…um kurz darauf seine Fahrt fortzusetzen, nicht ohne vorher ewig an der Ampel zu warten und mir so die Gelegenheit zu geben, ein paar Bilder zu machen.
Zwei von vier Linien fahren uns gerade vor der Nase weg.
Kunst an der Haltestelle
Eine Marschrutka mit kunstvoller Liniennummer
Dann kann ich doch fix meinen Wasservorrat am Kiosk ergänzen. Einige Menschen stehen vor mir in der Schlange, die Verkäuferin schiebt in aller Ruhe Getränke im Kühlschrank herum und räumt neue ein. Erst eine Palette stilles Wasser, dann Sprudel, dann Cola, dann Cola Zero, dann Sprite, dann kommt der nächste Obus und ich verschiebe den Kauf.
„Aszjarožna, dzvery zacynjajucca!“, ertönt es wie auch in Minsk selbst in den Bussen.
Als wir die Bahnhofshalle betreten, sind es noch 35 Minuten bis zur Abfahrt. Die große Tür aus schwerem Holz an der Zollkontrolle ist noch geschlossen und eine Schlange hat sich gebildet. Zehn Minuten später wird sie geöffnet, wir geben unsere Migrationskarte ab, bekommen einen Stempel in den Pass und werden in den Duty-Free-Bereich entlassen. Es gibt einen Laden für Parfum, einen für Alkohol und einen für Tabakwaren.
Weitere zehn Minuten später wird die Tür zum Bahnsteig geöffnet, die Menschen strömen in den 3-Wagen-Zug, bespannt mit einer PKP-EP07. Die Wagen weisen große Ähnlichkeit mit denen des Zuges Minsk – Brest auf.
Das heutige Reiseprogramm:
Brest ...............ab 14:15
Terespol...........an 13:33
Eine schöne Zeitreise…
Terespol..........ab 15:50
Warschau........an 17:56
......................ab 18:43
Krakau............an 21:22
Mit -3 ruckelt der Zug an und holpert in Fahrradgeschwindigkeit auf die Grenze zu. Kühe im Niemandsland
Als wir die Mitte des Grenzflusses passieren, ist die Brücke entdröhnt und das Kadongkadong verstummt. Das Graffiti kehrt zurück. Auch wenn ich etwas erleichtert bin, wieder in der EU zu sein, so ist mir auch klar, dass der interessanteste Teil der Reise nun vorbei ist.
Nach 16 Minuten Fahrzeit halten wir mit -5 in Terespol. Riesige Hinweistafeln erinnern an das Einfuhrverbot tierischer Produkte in die EU. Glücklicherweise haben wir die verseuchten Lebensmittel schon im Zug verzehrt. Die Passkontrolle in der EU-Schlange verläuft in Sekundenschnelle und wir werden durch ein EU-Cofinanzierungsschild willkommen geheißen. Bevor wir in gut zwei Stunden unsere Fahrt fortsetzen können, brauchen wir erstmal eine Fahrkarte. Da wir auf die Schnelle keinen Geldautomaten entdecken, beschließen wir, mit Karte zu zahlen. Do you speak English? „Ruski?“ Seufz. Bitte zwei Fahrkarten nach Krakau mit dem IC um 15:50 Uhr. Aber nicht einfach sitzen bleiben, sondern in Warschau in den eine Stunde schnelleren EIC umsteigen. Leider versteht die Frau nicht, was wir wollen, auch nicht, nachdem ich es aufgeschrieben habe. Als letzten Ausweg versuche ich es mit der gestern Abend aus einem Bauchgefühl heraus im DB Navigator abgespeicherten Verbindung. In schiebe mein Handy in der Münzlade durch. Jetzt scheint die Verkäuferin endlich verstanden zu haben. Inzwischen bietet ein junger Mann seine Dolmetscherfähigkeiten an.
Die Frau kämpft eine Weile mit dem Buchungssystem, welches den EIC wohl nicht findet. Sie versucht es nochmal mit einer Suche nach der Zugnummer und stellt uns dann zwei Fahrkarten für die beiden Teilstücke aus. Die Kartenzahlung klappt einwandfrei, wenn auch nur mit Ratespiel für polnische Anweisungen. Nun bleiben uns noch knapp zwei Stunden bis zur Abfahrt.
Wir entdecken einen Supermarkt in Bahnhofsnähe. Wow, die Auswahl an Obst und Gemüse ist ja wahrhaftig atemberaubend! Und auch sonst die Vielfalt der Produkte… Ob sich die Menschen so nach dem Mauerfall gefühlt haben? Außerdem haben wir wieder den Brötchenmeridian überschritten. Wir kaufen zwei riesige Tortenstücke und die Plastikgabeln dazu. Für weniger als 3€ kann man da nicht meckern.
Anschließend gehen wir zurück zum Bahnhof. Schade, dass die Gepäckaufbewahrung geschlossen hat und das angepriesene WLAN nicht vorhanden ist. Daher beschließen wir, abwechselnd das Gepäck zu bewachen und Terespol zu erkunden. Ich übernehme die erste Schicht.
Um 15:12 Uhr fährt der Zug zurück nach Brest und ich möchte ihn an einem BÜ am Ortsrand abpassen. Terespol ist ein überschaubarer Ort mit einem riesigen Friedhof.
Kinder spielen auf der Straße und Menschen reparieren ihren Gartenzaun. Ich trödele auf dem Weg, um nicht zu früh an der Fotostelle zu sein. Schließlich treiben sich hier überall Grenzpolizisten herum.
Etwas für die Busquote
Nach wenigen Minuten bimmelt der BÜ und ich gehe in Stellung. Es dauert keine zehn Sekunden, bis ein Grenzpolizist aus dem wartenden Jeep aussteigt und über den gesicherten BÜ zu mir kommt. Nachdem klargestellt ist, dass ich kein Wort Russisch spreche, frage ich, ob es wohl erlaubt ist, ein Bild vom Zug zu machen? Leicht verdattert erlaubt er es mir („But no photo me!!!“), an einer Passkontrolle komme ich aber nicht vorbei. Wenn ich die Nachfrage des Kollegen auf der anderen Seite des BÜ interpretieren müsste, wird es wohl darum gehen, was zur Hölle der Typ mit der Kamera eigentlich hier macht.
Der andere lacht nur und erklärt wohl, dass der ganz lieb ist und nur Eisenbahn knipsen will. Die spinnen, die Deutschen.
Da rollt das Objekt der Begierde auch schon vorbei. Die polnische Lok passt meiner Meinung nach ganz hervorragend zu den BTsch-Wagen.
„Where is your car?“, fragt der Polizist, nachdem der Zug vorbeigefahren ist. Mein Wagen der Marke Pesa steht im Bahnhof. Oder so ähnlich. Woher ich komme und wohin ich fahre? Ich nenne die Abfahrtszeiten. Er händigt meinen Pass aus. „Ok, sänk you. Bye.“ Dann brausen sie mit ihrem Jeep davon.
Ich bin ziemlich überrascht, als mich am Bahnhof ein moderner Pesa-Triebwagen erwartet.
Willkommen zurück in der Welt der innovativen Bestuhlung…
