Ein schwülheißer Tag in Erfurt
Bereits die Anreise entpuppte sich bei Ankunft am Dresdner Hbf als nervenaufreibend – wie immer erscheine ich ein paar Minuten vor der Abfahrt des IC nach Hannover am Bahnhof. Doch auf dem ZZA läuft nicht gerade zu meiner Freude der Hinweis +++ heute erst ab Dresden-Neustadt +++ durch. Also flugs in die Haupthalle, nur um festzustellen, dass der Trilex gerade seine Türen geschlossen hat und abfährt. Damit erwische ich meinen IC nicht mehr.
An der DB Information wird mir mitgeteilt, dass der IC Verspätung habe und ich ruhig mit dem RE 50 fahren könne.
Währenddessen schaue ich nach, aus Richtung Leipzig ist alles mit mindestens +50 wegen Streckensperrung unterwegs.
Eine Frau diskutiert mit ihren Kindern, ob sie einfach sitzenbleiben und mit dem RE nach Leipzig weiterfahren oder in den IC umsteigen wollen. „Sitzen bleiben!“, ertönt es einstimmig. Doch am Ende wählen sie doch den Umstieg.
Viele Reisende warten bereits am Bahnsteig, auf welchem der IC mit +10 angekündigt ist. Offensichtlich wird er kurzgewendet. Das erscheint mir ziemlich sinnvoll, denn auf diese Weise dürften die Anschlüsse in Leipzig noch erreicht werden.
Doch es vergehen noch ein paar Minuten, ehe der heiß ersehnte Zug eintrifft und schon da ist mir klar, dass es wohl nicht bei den +10 bleiben wird und ich höchstwahrscheinlich nicht mehr planmäßig in Erfurt ankommen werde.
Alle Fahrgäste werden rausgeschmissen und die Dostos werden gestürmt. „So, jetzt fahren wir also über Dresden Hbf nach Leipzig?“, wundert sich eine Frau.
Neinnein, direkt nach Leipzig, um die Verspätung zu reduzieren.
Dann stehen wir erstmal eine Weile und erst mit +22 startet die Fahrt. Es heißt, wir würden aufgrund eines PU umgeleitet und daher nicht in Riesa halten. Ich rechne mit einer längeren Rundfahrt über Lutherstadt Wittenberg.
Doch nach einer halben Stunde rollen wir über die Elbebrücke an den Bahnsteig in Riesa. „Verehrte Fahrgäste, wie Sie sehen, halten wir doch in Riesa. Wir werden hier ca. 20 bis 30 Minuten warten, bis die Strecke wieder freigegeben ist. Sie können aussteigen, wir informieren Sie dann, wenn es weitergeht.“
Ich möchte mir ein bisschen die Beine vertreten und verlasse den Zug. Der Zub steht auf dem Bahnsteig und quatscht durch das Seitenfenster mit dem Tf. Ich sehe mich aber gezwungen, sie zu unterbrechen, denn das Signal steht auf Fahrt. Wollen wir nicht weiterfahren?
„Oh, schau mal, du hast ja Fahrt!“, meint der Zub überrascht zum Tf. Er formt seine Hände zu einem Trichter und brüllt: „Alles einsteigen, wir fahren weiter!“
Zwei Minuten vergehen, dann ertönt eine Durchsage. „Steigen Sie jetzt
bitte wieder ein. Wir würden gerne weiterfahren!“
Mit rund +30 rollen wir Richtung Leipzig, eine sächsische Familie, bestehend aus Mama, Papa, dem ins Smartphone vertieften 12-jährigen Sohn und der 15-jährigen Tochter, die neugierig aus dem Fenster blickt, ist im Vierer gegenüber unterwegs. Anhand ihrer Diskussionen gehe ich davon aus, dass sie irgendwo ins Sauerland an der Strecke zwischen Warburg und Brilon wollen. Der Vater erkundigt sich beim Schaffner, ob sie bei Anschlussverlust auch eine andere Route fahren dürften, was dieser bejaht.
Dann wird das Smartphone befragt und das Ergebnis der Familie mitgeteilt: „Wir könnten jetzt einfach bis Dortmund sitzen bleiben und dann umsteigen. Oder wir steigen in Fulda und Warburg um und fahren mit dem ICE, obwohl der eigentlich nicht auf unserer Fahrkarte steht. Das geht eine Stunde schneller. Der Schaffner hat ja gesagt, dass wir dürfen.“ Die Entscheidung fällt nicht schwer. „ICE“, meint die Tochter wie aus der Pistole geschossen.
Ein alter Mann murmelt laut vor sich hin. Offensichtlich ist er aufgrund der Verspätung nicht so glücklich. Ich biete meine Hilfe an. Wohin soll es denn gehen? „Ins Allgäu.“ Geht das auch ein bisschen genauer? „Immenstadt.“ Aha, kenn ich. Er will eigentlich in Leipzig in den IC nach München umsteigen und von dort mit dem Alex weiterfahren. Es ist noch nicht klar, ob der Anschluss wartet.
Als Alternative schlage ich eine Verbindung mit drei Umstiegen in Fulda, Augsburg und Kempten vor. „Hmm, aber der IC fährt doch über den Frankenwald? Wenn ich jetzt über Fulda fahre, dann ist das ja gar nicht über den Frankenwald?“ Korrekt. „Also, das ist dann über Bebra, oder? Nicht, dass ich dann die Orientierung verliere.“ Ja, genau. „Hmm, über Bebra, ich weiß nicht…“ Ich kann Ihnen auch eine Verbindung über den Frankenwald raussuchen, wenn Sie wollen. Das dauert dann aber länger. „Nein, nein, ich will so schnell wie möglich.“ Also dann via Fulda. Soll ich es Ihnen aufschreiben? „Nein, nein. Also dann muss ich in Fulda und wo umsteigen?“ Augsburg und Kempten. Soll ich es wirklich nicht aufschreiben? „Nein, also… ja doch. Ist vielleicht besser.“
Bei der Ankunft in Leipzig dann die erfreuliche Nachricht: Der IC nach München wartet, mein ICE nach Erfurt ist aber längst weg. „Muss ich jetzt nach links oder rechts?“, rätselt der Mann am Querbahnsteig. Ich bringe ihn zum richtigen Gleis und setze mich dann in den schon zur Verstärkung bereitgestellten Zugteil.
Eine knappe Stunde nach Plan erreiche ich die thüringische Landeshauptstadt, die ab Dezember wohl zu den am besten auf der Schiene angebundenen Großstädte gehören dürfte.
Zwei Tram-Hauptachsen bilden den Rückgrat des ÖPNV in der Innenstadt. Sie führen überwiegend durch Fußgängerzonen.
614 unweit vom Hbf
Beide Hauptachsen treffen sich mitten im Stadtzentrum am Anger.
Der KT4D wird nur noch als Arbeitswagen oder Fahrschule eingesetzt.
Ein äußerst hübsches, aber zugleich sehr undankbares Motiv ist ebendieser Umsteigepunkt. Trotz der dichten Zugfolge (in Erfurt wird erfreulicherweise auch während der Sommerferien nicht auf Takt 15 ausgedünnt) stehe ich hier fast eine halbe Stunde, ehe ich ein vorzeigbares Bild zustande kriege. Es wird einfach jedes einzelne von Fußgängern mitten im Bild ruiniert. Zusätzlich darf ich mir dann noch das Gemecker einer Frau anhören, die nicht fotografiert werden will, mir aber einfach ins Bild gelatscht ist.
Sehr gelungen finde ich auch den Einsatz eines zurückhaltend gestalteten Signals, welches die Lage der Weiche anzeigt.
Am Domplatz fährt mir dann der Gothawagen vor die Linse.
Niederflur wenige Schritte weiter
Zum Einsatz kommen auch dreiteilige Combinos in Dotra.

Der Innenraum ist unerträglich heiß, weil die Fahrzeuge in keinster Weise darauf ausgelegt sind, ohne Klimaanlage bestellt zu werden. Die wenigen winzigen Klappfenster sorgen bei Weitem nicht für eine ausreichende Belüftung des Innenraums.
Eher ungewöhnlich ist die nicht mit Absperrketten und auffälligen Warnhinweisen versehene Kupplung.
Eine weitere schöne Sichtachse öffnet sich Richtung Andreaskriche.
Und ganz unauffällig am Fuße der Allerheiligenkirche.
