Leute leute leute, ihr haltet euch mit Nebenkriegsschauplätzen auf, wahnsinn....
Vertreter:
Nun ich bezieh mich jetzt nicht auf Vertreter die Staubsauger oder Telefonverträge an der Haustür verkaufen, sondern auf Industrievertreter. Wenn die nicht gerade Bürostühle sondern was spezielleres vertreiben, haben die mal nen Aktionsradius von 150, 200km. Und müssen auch zu Firmen irgendwo in der Pampa, wo der ÖPNV aus Schülerverkehr und 3 Alibi-Bussen am Tag besteht. Und haben auch mal Geräte und sonstiges dabei, was nicht in die Aktentasche passt. (Ob der Kofferraum voll Werbegeschenkte an Weihnachten nötig ist sei mal dahingestellt.)
Solche Leute brauchen tatsächlich ein Auto für ihren Job. Und mit solchen täglichen Strecken gönn ich denen auch ein etwas "besseres" Auto.
Aber: Die sind gar nicht unser Problem. Wieviel % der täglichen Autofahrten macht das aus? Richtig, verschwindend wenig.
Es wär verdammt viel gewonnen, wenn man erstmal bei den Dingen anfängt, was den Großteil der Fahrten ausmacht. Und da dürfte "Weg zur Arbeit" ganz weit oben stehen. Und natürlich auch private Fahrten wie Einkaufen, Weg-zum-Hobby, Freunde besuchen etc.
Wenn man in den Städten bei all diesen Wegen (und im Klein/Vorstadtbereich von miraus nur den Weg zur Arbeit) den Modal Split deutlich zugunsten ÖPNV verschieben könnte, wär schon verdammt viel gewonnen. Dann dürfen die Vertreter noch lange mitm Auto fahren.
Einkaufen mit Fahrrad:
Was die unanfechtbarkeit des Autos angeht bin ich wie viele hier wissen nicht gerade der gleichen Meinung wie Autobahn. Dennoch halte ich es für einen Quark, hier das Fahrrad als Allheilmittel propagieren zu wollen. Natürlich gibt es einige die das Fahrrad als Verkehrsmittel für den Alltag nehmen, und sicherlich würde sich bei weniger MIV und besseren Fahrradwegen und -Abstellplätzen dieser anteil erhöhen.
Aber wenn wir die Leute aus dem Auto rausbringen wollen, heißt die Antwort nummer Eins nicht Fahrrad. Die Hauptantwort heißt eben ÖPNV für etwas weitere Wege, und "zu Fuß" für kurze Wege, mitsamt passender Einkaufsstruktur für wohnortnahe Versorgung. Und ich setz noch eins drauf: Intelligente Verpackungen.
Einkaufen ganz speziell aus meiner Sicht? Ich hab nen kleinen Laden ca. 3 Fußminuten vor der Haustüre. Einen großen Supermarkt und benachbart einen Drogerieladen (und noch etwas mehr was man dann aber kaum mehr braucht) ca. 10 Fußminuten oder 1 Trambahnstation weiter, wo ich Verlustfrei auf dem Arbeitsweg hinkann (ich steig eins früher aus der S-Bahn und fahr dann nach Einnkauf mit der Tram heim, das ist nämlich auch direkt an einer S-Bahn-Station). Und ca. 10 Fußminuten entfernt einen Supermarkt in Kategorie Megamarkt, wo ich gelegentlich hingeh, aber wo man auch ohne auskommen könnte wenns sowas nicht hat.
Achja: Alle drei Märkte haben nen Bäcker, zudem ist noch näher als der erste Laden noch ein Bäcker ums Eck.
Wenn ich wollte könnte ich alles zum Leben in dem Laden direkt um die Ecke kaufen. Da ist die Auswahl an verschiedenen Sorten, seis jetzt bei Lebensmittel, Duschgel oder Putzmittel, natürlich nicht so hoch, aber würde gehen. Das meiste kauf ich bei dem Supermarkt an der S-Bahn.
Bis auf die Getränke, die hol ich überwiegend im Laden um die Ecke. (Außer das was ich in die Firma mitnehm, das hol ich wieder bei dem Laden an der S-Bahn, da dann kürzere Fußwege.)
Ja wieso jetzt intelligentere Verpackungen? Ich hab mit dem Umzug hierher die Wassermarke gewechselt. So nen normalen Kasten mit 12 Liter Wasser möcht ich tatsächlich nicht viel weiter als vom Auto in die Wohnung schleppen. Mit beiden Händen vor dir tragend wirst du da genauso schnell zum Hirsch wie in einer Hand schräg hängend. Jetzt gibt's aber z.B. von Adelholzner so geile teilbare Kästen, da hast du dann zwei Halbe à 6 Flaschen, mit einem ergonomisch geformten gut greifbaren Griff in der Mitte. Damit trägt sich das gleiche Gewicht
wesentlich leichter als in konventionellen Kästen! Und so kann man problemlos die Einkaufstüte in der einen Hand und nen halben Kasten in der andern tragen. Oder zwei Halbe in den Händen und die Einkäufe auf dem Rucksack. Wenn ich Cola oder sonstwas Non-Wasser will misch ich das mit in den Wasserkästen. Machen die Supermärkte alle anstandslos.
Ich hab einmal von dem Megamarkt zu den übrigen Einkäufen noch ca. 4 Liter Wasser in die Tüte gepackt. Da wirst zum Hirsch. Klar, mit der Einkaufstüte schneidet das wieder mehr als mit so nem tollen Grifff. Aber trotzdem hier lieber kurze Wege. Was man Trinkt ist in meinen Augen mit abstand das Schwerste vom regelmäßigen Bedarf.
Deswegen die Forderung: Gute Struktur. Nicht ein paar Megamärkte irgendwo, sondern verteilt in den Wohngebieten Läden und (ggf. größere) Märkte an gut ÖPNV-Erreichbaren Knoten in der Stadt. Dann ist der Einkauf für viele Fälle auch sehr einfach ohne Auto zu erledigen.
Natürlich muss man da ein wenig umdenken, und nicht zum Hyper-Duper-Markt in 5km Entfernung fahren, weil die Milch da 10ct billiger ist. Aber das dürfte von der rentabilität her eh grenzwertig sein... Und das wird natürlich hier angezüchtet. Wenn ich mir den Ort anschau wo ich herkomm (gut 4k Einwohner), da sind die letzten Jahre alle Supermärkte von der Stadtmitte an den Ortsrand in die Pampa gezogen. In der Stadt hat's noch Bäcker und Metzger und nen (kleinen) Schlecker. In einem Viertel nen Tante-Emma-Laden, woanders (aber auch eher am Ortsende) nen Getränkehändler. Natürlich fährt da jeder mitm Auto zum Einkaufen, was bleibt einem denn? 3km durch den Ort mit dem Fahrrad ist nun wirklich nicht attraktiv.
Achja: Im alten Gebäude eines der an den Rand gezogenen Supermärkte wurde schon ein Bonus-Markt diskutiert (
http://www.bonusmarkt.de/), ein mit irgendwie subventionierten Arbeitskräften betriebener Supermarkt der eben gerade die Nahversorgung sicherstellen soll. Ich weiß gerade nicht worans gescheitert ist. Ja subventionierte Arbeitskräfte ich weiß - aber ich denke mir durchaus dass es schwierig ist gegen inzwischen 3 Supermärkte, davon 2 Discounter, anzukommen, wenn man den Leuten das mit dem Auto mal antrainiert hat. Es zeigt aber, dass es auch der Kommunalpolitik inzwischen dämmert, dass diese Einkaufszentren auf der grünen Wiese mitsamt ausgestorbener Innenstadt ziemlicher Käse sind. Auch wenn das jetzt natürlich innen optisch tolle Geschäfte mit breiteren Gängen als früher sind.
Tja und wenn ich hier ne Familie zu versorgen hätte? Dann würde ich für die Getränke wohl einen Lieferservice nutzen, und die übrigen Einkäufe wären etwas größer, insbesondere aber nicht nur einmal wöchentlich.
Ich geb zu ich schlürf hier auch grad Milch weil mir das Wasser ausgegangen ist. Aber das is Fehlplanung bzw. Irrtum über das was ich tatsächlich noch hatte, und kann einem wenn man 5 Kästen auf einmal kauft genauso passieren :rolleyes:
Übrigens. Meine ÖPNV-Jahreskarte für den Weg zur Arbeit und das ganze Stadtgebiet hier kostet mich monatlich nichtmal 10 Euro mehr als was der Tiefgaragenstellplatz, der zu meiner Wohnung gehört und den ich noch weitervermieten werde, an Miete kostet. Nur der Stellplatz, noch kein Auto, keine Versicherung, keine Steuer, kein Sprit! Da isses dann auch noch billiger, wenn das Wasser im Laden nebenan mehr kostet als im Megamarkt auf der Wiese, und ich gelegentlich mal n Taxi nehm. Und über den Rest freut sich mein Sparbuch.
Und die Zeit? Haustür zu Haustür zur Arbeit ca. 35 Minuten einfach. Mit dem Auto bräuchte ich laut Google Maps 16 Minuten - in der HVZ würd ich eher mal 20 schätzen. Dann hab ich nen Duplex-TG-Stellplatz, bis ich da am Auto bin kostet das auch nochmal Zeit. Dann muss ich in der Firma parken. Im Winter Eiskratzen. Spar ich mir einfach vielleicht noch 10 Minuten. Und im Sommer steig ich abends in ne Sauna.
Dafür träum ich in der S-Bahn dann vor mich hin, oder les ne Zeitung - und beim Zeitunglesen is die Zeit dann wieder voll gewonnen, im Auto kann ich das nämlich nicht!
Ich geb zu, ich hab noch nen Regional-Bus, dessen Anschluß gelegentlich wackelt. Ich persönlich nehm das noch einigermaßen locker. Entweder les ich weiter Zeitung, oder nehme selten mal ein Taxi. Wie gesagt, bis ich ein Auto gezahlt hab kann ich das mit dem Taxi recht oft machen... (Generell muss ich mal noch einen anderen Weg auskundschaften, da gibts noch möglichkeiten mit Fußweg)
Aber nichtsdestotrotz ist
genau das einer der Punkte woran wir für mehr ÖPNV dringend arbeiten müssen: Taktdichte und bei geringen Takten auch Anschlußsicherung. Weil ich versteh vollkommen, dass bei wackeligen Anschlüssen ein Autofahrer nicht bereit sein wird umzusteigen. Mein Busfahrer hat das offenbar noch nicht kapiert. Ich zitiere einen meiner Busfahrer: "ICH fahre pünktlich, sollen sich die Leute doch bei der Bahn beschweren". (Und nein, die Diskussion in deren Rahmen der Satz gefallen ist hab nicht ich ausgelöst, sondern ein normaler Fahrgast, als der Anschluß grad mal nur um Haaresbreite funktioniert hat.)
DAS ist einer der Kriegsschauplätze an denen wir den Modal Split verschieben, meine Herren! Nicht die Frage ob ein Vertreter mit S-Klasse, Smart oder Trambahn kommt!