Autobahn @ 11 Oct 2009, 15:18 hat geschrieben:Die ganzen Ausnahmetatbestände, die unser Steuerrecht so kompliziert machen, sind über Jahrzehnte hinweg in das Steuerrecht hineingeschrieben worden. Jeder, der davon profitiert, wird sich mit einem Fingerzeig auf den Nachbarn ("Der dann aber auch!")dagegen wehren.
Man sollte schon mit dem Gedanken spielen, was passieren würde, wenn alle Steuervergünstigungen gestrichen werden. Ab welchem Einkommen dann überhaupt erst Steuern zu zahlen wären und in welcher Höhe. Möglicherweise stiege dann der Freibetrag von jetzt 8064 Euro auf 14.000 oder 16.000. Oder ob man nicht die Freibeträge ebenfalls streicht und den Eingangssteuersatz bei 10% festlegt und ihn allmählich linear erhöht, oder oder... Von der Gerechtigkeit her, wäre das letztere Modell wohl das ausgewogenste.
Wie auch immer, eine derart radikale Reform würde dazu führen, dass ein Teil der Bevölkerung mehr, ein Teil weniger und ein Teil etwas gleich viel Steuern zahlen müsste.
Gruppe 1: Die Gruppe, die weniger Steuern bezahlen muss, löst Neid bei den anderen aus. Wenn zu der Gruppe auch besonders wohlhabende Bürger gehören würden, wäre es besonders problematisch. Der Vorwurf würde lauten, dass ausgerechnet die, die sich mehr am Sozialstaat beteiligen könnten, mal wieder geschont, sogar entlastet werden-
Gruppe 2: Die Gruppe, die mehr Steuern bezahlen muss, fühlt sich ungerecht behandelt und geht auf die Barrikaden.
Gruppe 3: Die Gruppe, die etwa gleich viel Steuern zahlen muss, dürfte den ganzen Sinn der Reform anzweifeln. Es bliebe nur eine Entbürokratisierung, deren Wert natürlich auch gegeben ist. Aber die Gruppe dürfte dennoch neidisch auf die Gruppe 1 blicken.
Was ist eigentlich mit den Steuerberatern und den Steuerspar-Buchautoren? Die Steuerberater machen ja noch viele andere Dinge (Buchhaltung etwa), sodass die Widerstände vermutlich nicht allzu hoch ausfallen würden. Aber man weiß ja nie.
So wie die FDP derzeit in den Koalitionsverhandlungen auftritt (zumindest dem zu urteilen, was an die Presse gelangt), habe ich die Hoffnung an eine Steuervereinfachung inzwischen aufgegeben. Vielleicht in 4 Jahren, wenn "wir" (in Anführungszeichen, da ich sie nicht gewählt habe) wieder alle fleißig FDP wählen.