Zugunglück bei Bad Aibling 09.02.2016

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Erschreckend finde ich, das die DB wohl seit 1971 keinen Cent mehr in den Unterhalt investiert hat, wenn man dem Gutachter vor Gericht glauben darf.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

NJ Transit @ 21 Nov 2016, 20:40 hat geschrieben:Doch, zum Beispiel, wenn der Nachbar ein Mech hat und das ganze trotzdem über Kurbelblock gesichert ist :P
Auch bei mech + Dr in Nachbarschaft z.B. [acronym title="TMG: Mengen <Bf>"]TMG[/acronym] (mech) + [acronym title="THT: Herbertingen <Bf>"]THT[/acronym] (Dr) drückt der Dr nur Tasten. Einzelne örtl. Bsonderheiten mal ausgenommen.
NJ Transit @ 21 Nov 2016, 20:40 hat geschrieben:Es sollte aber eigentlich klar sein, dass das kurbeln, grade in Anführungszeichen, metaphorisch gemeint ist?
Da der Lichtschwertkämpfer auch immer Erbsen zählt, zähle ich bei ihm halt auch Erbsen. :P
NJ Transit @ 21 Nov 2016, 20:40 hat geschrieben:Das ist aber eine andere Grundvoraussetzung, denn prinzipiell könnte man Aichtetten und Tannheim auch vor Ort bedienen. Das ist in Kolbermoor nicht möglich. Fernsteuern ist halt nicht fernstellen, sondern braucht nochmal andere Voraussetzungen.
Das hatte ich in dem von dir nicht zitierten Teil doch schon geschrieben, jedoch mit dem Zusatz, dass der Unterschied bzgl. Erlaubnis wegfallen sollte.
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NJ Transit
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Beitrag von NJ Transit »

218 466-1 @ 21 Nov 2016, 21:12 hat geschrieben: Auch bei mech + Dr in Nachbarschaft z.B. [acronym title="TMG: Mengen <Bf>"]TMG[/acronym] (mech) + [acronym title="THT: Herbertingen <Bf>"]THT[/acronym] (Dr) drückt der Dr nur Tasten.
Drum ja der Zusatz mit dem Blockkasten :rolleyes:
Das hatte ich in dem von dir nicht zitierten Teil doch schon geschrieben, jedoch mit dem Zusatz, dass der Unterschied bzgl. Erlaubnis wegfallen sollte.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Argument "Bei diesen beiden ferngesteurerten Bahnhöfen passiert das ja auch" in dem Fall nichts mit der Aussage, dass das bei ferngestellten Bahnhöfen recht sinnlos ist, zu tun hat.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

NJ Transit @ 21 Nov 2016, 21:24 hat geschrieben:Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Argument "Bei diesen beiden ferngesteurerten Bahnhöfen passiert das ja auch" in dem Fall nichts mit der Aussage, dass das bei ferngestellten Bahnhöfen recht sinnlos ist, zu tun hat.
Warum soll das sinnlos sein? Im Prinzip ist es das gleiche, dass der FdL sich selbst die Erlaubnis gibt und es hätte ggf. geholfen, dass der FdL in dem Fall die Ursache der angeblichen "Signalstörung" die keine war, bemerkt hätte.
Entweder braucht man auch fengestellt Erlaubnis, oder was neues, dass das genaue Problem anzeigt.
Auch aktuell heute: Zugunglück von Bad Aibling: Technik war nicht auf dem neuesten Stand
-Süddeutsche Zeitung\ @ 21. Nov 2016, 16:26 hat geschrieben: "Das Problem ist: Das Stellwerk sagt dem Fahrdienstleiter nicht, warum es seinem Befehl nicht folgt, sondern es macht's halt einfach nicht", sagte der Zeuge nun vor Gericht. (...) Die Regularien zur Bedienung des Stellwerks waren dem amtlichen Unfall-Untersucher zufolge nicht in jedem Punkt auf dem neuesten Stand. (...) Die Formulierungen im Regelwerk für Bad Aibling und Kolbermoor beruhten auf der Fiktion zweier getrennter Fahrdienstleiter, obwohl es nur einen gibt und dieser die vorgeschriebenen Abstimmungen und Absprachen mit sich selbst ausmachen muss. (...) Doch laut dem Zeugen hätte auch und gerade nach der Interpretation der Bahn ab dem Jahr 1984 eine technische Komponente nachgerüstet werden müssen. Dieser "Erlaubnisempfangsmelder" hätte den Fahrdienstleiter ein weiteres Mal auf die beiden gegenläufigen Züge hingewiesen und so als weitere technische Hürde womöglich geholfen, den Zusammenstoß zu verhindern.
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Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

Weilheim Obb und Dießen, Erlaubnis mittels Knöpfchen zwischen Dr und Mechanisch.
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Lazarus @ 21 Nov 2016, 19:45 hat geschrieben:Erschreckend finde ich, das die DB wohl seit 1971 keinen Cent mehr in den Unterhalt investiert hat, wenn man dem Gutachter vor Gericht glauben darf.
Dann kann man ihm also nicht glauben, sonst würde das Stellwerk nicht mehr funktionieren.
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Beitrag von JeDi »

218 466-1 @ 21 Nov 2016, 18:22 hat geschrieben: Falsch. Kurbeln tut man bei Dr-STW nicht.
Es gibt halt Menschen, die Metaphern verstehen, und welche, die sie nicht verstehen. "Kurbeln" kenne ich für so Dinge wie die Erlaubnis selbst in ESTW (mal von der Theoretischen Möglichkeit, tatsächlich ne Kurbel für die Erlaubnis ins RSTW zu stellen abgesehen).
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Beitrag von JeDi »

218 466-1 @ 21 Nov 2016, 20:12 hat geschrieben: Da der Lichtschwertkämpfer auch immer Erbsen zählt, zähle ich bei ihm halt auch Erbsen. :P
Wenn du zu doof bist, meine Beiträge zu verstehen, kann ich dir auch nicht helfen.
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Beitrag von Valentin »

Lazarus @ 21 Nov 2016, 19:45 hat geschrieben: Erschreckend finde ich, das die DB wohl seit 1971 keinen Cent mehr in den Unterhalt investiert hat, wenn man dem Gutachter vor Gericht glauben darf.
Dafür soll es jetzt um so schneller gehen: Die Bahn scheint die Produktion von GSM-Funkgeräte, über die die Züge gestoppt werden können, so bald wie möglich hochzufahren zu wollen.
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RFZ
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Beitrag von RFZ »

Grüße,
ist bisher eigentlich bekannt geworden, wie häufig der Fdl denn sonst so ein Ersatzsignal gegeben hat / geben musste (und warum)? Mir drängt sich diese Frage immer auf, aber ich finde dazu nie etwas in der Berichterstattung... Stellt die Frage keiner?
Für mich wäre Routine immer noch die schlüssigste Erklärung, warum man so abgelenkt sein kann, dass man die ganzen offensichtlichen Fehler nicht bemerkt...
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Valentin @ 22 Nov 2016, 19:09 hat geschrieben: Dafür soll es jetzt um so schneller gehen: Die Bahn scheint die Produktion von GSM-Funkgeräte, über die die Züge gestoppt werden können, so bald wie möglich hochzufahren zu wollen.
Welche Züge sind denn bisher noch nicht mit GSM ausgerüstet?
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
NJ Transit
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Beitrag von NJ Transit »

Die RegioSprinter der Rurtalbahn (welche Bahn ist ja nicht gegeben) schleppen im Auftragsverkehr auf der RB34 nach Dalheim immer einen Funkkasten mit, ich nehme also an, die haben keinen.
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Laurenz
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Beitrag von Laurenz »

Der dritte Prozesstag hat einige Fragen geklärt. Meine Vermutung (die auch in anderen Foren unabhängig aufkam), dass eine Fahrstraße auf Rangierniveau gegen die Erlaubnisrichtung zusammen mit exaktem Timing für den Unfall relevant war (nach dem Fehler mit dem Begegnungsort Bad Aibling statt Kolbermoor), ist eindeutig falsch. Es gibt zwischen Bad Aibling und Kolbermoor keine Erlaubnisrichtung, damit war dieser Ablauf nicht möglich, und meine Vermutung kann so nicht dem tatsächlichen Ablauf entsprechen. Ich konnte mir eben nicht vorstellen, dass ein FDL eine Handlung vornimmt, bei der die akute Unfallgefahr so offensichtlich ist, ob mit Smartphone oder ohne. Aber so offensichtlich, wie sie in dem konkreten Fall auch sein sollte, war sie nämlich durch die Auslegung des Stellwerks nicht.

Es ist also wahrscheinlich, dass der Angeklagte auch am Streckenblock Kurpark ZS1 gegeben hat. Jedenfalls wird das anscheinend als selbstverständlich angenommen - es ist in den zugänglichen Medienberichten, von denen der Prozessblog von Mangall24.de der informativste ist - nirgends erwähnt, ob
a) der Angeklagte erklärt hat, er habe auch am Blocksignal 313 ein ZS1 (das zweite) gegeben,
b) sich die zwei ZS1 plausibel am Zählerstand bestätigen lassen (der erst im Beisein des Vorgesetzten nach dem Unfall vorschriftswidrig nachgetragen wurde),
c) und dass der TF des 79505 nach Rosenheim zweimal (Ausfahrt Bad Aibling und Blocksignal 313) die Befehlstaste betätigt hat, um die Zwangsbremsung der INDUSI bei rotem Hauptsignal zu überbrücken. Das müsste aus dem Fahrtenschreiber eindeutig dokumentiert sein.
Vielleicht finden sich diese Aussagen im Gerichtsprotokoll, jedenfalls scheinen diese naheliegenden Belege für einen Ablauf gemäß der Anklage für so selbstverständlich gehalten zu werden, dass sie nirgends erwähnt werden. Wenn diese Belege vorliegen, wäre es schon ganz gut, davon zu erfahren, damit keine Fragen offen bleiben.

Sehr interessant waren aber einige Ausführungen des EUB-Sachverständigen (Mangfall24 Gerichtsblog):
- Die Fahrstraße aus Kolbermoor nach Bad Aibling hätte nicht gemeinsam mit der Einfahrt für den 79506 aus Rosenheim gestellt werden dürfen. Frage des Richters zum Durchstellen der Fahrstrecke: „Warum ist das unzulässig?“ Wie der Zeuge aussagt, sei der Grund laut DB Netz AG, um überlange Wartezeiten an den Bahnübergängen zu vermeiden. „Das greift meiner Meinung nach nicht“, so der Bahnexperte. ... Er soll also von der planmäßigen Reihenfolge abgewichen sein. Dies sei aber noch kein Sicherheitsrisiko gewesen, weswegen es das Stellwerk zugelassen habe. „Die Ausfahrt Zugstraße hätte er nicht stellen dürfen, nur die Einfahrt Zugstraße“, so der Zeuge. Ohne eine aktive 2-Tasten-Bedienung komme keine Ausfahrt aus Kolbermoor zu Stande. Dies müsse nach Darlegung des Experten vor 6.38 Uhr erfolgt sein. Die Freigabe der Ausfahrt erfolgte also zu früh, da der Zug bis 6.45 Uhr Aufenthalt in Kolbermoor hatte.
- Zwischen Kolbermoor und Bad Aibling Kurpark hätte die Strecke als Zentralblock ausgeführt mit einer Erlaubnisrichtung sein müssen; das Stellwerk hat so den aktuellen Richtlinien nicht entsprochen und hätte nachgerüstet werden müssen: Nun geht es um die verschiedenen Blockbauformen der Strecke. Die vorliegenden Unterlagen legen für den Zeugen die Auffassung nahe, dass es sich nicht um einen Zentralblock zwischen Bad Aibling und Kolbermoor handle. Hieraus folgen laut dem Zeugen zwei Tatsachen: „Zwischen Bad Aibling und Kolbermoor hätte im Rahmen der der Bundesbahn zur Verfügung stehenden Mittel nachgerüstet werden müssen. Zwischen Bad Aibling und Kolbermoor fehlen Erlaubnisabhängigkeit, Ausfahrsperrmelder und Vor- bzw. Rückblockmelder. ... Nebenklagevertreter Rechtsanwalt Friedrich Schweikert hinterfagt noch einmal die Weichennachrüstungspflicht für den Empfangsmelder. „Wenn es sich um Zentralblock handeln würde, muss der Empfangsmelder dann her?“ Die Antwort des Experten: „Ja, knüppelhart. Der Empfangserlaubnismelder müsste her.“ Die Bahn sei laut Zeuge auch von einem Zentralblock ausgegangen.
- Die Fahrtstraße aus Kolbermoor war nicht wie üblich für den FDL ersichtlich. Laut dem EUB-Sachverständigen: „Wir haben eine unsinnige und unvollständige Ausleuchtung zwischen Bad Aibling und Kolbermoor. Hier ist eindeutig ein Schaltfehler drin.“

Damit wird eher nachvollziehbar, dass der Angeklagte (der ja Springer war) die 6h36 gestellte Fahrstraße aus Kolbermoor übersehen konnte. Fatal war auf jeden Fall, dass er - obwohl er die Gefahr sofort nach der Ausfahrt des 79505 aus Kurpark bemerkt hatte, die falsche Notruftaste drückte (die, die häufig bei den regelmäßigen Übungen verwendet wird, um die Triebfahrzeugführer nicht durch Übungsalarme kirre zu machen). Wenn er die richtige Taste (oder besser, einen nicht vorhandenen eindeutigen Nothalt ohne 50:50-Fehlerrisiko) betätigt hätte, wäre der Unfall nach Aussage der Sachverständigen eindeutig mit reichlich Sicherheitsabstand verhindert worden.

Als Fazit kann man wohl festhalten: Wenn zwei mal ZS1 Fakt sein sollten, haben wir einen durch das Onlinespiel am Smartphone abgelenkten FDL, der aber durch ein nicht mehr regelkonformes Stellwerk mit Entwurfs- oder Ausführungsfehler nicht bei seiner Fehleinschätzung gewarnt wurde: Die bestehende Fahrstraße aus Kolbermoor war nicht wie üblich ausgeleuchtet, es gab keine Erlaubnisrichtung, die einen eindeutigen Hinweis gegeben hätte, und der Notruf wurde durch die hirnrissige Bedienungsfunktionalität und Übungspraxis für das GSM-R-Gerät vereitelt. Die Fehler des Angeklagten sind klar: Regelwidriges Durchstellen der Fahrstraße nach Bad Aibling mit der Einfahrt nach Kolbermoor (bei einem Taktfahrplan, bei dem jede Stunde der Begegnungsbahnhof zwischen Bad Aibling und Kolbermoor wechselt), Unterlassung der Räumungsprüfung und stattdessen regelwidrig zwei Blockabschnittsprüfungen (die aufgrund der veralteten Bauweise und der fehlenden Ausleuchtung unauffällig waren - er musste nur die freie Ausfahrt aus Kolbermoor übersehen), und dann in Panik zwar rechtzeitig, aber die falsche Notruftaste gedrückt.

Bei all diesen Fehlern des Angeklagten: Es war ein Unfall, der durch Betriebstechnik und Betriebspraxis seit Jahren in der Warteposition hing und bei dem einfach mögliche und auch übliche Sicherheitsvorkehrungen die Folgen der Fehler des Angeklagten verhindert hätten. "Menschliches Versagen" ist zwar durchaus richtig, aber trotzdem bei Weitem nicht eine ausreichende Erklärung.
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Beitrag von JeDi »

NJ Transit @ 22 Nov 2016, 22:53 hat geschrieben: Die RegioSprinter der Rurtalbahn (welche Bahn ist ja nicht gegeben) schleppen im Auftragsverkehr auf der RB34 nach Dalheim immer einen Funkkasten mit, ich nehme also an, die haben keinen.
Ist halt die Frage, was das für Kästen sind. Könnte ja auch sein, dass die Fahrzeuge nur GSM (P-GSM? GSM-R?) haben, und dort Analogfunk oder irgendeinen besonderen Funk brauchen :)
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Wildwechsel
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Beitrag von Wildwechsel »

RFZ @ 22 Nov 2016, 23:42 hat geschrieben: Grüße,
ist bisher eigentlich bekannt geworden, wie häufig der Fdl denn sonst so ein Ersatzsignal gegeben hat / geben musste (und warum)? Mir drängt sich diese Frage immer auf, aber ich finde dazu nie etwas in der Berichterstattung... Stellt die Frage keiner?
Für mich wäre Routine immer noch die schlüssigste Erklärung, warum man so abgelenkt sein kann, dass man die ganzen offensichtlichen Fehler nicht bemerkt...
Frag mich jetzt nicht mehr, wo ich das gelesen hab, aber irgendwo waren tatsächlich mal die Ersatzsignalbedienungen aufgelistet, und das waren sehr sehr wenige. Eine diesbezügliche Routine sollte damit eigentlich ausscheiden.
Beste Grüße usw....
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Beitrag von NJ Transit »

JeDi @ 23 Nov 2016, 01:36 hat geschrieben: Ist halt die Frage, was das für Kästen sind. Könnte ja auch sein, dass die Fahrzeuge nur GSM (P-GSM? GSM-R?) haben, und dort Analogfunk oder irgendeinen besonderen Funk brauchen :)
Die Rurtalbahn nutzt selber meine ich noch ganz klassischen analogen Funk übers IBIS-Gerät (auch diese HPW-Dinger wie in München).
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Beitrag von Valentin »

NJ Transit @ 22 Nov 2016, 22:53 hat geschrieben: Die RegioSprinter der Rurtalbahn (welche Bahn ist ja nicht gegeben) schleppen im Auftragsverkehr auf der RB34 nach Dalheim immer einen Funkkasten mit, ich nehme also an, die haben keinen.
Allein schon von den Stückzahlen her sind es weit mehr Züge.
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Laurenz
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Beitrag von Laurenz »

Es gibt inzwischen eine Diskussion, wie der Satz des EUB-Sachverständigen (An diesem Tisch im Bad Aiblinger Stellwerk gebe es aber auch eine zum Teil unsinnige und zum Teil unvollständige Anzeige durch Glühlampen - "also hier ist ein Schaltfehler drin, eindeutig") zu verstehen ist. Besonders relevant ist, dass der Sachverständige dazu noch anmerkte. "Dazu hatte sich beim angeklagten Fahrdienstleiter und seinen Kollegen aber offenbar eine Bedienpraxis etabliert, die den Schaltfehler der Anzeige im Alltag ignoriert hat." Süddeutsche 21.11.2016
Anscheinend ist meine Vermutung im Februar, dass Kolbermoor bis 1990 einen eigenen FDL hatte, und der Stelltisch dort zum Fernstellen in Bad Aibling integriert wurde, doch richtig. In einem DB-Infrastrukturregister mit Angaben zur Stellwerkstechnik war das angegeben, ich hatte den Link aber nicht mehr gefunden. Jedenfalls hätten die Regularien für das Stellwerk Bad Aibling "unpräzise Vorgaben", "mangelnde Eindeutigkeit" und "Interpretationsspielraum". "Die Formulierungen im Regelwerk für Bad Aibling und Kolbermoor beruhten auf der Fiktion zweier getrennter Fahrdienstleiter." <Bahnhofbilder> auf DSO schreibt: "DR-Stellwerk Bad Aibling konziepiert für Bad Aibling und Heufeld -> ein Bahnhof mit Bahnhofsblock. DR-Stellwerk Kolbermoor ursprünglich separat, wurde aber später an Bad Aibling angeflanscht -> separater Bahnhof mit Streckenblock zwischen Bad Aibling und Kolbermoor. Zwischen den beiden Bahnhöfen wurde dann noch die (Strecken?-)Blockstelle Bad Aibling Kurpark eingeschoben." (DSO-Thread).

Das heisst, bis 1990 muss es eine Erlaubnisrichtung und die entsprechenden Melder auf den Stelltischen in Bad Aibling und in Kolbermoor gegeben haben, einschließlich der dazugehörigen Relaislogik. Jedenfalls scheint das Zusammenlegen (und der nachträgliche Einbau des Zentralblocks nach dem HP Kurpark) ein reichliches Durcheinander erzeugt zu haben.

<M262> auf dem gleichen DSO-Thread hat vielleicht weitere Kenntnisse zu dem Ergebnis:
"Rosenheim - Kolbermoor: Selbstblock 60 (mit Erlaubnismelder und Ausfahrsperrenmelder, Blockmelder bei eingestellter Zugstraße dunkel)
Kolbermoor - Bad Aibling: Zentralblock 65 (ohne Erlaubnismelder, Blockmelder bei eingestellter Zugstraße dunkel, Blockabschnittsprüfung technisch möglich)
Bad Aibling - Heufeld: Blocksicherung in Fahrstraßentechnik (ohne Erlaubnismelder, Blockmelder leuchten bei eingestellter Zugstraße gelb, Auswerten der Meldeanzeigen möglich)
Heufeld - Bruckmühl: Selbstblock 60 (mit Erlaubnismelder und Ausfahrsperrenmelder, Blockmelder bei eingestellter Zugstraße dunkel)
".

Man streitet sich auf DSO jetzt, ob der EUB-Sachverständige vielleicht auch nicht genug Ahnung hat, um den historisch gewachsenen Stelltisch in Bad Aibling zu verstehen, und Quatsch erzählt hat...

Wie dem auch sei: Eine genaue Überprüfung der Sicherheitstechnik und ihrer Steuerungslogik ist wohl doch nötig. Die Frage, ob der 79505 am Blocksignal 313 bei der Abfahrt ZS1 oder freie Fahrt hatte, ist vielleicht doch nicht so abwegig.
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Beitrag von lekomat »

Kurze Ergänzung, Kolbermoor wird seit Ende der 70er schon nicht mehr besetzt (wie Heufeld).
**** 09.02.2016 - Ein schwarzer Tag ****
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Beitrag von JeDi »

lekomat @ 24 Nov 2016, 17:36 hat geschrieben: Kurze Ergänzung, Kolbermoor wird seit Ende der 70er schon nicht mehr besetzt (wie Heufeld).
Zufälligerweise seit dem Tag der Inbetriebnahme des RSTW in Bad Aibling, oder?
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Beitrag von mapic »

Laurenz @ 24 Nov 2016, 15:37 hat geschrieben: Die Frage, ob der 79505 am Blocksignal 313 bei der Abfahrt ZS1 oder freie Fahrt hatte, ist vielleicht doch nicht so abwegig.
Wie kommst du denn jetzt schon wieder auf den Unsinn? Es wurde jetzt im Prozess schon von mehreren Personen von zwei Mal Zs1 gesprochen. Die entsprechenden Aufzeichnungen durch die Zählwerke und die PZB-Geräte dürften da auch kaum irgendwelche Zweifel aufkommen lassen.
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Beitrag von 218 466-1 »

mapic @ 24 Nov 2016, 20:12 hat geschrieben:
Laurenz @ 24 Nov 2016, 16:37 hat geschrieben:Die Frage, ob der 79505 am Blocksignal 313 bei der Abfahrt ZS1 oder freie Fahrt hatte, ist vielleicht doch nicht so abwegig.
Wie kommst du denn jetzt schon wieder auf den Unsinn? Es wurde jetzt im Prozess schon von mehreren Personen von zwei Mal Zs1 gesprochen. Die entsprechenden Aufzeichnungen durch die Zählwerke und die PZB-Geräte dürften da auch kaum irgendwelche Zweifel aufkommen lassen.
Eben. Zudem hätte dann 79506 in der Gegenrichtung Zs1 haben müssen was nicht der Fall war, weil zwei gegenläufige Fahrtstellungen mit keinem Stellwerk machbar sind. Und selbst zeitlich versetzt wären dann noch viel mehr Handlungen (u.a. Auflösung der Rotausleuchtung) erforderlich gewesen und z.B. Befehl zur Fahrt auf Sicht hätte versäumt werden müssen.
Laurenz sollte einfach mal den Thread lesen, bevor er ständig wirre Fragen aufwirft, die schon längst klar und deutlich beantwortet wurden. :angry:
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Beitrag von lekomat »

JeDi @ 24 Nov 2016, 19:06 hat geschrieben: Zufälligerweise seit dem Tag der Inbetriebnahme des RSTW in Bad Aibling, oder?
Das kann ich dir leider nicht genau beantworten. Bin nach einigen Suchen aber auf einen Artikel im HiFo gestoßen, wo 1977 angegeben wird.
**** 09.02.2016 - Ein schwarzer Tag ****
JeDi
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Beitrag von JeDi »

lekomat @ 25 Nov 2016, 09:16 hat geschrieben: Das kann ich dir leider nicht genau beantworten. Bin nach einigen Suchen aber auf einen Artikel im HiFo gestoßen, wo 1977 angegeben wird.
Eben. Die komplette Sicherungsanlage ist von 1977, eine typische Modernisierung aus dieser Zeit.
Laurenz
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Beitrag von Laurenz »

mapic @ 24 Nov 2016, 19:12 hat geschrieben:Wie kommst du denn jetzt schon wieder auf den Unsinn? Es wurde jetzt im Prozess schon von mehreren Personen von zwei Mal Zs1 gesprochen. Die entsprechenden Aufzeichnungen durch die Zählwerke und die PZB-Geräte dürften da auch kaum irgendwelche Zweifel aufkommen lassen.
Ja, die Anklage geht davon aus, und alle Medienberichte, die ich kenne. Es fehlt mir bisher nur eine Information, dass der Angeklagte ein zweites ZS1 am 313 zugegeben hat, und dass das aktive PZB-Gerät im vorderen Teil des 79505 die zweite Betätigung der Befehlstaste am Streckenblocksignal 313 aufgezeichnet hat. Die Zählwerke für die Gruppentaste sind nicht wirklich zuverlässig - die Überprüfung der Stellwerkstechnik am Vortag des Unfalls hat sich am ersten Tag auf vorbereitende Reinigungsarbeiten beschränkt und es scheint unklar, ob der Techniker dabei schon den Zählerstand mit der Kladde abgeglichen hat. Der aktuelle Zählwerkstand wurde kurz nach dem Unfall durch den Vorgesetzten gemeinsam mit dem unter Schock stehenden FDL nachgetragen, weil der Angeklagte auch sein ZS1 bei der Ausfahrt Bad Aibling nicht sofort eingetragen hatte.
Meines Wissens hat der Angeklagte bisher noch keine Bestätigung vor Gericht abgegeben, dass er ein ZS1 auch am 313 gegeben hat. Vielmehr hat er keine Aussagen zum Handlungsablauf aus seiner Sicht gemacht. Vielleicht haben ihm die Verteidiger dringend davon abgeraten, weil das die Bewertung seiner allgemeinen Schuldanerkenntnis als strafmildernd gefährden würde. Am Tag nach dem Unfall hatte er jedenfalls in der ersten Vernehmung entschieden bestritten, auch am 313 ein ZS1 gegeben zu haben und nach Interviewaussage des Ermittlungsleiters eine plausible Erklärung für sein Verhalten beim ZS1 am Ausfahrtsignal gegeben. Diese Interviewaussage, die ich leider nirgends mehr gefunden habe, weil es ein kurzer Take in einem lokalen Nachrichtensender war, lässt mir keine Ruhe. Ist natürlich gut möglich, dass der FDL bei der ersten Vernehmung noch dachte, ein zweites ZS1 zu bestreiten brächte etwas, oder er hat es verdrängt (gleich in einem Aufwasch mit dem ZS1 an der Ausfahrt Bad Aibling gegeben?). Angesichts des psychischen Horrors für ihn als eindeutig Schuldigen für 11 Tote und viele Verletzte war er vielleicht bei der Vernehmung am Tag danach nicht mehr ganz zurechnungsfähig, er hat sie ja dann auch mit einem Nervenzusammenbruch beendet.

@ 218-466-1 "Eben. Zudem hätte dann 79506 in der Gegenrichtung Zs1 haben müssen was nicht der Fall war, weil zwei gegenläufige Fahrtstellungen mit keinem Stellwerk machbar sind. Und selbst zeitlich versetzt wären dann noch viel mehr Handlungen (u.a. Auflösung der Rotausleuchtung) erforderlich gewesen und z.B. Befehl zur Fahrt auf Sicht hätte versäumt werden müssen. "

Ist das unter allen Umständen so? Wenn der Angeklagte die Ausfahrt Kolbermoor unmittelbar nach dem Passieren durch den 79506 zurückgenommen hat (was er natürlich genau aus diesem Grund ohne vorherige Rücksprache mit dem TF über GSM-R auch vor der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit eindeutig nicht tun darf), braucht es kein ZS1. Der Gleichstromkreis im Ausfahrtsbereich meldet dann natürlich den Bahnhofsabschnitt bis zur Rangierhalttafel als besetzt. Das Einfahrtsignal der Gegenrichtung steht aber auf Halt, und der Streckenblock ist noch maximal 40 Sekunden frei, bis der 79506 den Achsenzähler an der Rangierhalttafel vor dem Einfahrtsignal erreicht. Kann dann der immer noch freie Streckenblock ab dem 313 nicht doch bis zum Einfahrtsignal Kolbermoor freigegeben werden? Der Einfahrtbereich ist ja durch das Einfahrtsignal geschützt, und der Durchrutschweg wird durch sein Vorsignal begrenzt. Ist ein derartiger Ablauf wirklich sicher auch nach zwei Umbauten der Relaislogik ausgeschlossen? Der einzige Unterschied zu einer Rangierfahrt im Einfahrtsbereich wäre ja die Aufhebung der vorherigen Fahrstraße und die Ausfahrt mit einem freien Hauptsignal.

Ich halte ein ZS1 am 313 inzwischen auch für ziemlich sicher - nur wäre mir wohler, wenn es eine klare Aussage des Angeklagten dazu oder einen Nachweis aus dem aktiven Fahrtschreiber des 79505 gäbe. Wie ich geschrieben habe, ist das in den Medien so noch nicht klar geworden. Alle halten es für selbstverständlich, und meine Frage erscheint mit Recht reichlich meschugge.
Mir wäre aber mit Informationen zu klaren Beweisen dazu aus dem Prozess einfach wohler.
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Beitrag von mapic »

Laurenz @ 25 Nov 2016, 11:47 hat geschrieben:Die Zählwerke für die Gruppentaste sind nicht wirklich zuverlässig
Wenn am Unfalltag zwei Nummern im Buch fehlen und alle vorherigen ordnungsgemäß eingetragen wurden, dann soll das nicht eindeutig sein?

Aussage des Bezirksleiters am zweiten Prozesstag:
Am Stellwerk habe der Vorgesetzte des Angeklagte dann die Unterlagen kontrolliert. Dabei sei ihm aufgefallen, dass die beiden Nummern für die Zählwerke in Form eines handschriftlichen Eintrags nicht nachgewiesen wurden, d.h. es sei nicht dokumentiert worden, dass die Zählwerke eine Nummer weiter gesprungen sind.
Quelle: http://www.rosenheim24.de/rosenheim/mangfa...ks-6972095.html
(Hervorherbung von mir)
Laurenz @ 25 Nov 2016, 11:47 hat geschrieben:die Überprüfung der Stellwerkstechnik am Vortag des Unfalls hat sich am ersten Tag auf vorbereitende Reinigungsarbeiten beschränkt und es scheint unklar, ob der Techniker dabei schon den Zählerstand mit der Kladde abgeglichen hat.
Das halte ich für ziemlich ausgeschlossen, dass der Techniker den Zählwerksstand kontrolliert hätte. Das ist nämlich absolut nicht seine Aufgabe. Allerdings ist es üblich, dass jeder Fdl zur Arbeitsaufnahme die Zählwerksstände kontrolliert.
Laurenz @ 25 Nov 2016, 11:47 hat geschrieben:Der aktuelle Zählwerkstand wurde kurz nach dem Unfall durch den Vorgesetzten gemeinsam mit dem unter Schock stehenden FDL nachgetragen, weil der Angeklagte auch sein ZS1 bei der Ausfahrt Bad Aibling nicht sofort eingetragen hatte.
Und genau bei dieser Gelegenheit hat der Bezirksleiter eben zwei fehlende Nummern entdeckt, nicht nur eine.

Und spätestens zusammen mit der PZB Aufzeichnung wird die ganze Sache dann extrem eindeutig. Und nur weil man der Öffentlichkeit die PZB-Daten noch nicht detailiert aufgeschlüsselt hat, heißt das noch lange nicht, dass diese den Ermittlern, (Staats-)Anwälten und Richtern nicht vorliegen würden. Den ganzen dritten Prozesstag haben fast nur EUB-Leute ausgesagt. Das alles kann die Presse ja niemals in dieser Ausführlichkeit wiedergeben.

Zwischendurch hat die Presse im Ticker schon fast kapituliert:
Seit knapp eineinhalb Stunden listet der 62-jährige Sachverständige nun schon die Fehler des Fahrdienstleiters Michael P. auf. Er geht auf jede Kleinigkeit ein, die der Angeklagte hätte tun müssen und was er stattdessen getan hat (Soll-Ist-Vergleich). Die Ausführungen des Sachverständigen sind sehr theoretisch, verdeutlichen aber auch, wie komplex die Aufgaben eines Fahrdienstleiters sind.
Quelle: http://www.rosenheim24.de/rosenheim/mangfa...ks-6996139.html
Laurenz
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Beitrag von Laurenz »

mapic @ 25 Nov 2016, 13:01 hat geschrieben:Und nur weil man der Öffentlichkeit die PZB-Daten noch nicht detailiert aufgeschlüsselt hat, heißt das noch lange nicht, dass diese den Ermittlern, (Staats-)Anwälten und Richtern nicht vorliegen würden. Den ganzen dritten Prozesstag haben fast nur EUB-Leute ausgesagt. Das alles kann die Presse ja niemals in dieser Ausführlichkeit wiedergeben.
Danke, Mapic. Das Argument mir der PZB-Aufzeichnung ist überzeugend - dass eine fehlende Erlaubnistaste am 313 nicht bei der Auswertung berücksichtigt wurde, kann man eigentlich ausschließen. Dann hat der FDL bei seinem Anruf beim Vorgesetzten kurz nach dem Notruf ("er wisse nicht, wie das passieren konnte") und bei der Aussage am Tag danach wohl in der absoluten Stressituation diesen Teil des Ablaufs ausgeblendet. Wenn er wirklich unmittelbar um das Abfertigen des 79505 bei der Ausfahrt Bad Aibling in Dungeon etwas gekauft hat, hat er das ZS1 für das Streckenblocksignal 313 in einem Aufwasch nach dem für die Ausfahrt wohl schlicht verdrängt. Wäre naheliegend.

Was die Zählerstände anbelangt, wäre aber durchaus denkbar, dass er bei Dienstantritt nicht kontrolliert hat und ein nicht eingetragenes ZS1 von der Vorschicht noch auf dem Zähler war. Dass er in dieser Situation nicht mit dem Vorgesetzten diskutiert, ob die zwei Ereignisse, die in der Kladde fehlten, auf zwei ZS1 durch ihn zurückzuführen sind, wäre zwar verständlich. Aber es müssten bei meiner Hypothese ja auch noch andere Zählerstände fehlen, zumindest für die dann nötige Rücknahme der Fahrstraße des 79506 aus Kolbermoor. Das alles zusammen ist so unplausibel, dass man es getrost vergessen kann.

Anscheinend war er durch die Ablenkung so durch den Wind, das er tatsächlich den 79505 mit zwei ZS1 auf die belegte Strecke geschickt hat. Das ist wirklich heftig.

Nur aus Interesse drei Sachfragen:
- Zu einem ZS1 am Blocksignal 313: Muss dafür der Abschnitt vor dem Blocksignal belegt sein, oder kann das auf Vorrat schon bei noch frei gemeldeten Abschnitt gegeben werden?
- Merkt sich die Stellwerkslogik, dass die freie Ausfahrt auf Hauptsignal in Kolbermoor - anders als bei einem frei für Rangierfahrt - den ganzen Block bis zum Steckenblocksignal 314 vor dem BÜ Rosenheimer Str. für die Fahrstraße gesperrt hatte, und blockiert dann den Block für Fahrten in Gegenrichtung auch noch weiter, nachdem die Fahrstraße zurückgenommen wurde und das Ausfahrtsignal Kolbermoor auf HP0 gestellt wurde?
- Läuft eine Fahrstraße aus Kolbermoor zunächst nur bis zum Streckenblocksignal 314 ein und verriegelt den Abschnitt bis Einfahrtgleis Bad Aibling (einschließlich Einfahrweiche Bad Aibling) erst, wenn der BÜ Rosenheimer Str. geschlossen ist, und der FDL den den BÜ in Bad Aibling geschlossen hat? Ansonsten hätte doch der FDL vor dem ZS1 erst die durch die Fahrtstraße verriegelte Ausfahrweiche stellen müssen (in das Gleis mit der Fahrstraße aus Kolbermoor hätte er ja keine Einfahrt für den 79505 aus Heuweg bekommen)?
Mühldorfer
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Beitrag von Mühldorfer »

Hallo,
wo jetzt dasGerichtsverfahren verandelt wird frage ich was gab es wann und wo an ähnlichen gestörten Betreibsabläufen OHNE Unglücksfall mit Verletzten und Toten.

So daß sich die Triebfahrzeugführer rechtzeitig erkannen und anhalten konnten oder daß ein Zugschluß vorraus erkannt wurde?

Ich kann mir nicht vorstellen daß vorschriftswidrige Betriebsabläufe IMMER zu schweren Unfällen führten.

Gruß
NJ Transit
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Beitrag von NJ Transit »

Dreieinhalb Jahre hat der Fahrdienstleiter bekommen.
My hovercraft is full of eels.

SWMdrölf. Jetzt noch nächer, noch hältiger, noch fitter. Bist auch du Glasfaser und P-Wagen?
JeDi
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Beitrag von JeDi »

Tja, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt scheinbar nur für richtige Verbrecher. Wenn man das Urteil mal mit anderen Unfällen vergleicht (6 Monate auf Bewährung für den Unfall-Tf von Mannheim, 1 Jahr auf Bewährung für den Unfall-Tf von Hordorf, 1,5 Jahre auf Bewährung für den Fdl Schrozberg), scheint man hier ein Exempel statuieren zu wollen. Bleibt die Hoffnung auf die nächste Instanz.
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Jojo423
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Beitrag von Jojo423 »

JeDi @ 5 Dec 2016, 11:03 hat geschrieben: Tja, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt scheinbar nur für richtige Verbrecher. Wenn man das Urteil mal mit anderen Unfällen vergleicht (6 Monate auf Bewährung für den Unfall-Tf von Mannheim, 1 Jahr auf Bewährung für den Unfall-Tf von Hordorf), scheint man hier ein Exempel statuieren zu wollen.
Puh, in meinen Augen ist das auch ein hartes Urteil.
Viele Grüße
Jojo423
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