DumbShitAward @ 17 May 2010, 11:13 hat geschrieben:Das ist aber genau der Knackpunkt, warum die Studie zwar empirisch korrekt und evtl. auch repräsentativ ist, aber nicht realitätsbeschreibend.
Die Argumenation legt nahe, dass annähernd alle Kneipen, Bars, Pubs, usw. Rauchergaststätten sind. Das das nicht so ist, wissen wir alle. Sicherlich sind viele der getränkegeprägten (dem Gesetz nach) Gastronomien unter 75m² Rauchergaststätten,
Mit Verlaub, das ist stark untertrieben. Es sind nicht viele, sondern fast alle. Eben die 94,4 %. Der Wert dürfte sehr nahe an die Realität rankommen, da ich auch gezielt geschaut habe und dabei keine einzige (!) Nichtraucherkneipe bislang in München gesehen habe. Auch in meinem Wohnumfeld sind 100 % der Kneipen Raucherlokale.
DumbShitAward @ 17 May 2010, 11:13 hat geschrieben:daran besteht definitiv kein Zweifel, aber wie viele Gaststätten sind denn de facto getränkegeprägt, de jure aber Speiselokale? Als Beispiel wäre hier Gunther Murhpy's Irish Pub (gibts nicht mehr) oder Ned Kelly's Australian Bar anzuführen: definitiv eine Schluckhalle, 95% der Bestellungen sind Getränke, aber beide haben (bzw. hatten) etwas anspruchsvolleres Essen auf der Karte, sind also nicht als getränkegeprägte Gastronomien zu verstehen. Das sind auch die Betriebe, die den Löwenanteil der Kundschaft anziehen und nicht die versifften Spelunken mit 95% Berufsalkoholikeranteil.
Ich nehme mal an, Du willst damit sagen, wer einen trinken gehen will, findet unter den Lokalen, die auch hochwertige Speisen anbieten und in denen der Wirt wegen der Speisekarte sich nicht traut, ein "R" abzuhängen oder es aus anderen Gründen nicht will, noch ein paar vernünftige Lokale in München. Das mag sein. Ich gebe aber zu bedenken, dass der Gesetzgeber nur von "getränkegeprägt" spricht, was das Ganze zu einem Gummiparagraph macht und Auslegungssache ist. Daher kann sich ein Wirt mit einem solchen Lokal durchaus zu einem Raucherlokal erklären, ohne was befürchten zu müssen. Derzeit nimmt ja die Unsitte überhand, dass auch in kleinen Einraumspeiselokalen immer öfter geraucht wird, vielleicht erst ab 21 Uhr (was ich auch schon schlimm finde) oder gar generell. Es gibt seriöse Berichte darüber, dass die schwammigen Formulierungen von der Tabakindustrie selbst stammen. Die Tabakindustrie hat genau gewusst, dass man das später nicht kontrollieren kann und dem Wirt in vielen Fällen die Möglichkeit gegeben wird, sich zum Raucherlokal zu erklären.
DumbShitAward @ 17 May 2010, 11:13 hat geschrieben:Ich sehe das ganze so: aus diversen Gründen wird die derzeit gültige und für (fast) alle Beteiligten akzeptable Lösung stellenweise nicht richtig umgesetzt und die Exekutive (es geht ja nicht nur um das Münchner KVR) kümmert sich nicht vernünftig darum. Das ganze aber mit einer Lösung zu konterkarrieren, die in ähnlicher Form das ganze schoneinmal ad absurdum geführt und deren verfassungsrechtlicher Status, sagen wir einmal vorsichtig, diskutierbar ist (Verbot des Raucherclubs), halte ich für kontraproduktiv.
Du hast Recht, die Politik mit ihren schwammigen Formulierungen und das Münchner KVR mit der chronischen Unlust für Kontrollen (am Personal alleine liegt es nicht, KVR München-Boss Blume-Beyerle vom hat schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er von Rauchverboten nicht viel hält; wie es in anderen Städten aussieht, ist mir nicht bekannt, allerdings müssen diese sich ja auch mit der Interpretation "getränkeorientiert" und anderen auslegbaren Formulierungen rumschlagen) ist selbst schuld, dass es zu dem Volksbegehren gekommen ist. Hätten wir ein klares Gesetz - das auch den Rauchenden noch Lokale ermöglicht - und strenge Kontrollen, dann wären heute die meisten zufrieden und wären nicht in die Rathäuser zum Unterschreiben gelaufen.
Am jetzigen Gesetz, genauer am Vollzug, kann man m.E. nichts mehr retten. Sollte es am 4.7 ein mehrheitliches Nein geben, dürfte es schwer vermittelbar sein, wenn sich die Bayern gegen ein strengeres Rauchverbot ausgesprochen haben, als Ersatz das aktuelle strenger zu kontrollieren. Die Kontrollen wären auch viel zu aufwändig. Da müsste jemand mit dem Meterstab vorbeikommen und nicht nur die Speisekarte nach bestimmten Kriterien untersuchen, sondern auch die Küche überprüfen, ob da wirklich das Essen nur aus der Friteuse und der Mirkowelle kommt und nicht wirklich gekocht wird. (Was macht es eigentlich für einen Unterschied, Essen ist Essen?!).
Daher führt an dem neuen Gesetz nichts vorbei. Es ist einfach und gerecht. Wirte müssen keine teuren Umbauten mehr machen, um Rauchernebenräume einrichten zu dürfen, damit die Raucher nicht zur Konkurrenz laufen, wo die Rauchernebenräume schon existieren. Viele Wirte lassen auch ohne solche Investitionen rauchen, sodass Wirte die Dummen sind, wenn diese sich an das Gesetz halten und viel Geld z.B. für automatische Schiebetüren ausgeben.
Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig gesagt, dass strenge, ausnahmslose Rauchverbote zulässig sind. Ein Knackpunkt sind sicher die Raucherclubs. Sollten diese durch Karlsruhe wieder zugelassen werden, dann sicher nur als echte Clubs mit Mitgliedslisten und Personenkontrolle. Natürlich ist dann zu befürchten, dass die Wirte wie früher auch sich einfach zum Raucherclub erklären und nicht mal ein Schild aufhängen, das darauf hinweist, sondern nur auf Nachfrage dem Gast sagen, ja, man sei ein Raucherclub. Wenn die Behörden das nicht kontrollieren, könnten die Wirte wieder machen, was sie wollen. Das sind sicher düstere Szenarien, aber wegen dieser Möglichkeit alles beim Alten zu lassen, hilft ja auch niemand. Sollte es so weit kommen, wären wir halt wieder an dem Punkt, an dem wir heute sind (dass letztendlich der Wirt entscheidet, ob er das Rauchen zulässt), hätten aber auch für den Nichtraucherschutz zumindest nichts verloren.
Ich weiß aber, dass Du die Wahrscheinlichkeit hoch einschätzt, dass Karlsruhe Nachbesserungen verlangt und die Raucherclubs wieder zulässt. Als Nichtjurist kann ich die Wahrscheinlichkeit nicht einschätzen, selbst ein Jurist kann dies vielleicht nicht.
