Angehörige sollen Schmerzensgeld zahlen

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
Antworten
Benutzeravatar
Andre_HD
Routinier
Beiträge: 338
Registriert: 03 Okt 2007, 18:38
Wohnort: Heidelberg

Beitrag von Andre_HD »

rockstar84 @ 29 Jul 2011, 02:58 hat geschrieben: Ich versteh hier nur noch Bahnhof... :D
Deswegen nennt man es Eisenbahnforum *duck und weg* :D
Japan: Die Mutter des Schienenschnellverkehrs!
Shinkansen: Die wohl pünklichsten und zuverlässigsten Hochgeschwindigkeitszüge der Welt!
So und nicht anders sollte Hochgeschwindigkeitsverkehr in einem modernen Indrustriestaat aussehen!
U4-Hamburg

Beitrag von U4-Hamburg »

Da der Zugfahrer noch heute mit Albträumen etc. lebt,hatte die Frau die Anklage eingeleitet.

Ich finde es sehr übertrieben!

Was können die Angehörigen dafür das sich der Selbstmörder getötet hat?

Ich hätte an ihrerer Stelle anders gehandelt!

Man kann nichts mehr dran machen ob mit 5.000 Euro oder ohne 5.000 Euro.

Mfg Marc
GSIISp64b
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4350
Registriert: 14 Feb 2011, 16:45

Beitrag von GSIISp64b »

Meine Güte. Lies doch mal die Diskussion.

1. Es geht hier um ZIVILrecht, nicht um STRAFrecht. Es geht nicht um Strafe, es geht um Rechtsansprüche. Was natürlich bedeutet, dass niemand angeklagt wird, sondern lediglich verklagt.

2. Die Rechtsansprüche werden mit dem Erbe freiwillig (!) angenommen. War immer so. Ist nix neues und alles andere als ein Skandal. Und die Ansprüche können ja auch aus dem Erbe beglichen werden (irgendwo habe ich sogar was von einer Deckelung gelesen, ist da was dran?)

Ja, für die Familie ist es scheiße, dass das Ganze jetzt wieder hochkocht. Aber für den Tf ist die Situation nicht minder scheiße.

Ein Vergleich wäre wohl für alle Beteiligten die beste Lösung.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
Bat
Kaiser
Beiträge: 1501
Registriert: 04 Dez 2006, 15:01

Beitrag von Bat »

Autobahn @ 27 Jul 2011, 13:21 hat geschrieben: Was wiegt wohl schwerer, der Tod eines geliebten Menschen oder ein Trauma eines Lokführers? Und ja, der Anwalt der Beklagten Familie hat recht, es ist ein Berufsrisiko eines Lokführers. Sich am Leid anderer Menschen zu bereichern ist schäbig.

Die Umstände, das der Lokführer die Rechte an seine Frau abgetreten hat, sprechen für den Umstand, dass ihr Anwalt daran kräftig verdienen will.
Ganz großes Kino, Meister ... .

Schon klar. Es ist mein Berufsrisiko, Menschen, die sterben wollen, in den Gleisen in blutige Fetzen reißen zu dürfen und deren Teile klatschend von der Schürze der Lok fallen zu sehen ... .


Gehts noch? <_<
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Mühldorfer
Kaiser
Beiträge: 1015
Registriert: 11 Dez 2010, 11:15

Beitrag von Mühldorfer »

Bayernlover @ 27 Jul 2011, 09:42 hat geschrieben: Inwiefern findet ihr das gerechtfertigt?
Zwei Anmerkungen:

1. Wer schreibt daß Eltern oder Angehörige haften und zahlen sollen? Es kann ja sein daß die Forderung gegenüber dem Nachlass gestellt wird! Vieleicht gibt es Vermögen oder gesicherte später Vermögensansprüche, z. B. die Eltern nur als Vorerben von "Oma ihr Häuschen"!

2. Selbsttötungen sind oft durchaus gut geplant, eine Nachlasshaftung zu Lasten der Erben könnte manch einem dazu bringen doch lieber eine Strick im Wald statt eine Bahstrecke für die Aktion auszusuchen.

3. Eine evtl. Haftung für Schmerzensgeld wird die Zahl der Selbsttötungen nicht ansteigen lassen, von daher brauchen sich Klagende keine Skrupel machen.
GSIISp64b
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4350
Registriert: 14 Feb 2011, 16:45

Beitrag von GSIISp64b »

Glückwunsch für's erfolgreiche Neuaufrollen der Debatte mit bereits mehrfach angebrachten Argumenten. Der zehnte, der das macht, darf sich nen Keks kaufen.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
Benutzeravatar
JNK
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4527
Registriert: 13 Mär 2008, 20:13
Wohnort: Wuppertal

Beitrag von JNK »

GSIISp64b @ 11 Aug 2011, 21:33 hat geschrieben: Glückwunsch für's erfolgreiche Neuaufrollen der Debatte mit bereits mehrfach angebrachten Argumenten. Der zehnte, der das macht, darf sich nen Keks kaufen.
Den Satz kannst Du jeden Tag in einem Thema schreiben, das mit [M] gekennzeichnet ist. :lol:
GSIISp64b
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4350
Registriert: 14 Feb 2011, 16:45

Beitrag von GSIISp64b »

JNK @ 11 Aug 2011, 22:05 hat geschrieben: Den Satz kannst Du jeden Tag in einem Thema schreiben, das mit [M] gekennzeichnet ist. :lol:
Du meinst vermutlich, in JEDEM Thema, das mit [M] gekennzeichnet ist. Und im Raucherthread. Und so ziemlich überall sonst auch :D
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
Benutzeravatar
Autobahn
"Lebende Forenlegende"
Beiträge: 9526
Registriert: 23 Jan 2008, 21:53

Beitrag von Autobahn »

Bat @ 11 Aug 2011, 17:20 hat geschrieben:Ganz großes Kino, Meister ... .

Schon klar. Es ist mein Berufsrisiko, Menschen, die sterben wollen, in den Gleisen in blutige Fetzen reißen zu dürfen und deren Teile klatschend von der Schürze der Lok fallen zu sehen ... .


Gehts noch? <_<
Ne Fledermaus, stell Dir einmal vor, Deine Tochter käme in weiß ich nicht vielen Jahren auf den Gedanken, aus dem Leben zu scheiden (was ich nicht hoffen möchte - und sie wird sich wahrscheinlich mit Rücksicht auf den Beruf ihres Vaters nicht die Eisenbahn zum Mittel auswählen). Und stell Dir mal vor, Du wärst nicht Lokführer, sondern ein popliger Angestellterer in irgendeinem Betrieb.

Ob Deine Vorstellungskraft aber über Deinen Beruf hinaus geht, vermag ich nicht zu beurteilen. Deinen Worten scheint es jedenfalls nicht zu sein. Und ja, ich betone es ausdrücklich:

Es ist ein Berufsrisiko eines jeden Fahrzeugführers, einen Menschen unbeabsichtig zu töten

Das trifft alle Fahrzeugführer zu, auch auf einen Gabelstaplefahrer Claus, einen PKW oder LKW-Fahrer und einen Lokführer.

Mal was anderes. Der SiPo (Sicherungsposten) passt nicht auf und Du überfährst eine Rotte von Gleisarbeitern. Fühlst Du dann sich besser als nach einem Suizid?
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
Bat
Kaiser
Beiträge: 1501
Registriert: 04 Dez 2006, 15:01

Beitrag von Bat »

Dreh es, wie Du willst.

Selbstmörder gehören nicht in den Risiko Bereich.
Es ist Vorsatz.
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Cloakmaster
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 10223
Registriert: 25 Jan 2004, 17:09

Beitrag von Cloakmaster »

Dann lass meinetwegen ein paar Schulkinder auf dem Bahnsteig warten, und spielen. Wenn es blöd läuft, passen sie nicht auf, und ein Kind fällt ins Gleis direkt vor die Lok.

Der Effekt ist immer der gleiche: Das Bewußtsein, einen anderen Menschen getötet zu haben, und die Schwierigkeit, damt klar zu kommen.

Es ist vollkommen irrelevant ob dieser Mensch getötet werden wollte (suizid), selbst schuld ist (spielendes Kind oder betrunkener FG fällt vom Bahnsteig), oder sich auf andere verlassen hat (Gleisarbeiter / SiPo).

Das spielt keine Rolle beim dem schwierigen Prozess, die Bilder aus dem Kopf zu kriegen, und die Angst, wieder auf einen Bahnsteig mit wartenden Personen zuzufahren, zu überwinden.
GSIISp64b
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4350
Registriert: 14 Feb 2011, 16:45

Beitrag von GSIISp64b »

Das Schulkind ist aber ein Unfall - die Schädigung des Tfs wird also nicht willentlich in Kauf genommen. Das ändert die moralische Bewertung durchaus.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
Cloakmaster
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 10223
Registriert: 25 Jan 2004, 17:09

Beitrag von Cloakmaster »

Und meinst, du, daß es den Tf beruhigt, daß es ja nur ein Unfall war?
Guido
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4177
Registriert: 24 Jan 2004, 20:03
Wohnort: München / Berlin

Beitrag von Guido »

Cloakmaster @ 13 Aug 2011, 17:44 hat geschrieben: Und meinst, du, daß es den Tf beruhigt, daß es ja nur ein Unfall war?
Also ich kann Dir aus Erfahrung sagen daß es durchaus einen Unterschied macht ob Dir jemand durch puren Zufall vor den Zug fällt und Du es nur kurz klatschen hörst, oder ob jemand aufs Gleis runter klettert, dich noch blöd angrinst und sich dann hinlegt.
Gruß, Guido

Tf bei der S-Bahn München
[img]http://www.eisenbahner-online.de/420-423.gif[/img]

Hinweis: Der obenstehende Beitrag spiegelt - sofern nicht anders gekennzeichnet - ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wider.
GSIISp64b
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4350
Registriert: 14 Feb 2011, 16:45

Beitrag von GSIISp64b »

Cloakmaster @ 13 Aug 2011, 17:44 hat geschrieben: Und meinst, du, daß es den Tf beruhigt, daß es ja nur ein Unfall war?
Für den Tf mag es egal sein. Aber weil das auch ohne Vorsatz passieren kann, ist es in Ordnung, es mit Vorsatz zu tun? Weil dir versehentlich jemand dein Auto ankratzen kann, darf ich auch vorsätzlich mit dem Schraubenzieher an den Lack, und muss dann keinen Schadensersatz leisten? (Ja, der Verweis hinkt.)
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
Cloakmaster
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 10223
Registriert: 25 Jan 2004, 17:09

Beitrag von Cloakmaster »

da ich kein TF bin, kann ich natürlich nicht aus Erfahrung sprechen. aber als ehrenamtlicher Rettungsassi sind mir auch schon leute "unter den Händen" weggestorben. natürlich bin ich nicht dafür verantwortlich, da ich nicht berechtigt bin, allein zu handeln, und lediglich den besser qualifizierten Helfern, sprich voll ausgebildeten Sanitätern oder Ärzten, unterstützend zur Seite stehe. Trotzdem kommt es vor, daß der Arzt schlicht (noch) nicht da ist, und der Helfer versucht, zu helfen - und es eben manchmal nicht schafft. Rechtlich gesehen versterben die Leuite NIEMALS in meiner Hand sondern immer erst bei Eintreffen im Krankenhaus - erspart jede Menge Papierkram.

Was die Fragen aufwirft, ob ich hätte was ausrichten können, wenn ich eher dagewesen wäre/besser ausgebildet wäre/diesen Handgriff getan/jenen unterlassen uswusw...hätte.
Und da spielt es keinerlei Rolle, wie die verletzte Person zu ihrer Verletzung gekommen ist. Mag sein, daß der betrunkene Wiesn-Gast (ok, hier heisst die örtliche Intersuff "Freimarkt", ist aber das selbe in Grün/Weiss) selbst schuld war, die junge Frau, die auf dem Gehweg (!) von einem Auto erfasst wurde, war es sicher nicht. Trotzdem spüren beide heute keinerlei Schmerzen mehr.

Mir ist vor vielen Jahren auf andere, niederträchtliche Weise Schaden zugefügt worden. Die Verantwortlichen wurden nie zur Rechenschaft gezogen, obwohl diese Möglichkeit bestand. Aber eines weiss ich genau: Mir ginge es heute nicht besser, wenn das Schwein in den Kanst gegangen wäre, und/oder Geld als "Entschädigung geflossen" wäre. Auch das Fahrrad, welches ich mir in jener Zeit sehr wünschte hätte nichts gelindert, sondern bestenfalls ein wenig abgelenkt, und dem Verdrängungsprozeß Vortreib geleistet. Die Verarbeitung setzte erst wesentlich später ein, völlig unabhängig von Verurteilungen oder Entschädigungen.
Systemfehler
Kaiser
Beiträge: 1699
Registriert: 09 Okt 2010, 01:41
Wohnort: München

Beitrag von Systemfehler »

Cloakmaster @ 13 Aug 2011, 20:40 hat geschrieben: als ehrenamtlicher Rettungsassi sind mir auch schon leute "unter den Händen" weggestorben. natürlich bin ich nicht dafür verantwortlich, da ich nicht berechtigt bin, allein zu handeln, und lediglich den besser qualifizierten Helfern, sprich voll ausgebildeten Sanitätern [...] unterstützend zur Seite stehe.
Wer soll denn bitte noch besser qualifiziert sein als ein Rettungsassistent?
Der RettAss ist -in der Notfallmedizin- die höchste nicht-ärztliche Qualifikation. Lediglich ein Krankenpfleger mit Intensiv- und Anästhesiepfleger-Fortbildung mag von mir aus noch besser ausgebildet sein, hat aber vom Retten keine Ahnung. Aber was verstehst du denn dann bitte unter einem "voll ausgebildeten Sanitäter"?
Cloakmaster
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 10223
Registriert: 25 Jan 2004, 17:09

Beitrag von Cloakmaster »

Das Problem dabei ist das Wort "ehrenamtlich", und die Krux in der Tatsache, daß mit der Neuregelung von 1989 die Begrifflichkeiten anders festgezurrt wurden. Seitdem ist der Rettungsassistent ein geschützter Ausbildungs-Beruf, und die darunter angesiedelten Rettungssanitäter und Rettungshelfer sind keine geschützten Begriffe, hier wurden bzw. werden auch gerne noch andere Formulierungen verwendet. Meine Ausbildungsgrundlage ist der (inzwischen abgeschaffte) SAN-C-Lehrgang des DRK. Nach heutigem Recht kann/darf ich ein wenig mehr als ein einfacher "Rettungshelfer", aber eben immer noch weniger als ein "Rettungssanitäter", oder eben der neugeschaffene "RettAss"
Wenn ich meine Einsatzstelle wechsle, würde ich zum einfachen Helfer herabgestuft, weil hochstufen natürlich nur mit zusätzliicher Ausbildung/Prüfung möglich ist. Und so lange ich hier bleibe, erhalte ich mir meinen Status quo, bis ich es zeitlich und finanziell geregelt kriege, die Fortbildung anzugehen.

Eigentlich darf ich auf den Streifen nur "mitlaufen", und die Trage schleppen, aber wenn das Personal mal wieder knapp ist, dann läuft (gerade zB auf dem Bremer "Freimarkt", aber zB auch wenn Werder in der Woche abends spielt--> EL/CL, fällt diese Sasion bekanntlich weg) neben mir ein "Sanitätshelfer" mit, der noch weniger kann/darf, als ich. Streng genommen dürften wir zwei eine verletzte Person gerade mal sichern, und evtl, ein Pflasterchen kleben, aber bei ernsten Verletzungen wie zB einem offenen Beinbruch nichts tun als die Unfallstelle absichern, Unterstützung anfordern, und abwarten. Selbst das übliche Prozedere, Verfrachten auf die Trage, und ab zum SanPunkt ist bereits ausserhalb dessen, was einer von uns entscheiden darf. Nur ist die Chanche, daß der verletzen Person im SanPunkt wirksam geholfen werden kann, grösser als das Risiko, das sich durch das nicht angeordnete Verlagern auf die Trage und den anschliessenden Transport ergibt, bzw die Ungewissheit, ob sich einer der (zu) wenigen Sanis, RettAss oder gar NÄ rechtzeitig vor Ort einfinden wird.

Bei Atemstillstand das gleiche: Laut Handbuch ist nicht mehr gestattet als die Mund-zu-Mund-Beatmung, wie sie jeder Führerschein-Bewerber bei seinem LSM-Kurs theoretisch vermittelt bekommt. Nur ist der Intubator einfach wesentlich zuverlässiger und risikoärmer. Diesen darf ich zwar in meinem Rucksack mit mit rumtragen, rausholen, und ansetzen, intubieren geht aber erst nach Anweisung durch - mindestens - den mir übergeordneten, besser qualifizierten Rettungssanitäter. Und wenn der noch nicht zur Stelle ist, kann ich entweder in Ehrfurcht erstarren, und hoffen, daß der Verletzte es lang genug überlebt, die noch zu erfolgende Anweisung vorwegnehmen, oder alles wieder wegpacken und mit Mund-zu-Mund weitermachen, bis - buchstäblich - der Arzt kommt.

So, und jetzt hock da, und sieh zu, wie mit jeder Sekunde die Lebenszeichen schwächer werden. Presse Luft durch eine Lunge, die nicht mehr arbeiten will, pumpe Blut durch ein Herz, das nicht mehr schlagen will, aber unternimm nichts von dem, was du tun könntest, wenn du es denn nur dürftest, bis "eine ausreichend qualifizierte Person" endlich da ist, und dir offiziell erklärt, daß es umsonst, weil zu spät war. Das Gefühl ist das gleiche, egal ob die Person alt oder jung war, hübsch oder hässlich, selbst schuld oder ein "Opfer". Das ist in dem Moment so was von egal wie nur irgendwas.

Den Tod einer Person kann und darf nur ein vollwertiger Arzt feststellen. Also wird, wenn kein Notarzt vor Ort ist, die verletzte Person als "nicht ansprechbar, Körperfunktionen minimal" dem nächsten Krankenhaus übergeben, welches dann die "Weiterbehandlung" übernimmt. Nur kommt es eben öfter vor, als man zugeben will, daß diese Weiterbehandlung im Prinzip nurmehr im Ausfüllen von vier Blättern Papier besteht.

Jetzt aber wieder zurück zum eigentlichen Thema. Ein Mensch verliert sein Leben durch das Handeln oder Nicht-Handeln eines anderen, wobei die beiden eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Warum musste die Person sich ausgerechnet meinen Zug zum Davorspringen aussuchen, warum musste der Kerl ausgerechnet auf meiner Trage die Atmung einstellen? Es gibt unendlich Facetten dabei. Der psychische Impakt ist im meinen Augen so ziemlich der gleiche, der sich im Prinzip auf die irrationale Frage des "Bin ich schuld?" reduziert. Und damit muss man den Rest seines Lebens umgehen. Ich bezweifel, daß Geld ein Mittel ist, diesen Umgang leichter zu machen. Höchstens indirekt. Langfristige Psychologische Betreuung ist kostenintensiv, und auf die Krankenkasse kann man sich in solchen Fällen kaum verlassen. Und wer soll diese Kosten übernehmen, wenn nicht der Verursacher?
Bat
Kaiser
Beiträge: 1501
Registriert: 04 Dez 2006, 15:01

Beitrag von Bat »

Guido @ 13 Aug 2011, 17:53 hat geschrieben: Also ich kann Dir aus Erfahrung sagen daß es durchaus einen Unterschied macht ob Dir jemand durch puren Zufall vor den Zug fällt und Du es nur kurz klatschen hörst, oder ob jemand aufs Gleis runter klettert, dich noch blöd angrinst und sich dann hinlegt.
So ist es ... .

Unfälle können passieren, mit den Folgen muss ich entweder umgehen können, oder zu Hause bleiben.
Mir würde es im Traum nicht einfallen, bei Unfallopfern irgendetwas einzuklagen.

Suizid enthält Vorsatz. Ganz andere Geschichte. Da werde ich mit Absicht geschädigt und als Werkzeug missbraucht.
Na bitteschön! Diese Dienstleistung kostet dann eben was, nicht wahr.
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Cloakmaster
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 10223
Registriert: 25 Jan 2004, 17:09

Beitrag von Cloakmaster »

Bat @ 14 Aug 2011, 16:33 hat geschrieben: So ist es ... .

Unfälle können passieren, mit den Folgen muss ich entweder umgehen können, oder zu Hause bleiben.
Mir würde es im Traum nicht einfallen, bei Unfallopfern irgendetwas einzuklagen.

Suizid enthält Vorsatz. Ganz andere Geschichte. Da werde ich mit Absicht geschädigt und als Werkzeug missbraucht.
Na bitteschön! Diese Dienstleistung kostet dann eben was, nicht wahr.
"Einmal Freitod durch Pufferknuff, bitte" - "Gerne, macht 5000.- Euro. "

Meinst du nicht, daß das die Sache ein wenig zu sehr reduziert?
Mühldorfer
Kaiser
Beiträge: 1015
Registriert: 11 Dez 2010, 11:15

Beitrag von Mühldorfer »

Übertrieben ist eine Ansicht, eine andere ( auch meine ) gut auf das Wesentliche reduziert.
Cloakmaster
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 10223
Registriert: 25 Jan 2004, 17:09

Beitrag von Cloakmaster »

Von da ist es nicht mehr weit zu "Bitte MIR vor den Bug springen, ich brauch das Geld...". Für mich hat das einen extrem schalen Beigeschmack. Der vorzeitige Tod eines Menschen sollte niemals leichtfertig hingenommen werden. Genaugenommen sollte überhaupt kein Tod leichtfertig hingenommen werden.
Bat
Kaiser
Beiträge: 1501
Registriert: 04 Dez 2006, 15:01

Beitrag von Bat »

Reduziert? Ja. Das Lebensende ist digital. Es gibt nur 1 und 0 ... .

In erster Linie soll die Summe ja auch abschrecken und nicht eingenommen werden ... .
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Systemfehler
Kaiser
Beiträge: 1699
Registriert: 09 Okt 2010, 01:41
Wohnort: München

Beitrag von Systemfehler »

Cloakmaster @ 14 Aug 2011, 10:51 hat geschrieben: Das Problem dabei ist das Wort "ehrenamtlich", und die Krux in der Tatsache, daß mit der Neuregelung von 1989 die Begrifflichkeiten anders festgezurrt wurden. Seitdem ist der Rettungsassistent ein geschützter Ausbildungs-Beruf, und die darunter angesiedelten Rettungssanitäter und Rettungshelfer sind keine geschützten Begriffe, hier wurden bzw. werden auch gerne noch andere Formulierungen verwendet. Meine Ausbildungsgrundlage ist der (inzwischen abgeschaffte) SAN-C-Lehrgang des DRK. Nach heutigem Recht kann/darf ich ein wenig mehr als ein einfacher "Rettungshelfer", aber eben immer noch weniger als ein "Rettungssanitäter", oder eben der neugeschaffene "RettAss"
Wenn ich meine Einsatzstelle wechsle, würde ich zum einfachen Helfer herabgestuft, weil hochstufen natürlich  nur mit zusätzliicher Ausbildung/Prüfung möglich ist. Und so lange ich hier bleibe, erhalte ich mir meinen Status quo, bis ich es zeitlich und finanziell geregelt kriege, die Fortbildung anzugehen.

Eigentlich darf ich auf den Streifen nur "mitlaufen", und die Trage schleppen, aber wenn das Personal mal wieder knapp ist, dann läuft (gerade zB auf dem Bremer "Freimarkt", aber zB auch wenn Werder in der Woche abends spielt--> EL/CL, fällt diese Sasion bekanntlich weg) neben mir ein "Sanitätshelfer" mit, der noch weniger kann/darf, als ich. Streng genommen dürften wir zwei eine verletzte Person gerade mal sichern, und evtl, ein Pflasterchen kleben, aber bei ernsten Verletzungen wie zB einem offenen Beinbruch nichts tun als die Unfallstelle absichern, Unterstützung anfordern, und abwarten. Selbst das übliche Prozedere, Verfrachten auf die Trage, und ab zum SanPunkt ist bereits ausserhalb dessen, was einer von uns entscheiden darf. Nur ist die Chanche, daß der verletzen Person im SanPunkt wirksam geholfen werden kann, grösser als das Risiko, das sich durch das nicht angeordnete Verlagern auf die Trage und den anschliessenden Transport ergibt, bzw die Ungewissheit, ob sich einer der (zu) wenigen Sanis, RettAss oder gar NÄ rechtzeitig vor Ort einfinden wird.

Bei Atemstillstand das gleiche: Laut Handbuch ist nicht mehr gestattet als die Mund-zu-Mund-Beatmung, wie sie jeder Führerschein-Bewerber bei seinem LSM-Kurs theoretisch vermittelt bekommt.  Nur ist der Intubator einfach wesentlich zuverlässiger und risikoärmer.  Diesen darf ich zwar in meinem Rucksack mit mit rumtragen, rausholen, und ansetzen, intubieren geht aber erst nach Anweisung durch - mindestens - den mir übergeordneten, besser qualifizierten Rettungssanitäter. Und wenn der noch nicht zur Stelle ist, kann ich entweder in Ehrfurcht erstarren, und hoffen, daß der Verletzte es lang genug überlebt, die noch zu erfolgende Anweisung vorwegnehmen, oder alles wieder wegpacken und mit Mund-zu-Mund weitermachen, bis - buchstäblich - der Arzt kommt.

So, und jetzt hock da, und sieh zu, wie mit jeder Sekunde die Lebenszeichen schwächer werden.  Presse  Luft durch eine Lunge, die nicht mehr arbeiten will, pumpe Blut durch ein Herz, das nicht mehr schlagen will, aber unternimm nichts von dem, was du tun könntest, wenn du es denn nur dürftest, bis "eine ausreichend qualifizierte Person" endlich da ist, und dir offiziell erklärt, daß es umsonst, weil zu spät war. Das Gefühl ist das gleiche, egal ob die Person alt oder jung war, hübsch oder hässlich, selbst schuld oder ein "Opfer". Das ist in dem Moment so was von egal wie nur irgendwas.

Den Tod einer Person kann und darf nur ein vollwertiger Arzt feststellen. Also wird, wenn kein Notarzt vor Ort ist,  die verletzte Person als "nicht ansprechbar, Körperfunktionen minimal" dem nächsten Krankenhaus übergeben, welches dann die "Weiterbehandlung" übernimmt. Nur kommt es eben öfter vor, als man zugeben will, daß diese Weiterbehandlung im Prinzip nurmehr im  Ausfüllen von vier Blättern Papier besteht.

Jetzt aber wieder zurück zum eigentlichen Thema. Ein Mensch verliert sein Leben durch das Handeln oder Nicht-Handeln eines anderen, wobei die beiden eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Warum musste die Person sich ausgerechnet meinen Zug zum Davorspringen aussuchen, warum musste der Kerl ausgerechnet auf meiner Trage die Atmung einstellen? Es gibt unendlich Facetten dabei. Der psychische Impakt ist im meinen Augen so ziemlich der gleiche, der sich im Prinzip auf die irrationale Frage des "Bin ich schuld?" reduziert. Und damit muss man den Rest seines Lebens umgehen. Ich bezweifel, daß Geld ein Mittel ist, diesen Umgang leichter zu machen. Höchstens indirekt. Langfristige Psychologische Betreuung ist kostenintensiv, und auf die Krankenkasse kann man sich in solchen Fällen kaum verlassen. Und wer soll diese Kosten übernehmen, wenn nicht der Verursacher?
OK, ich sehe, die verschiedenen Landesrettungsdienstgesetze variieren extrem, und wohl auch das, was die Landesärztekammern von nicht-ärztlichem Rettungsdienstpersonal fordern bzw. was sie decken.

Aber obacht, wenn du sagst "aber als ehrenamtlicher Rettungsassi sind mir" und dich damit als RettAss bezeichnest, obwohl du keiner bist. Wie du sagst, der Begriff ist geschützt! ;)

Bei uns lernt jeder, sogar die San-Helfer mit ihrer 80-Stunden-Ausbildung, die Anwendung eines AEDs, und ich meine, dass auch Larynxtuben dabei eingesetzt werden, durch San-Helfer wohlgemerkt!
Ich mein, die Dinger hängen bei uns sogar in der U-Bahn und jeder dahergelaufene Depp darf die Dinger benutzen!! (also die AEDs)

Und dein "Wir dürfen bei nem offenen Bruch nur daneben stehen und Däumchen drehen und warten, bis der mit den Gelben Seiten kommt"-Statement widerspricht ja mal ganz krass dem § 313c StGB!! Kann doch nicht so ganz dein Ernst sein, oder? Da wird ja von jedem Ersthelfer beim Führerschein mehr erwartet!!
Cloakmaster
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 10223
Registriert: 25 Jan 2004, 17:09

Beitrag von Cloakmaster »

Es ist letztlich eine Grauzone, in der grosse Teile des Sanitätsdienstes operieren. Der einfache Bürger, der zB einen Defribilator in der U-Bahn von der Hand nimmt, und es schafft, diesen falsch zu bedienen ist rechtlich sicher, da er nunmal keine Ahnung hat, vom dem, was er tut. Ein Rettungshelfer hat aber eine (rudimentäre) Ausbildung genossen, und damit muss ihm bewusst sein, was er durch falsches Handeln alles anrichten kann. Und damit sitze ich auf dem Schleudersitz, wenn ich "einfach mal mache", und die Sache schief geht. Weshalb ich sinnigerweise als Privatperson einen AED rechtlich sicher von der Wand nehmen, und einsetzen kann, und als Rettungshelfer für genau das gleiche eine Anweisung, dies zu tun benötige.

In der Theorie geht ein Helfer nie allein, deswegen ist er ja nur der Helfer, und der ausgebildete Sanitäter oder Rettungsassistent trägt die Verantwortung und hat auch die Entscheidungsbefugnis, was an Sofortmaßnamen zu tun oder zu lassen ist. Nur sieht die Praxis eben manchmal ein wenig anders aus. Es müssen abhängig von der Veranstaltungsgrösse bzw. erwarteten Besucherzahl soundsoviel Doppelstreifen präsent sein, und da es nicht genügend Fachkräfte gibt, werden dann eben doch gelegentlich Paare gebildet, die es eigentlich nicht geben dürfte - das ist immer noch besser, als zu wenige Streifen zu haben, was theoretisch dazu führen würde, daß zB Sitzplatzbereiche im Stadion leer bleiben müssten. Erzähl das mal der Werder-Geschäftsführung. Wie lang werden wir dann wohl noch den Vertrag behalten?


Was uns "rausreisst", ist §34 StGB, der rechtfertigende Notstand. Die schwer verletzte Person benötigt schnellstens Hilfe, und das rechfertigt mein unqualifiziertes Handeln, bzw. meine Kompetenzüberschreitung, wenn ich zB intubiere, oder eben den offenen Bruch auf die Gefahr hin, noch mehr Schaden zuzufügen, auf meine Trage hieve, um ihn zum SanPunkt zu bringen, ohne daß mir dazu eine laut Regelwerk notwendige Anweisung gegeben wurde.
Bayernlover
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 13814
Registriert: 02 Aug 2009, 16:49
Wohnort: Dresden (4, 6, 10, 12, 65, 85)

Beitrag von Bayernlover »

SZ: Lokführer bekommt Schmerzensgeld

Die beiden Parteien haben sich auf einen Vergleich geeinigt - der Betrag liegt zwischen 3000€ und 5000€.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
Bayernlover
*Lebende Forenlegende*
Beiträge: 13814
Registriert: 02 Aug 2009, 16:49
Wohnort: Dresden (4, 6, 10, 12, 65, 85)

Beitrag von Bayernlover »

SZ: Du sollst mich töten

Eine etwas beklemmende Geschichte über einen Lokführer und wie er einen PU erlebt und verarbeitet.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
Mühldorfer
Kaiser
Beiträge: 1015
Registriert: 11 Dez 2010, 11:15

Beitrag von Mühldorfer »

Nochmals zum Themenanfang:

Nicht Angehörige sollen Schmerzensgeld zahlen sondern es geht um Schmerzensgeld aus der Erbmasse ( sofern vorhanden ) des sich selbst Getöteten.

Neben der unmittelbaren "Stilfrage", der Erlebniss des Treibfahrzeugführers gibt es auch noch den lebensbejahenden aspekt daß mancher der an soetwas denkt auch auf die Folgen für an seinem Leben Unschuldige denkt, auch daran daß er seine angehörigen damit schädigt.

Ggf. manche Selbstötung damit unterbleibt.
Electrification
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3943
Registriert: 01 Mär 2009, 15:34

Beitrag von Electrification »

Mühldorfer @ 29 Dec 2011, 09:46 hat geschrieben: Nochmals zum Themenanfang:

Nicht Angehörige sollen Schmerzensgeld zahlen sondern es geht um Schmerzensgeld aus der Erbmasse ( sofern vorhanden ) des sich selbst Getöteten.

Neben der unmittelbaren "Stilfrage", der Erlebniss des Treibfahrzeugführers gibt es auch noch den lebensbejahenden aspekt daß mancher der an soetwas denkt auch auf die Folgen für an seinem Leben Unschuldige denkt, auch daran daß er seine angehörigen damit schädigt.

Ggf. manche Selbstötung damit unterbleibt.
Ich glaube nicht dass jemand der derart verzweifelt ist sich umzubringen immer rational denkt und sich immer Gedanken über Folgen anderer macht.
Jeder wird glaube ich abwägen bevor er den Schritt wagt Schmerzensgeld einzufordern. Einigen wurde das eigene Leben durch solche Vorfälle, gerade wenn es mehrere sind, zerstört. Da kann das Schmerzensgeld zwar nichts gut machen, aber es hilft den Verdienstausfall zu überbrücken.
Es ist rechtens von der Erbmasse Geld zu fordern, im Regelfall wird man das nicht machen weil man das schnell abschließen will und nichts mehr damit zu tun haben will, aber sollte einen das auf Dauer beschäftigen, wird man sich vielleicht auch diese Frage stellen, wenigstens damit irgendwer die Verantwortung dafür übernehmen muss und sei es die Erbmasse des Toten. Dadurch haben die Angehörigen keinen Nachteil, denn das ist so als hätte er kurz vor seinem Tod noch eine teuere Rechnung bekommen die abgeglichen werden muss, dann geht das auch von der Erbmasse weg.

Der Beitrag aus der SZ ist sicher von einer anderen Zeitung übernommen, ist ja nicht gerade das nähere Einzugsgebiet. Was aber so niemals stimmen kann ist dass der Feuerwehrmann gebeten hat dass der Zug noch nicht losfahren soll wegen einzelner Körperteile. Die Freigabe kann weder die Feuerwehr erteilen noch kann man das eigenmächtig entscheiden oder irgend ein Fdl. Hier entscheidet der Staatsanwalt und erst wenn der die Strecke frei gibt, geht es weiter.
Einerseits sind solche Artikel ja ok, weil manchen bewusst wird was angerichtet wird, andererseits ist es meistens Konsens Suizide zu verschweigen und sie nicht in die Öffentlichkeit zu bringen, denn Trittbrettfahrer gibt es leider genug, siehe den Enkefall.
riedfritz
Haudegen
Beiträge: 631
Registriert: 31 Jan 2011, 17:04
Wohnort: Bayern, Oberpfalz
Kontaktdaten:

Beitrag von riedfritz »

Hallo Electrification,


ich vermute, Du meintest eher "Nachahmungstäter" statt "Trittbrettfahrer" .


Ich möchte allem, was Du gesagt hast, völlig zustimmen und nochmals darauf hinweisen:

Zitat Mühldorfer:
Neben der unmittelbaren "Stilfrage", der Erlebniss des Treibfahrzeugführers gibt es auch noch den lebensbejahenden aspekt daß mancher der an soetwas denkt auch auf die Folgen für an seinem Leben Unschuldige denkt, auch daran daß er seine angehörigen damit schädigt.

Ggf. manche Selbstötung damit unterbleibt.
Diese gesamte Einschätzung ist unsinnig und auch aus medizinischer Sicht völlig unhaltbar.

So etwas kann nur schreiben, wer noch nie einen depressiven Angehörigen hatte.

Depressionen werden durch einen Mangel an Botenstoffen im Hirn ausgelöst und sind durch den Betroffenen selbst nicht beeinflussbar. Die Einschätzung von Behandlungsbedarf ist ein schwieriges Feld.
Der Entschluss zur Selbsttötung ist sozusagen die Endphase und in keinster Weise mehr eine rationelle Handlung. Ob hierbei andere Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden, ist für den Selbstmörder in seltensten Fällen von Belang, die Entscheidung und die Wahl der Mittel ist völlig irrational.

Wer es schon einmal vergeblich versucht hat, ist ein Kandidat für weitere Selbstmordversuche. Zwischenzeitliche Aufenthalte in Kliniken werden oft als sehr "befreiend" empfunden. Leider werden dort auch unter den Patienten "hundertprozentige" Rezepte weitergegeben. Dies weiss ich von einer Frau, die ich mit Tabletten- und Alkoholcocktail versehen, aus einem See gerettet habe. Wahrscheinlich wäre dieser Versuch gelungen, wenn ich nicht zufällig mit dem Fahrrad vorbeigekommen wäre und gesehen hätte, wie ihr Kopf immer wieder unterging. Die Kinder hatten zu Hause bereits die fehlenden Badesachen entdeckt und den Vater verständigt, der natürlich nicht wußte, wo er zu suchen anfangen sollte.

Auch wenn sich Angehörige oft jahrelang Vorwürfe machen, ihre Einflussmöglichkeiten sind gering, da sie immer im Spannungsfeld zwischen Fürsorgepflicht und Nichteinmischen schwanken. "Ihr wollt mich ja nur in die Klapse bringen".

Mit diesen Anmerkungen will ich die Probleme der zwangsläufig in einen PU verwickelten Personen, Zugpersonal und Fahrgäste, Ärzte, Sanitäter, Polizei usw. nicht kleinreden sondern lediglich klar machen, dass eine Selbsttötung keine "Bosheit" gegenüber anderen Menschen ist, sondern als Auswirkung einer nur sehr schwer beherrschbaren Krankheit gesehen werden muss.

Auch die durch "Folgekosten", wie "nicht erhaltenes (sozusagen umverteiltes) Erbe" betroffenen Angehörigen haben eine schwere Zeit hinter sich. Schließlich haben sie den Leidensweg lange genug mitverfolgt und oft genug ihre eigene Ohnmacht vor Augen geführt bekommen.


Viele Grüße,

Fritz
[font=Arial]Meine Vorbildfotos unter [/font]Meine Eisenbahnfotos
Antworten