Mal wieder ist eher bescheidenes Wetter angekündigt. Aber nochmal ärgere ich mich nicht bei Sonnenschein darüber, dass ich daheim geblieben bin und der Wettervorhersage von 0 Sonnenstunden geglaubt habe. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten für die geplante Rundtour. Ich wähle diejenige mit 40 Minuten späterer Abfahrt, um länger schlafen zu können und fahre mit dem Trilex-Express nach Zittau. Gegen das Gepiepe schützt glücklicherweise der Stammplatzbereich hinter einer Glastür. Bei der Fahrkartenkontrolle erkundige ich mich, ob mein Semesterticket im Transit von Zittau nach Seifhennersdorf gilt, denn die Strecke führt in Varnsdorf durch Tschechien. „Das ist eine sehr gute Frage. Am besten fragen Sie mal das Personal im anderen Zug.“
Durch attraktive Bahnhöfe geht die Fahrt nach Ostsachsen.

Während es nach dem Aufstehen noch nach Regen aussieht, lässt sich die Sonne zwischenzeitlich blicken.

Die ESTWifizierung droht bereits in Form ausgekreuzter Ks-Signale. Trotz Bauarbeiten kommen wir pünktlich in Zittau an. Dort wird gerade an einer Fußgängerunterführung gearbeitet. Ich muss auf den Inselbahnsteig zum Trilex nach Seifhennersdorf. Ein Schild führt mich auf den Bahnhofsvorplatz, einmal um das Bahnhofsgebäude herum und zur zweiten Unterführung. Hoppla, von den 4 Minuten Umsteigezeit bleiben noch anderthalb und der Desiro steht natürlich ganz vorne, um den Fußweg zu maximieren. Vermutlich wird es dieses Problem nach dem Umbau nicht mehr geben. Ich sprinte 200 Meter nach vorne. Die Ausfahrt steht und wenig später fahren wir ab. Das tschechische Personal akzeptiert mein Semesterticket bis Seifhennersdorf.
Mit 50 nähern wir uns der Grenze, auf tschechischer Seite gibt es mehrere technisch nicht gesicherte BÜ. Erschrocken flattern die Hühner im Vorgarten auf, als der Desiro pfeift. In Varnsdorf steigt ein Großteil der rund 20 Fahrgäste aus, der Rest am folgenden Halt Varnsdorf staré nádraží. Nun sind außer mir noch genau zwei Fahrgäste im Zug: Ein Mann mit einer Kamera und seine Frau. Obwohl der nächste Halt ein Bedarfshalt ist und es keinerlei Bedarf an einem Halt gibt, bleibt der Zug stehen. Die Innenraumbeleuchtung wird gelöscht und der Motor ausgemacht. Wohin ich denn fahren wolle, möchte die Zub wissen. Seifhennersdorf. „Ersatzschienenverkehr.“ Aha. Gestern war davon noch nichts in der Fahrplanauskunft zu lesen. Auch das Paar wird zum Ersatzschienenverkehr geschickt.
An der Varnsdorfer Brauerei ist also erstmal Endstation. Die Strecke ist von der EU im Rahmen regionaler Entwicklung sehr hübsch hergerichtet und mit barrierefreien Bahnsteigen ausgestattet.

Der SEV wird von einem tschechischen Kleinbus gefahren, welcher schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Nachdem die drei Fahrgäste platzgenommen haben, schließt der Fahrer die Schiebetür. Die Zub nimmt auf dem Beifahrersitz Platz. Dann geht es über die Grenze zurück nach Deutschland. Ein paar Minuten später ist der Bahnhofsvorplatz von Seifhennersdorf erreicht. Bis ich die Kamera herausgezogen habe, rollt der Bus schon wieder an.

Die Person mit Plastiktüte hatte es sich auf der Bordsteinkante gemütlich gemacht und wurde durch die Ankunft aufgescheucht. „Ohje, hoffentlich kommt der nochmal…“, meint der Mann, „da steht doch :42 auf dem Fahrplan, es ist aber erst :21.“

Wer schon immer mal mit 99,99% Wahrscheinlichkeit einen ganz privaten SEV nutzen wollte, könnte mal die Abfahrt Sa und So um 0:03 Uhr probieren…

Grund für den SEV ist laut Website eine fehlende Genehmigung für das EIU DRE, welches den Abschnitt von der tschechischen Grenze bis zum Hp Seifhennersdorf betreibt.
Aus diesem Grund liegt der provisorische Hp schon seit einiger Zeit im Dornröschenschlaf.

Aufgrund der wahrhaft atemberaubenden Geschwindigkeiten auf der Schiene kommt es nur zu überschaubarer Fahrzeitverlängerung durch den SEV.

Blick in Gegenrichtung zur Einfahrt in den aufgelösten Bahnhof Seifhennersdorf

Der Mann erzählt mir noch, dass er vor vielen Jahren einmal auf der Strecke unterwegs war, als man von hier noch nach Eibau weiterfahren konnte. „Wegen der Grenzkontrollen war das aber nicht ganz so einfach…“ Sie sind auch nur zum Schauen hier und wollen mit dem nächsten SEV zurückfahren.
Der Bahnhof wirkt nicht so, als wäre er noch im Originalzustand aus Reichsbahnzeiten. Die Betonschwellen und der erhöhte Hausbahnsteig deuten darauf hin, dass hier etwas passiert sein muss.
