrt
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Wenn das Rollband zwischen den Liniennummern eingestellt ist, bedeutet das in der Regel, dass die Tram nicht im Fahrgasteinsatz ist.

Am 2407 ist der Lack schon ab
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2373 rollt von der Stari Savski most
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Blick über die neue Sava-Promenade
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Der einzige Grund, warum ich nicht 1 km später nach der Brückenüberquerung zu Fuß wieder in dieselbe Tram einsteigen kann, aus der ich ausgestiegen bin, sind die Fotostops.

Kurz darauf kommt eine 9L, ich steige trotzdem mal ein, doch am Trg Slavija ist Schluss und alle werden rausgeworfen.
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In Gegenrichtung kommt 2620
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Ob man den Trg Slavija wirklich als Platz bezeichnen soll, sei mal dahingestellt, denn mehr als die Hälfte desselben besteht aus einem dreispurigen Kreisverkehr mit Springbrunnen in der Mitte.
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Achja, wenn Planer Radwege planen, die noch nie auf einem Fahrrad gesessen haben, kommt wahrscheinlich das hier raus…
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Ich überlege, noch den letzten mir unbekannten Ast nach Banjica abzufahren. Als ich schon in den 2er zur Rückfahrt einsteigen will, kommt doch noch ein 9er, allerdings kein Düwag. Die scheinen immer als erstes einzurücken, abends ist die Stadt fest in der Hand der Tatras.
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Die Tram fährt größtenteils über eine abmarkierte Spur, zwei kurze Stücke auf unabhängigem Bahnkörper. Und siehe da, schon geht es einigermaßen zügig voran.
Es ist dunkel geworden, bis 2281 den südlichen Endpunkt Banjica erreicht hat
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Auch hier gibt es ein zweites Gleis, trotzdem haben die angeschriebenen Abfahrtszeiten wenig mit der Realität gemeinsam.
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Auf der Rückfahrt wird die Tram bald sehr voll, denn seit über zehn Minuten ist nichts gefahren, obwohl laut Fahrplan zwei Linien im 11-Minuten-Takt und eine im 7,5-Minuten-Takt fahren sollte.
Ich steige nochmal unterwegs für ein schnelles Foto aus, 2371 an der Haltestelle Franše D’Eperea
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Es dauert wieder rund zehn Minuten, bis die nächste Tram kommt, ein ziemlich voller 10er. Ich beschließe, noch die große Runde nördlich um die Innenstadt zu fahren, womit ich die Strecke auch komplett habe. Allerdings bereue ich die Entscheidung bald, denn für einen Kilometer staugeplagten Abschnitt dauert es wieder einmal zehn Minuten und der 2er in Gegenrichtung wäre kurz darauf gekommen. Wir laufen auf den 2er in gleicher Richtung auf, doch ich schaffe es nicht, nach vorne umzusteigen. Laut DFI kommt der nächste 2er in 4 min, in Realität sind es wieder 10 min, ehe ich in den wohlverdienten Feierabend fahre.
Mein Bahnjahr 2023
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von DUEWAG-IBK »

Entenfang hat geschrieben: 21 Jan 2023, 17:25 Die Gestaltung des Bahnhofs erinnert mich stark an die HGV-Bahnhöfe in China, die zudem sehr flughafenmäßig aussehen. Naja, der alte Bahnhof hatte jedenfalls mehr Flair…
Das kann vielleicht sogar kein Zufall sein, denn China investiert stark in Serbien. Die Waterfront, wo ja auch der alte, sinnvolle Bahnhof stand, ist auch von China mitfinanziert.
Man merkt hier auch den Wertunterschied zwischen Bus und Zug. Den Busbahnhof hat man an Ort und Stelle belassen, obwohl er doch wohl auch deplaziert wäre. Nur ist dies halt das Massenverkehrsmittel in Serbien.
2019 habe ich selber Züge nur von außen belächeln dürfen, obwohl ich durch halb Serbien (Beograd, Kraljevo, Guca, Drvengrad) gereist war. Anschließend noch nach Istocno Sarajevo mit dem Bus, der an der Grenze alle Autos einfach links überholt hatte. Istocno ist in der Republik Srpska, daher fahren alle Serbischen Busse dorthin, während die O-Bus-Wendeschleife bereits in der Entitität Bosnien ist, wie dir richtig aufgefallen ist. Merkt man hier nur an den Straßenschildern. Hättest du die Kriegstour mitmachen dürfen, so wäre dir auf der Straße der unterschiedliche Straßenzustand am Weg zum Hausberg von Sarajevo aufgefallen. Gute Stellen liegen im touristischen Bosnien, schlechte im landwirtschaftlich geprägten Srpska.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 17 Belgrad → Budapest

Ein letzter Blick über Belgrad, dann muss ich zur Tram.
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Die Abfahrt am Samstagmorgen hat einen klaren Vorteil – nur wenig Verkehr auf den Straßen und mein 11er kommt pünktlich. Erfreulicherweise ist es ein Düwag.
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Ohne Verkehrsbehinderungen und mit sehr überschaubaren Fahrgastzahlen geht es entspannt durch die Stadt und nach 24 min bin ich am Bahnhof Novi Beograd und brauche damit etwa so lange wie erwartet.
So bleiben mir noch etwa 15 min bis zur Abfahrt. Von welchem Gleis fährt der Zug eigentlich? Ich entdecke keinen Abfahrtsanzeiger, nur unfertige Drehkreuze.
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Ich probiere es am Fahrkartenautomaten, wähle meine Verbindung aus, doch dort wird auch kein Gleis angezeigt. Ob ich wohl Hilfe beim Fahrkartenkauf bräuchte, erkundigt sich eine Frau erst auf Serbisch, dann auf meine fragenden Blicke hin auf Englisch. Sie nennt mir Gleis 3 und dort gehen auch ein paar andere Menschen mit Koffer hin.
Der Bahnhof ist nüchtern und funktional, es warten durchaus einige Fahrgäste auf den Zug nach Novi Sad.
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Wenige Minuten vor der Zugabfahrt kommt eine BLT-Tram die Most Na Adi runter und die wird in etwa zwei Minuten direkt unter dem Bahnsteig durchfahren, wo ich stehe. Vom nächsten Bahnsteig könnte ich super runterfotografieren, aber mit Koffer ist mir das im Anbetracht der nahenden Zugabfahrt zu riskant und einfach unbeaufsichtigt stehen lassen möchte ich ihn auch nicht.
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Grmpf, warum war der gestern nicht auf dem 13er?

Kurz darauf kommt der KISS pünktlich eingefahren.
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Der Zug ist eine sehr positive Überraschung. Erstens ist er ziemlich gut gefüllt, rund drei Viertel der Sitzplätze sind belegt (die Reservierung ist bereits im Ticket inbegriffen, ob auch Stehplätze verkauft werden, ist mir nicht bekannt). Zweitens ist die Ausstattung sehr komfortabel – für 3,50€ kann man da wirklich nicht meckern.
Es gibt einen riesigen Sitzabstand, ausschließlich Vis-a-vis-Bestuhlung mit großen Tischen, komfortable und verstellbare Sitze, Steckdosen an jedem Platz und die Fenster passen zu den Sitzgruppen. Gepäck findet im Regal, aber auch unter den Sitzen Platz.
Gegen eine Münze als Pfand kann man sein Gepäck sogar festschließen.
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Gut für die Bargeldlosen, dass viele ihre Münze einfach dringelassen haben.

Einstiegsbereich mit Zwischentüren, die vor dem nervtötenden Gepiepe schützen.
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Oben in der Nähe der Treppe gibt es zwei Längsbänke für je zwei Personen ohne Sitzplatznummern, also kann man die wohl nicht reservieren.
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Im Zwischengeschoss gibt es auch Klappsitze ohne Nummern.
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Es gibt getrennte Herren- und Damen-WC, erstere mit Pissoir.
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Der riesige Rollstuhlbereich mit Behinderten-WC hat keinen Windfang
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Außerdem gibt es eine Snack- und Getränkebar. Dummerweise laufe ich in die Polizei und darf dann keine weiteren Fotos mehr machen, gern hätte ich mir auch noch die 1. Klasse angeschaut.
Hier gibt es Bilder davon, außer 2+1-Bestuhlung sehe ich keinen großen Unterschied.
https://youtu.be/HwijZrglGYo?t=81
Für mich sieht so ein moderner Zug aus, wie er sein soll. Die Ausstattung ist fast schon übertrieben für die nur 36-minütige Fahrt bis Novi Sad. So würde ich gerne bis Budapest weiterfahren… Aber nein, die Fahrt endet pünktlich in Novi Sad.

Das Branding erinnert mich stark an den russischen Sapsan, Stryž und Co…
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An der ABS wirkt China Railway mit
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Ich habe knapp eine Stunde Aufenthalt und schaue mich ein wenig um.
Blick von der Terrasse des Warteraums über den Vorplatz
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Es gibt separate Warteräume für Reisende mit Kindern und Haustieren, die jedoch alle abgesperrt sind.
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Die sozialistisch angehauchte Bahnhofshalle mit kleiner Fotoausstellung zur Geschichte des Bahnhofs, irgendwie fehlt mir die große Abfahrtstafel.
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Vor dem Bahnhof fahren ziemlich viele Busse ab, es ist ein weitläufiger Busbahnhof. Hier ist größtenteils nur noch kyrillisch angeschrieben, ganz anders als in Belgrad.
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Ich schaue mich ein wenig nach Informationen an den Haltestellenschildern um, ob ich vielleicht etwas zum SEV nach Novi Sad Ranžirna entdecke, doch dem ist nicht so.
Ich erkundige mich am Fahrkartenschalter und erfahre, dass der Bus wohl direkt vor dem Bahnhofsgebäude abfährt.
Ein Netzlabyrinth soll Tauben aus dem Bahnhofsgebäude fernhalten, aber das klappt nur so mäßig gut. Eine hat sich trotzdem in die Halle verirrt.
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Andere machen es sich draußen bequem.
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Dampflok auf dem Vorplatz, im Hintergrund Werbung für die neue Verbindung nach Belgrad.
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Anders als in Belgrad gibt es hier brauchbare Radwege, immer wieder sind auch Radfahrer unterwegs. Blick auf den Bahnhof.
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Schließlich fährt dieser Bus vor…
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…und bis ich das Foto gemacht habe, ist er schon ziemlich voll. Ein Solobus für einen Zug voller Reisender mit Gepäck ist halt nicht besonders großzügig…
Nach und nach quetschen sich immer mehr Fahrgäste rein. Kurz vor der Abfahrt sehe ich den Folgezug aus Belgrad mit +3 ankommen und ein paar Umsteiger kommen zum Bus gerannt.
Kaum eine Ameise hätte noch in den Bus gepasst, als er pünktlich losfährt. Keine zehn Minuten dauert die Fahrt und endet genau dort, wo es der Name vermuten lässt – im Rangierbahnhof.
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Zunächst liegt die Auslastung bei etwa 50%, als es um Punkt 10:00 Uhr losgeht. Ich teile mir einen Vierer mit einer Frau und ihrem 13-jährigen Sohn, der – oh Wunder – am Handy hängt, genau wie sie, während der Zug mit 10 km/h über das Stoßlückengleis rumpelt. Am Ende des Bahnhofs geht es vielleicht mit 30 km/h weiter, die Gleise weiterhin in katastrophalem Zustand. Ab dem ersten Dorfbahnhof ändert sich das schlagartig – das Gleis ist in gutem Zustand und die Fahrt führt mit atemberaubenden 80 km/h unter viel Pfeifen durch die weiten Ebenen. An vielen Bahnhöfen kreuzen wir Güterzüge, durch die gesperrte Hauptstrecke scheint hier neben den wenigen Reisezügen recht viel Umleiterverkehr zu sein. An einigen aufgegebenen Bahnhöfen sind die Schranken offen (oder geschlossen, aber abgesägt) und wir müssen jedes Mal anhalten, pfeifen und dann weiterfahren.
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Ein mittelalter Mann fotografiert gelegentlich mit dem Handy durch das Fenster, ich würde aufgrund der Motivwahl fast vermuten, dass er auch ein Eisenbahnfan ist.
Die Bahnhofsgebäude sind alle ziemlich baufällig und auch die nicht aufgegebenen können nicht mal ansatzweise mit den gepflegten tschechischen Provinzbahnhöfen mithalten. Immer wieder steigen ein paar Fahrgäste aus und der Zug leert sich allmählich.
Als das nächste Mal zwischen Mutter und Sohn abgesehen von einer kurzen Bitte um Essen Konversation entsteht, geht es wohl darum, dass der Junge protestiert, weil die Mama den mobilen Hotspot ausgeschaltet hat und er nach fast zwei Stunden nicht mehr weiterspielen kann. Auch ohne ein Wort zu verstehen, ist es offensichtlich, dass er um Internet bettelt, was die Frau aber nicht mehr einschalten will. Inzwischen ist ein Vierer frei geworden und ich setze mich an einen Fensterplatz um.
Auf der Fahrt nach Subotica gibt es zwei längere Aufenthalte, der erste in Bogojevo. Nach unserer Ankunft erhält der Güterzug in Gegenrichtung die Ausfahrt.
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Hier müssen alle Züge Kopf machen, denn die Strecke führt sehr bald über die Grenze nach Kroatien weiter, leider ebenfalls „vorübergehend“ ohne Personenverkehr.
Beine vertreten
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Der Tf füttert den streunenden Hund, weswegen dieser während des ganzen Aufenthalts hoffnungsvoll aufblickt.
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Der zweite Aufenthalt in Sombor wird durch unerklärliche Verspätung größtenteils aufgezehrt, die ganzen BÜ-Halte sind offenbar nicht im Fahrplan berücksichtigt. Es gibt zwar immer wieder einige sehr langsame Abschnitte, doch die meiste Zeit geht es mit 80 km/h voran.
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Die letzten Kilometer sind wieder genauso langsam wie die ersten, wahrscheinlich größtenteils 10 km/h, ständig müssen wir anhalten und wieder weiterfahren. Äste kratzen an den Scheiben entlang. An einem funktionierenden BÜ hat sich ein ewig langer Stau gebildet. Das ist wenig verwunderlich, wenn der auf normale Eisenbahngeschwindigkeiten ausgelegt ist und schon geschlossen wird, wenn der Zug noch 1 km entfernt ist. Dann dauert es bei 10 km/h natürlich ewig, bis der Zug tatsächlich durchfährt.
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Mit +13 endet die Fahrt in Subotica.
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Die beiden Grenzpendel-Züge sind überklebt und die beiden geöffneten Fahrkartenschalter werden bei gerade mal sechs Abfahrten am Tag auch nicht allzu viel zu tun haben.
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Der Bahnhof ist auch auf Ungarisch angeschrieben.
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Zum Busbahnhof ist es etwa 1 km Fußweg.
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Die Stadt wirkt auf den ersten Blick recht hübsch, aber da ich keine Ahnung habe, ob und wann grenzüberschreitende Busse fahren, möchte ich keine Zeit verlieren.
Um 14:20 Uhr erreiche ich den Busbahnhof und habe tatsächlich großes Glück – um 14:45 Uhr fährt ein Bus nach Szeged, der jedoch nirgends ausgeschrieben ist.
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Sehr schön finde ich die Abfahrtstafel mit unterschiedlichen Farben für Mo-Fr, Sa und So.

Eine Fahrkarte kann man mir am Schalter nicht verkaufen, ich erhalte nur ein Bahnsteigticket für 50 Cent und muss dann beim Busfahrer kaufen.
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Die Linie wird vom ungarischen Unternehmen Volanbusz betrieben.
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Inzwischen schüttet es, da habe ich gleich doppelt Glück gehabt, dass ich es im Trockenen hergeschafft habe…
Der Busfahrer kontrolliert erst den Pass, ehe er mir eine Fahrkarte für 5 € verkauft (Zahlung in serbischen Dinar will er nicht so gern und ich hatte gehofft, noch ein paar loszuwerden…).
Der Eisenbahnfan steigt auch zu, war auf einer Konferenz in Novi Sad und fährt jetzt auf dem interessanten Weg zurück nach Köln.
Es regnet während der gesamten Fahrt.
Goodbye, Serbien. Willkommen am Stacheldrahtzaun von Ungarn.
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Die Ausreise dauert nur fünf Minuten, die Einreise dauert dagegen über 30. Dann geht es weiter über eine gut ausgebaute Landstraße nach Szeged, immerhin durchgehend von einem getrennten Radweg begleitet. Die verbleibenden Kilometer bis Szeged und die geschätzte Geschwindigkeit lassen mich erahnen, dass es für die Zugabfahrt um 16:45 Uhr nach Budapest sehr knapp werden wird. Und tatsächlich kommen wir um exakt 16:46 Uhr vor dem Bahnhof an, also bleibt mir Zeit, mich ein wenig umzuschauen.
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Der Tram-Train wartet auf seinen nächsten Einsatz.
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Auch von innen ist der Bahnhof recht hübsch.
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1-Wagen-Regionalbahn
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Der Regen lässt etwas nach
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Dieser Wagen könnte in ziemlich viele Länder fahren… Und das Kürzel XK musste ich auch erst mal googlen (Kosovo).
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Unter einer ordentlichen Rußwolke setzt sich der Regionalzug nach Békéscsaba in Bewegung.
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Der IC aus Budapest kommt rappelvoll an. Für die Rückfahrt gibt es nur fünf statt sieben Wagen und ich wähle natürlich einen mit Übersatzfenstern.
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Ein paar Sonnenstrahlen wagen sich hervor, als Szeged zurückbleibt.
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Allmählich füllt sich der Zug, immer wieder regnet es und wir sammeln ein paar Bonusminuten ein.
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Inzwischen bin ich hungrig wie ein Bär und froh, als sich endlich Budapest nähert. Ein paar Abteile weiter feiern einige Halbstarke Party und die Musik dröhnt durch den Wagen. Immer wieder laufen sie durch den Gang auf und ab, reißen wahllos irgendwelche Fenster auf und plärren herum. Sie haben es offenbar nicht so eilig, auszusteigen, denn als der Zug hält, dröhnt die Musik noch immer lautstark aus ihrem Abteil.
Geschafft – nach ziemlich genau 12 Stunden.
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Ich kaufe flott direkt am MÁV-Automaten eine 24h-Karte. Eigentlich bräuchte ich 48h, aber zweimal 24h ist günstiger als die ebenfalls angebotene 72h-Karte. Nur darf ich morgen Abend nicht vergessen, eine neue Fahrkarte zu kaufen…
Es herrscht viel Betrieb an diesem Samstagabend und wo bleibt denn die Tram? Nach fünf Minuten hat sich bereits eine Menschenmasse gesammelt und als sie dann kommt, wird es ein ziemliches Gequetsche.
Ich bringe mein Gepäck zur Unterkunft und breche sofort wieder zu einem Langós-Bistro auf. Ich stehe kurz vor dem Verhungern und er schmeckt wunderbar. Als Nachtisch nehme ich gleich noch einen Placsinta (ähnlich wie Crêpes) dazu. Gestärkt und zufrieden breche ich auf eine Nachttour auf.
Dazu steige ich wieder in die Tram 4/6 Richtung Süden. Den Blick von der Petöfi híd merke ich mir mal für die blaue Stunde vor.
2023 wendet am Móricz Zsigmond körtér
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Szent Imre wacht über den Platz
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Zu dem großen Verkehrsknotenpunkt führen gleich fünf Tramstrecken.
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Ich fahre eine Station weiter. Das mächtige Szent-Imre-Gymnasium liegt direkt an der Haltestelle.
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Bedarfshaltestellen sind ein Fluch für den Nachtfotografen…

Um Punkt 23 Uhr geht die Gebäudebeleuchtung aus. Ich steige in einen Kleinbus türkischer Herkunft, der mich unter abartigem Geheule zur Zitadelle hochfährt.
Auch wenn die immer noch geschlossen ist, finden sich weitere gute Aussichtspunkte.
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Nun spüre ich Müdigkeit, außerdem ist gegen 23:30 Uhr auf den meisten Linien Betriebsschluss. Den Fußweg zur 24h-Linie 4/6 spare ich mir dann doch und nehme stattdessen einen Bus, der ganz in der Nähe am Szent Gellért tér abfährt.
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
Tram Regbg ?
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Tram Regbg ? »

Ich hoffe, Dir ist bewusst welches Fahrzeug Du in Szeged fotographiert hast ? Das ist 92-55-0418-103-1 Csörgő. Diese Lokomotive ist ein Unikat. Jeder Eisenbahnfan in Ungarn kennt dieses Fahrzeug. Wie gesagt, das ist ein Einzelstück. Komplett resatauriert und in der ursprünglichen Farbe rot lackiert. Kommt auch an jedem Retró-Wochenende im ganzen Land zum Einsatz. Hausstrecke ist natürlich Szeged <-> Békescsaba.
Eine neue Strassenbahn für Regensburg ? Eine kluge Entscheidung !!
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tram Regbg ? hat geschrieben: 24 Jan 2023, 17:54 Ich hoffe, Dir ist bewusst welches Fahrzeug Du in Szeged fotographiert hast ? Das ist 92-55-0418-103-1 Csörgő. Diese Lokomotive ist ein Unikat. Jeder Eisenbahnfan in Ungarn kennt dieses Fahrzeug. Wie gesagt, das ist ein Einzelstück. Komplett resatauriert und in der ursprünglichen Farbe rot lackiert. Kommt auch an jedem Retró-Wochenende im ganzen Land zum Einsatz. Hausstrecke ist natürlich Szeged <-> Békescsaba.
Ich habe mir schon gedacht, dass die Lok irgendwie besonders ist, wusste aber nicht, welchen Zufallstreffer ich gelandet habe - danke für die Aufklärung :)

Tag 18 Budapest

Nach einem gemütlichen (und späten) Frühstück starte ich Richtung Szentendre.
Kitschiges Blumengeschäft in einer Unterführung
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4311/4152 unter der Margit híd
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Es folgt 4086
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Combino auf der Margit híd
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Blick zum Parlament
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Es ist ein angenehmer Herbsttag und ich lasse die Häuser und Gärten am offenen Fenster vorbeiziehen.
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Angekommen in Szentendre
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Ziel des heutigen Tages ist ein weiterer Besuch im ÖPNV-Museum, da der einige Monate zuvor im Schnelldurchlauf erfolgen musste. Blick in den Freilichtteil
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Als ich an der Kasse ankomme, kauft gerade ein zwölfjähriger Junge eine Linienverlaufstafel. Mein Kauf vom letzten Besuch hängt inzwischen an der Wand.

Ein paar zusammengefasste Funfacts aus der umfangreichen Ausstellung zur Geschichte des Nahverkehrs in und um Budapest:
- Ab 1971 beschaffte Budapest insgesamt über 4000 Ikarus-Busse.
- Das Ikarus-Monopol wurde erst 2004 mit der Beschaffung von Volvo-Fahrzeugen gebrochen. Sie wurden während der monatelangen Sperrung zur Sanierung der M2 als SEV eingesetzt.
- Im Ostblock gab es ursprünglich keine Gelenk-Obusse – sie wurden eigens für Budapest neu entwickelt.
- In der Anfangszeit der elektrischen Straßenbahn wurde in Budapest mit einer unterirdischen Stromschiene experimentiert.
- Seit 1997 können Fahrkarten in Budapest für alle Verkehrsmittel genutzt werden – davor gab es jahrzehntelang getrennte Abos für Bus oder Tram (letztere auch gültig in der Vorotbahn HÉV).
- In Budapest gibt es 5 Busdepots und 9 Tramdepots (!).
- 1988 wurde ein Prototyp der Hungaroplan genannten Tram hergestellt – eine Coproduktion vom Betreiber BKV und Ikarus. Genutzt wurde eine bunte Mischung an Bauteilen aus Trambahnen, Bussen und Autos. Das Projekt war allerdings ein finanzielles Fiasko und so kam es nie zu einer Serienproduktion. Der Prototyp steht jetzt im Museum (links im Bild).
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Rundgang durch das Depot – ein Cowbino ;)
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Tramfahrzeuge mehrerer Generationen
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Schienenreinigungswagen der Vorortbahn
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Es gab im Laufe der Geschichte diverse Fusionen und Abspaltungen von Tram- und Vorortbahnbetreibern. Daher gibt es ein Sammelsurium an Kürzeln auf den Wagen.
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Der erfolglose Versuch vom ungarischen Hersteller Ganz, einen U-Bahnwagen zu entwickeln, um die Metrowaggonmaschzüge abzulösen, kam über einen störanfälligen Prototyp nicht hinaus. Nach wenigen Jahren im Einsatz wurde der Exot abgestellt.
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Man merkt es der Geschichte Budapests an, dass es immer eine ÖPNV-Stadt voller Innovationen war. Und auch wenn das Tramnetz seit den 1960ern Federn lassen musste, ist es die Stadt bis heute auch geblieben.

Ich liebäugle mit einem weiteren Souvenir, aber noch eine Linientafel, die ich nicht richtig verstauen kann? Lieber nicht…

Goldener Herbst
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Ich spaziere in den Ortskern und stärke mich mit Csirke Paprikás (Hähnchen-Gulasch) mit Nockerln. Leider war mein Hunger mal wieder schneller als die Kamera…

Die belebte Innenstadt mit Marktständen, Straßenmusiker und Jongleur – eine echte Perle.
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Rückfahrt
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Ich steige bereits am Szentlélek tér aus, um über einen Umweg mit der Tram zurückzufahren.
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Auf der Halbringlinie 1 kommen die 56 m-Urbos zum Einsatz.
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Der großzügige Bahnsteig ist auf wirklich große Fahrgastmengen ausgelegt und bietet sogar Platz für noch längere Trambahnen.
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2101 fährt ein
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Blick auf die unter der Brücke fahrende HÉV
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Die Linie 1 führt inmitten einer Schnellstraße durch ein wenig attraktives Umfeld.
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Große Spiegel helfen beim Abfertigen
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Einige Haltestellen sind nur durch eine Unterführung zugänglich, aber sie sind auch durch Rampen oder Aufzüge barrierefrei erreichbar.
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An der Lehel utca / Róbert Károly körút steige ich in den 14er um. Durch den dichten Verkehr sind hier Fotos sogar sonntags schwierig.
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Die Linie 14 endet etwas ungünstig am Lehel tér. Die Nord-Süd-Achse durch die Innenstadt zum Deák Ferenc tér fiel in den 1980er Jahren der U-Bahn zum Opfer – immerhin gibt es Bestrebungen zur Wiederherstellung dieser Verbindung, die sicher sehr erfolgreich wäre und den Umsteigzwang zur U-Bahn abschaffen würde. Eine Straßenüberführung am Nyugati pályaudvar müsste dafür allerdings abgerissen werden.
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Direkt an der Tramhaltestelle Lehel tér gibt es eine Markthalle, die vermutlich deutlich weniger touristisch als die zentrale Markthalle ist. Die muss ich mir fürs nächste Mal vormerken.
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Zur blauen Stunde spaziere ich über die Petöfi híd. Der Blick über die blaue Donau ist wunderbar, der Lärm der vielen Autos leider weniger. Während ich die Fotos mache, ertönt an der Haltestelle zuerst auf Ungarisch, dann auf Englisch eine Durchsage, dass die Linien 4, 6 und 19 vorübergehend teilweise im SEV fahren. Insbesondere die englische Stimme ist sehr schrill und der Besoffene, der in der Haltestelle herumgammelt, schreckt jedes Mal auf, wenn die Durchsage abgespielt wird.
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Am Donauufer stinkt es nach Schiffsabgasen, sodass der Aufenthalt dort auch nicht besonders angenehm ist.

Unterführung am Boráros tér mit Klamottenladen und Imbiss
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Die Unterführung ist sehr weitläufig
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Hier endet die HÉV-Linie aus Süden und ein Menschenstrom ergießt sich aus der Bahn.
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961 wartet die Abfahrtszeit ab. Im Hintergrund die Freiheitsstatue neben der Zitadelle
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In Tschechien habe ich immer wieder gehört, dass die Trdelník (Baumstriezel) eigentlich gar keine tschechische, sondern eine ungarische Spezialität wären. Tatsächlich entdecke ich auch in Budapest einige wenige Verkaufsstände, aber deutlich weniger als in Prag.
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Funkenschlag an der Oberleitung
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Petöfi híd
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Langzeitbelichtung an der Zsil utca, links das Kultur- und Gastronomiezentrum Bálna
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Szabadság híd
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Die Linie 2 verkehrt kreuzungsfrei untendurch
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Ich steige in die nächste Tram Richtung Norden ein. Eine größere Gruppe 18-jähriger Mädels kommt laut kreischend auf die Tram zugerannt, was in der Unterführung übel hallt. So ein Spektakel…

Den Abend möchte ich mit einer Fahrt entlang der Donau ausklingen lassen und dann allmählich mit der 4/6 zurückfahren. Ist ja schon 20:45 Uhr, wie schnell der Tag vergangen ist… Moment. 20:45 Uhr?! Verdammt. Ich habe es doch geahnt, dass ich es vergessen werde, mir rechtzeitig eine neue Tageskarte zu kaufen. In der Tram gibt es keine Automaten und wenn ich aussteige, muss ich wohl 10 min auf die nächste warten. Ich beschließe, es für die verbleibenden 5 min Fahrt zu riskieren. An der nächsten Haltestelle steigen drei Asiaten mit Masken ein, zwei haben sie auf dem Gesicht, eine am Handgelenk. Das sind keine Kontrolleure, ebenso wenig wie die Frau mit Handy am Ohr. Am nächsten Halt fahren wir mangels Bedarfs durch, am Parlament wartet niemand an der Haltestelle, nur steigen ein paar aus und an der vorletzten Haltestelle fahren wir wieder durch. Und jetzt kaufe ich mir erstmal die neue Tageskarte.

Fotogener Blumenladen an der Tramhaltestelle
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Bald darauf besteige ich die Linie 4/6, die inzwischen wieder normal fährt.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von einen_Benutzernamen »

Doch niemand benutzt die Dusche, weder der Tscheche Mitte 30, der in der Schweiz lebt, noch die junge deutsche Frau, die nach der Begrüßung gleich in ein anderes Abteil verschwindet.
Verständlich Ich würde mich ja auch nicht vor einen fremden entblössen.
Die Fummelei am Flughafen ist schon nervig genug. :roll:
3er-Schlafwagenabteil
:shock: Bin Ich etwa altmodisch mit meinen moralischen vorstellungen aber Ich würde mir niemals ein Abteil mit einer fremden Person teilen. Für mich ist das schon ein viel zu intiemer Ort.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

Tag 19 Budapest → Basel

Um etwaige Schließfachprobleme am Bahnhof zu umgehen, buche ich online eine Gepäckaufbewahrung. Für knapp 7€ kann ich meinen Koffer in einem Hotel in Bahnhofsnähe abgeben und später wieder abholen. Danach schaue ich mich nach interessanten Fahrzeugen am Busbahnhof um. Ich kann zwischen Ikarus-Trolleybus und Ikarus-Dieselbus wählen und entscheide mich für Letzteren.
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Ich schaue in der BudapestGo-App nach, wo der eigentlich hinfährt. Die Linie führt Richtung Norden und ich kann dann irgendwann in die Tram oder Metro umsteigen und zurückfahren. Es sind einige Fahrgäste unterwegs, doch der Bus ist nicht überfüllt. An einer Haltestelle gibt der Fahrer Gas, der Motor heult auf, doch wir rühren uns nicht vom Fleck. Er drückt irgendwelche Schalter und Knöpfe, wieder heult der Motor auf, doch wieder passiert nichts. Nach einem weiteren Versuch geht es dann wieder. Ein paar Haltestellen weiter stirbt der Motor kurz nach dem Anfahren von einer Haltestelle ab, der Bus bleibt stehen und blockiert die ganze Straße. Der Fahrer drückt genervt alle möglichen Knöpfe, wieder und wieder. Nichts. Motor aus, Motor wieder ein. Nichts. Nach etwa zwei Minuten gelingt es ihm dann schließlich, den Bus wieder in Bewegung zu setzen. Ich habe schon die Befürchtung, dass die Ikarus-Fahrt vorzeitig enden wird. An der nächsten Haltestelle hält er in der Busbucht an und wieder lässt sich der Bus nicht mehr in Bewegung setzen.
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Alle müssen aussteigen und mit dem nächsten Bus weiterfahren.
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Ich passiere das Eisenbahnmuseum, das muss ich mir fürs nächste Mal merken, denn es hat montags geschlossen. Schließlich steige ich aus, um ein paar Tramfotos zu machen. Zwischen den Wolken gibt es immer wieder Sonnenlücken. Auf der Linie 14 sind Tatra-Großzüge und einige Urbos unterwegs.
Während 4206 im Wendegleis die Abfahrtszeit abwartet, rollt 4057 in die Haltestelle Angyalföld kocsiszín.
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4244 folgt
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2246 nebst 4241
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Ikarus-Wagen 805 ist munter unterwegs
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4082 passiert die prächtige Stadtteilverwaltung am Szent István tér
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4257 am Szent István tér
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4123 wenige Meter weiter
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Blumen und Langós
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4248 gefolgt von 4029 am Újpest-központ
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Allmählich kehre ich um und gehe in die Metro. Auf dem kurzen Stück der M3 im Norden, das nicht wegen Sanierung geschlossen ist, werden modernisierte Metrowaggonmasch-Züge eingesetzt. Von innen ist ihre Geschichte noch gut erkennbar.
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Auch von außen gibt es noch das charakteristische Aussehen.
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Nur die modernisierte Front passt irgendwie nicht so recht.
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Die Fahrgastzahlen bleiben auf den wenigen Haltestellen überschaubar, weiter geht es im Ersatzbus. Für die Dauer der mehrjährigen U-Bahnsperrung sind auf weiten Strecken temporäre Busspuren markiert, die ein zügiges Vorankommen ermöglichen. Da stören eigentlich nur noch die Ampeln.

Bald beginnt meine vorab gebuchte Führung durch die Oper, welche erst kürzlich nach mehrjähriger Sanierung wiedereröffnet wurde. Ich gehe ein kurzes Stück zu Fuß und stehe vor dem imposanten Gebäude.
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Budapest wollte seinerzeit auch eine Oper, um mit den Metropolen wie Wien und Paris mitzuhalten. Doch dafür musste der Kaiser von Österreich-Ungarn um Erlaubnis geboten werden. Der stimmte dem Bau zu, unter der Bedingung, dass die Oper in Budapest nicht größer als die in Wien wird. Notgedrungen stimmten die Ungarn zu und so wurde die Oper gebaut.
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Dabei kamen mit wenigen Ausnahmen heimische Materialien und Arbeitskräfte zum Einsatz. Mit einer besonderen Technik wurde Blattgold ganz fein aufgebracht, sodass insgesamt nur rund 3 kg Gold gebraucht wurden – bei diesem Anblick kaum zu glauben...
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Als der Kaiser die Oper zum ersten Mal erblickt hat, soll er gar nicht erfreut gewesen sein. Sie hätte nicht nur nicht so groß wie die in Wien sein sollen, sondern auch nicht so schön… Das Gebäude hielt damals einige technische Besonderheiten bereit – unter den Sitzen wurden im Sommer Eisblöcke zur Kühlung verstaut, im Winter wurde auf diese Weise geheizt.
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Auf dem Dach befand sich ein großer Wassertank, um Brände zu bekämpfen, da die Opern anderer Städte verheerenden Bränden zum Opfer gefallen waren. Um das Gemälde an der Decke fertigzustellen, benötigte der Maler über 6 Jahre.
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Die Königsempore war der damaligen Königsfamilie vorbehalten, die außerdem über einen separaten Eingang verfügten, um nur unter ihresgleichen zu sein. Auch heute noch werden diese Plätze nicht verkauft – sie sind den höchsten Politikern und ihren Gästen vorbehalten.
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Blick von der Terrasse nach oben…
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…und auf die Andrássy út
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Vor der Terrasse befand sich der Rauchergang, vom restlichen Bereich damals durch dicke Vorhänge abgetrennt, um den Geruch vom restlichen Gebäude fernzuhalten.
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Angeblich war durch die viele Qualmerei die Sicht teilweise so schlecht, dass man die ausgestreckte Hand nicht mehr sehen konnte. Die Aschenbecher waren mit Wasser gefüllt, um Bränden vorzubeugen. Zum Schluss gibt es noch eine rund zehnminütige Live-Vorstellung (zu Musik aus Lautsprechern) im Haupttreppenhaus – für mich eine große Überraschung, die den interessanten Besuch vervollständigt.
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Nun habe ich mir eine Gulaschsuppe zur Stärkung verdient. Dafür nehme ich die Milleniums-U-Bahn, welche in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt wurde.
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Der nächste Programmpunkt ist eine Fahrt mit Ex-Hannoveraner Wagen Richtung Osten. Sie werden in Budapest seit 2001 eingesetzt.
1536 am Blaha Lujza tér
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Die Fahrten sind gut nachgefragt, aber nie überfüllt und es finden sich immer noch freie Plätze.
1337 an der Magdolna utca
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1559 wenige Schritte weiter
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1549 an der Kőbányai út / Könyves Kálmán körút
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Hier wird die Halbringlinie 1 gekreuzt
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1569 bei Eiffel Műhelyház
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Die Stelle bei Köbánya alsó hat mich bereits beim vorherigen Besuch angelacht und dieses Mal ist das Wetter deutlich besser.
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Zu Beginn sind die Ampeln die größte Behinderung, weiter draußen wird der Gleiszustand dann katastrophal. Plötzlich steigt der Fahrer aus, knallt die Tür seiner Kabine mit voller Wucht zu und stellt die Weiche von Hand. Beim Wiedereinsteigen wird er von einem Mann angesprochen, doch ich weiß nicht, worum es geht. Jedenfalls knallt er die Tür wieder mit einer solchen Wucht zu, dass ich Angst habe, dass das Glas bricht. Der Mann spricht weiter durch den Spalt mit dem Fahrer. Der fährt plötzlich wie ein Henker, gibt Vollgas, um 50 m weiter wieder auf 5 km/h abzubremsen und dann 2 Minuten im Schritttempo zu fahren. Plötzlich wieder Vollgas, 100 m später Vollbremsung an der nächsten Haltestelle, sodass die Magnetschienenbremsen fallen. Mir wird angst und bange bei dem Fahrstil, ob es sich tatsächlich um entsprechende Langsamfahrstellen handelt oder er absichtlich so langsam bummelt, ist mir nicht klar. Jedenfalls bin ich froh, nach einer Weile für ein Foto auszusteigen.
1549 nähert sich der Sírkert út
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1614 ebendort
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1549 an der Haltestelle Új köztemető vor einem riesigen Friedhof
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Die Bahnen kommen nicht so regelmäßig und mir gelingt keine Befahrung bis zum Streckenende zwei Stationen weiter, ohne meinen Aussichtspunkt in der Nähe der Zitadelle von der Liste streichen zu müssen. Also fahre ich zurück, der Fahrer fährt zwar an einigen Stellen recht langsam, aber nicht so merkwürdig wie der andere Kollege. Mit dem Bus geht es über die Donau und ich bin pünktlich zum Anbruch der blauen Stunde auf dem Hügel.
Buda und Pest reichen sich die Hände
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Es ist ein windiger, herbstlicher Abend und nicht mehr viele Menschen sind unterwegs. Ich dagegen habe nichts gegen das kühle Wetter.
Blick vom Gellérthegy
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Erzsébet híd
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Bald nehme ich den Bus zurück, um noch Zeit für einen Langos zum Abschiedsessen zu haben. Der Verkäufer empfiehlt mir, mit Knoblauch zu probieren, was ich bisher noch nie getan habe. Ich stimme zu – zwar intensiv, aber durchaus lecker. Dann fahre ich zurück zum Bahnhof, hole meinen Koffer ab.

Ich teile mir das Liegewagenabteil mit einem älteren Herrn, der aus Ungarn stammt, aber nach der Revolution 1956 zuerst nach Belgien und anschließend in die USA ausgewandert ist und seitdem in Colorado lebt. Nun besucht er noch seinen Bruder in Zürich. Die Fahrt startet mit +7, die anderen beiden Liegen bleiben frei. Ratterratter. Dongdong. Ratterratter. Ohje, der Wagen hat eine üble Flachstelle und scheint generell nicht in bestem Zustand zu sein. In einem WC gibt es kein Wasser im Waschbecken, im Waschraum keine Seife, im anderen WC kommt mir ein Spiegel in jeder Kurve entgegen. Die Verspätung nimmt leicht zu, bei der Einfahrt in Györ leuchtet ein Eisenbahner, einen dieser mich schon immer faszinierenden Hammer in der Hand, die Räder mit einer hellen Lampe ab. Nach ein paar Minuten geht es dann weiter. Ratterratter. Dongdongdong. In den Bögen spürt man die Flachstelle nicht so stark wie auf gerader Strecke. In Hegyeshalom stehen wir wieder fast 20 min herum, immerhin nicht 60 wie bei meiner letzten Fahrt. Mit +30 geht es weiter und ich ahne schon, dass ich morgen länger schlafen kann. Hunderte rote Lichter tauchen in der Schwärze der Nacht auf, als wir die Grenze nach Österreich überquert haben, Warnlampen an Windrädern. Ich genieße noch die Reise in die Nacht bis Wien und lege mich dann hin. Es dauert eine Weile, bis ich einschlafe, ich spüre noch die schnelle und verhältnismäßig ruhige Fahrt über die ausgebaute Westbahn.
Mein Schlaf ist nicht besonders erholsam, die Decke ist irgendwie zu kurz und über Nacht ist es etwas kühl im Abteil geworden. Der Wagen hat einen ziemlich unruhigen Lauf und die Flachstelle tut ihr Übriges, um mir den Schlaf zu vermiesen. Irgendwann werde ich mit Druck auf den Ohren wach, muss wohl der Arlberg sein. Das nächste Mal höre ich ein dumpfes Klopfen. Nein, das kommt nicht vom Drehgestell. Der ältere Mann öffnet die Abteiltüre. Ich sehe nur ein Gesicht mit Maske vor hellem Hintergrund. „Guten Morgen, Schweizer Zoll. Haben Sie etwas zu verzollen?“ Grmblmpfnein. Die Tür geht wieder zu, das Licht verschwindet. Schon 7:35 Uhr, wir haben noch mehr Verspätung aufgebaut. Ich döse wieder ein. Es ist nach 9, als wir durch Pfäffikon rollen und ich bin mir sicher, dass es Geld zurückgeben wird.
Mit +62 erreichen wir schließlich Zürich, der nette ältere Herr wünscht mir viel Glück im Leben und wir verabschieden uns. Auf mich wartet der TGV nach Basel in Form eines vierteiligen Twindexx, was an diesem Dienstagvormittag aber völlig ausreichend ist. Mit exakt +60 geht die Reise also zu Ende.
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Fazit

Split habe ich als sehr touristische (und auch teure) Stadt in Erinnerung und daran hat sich nichts geändert. Schon vor 10 Jahren waren das dortige Preisniveau vergleichbar mit Deutschland. Die historische Altstadt aus der Römerzeit ist hoffnungslos überlaufen – tagsüber, aber auch abends kann man sich kaum frei bewegen, so dicht schieben sich die Menschenmassen durch die engen Gassen und das, obwohl ich außerhalb der Hauptsaison unterwegs war. Bei so vielen Touristen erstaunt es, dass die Nachtzüge aus Prag, Budapest und Wien alle nur saisonal und bis kurz nach meinem Besuchszeitpunkt fuhren. Dass die Stadt bei Touristen so beliebt ist, kann ich durchaus nachvollziehen. Neben den Überresten aus der Römerzeit gibt es westlich davon auf dem Weg zum Marjan-Hügel weitere interessante Stadtviertel mit verwinkelten Gassen und kleinen Restaurants. Der Wald auf dem Marjan-Hügel stellt in der Region durchaus etwas Besonderes dar – an der Küste gibt es nur sehr wenig Wald, sodass man dort im Sommer einen der wenigen schattigen Orte findet. Ich jedenfalls finde die Lage zwischen Bergen und Meer fantastisch und hätte gerne noch ein paar weitere Tage für die Erkundung der Umgebung gehabt.
Die Busflotte ist modern und klimatisiert, definitiv ein Fortschritt gegenüber meinem vorherigen Besuch. Tagsüber habe ich oft überfüllte Busse gesehen. Die Stadt erstickt in Autos und bräuchte dringend Verbesserungen im ÖPNV. Die Siedlungsgeografie fördert und fordert tendenziell die Entstehung von viel Verkehr – von allen besuchten Orten hatte ich in Split das Gefühl, die schlechteste Nahversorgung zu haben, dafür besonders große Supermärkte irgendwo am Stadtrand.
Ganz neu sind auch die Nextbikes, von denen ein Teil E-Bikes sind und die sich daher auch für bergige Touren gut eignen. Der erste Schritt zur Verkehrswende ist getan, allerdings muss nun noch eine viel bessere Infrastruktur geschaffen werden, damit die Busse nicht ewig im Stau feststecken, zumal auf viele Hauptstraßen ausreichend Platz für eine Busspur wäre. Radfahren ist größtenteils nur was für Abenteurer, denn man hat eigentlich nur die Wahl, entweder auf den schmalen Gehwegen mit diversen Hindernissen oder mitten in der Blechlawine auf den Hauptstraßen zu fahren. Ich habe meine Route nach Kaštel Stari bewusst so geplant, die größten Hauptstraßen möglichst zu vermeiden und dennoch waren die ersten 15 km durch die Stadt keine Freude. Außerhalb von Split waren es dann vor allem Einbahnstraßen, die das Vorankommen etwas mühsam machen, aber da es sich nur um sehr schwach befahrene Seitenstraßen handelt, bin ich einfach falschrum durchgefahren, um möglichst in Meeresnähe zu bleiben.
Die Betriebsqualität der Eisenbahn ist zumindest auf der Strecke nach Split unterirdisch. Vermutlich ist aufgrund der wenigen Kreuzungsmöglichkeiten und der fahrdynamisch nur geringen Geschwindigkeiten in den Steigungen wegen der schwachen Dieselloks kein besonders dichter Verkehr möglich und die Strecke durch den Regionalverkehr schon ziemlich ausgelastet. Der Fahrplan von Regiojet scheint mir etwas zu optimistisch zu sein und ich kann mich mit meinen +30 ziemlich glücklich schätzen. Bereits im Vorjahr galt der Zug als äußerst unzuverlässig und musste dann gelegentlich in Ogulin verenden und durch Busse ersetzt werden. Dass zweimal täglich ein 612er als IC nach Zagreb ausreicht, zeigt schon, welch geringe Bedeutung die Eisenbahn auf dieser Strecke hat, was eigentlich sehr schade ist. Denn sie ist landschaftlich sehr reizvoll, eine Reise durch die verschiedenen Vegetationszonen von mitteleuropäisch bis mediterran und ich kann sie sehr empfehlen.

Auf den ersten Blick ist Bosnien genauso geblieben, wie ich es in Erinnerung habe, irgendwo zwischen Orient und Okzident, Kirchen neben Moscheen, vollverschleierte Frauen neben freizügig gekleideten, alles drinnen wie draußen hoffnungslos verqualmt und die noch nicht geschlossenen Wunden des Krieges omnipräsent. Kulinarisch eher eintönig mit dem typischen Balkangrill, Eintöpfen und Eingelegtem, ein wenig Abwechslung bringen orientalische Einflüsse. Frisches Obst und Gemüse findet man fast nur auf dem Markt. Bereits bei meinem ersten Besuch hat mich das friedliche Miteinander der Religionen beeindruckt – beim nicht ganz so friedlichen Miteinander der drei Bevölkerungsgruppen scheint es immerhin gewisse Fortschritte zu geben. Dennoch bleibt die Situation fragil und eine für alle Einwohner befriedigende Lösung zu finden, dürfte der Quadratur des Kreises gleichkommen. Ich habe gewisse Zweifel daran, dass Bosnien in der heutigen Form mit den zwei autonomen Teilrepubliken so dauerhaft Bestand haben wird.
Auf den zweiten Blick gibt es doch einige Veränderungen in den letzten 10 Jahren zu erkennen. Bosnien ist definitiv kein Geheimtipp mehr, in Mostar und Sarajevo müssen sich die Touristenzahlen vervielfacht haben. Sogar durch Sarajevo touren jetzt Sightseeing-Doppeldeckerbusse. Man hört neben Deutsch und Englisch auch weitere Sprachen und die Englischkenntnisse vor Ort sind sehr viel besser und damit die Verständigung einfacher geworden, wobei viele ältere Menschen ohnehin Deutsch sprechen. Ob das auch auf die Republika Srpska zutrifft, ist schwer zu sagen. Diese scheint mir auf den ersten Blick nationalistischer und deutlich weniger Westlich zu sein.
Für mich ist es eindeutig, dass Bosnien das ärmste der besuchten Länder ist und die Infrastruktur dort im schlechtesten Zustand ist. Aber auch in dieser Hinsicht hat sich etwas getan – das Rollmaterial der ŽFBH ist topmodern, nur schade, dass man damit nicht weit fahren kann. Denn es gibt nicht nur seit mehreren Jahren keine internationalen Personenzüge mehr nach Bosnien (mit Ausnahme des diesen Sommer nach vielen Jahren Pause wieder eingeführten saisonalen Zuges Sarajevo – Ploče, der zum Zeitpunkt meines Besuchs bereits nicht mehr gefahren ist), sondern auch keine Personenzüge zwischen den beiden Teilrepubliken.

Belgrad ist eine lebhafte Stadt mit einem hohen Lärmpegel und hoffnungslos verstopften Straßen, touristisch noch weitgehend unentdeckt mit einem sehr günstigen Preisniveau, noch längeren Öffnungszeiten als die ohnehin schon langen in Bosnien, verbindet das Chaos einer orientalischen Stadt mit Resten der sowjetischen Mentalität und dem Hauch einer Weltstadt. Meiner Meinung nach ist klar erkennbar, dass Serbien nicht in der EU ist - der Unterschied zu Ungarn oder gar Tschechien ist in vielerlei Hinsicht enorm - aber durchaus finanziell besser aufgestellt ist als Bosnien. Kulinarisch ist die Stadt geringfügig abwechslungsreicher als Bosnien – da wundert es mich nicht, dass der Inder mit seinem kleinen Restaurant laut seinen Angaben der erste ist. Die Supermärkte sind dagegen deutlich besser sortiert als in Bosnien. Kartenzahlung ist wesentlich weiter verbreitet als in Kroatien oder Bosnien. Dort findet man gefühlt alle 20 m einen Geldautomaten, kein Wunder, kosten sie doch alle 5 € Gebühr.
Die Verkehrssituation ist chaotisch, es gibt viel zu viele Autos, die ungeduldig hupend um jeden Meter kämpfen, vor allem in der HVZ. Durch blockierte Knotenpunkte kommt der gesamte Verkehr regelmäßig zum Erliegen und bis die gordischen Knoten wieder gelöst ist, dauert es oft mehrere Minuten. Darin stecken dann auch Busse, Obusse und Trambahnen fest, die in der Innenstadt nicht überall einen besonderen Bahnkörper haben oder deren Fahrt über die Kreuzung dann trotzdem behindert wird. Immerhin gibt es auch einige Busspuren, aber viel zu wenig, um ein einigermaßen verlässliches Angebot zu schaffen. Die kleinen Fahrzeuge in Kombination mit den massiven Behinderungen durch den MIV, aber auch durch die langen LSA-Umlaufzeiten sind fatal – denn es kommen fast immer mehrere Fahrzeuge hintereinander und dann lange nichts, sodass Überfüllungen sehr häufig sind. Bei der Tram gibt es als zusätzliches Problem, dass in den meisten Wendeschleifen keine Überholmöglichkeit besteht, also die unterschiedlichen Linien keine voneinander unabhängig Wendezeit abwarten können, ohne das nächste Fahrzeug zu behindern. Dadurch kommt es vor, dass die Fahrzeuge schon im Pulk starten.
Abhilfe soll nun endlich nach Jahrzehnten der Planung eine U-Bahn schaffen. Alstom und ein chinesisches Unternehmen sind daran maßgeblich beteiligt. Zunächst sollen zwei Linien gebaut werden, die im Osten miteinander verbunden sind. Später kann dann eine dritte Linie dazukommen.
https://www.lok-report.de/news/europa/i ... d-eur.html
Einige interessante Infos zum Projekt auch hier:
https://www.bgmetro.rs/index.php/en/bg- ... ment-plans
Nicht nachvollziehbar finde ich den Streckenverlauf der Linie 1 Richtung Süden, der direkt entlang einer gut ausgebauten Tramachse führt und dabei weder das Uniklinikum noch den ohnehin miserabel angebundenen neuen Hauptbahnhof erschließt. Kritiker des Projekts vermuten – wie in Serbien allgegenwärtig – Korruption, um unter anderem das Immobilienprojekt am Flussufer in der Nähe des alten Bahnhofs anzubinden und dadurch für Wertsteigerungen zu sorgen.
Zudem gibt es große Pläne zum Tramnetzausbau, doch bisher handelte es sich fast nur um leere Versprechen. Die einzige Neubaustrecke ging über die neue Ada Bridge 2019 in Betrieb, wohlgemerkt 7 Jahre nach der Fertigstellung der Brücke für den MIV. Außerdem war und ist das Tramnetz immer wieder für lange Zeiträume durch Baustellen beeinträchtigt. Inzwischen sind aber weite Teile des Streckennetzes saniert und in für Osteuropa gutem Zustand.
Eine Endlosbaustelle ist der neue Hauptbahnhof Beograd Centar, dessen Name nicht weiter von der Realität entfernt sein könnte. Baubeginn des Bahnhofs und der größtenteils im Tunnel verlaufenden Zulaufstrecken war bereits in den 70er Jahren. Ziele waren der Ersatz des innenstadtnahen Kopfbahnhofs für bessere Möglichkeiten einer HGV-Anbindung sowie ein Ausbau des S-Bahnnetzes. Nach mehreren Baustops, vor allem wegen Geldmangels, wurde 2016 endlich der Teilausbau abgeschlossen und allmählich die Regional- und Fernzüge vom alten Bahnhof verlegt. 2018 wurde dann der alte Bahnhof geschlossen und die Gleise entfernt. Dort entsteht das Stadtentwicklungsprojekt Belgrade Waterfront. Im Endausbau wird der neue Bahnhof 10 Durchfahrtsgleise haben, die Mehrfachbelegung zulassen. Hier wird also durchaus ein leistungsfähiger Eisenbahnknoten geschaffen – es bleibt zu hoffen, dass man vielleicht dereinst auch wieder ein paar mehr internationale Ziele von dort erreichen kann. Bei meinem ersten Besuch 2012 konnte ich noch mit dem Zug von Sarajevo nach Belgrad fahren – es war das letzte Betriebsjahr dieses Zuges. Dennoch bleibt die mangelhafte Einbindung in das städtische Umfeld ein großes Manko des neuen Bahnhofs und daran wird sich auf absehbare Zeit auch nichts ändern, selbst wenn das Gebäude auf dem Betondeckel mal fertiggestellt ist. Im innerstädtischen Verkehr weist die S-Bahn (Beovoz) trotz des unterirdischen Bahnhofs Vukov Spomenik als günstigem Umsteigebahnhof nur eine eher geringe Bedeutung auf.

Statistik
Gefahrene Bahnkilometer: 4450
Planmäßige Gesamtfahrzeit Bahn: 2d 16h 33min
Reisegeschwindigkeit Bahn: 69 km/h
Gesamtverspätung (analog FGR): 181 min
Fahrzeit Fernbusse: 16h
Gesamtreisegeschwindigkeit: 62 km/h
Langsamste Etappe: Split – Mostar (33 km/h)
Kosten Fahrkarten + Reservierungen Bahn: 283 €
Kosten pro Bahnkm: 6,4 Cent
Bus, ÖPNV, Gepäck: 99 €
Fahrrad: 19 €
Fahrtkosten gesamt: 401 €
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von 218217-8 »

Vielen Dank für diesen - wieder einmal - höchst interessanten, kurzweilig und informativ geschriebenen und hochwertig bebilderte Bericht! Er macht Lust, diese Reise ebenfalls zu machen oder wenigstes Teile davon. Außer Belgrad kenne ich bisher keine der von dir besuchten Städte aus eigenem Erleben.
Das Gebäude hielt damals einige technische Besonderheiten bereit – unter den Sitzen wurden im Sommer Eisblöcke zur Kühlung verstaut, im Winter wurde auf diese Weise geheizt.
Geheizt mit Eisblöcken? :shock:
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von 146225 »

Ich bedanke mich ebenfalls für diesen "echten Entenfang".
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von einen_Benutzernamen »

8) Der Stadler ist scheinbar fast 1:1 identisch mit der Westbahn.
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Stellwerk »

Und wieder mal ein dickes Dankeschön von mir!
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Entenfang
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von Entenfang »

218217-8 hat geschrieben: 25 Jan 2023, 23:58 Geheizt mit Eisblöcken? :shock:
Ups, ja, beim zweiten Durchlesen sehe ich meine unglückliche Formulierung ;)

Gemeint war, dass im Sommer unter den Sitzen Eisblöcke zur Kühlung eingelagert wurden und im Winter die entsprechenden Schächte zum Heizen genutzt wurden - natürlich nicht mit Eisblöcken.

Danke an alle für die positiven Rückmeldungen!
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Re: [CZ][HR][BA][RS][HU] Durch die Schluchten und Weiten des Balkans

Beitrag von einen_Benutzernamen »

Wie sauber waren die Sanitäreinrichtungen?
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