[MD] Straßenbahn in Magdeburg

Strecken, Fahrzeuge und Technik von Straßenbahnen und Stadtbahnen
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Ionenweaper
Haudegen
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Registriert: 11 Mär 2009, 18:00

Beitrag von Ionenweaper »

Nachdem doch sehr umfassenden Bericht über die Ulmer Straßenbahn, habe ich mir gedacht, soetwas - wenn auch nicht ganz so umfangreich* - könnte ich doch auch über die Magdeburger Straßenbahnen schreiben. Bringt vielleicht ein wenig Abwechslung in das Forum. Ich persönlich bin wegen ein paar Infos über die U-Bahn in München vor etlichen Monaten hierauf gestoßen, hatte aber im ersten Moment sogar gedacht, das Forum ist regional begrenzt. ;)

Vielleicht noch ein Hinweis am Anfang von mir: Ich bin niemand der gerne Fotos schießt, ich beobachte eher den ÖPNV im allgemeinen.
Da ein optischer Eindruck natürlich auch nicht schlecht ist, verweise ich mal auf den Thread von Rüdinger Frey von vor ein paar Tagen, in dem sich einige Bilder wiederfinden.

Der nachfolgende "Artikel" ist natürlich ziemlich lang - auch hier gilt, das ist kein normaler Forumspost. Ich hoffe die Gliederungen helfen, unerwünschte Abschnitte (falls es sowas gibt ;)) zu überspringen.
Viel Spaß beim Lesen! Und Anmerkungen, Fragen, sowie Diskussionsanregung immer schreiben, ich freu mich darüber. :)


Überblick

Die Straßenbahn ist in Magdeburg das Herzstück des öffentlichen Personennahverkehrs. Zwar gibt es auch eine S-Bahn-Linie, diese verkehrt aber auch nicht häufiger als eine bessere Regionalbahn (werktags alle 30 Minuten) und hat daher eher als Zubringer Bedeutung, jedoch nicht für den innerstädtischen Verkehr. Busse dienen eher als Ergänzung in die außerhalb von Straßenbahntrassen liegenden Stadtberzirke. Die Straßenbahn fährt auf Normalspur (1.435 mm). Es gibt noch keinen Verkehrsverbund (es ist jedoch einer in Vorbereitung).

Insgesamt bedient die Bahn 122 Haltestellen, die sich auf rund 60 Kilometer Streckennetz verteilen. Die längste Linie (10) ist dabei 14,8 Kilometer lang. Teile des Netztes werden jeden Tag rund um die Uhr bedient, allerdings nicht immer mit den selben Linien.

Genutzt werden aktuell zwei Straßenbahn-Betriebshöfe, die weiter voneinander entfernt was nicht liegen könnten. Der Betriebshof Südost liegt - wie der Name schon sagt - hinter der Endstelle Westerhüsen im Südosten. Fahrzeuge die von hier aus ausrücken müssen zunächst eine Strecke mit 19 Haltestellen (für die im Fahrplan gut 20 Minuten reserviert ist) absolvieren, bevor sie am Hasselbachplatz zum ersten mal auf einen ander Strecke wechseln können. Zur Jahrhunderwende wurde der Betriebshof grunderneuert.
Der Betriebshof Nord liegt am anderen Ende der Stadt, allerdings nicht ganz am Ende der Strecke der Linie 10. Hier sind auch alle Tatra-Züge stationiert. Zukünftig soll in den Betriebshof Nord auch die Hauptwerkstatt integriert werden (allerdings langfristig), aktuell liegt die Werkstatt noch in einem eigenständigen Gebäude in Brückfeld, im Osten der Stadt und auf der anderen Seite der Elbe.
Es gibt außerdem noch einen Betriebshof für historische Fahrzeuge, der am Ambrosiuplatz in Sudenburg liegt.


Fahrzeuge

Als Fahrzeuge werden die seit 1994 beschafften Niederflurfahrzeuge vom Typ NGT8D genutzt, von denen die Verkehrsbetriebe inzwischen 72 Stück besitzen. Diese Einrichtungsfahrzeuge sind rund 30 Meter lang, bieten ca. 70 Sitzplätze und (laut Datenblatt) 151 Stehplätze - das habe ich allerdings noch nicht ausprobiert.
Neben den Niederflurfahrzeugen fahren in Magdeburg noch Tatras zweier Bauserien (beide ebenfalls Einrichtungsfahrzeuge). Das ältere und bekanntere Modell T4D (mit Beiwagen B4D) feiert bald seinen 40 Geburstag, allerdings wurden die noch im Einsatz befindlichen Wagen nach der Wende modernisiert.
Die zweite Tatra-Serie trägt den Namen T6A2 (mit Beiwagen B6A2) und ist deutlich seltener, da die ersten Wagen dieser Serie vom Hersteller in Prag erst 1988 gebaut wurden. Die meisten Städte in der DDR (außer Berlin) erhielten nur sehr wenige Wagen, weswegen sich der Betrieb nicht rechnete. Dass in Magdeburg noch Tatras dieser Art fahren, dürfte nur damit zusammenhängen, dass Schwerin seine 6 Trieb- und 3 Beiwagen fabrikneu an Magdeburg abgab (da das Netz dort für breitere Straßenbahnen ausgelegt war) und so mit 12 Trieb- und 6 Beiwagen überhaupt erst eine sich rechnende Basis an Waggons zusammenkam. In Deutschland findet man den T6A2 im Linienbetrieb nur noch in Rostock, dort aber nur mit neuen Niederflur-Beiwagen. Den "originalen" Typ (seit Auslieferung auch nur mit kleinen Änderungen) im täglichen Einsatz findet man nur noch in Magdeburg.

In der Bauweise als Großzug (2x Triebwagen + Beiwagen) bietet ein Tatra-Zug dabei deutlich mehr Kapazität als ein Niederflurwagen. Da diese höhere Kapazität werktags auf Linie 9 auch benötigt wird, mussten sich die Magdeburger Verkehrsbetrieb etwas einfallen lassen - Details dazu unter Zukunft.
Auch Minizüge/Kurzzüge (bei uns heißen die "Traktionen" in der Form 2x Triebwagen und "Hängerzug" in der Form Triebwagen + Beiwagen) sind noch im Einsatz, wenn auch nur noch wenige. Diese decken den Restbedarf an Fahrzeugen im Netz ab.

Am Wochenende findet man nur noch Niederflurfahrzeuge in Magdeburg vor.


Die MVB halten 6 historische Triebwagen unterschiedlicher Bauart und ebensoviele Beiwagen bereit, dazu kommen noch alte Pferdewagen. Jüngster Stolz ist dabei der "kleine Hecht" (Baujahr: 1943), der vor kurzem noch restauriert wurde. Bei Interesse zu diesem Thema empfehle ich einen Blick auf die Homepage der MVB zu werfen:
http://www.mvbnet.de/verkehr/fahrzeugpark/...fahrzeugflotte/


Angebot

- Tagesnetz
Zurzeit gibt es im Tagesnetz 9 Straßenbahnlinien, die allesamt durch das Zentrum fahren. Bei sieben dieser Linien (1,2,3,4,6,9,10) wird werktags zwischen 6 und 19 Uhr über ein 10-Minuten-Takt, vorher (ab 5:00 Uhr) und nachher (bis etwa 20:45) wird ein 20-Minuten-Takt angeboten. Sonst verkehrt der "Anschlussverkehr" (als der nur in tieferer Nacht fuhr hieß er noch Nachtverkehr). Details zudem weiter unten.

Linie 5 fährt werktags hauptsächlich alle 20 Minuten, nur in der Hauptverkehrszeit wird im 10-Minuten-Takt gefahren.
Nur als Verstärkt dient die Linie mit der Nummer und fährt daher nur werktags zwischen 6 und 17 Uhr, hauptsächlich im 15-Minuten-Takt.

Und wer sich wundert wo Linie Nummer 7 hin ist, die wurde 1993 abgeschafft (bediente allerdings keine alleinigen Strecken - damit war also keine Streckenstillegung verbunden. ;))

Samstags kommt zwischen 10 und 19 Uhr alle 15 Minuten eine Bahn, vorher und nachher wieder alle 20 Minuten, Linie 5 fährt generell nur alle halbe Stund'. Der "Anschlussverkehr" geht hier bis 6:30. Sonntags durchgehend 20-Minuten-Takt zwischen 12 Uhr und 20:45 (übrigens auch für Linie 5!), vor 12 wird hier durchgehend "Anschlussverkehr" (spätestens hier haben die Verantwortlichen erkannt, das für ein Netz was bis mittags um 12 bedient wird der Name Nachtverkehr wohl etwas unpassend ist...

Durch angepassten Parallelverkehr (z. B. zwischen der 3 und der 4 nach Olvenstedt oder der 3 und der 9 zur Leipziger Chaussee), bei dem die Linien zeitlich genau versetzt fahren, entsteht auf manchen Streckenabschnitten für die Fahrgäste zu manchen Zielen ein kürzerer Takt (wenn denn nichts im Fahrplan aus den Fugen gerät...).


- Anschlussverkehr (Nachtverkehr)
Abends setzt täglich der Anschlussverkehr, bestehend aus 3 Straßenbahn- und 3 Buslinien ein, der mit einem zentralen Treffpunkt, dem Damaschkeplatz, jede Umsteigebeziehung ermöglichen soll. Unter Umständen verlängert sich dadurch allerdings die Fahrzeit, da manche Linien Umwege machen um mehrere Äste zu bedienen oder ein anderer Fahrtweg kürzer wäre. Insgesamt ist das Angebot für fast alle Verbindungen brauchbar, weswegen der Anschlussverkehr auch sehr gut angenommen wurde.
Das erste Treffen findet täglich um 21:00 und danach halbstündlich statt, das geht bis 0:00 so. Weitere Treffen gibt es um 0:40, 1:30, 2:30, 3:40 (alle täglich), 4:15 (nur Mo-Fr) und 4:45 (tgl.). Am Wochenende geht es dann noch weiter: 5:30, 6:00, 6:30 (Sa+So), und Sonntag wie oben erwähnt weiter alle halbe Stunde bis 12:00.

Der durchgehende Nachtverkehr basiert wohl noch auf DDR-Zeit, wird aber nach meinem Eindruck gut angenommen (auch wenn man hier etwas anderes darunter versteht als zur Tageszeit...). Mein persönliches Highlight war einmal in der Nacht von Do auf Freitag zum Treffen 3:40 am Damschkeplatz (es war also etwa halb 4) eine Straßenbahn der Linie 94 (Fahrzeug NGT8D), die als ich nahe der Innenstadt einstieg so voll war, dass die Sitzplätze schon knapp wurden - ich war zu dritt unterwegs, so dass ich im Endeffekt um diese Uhrzeit innerhalb der Woche gestanden habe...
Am Wochenende merke ich die hohe Auslastung auch immer, dass auf meiner Heimstrecke der 93 auf dem Südast die Gelenkbusse insbesondere abends immer gerammelt voll sind... :rolleyes:


Geschichte

Die ersten Straßenbahn fuhren in Magdeburg im Jahr 1877, damals aber noch nicht mit elektrischem Strom, sondern mit Muskelkraft: Es war eine Pferdebahn. Die Strecke - von Sudenburg aus über den Breiten Weg entlang in die Innenstadt - hat bis heute überlebt, sogar die Haltestellen sind in den über 125 Jahren weitestgehend an den gleichen Standorten geblieben - nur Name und Aussehen hat sich verändert.

Die Betreibergesellschaft der Strecke, namentlich die "Magdeburger Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft", bekam sieben Jahre später jedoch Konkurrenz: Unter englischer Regie wurde die "Magdeburger Trambahn-Actien-Gesellschaft" gegründet, die - ebenfalls als Pferdebahn - sich hauptsächlich auf die Erschließung von Strecken in Ost-West-Richtung konzentrierte: 1884 erfolgt die Eröffnung der Strecken vom heutigen Olvenstedter Platz und vom Westring zum Heumarkt, zum Großen Werder zur Alten Neustadt, kurz darauf eröffnete man die Strecke vom Hasselbachplatz über die heutige Otto-v.-Guericke-Str. zum Hauptbahnhof. Zwei Jahre später (1886) probierte die Trambahn-Actien-Gesellschaft dann die Dampfkraft aus: Von der Endstelle Heumarkt eröffnete man eine Dampfbahn zum Herrenkrug.

Die "Magdeburger Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft" ihrerseits blieb natürlich auch nicht untätig, und erweiterte das bisherige Streckenende an der Sackstr. (heutige Haltestelle Theater) in die Neue Neustadt weiter Richtung Norden. In Süden wurden Strecken in die frisch eingemeindete Stadt Buckau und zum Südfriedhof gebaut.

So kam es in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts zu einem regelrechten Boom der Pferdebahn-Verbindungen, die größtenteils bis heute erhalten wurden. 1897 fusionierten die beiden Unternehmen zur "Magdeburger Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft" (MSEG). Zwei Jahre später konnte man den ersten elektrifizierten Abschnitt im neuen, gemeinsamen Streckennetz in Betrieb nehmen (Strecke Olvenstedter Platz - Alter Markt - Werder).

Die weitere Streckenentwicklung in jeder Einzelheit hier zu beschreiben, würde auf Grund der Größe des Netzes sehr unübersichtlich werden, zudem liegen mir auch nicht alle Daten vor. Ich werde mich daher auf wichtige Einzelheiten konzetrieren. ;)
Wer an Details interessiert ist, dem empfehle ich einen Blick auf die Homepage von Andreas Jüttemann, der alte Streckennetzpläne zusammengestellt hat (hier beispielsweise der von 1906). Auch eine Übersicht über alte vorhadene Trassen, die bald schon wieder eingestellt wurden, ist vorhanden.

Bereits im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wurde auch die Hauptwerkstatt in der Herrenkrugstraße in Betrieb genommen, die bis heute auch noch dort zu finden ist.

1912 wurde die Magdeburger Vorortbahn AG gegründet, die das Ziel hatte, die Stadt Schönebeck (heute gut 35.000 Einwohner) zu erschließen. Dazu wurde die Strecke von Buckau aus immer weiter verlängert, bis man 1926 die ersten Straßenbahnen nach Schönebeck rollen lassen konnte. So entstand der lange Linienast vom Hasselbachplatz aus nach Westerhüsen (und damals noch darüber hinaus bis Schönebeck). Das damlige Netz wurde so weitestgehend vollständig.

1938 wurde der erste Hechtwagen an die Betreibergesellschaft der Magdeburger Straßenbahn ausgeliefert, die sich im selben Jahr in “Magdeburger Straßenbahnen Aktiengesellschaft" (MSAG) umbenannte, 1939 erfolgte der erste Einsatz. Der sogenannte "Kleine Hecht" kam nur in Magdeburg und Dresden zum Einsatz. Das heutige Museumsfahrzeug ist aus dem Baujahr 1943.

Am 16. Januar 1945 musste infolge des Bombenangriffes und starken Schäden an Gleisen und Fahrzeugen in Magdeburg der Betrieb eingestellt werden. Die Innenstadt wird stark, die Neustadt fast vollständig zerstört. Auch die Hauptwerkstatt ist nicht mehr zu nutzen.
Zwei Tage nach dem Bombenangriff wurde ein Notverkehr auf der am geringen betroffenen Strecke zwischen Sudenburg und Buckau eingerichtet. Dieser kommt im April durch Kämpfe wieder zum erliegen.

Nach dem Krieg wird der Verkehr nach und nach wieder aufgenommen. Größere Beeinträchtigungen hat er langfristig nicht bei der Straßenbahn hinterlassen - wohl aber im Stadtbild Magdeburgs (was man leider heute immernoch bemerkt).
1949 wird das erste Neubaufahrzeug nach dem Krieg präsentiert, 1951 werden die ersten Modelle vom Typ "LOWA" ausgeliefert. Im gleichen Jahr erfolgt die Umwandlung des Betriebes in einen "Volkseigenen Betrieb".

Die VEB Magdeburg erhielten 1959 die ersten Fahrzeuge vom Typ Gotha, weswegen in Magdeburg wieder eine bute Mischung an Fahrzeugen unterwegs war. Dies sollte sich jedoch demnächst ändern...

1969 wurde die Vorortlinie nach Schönebeck zu Gunsten einer eingerichteten S-Bahn zwischen Schönebeck und Zielitz (die bis heute, wenn auch stark abgespeckt, existiert), eingestellt. Die Straßenbahnen verkehren nur noch nach Westerhüsen.
Im gleichen Jahr wurden außerdem die ersten Tatra-Fahrzeuge vom Typ T4D vorgestellt - die bis heute noch fahren (allerdings modernisiert). Der Typ T4D (+Beiwagen) wird nach und nach alle anderen Fahrzeuge ersetzen.

Erste Neubaupläne werden auch geschmiedet. 1975 wird die Straßenbahnstrecke von der Kastanienstr. zum Neustädter See in Betrieb genommen, 1979 verlängerte man die Strecke von Rothensee zur besseren Anbindung des Industriegebietes zum Barleber See. Im Jahr 1976 begann außerdem der Bau des Betriebshofs Nords, einer der beiden heute genutzten Betriebshöfe.
Das neu geplante Stadtviertel "Neu-Olvenstedt" sollte natürlich auch entsprechend an die öffentlichen Nahverkehrsmittel angeschlossen werden, und so wurde 1984 die Trasse vom Olvenstedter Platz (Immermanstr.) nach Olvenstedt veröffentlicht.

Im Jahr 1989 bekam Magdeburg die ersten Tatra-Fahrzeuge vom Typ T6A2 (6 Triebwagen und 3 Beiwagen). Es waren gleichzeitig auch die letzten dieses Typs die man aus Prag geliefert bekam. Schwerin gab jedoch die gleiche Menge an Wagen an Magdeburg ab, da die dortige Straßenbahntrasse für breitere Straßenbahnwagen ausgelegt war. So erhielten die Magdeburger Straßenbahn 12 Triebwagen und 6 Beiwagen. Heute sind noch alle Beiwagen und 11 Triebwagen einsatzfähig. Der zwölfte Triebwagen wurde 1994 nach einem Unfall verschrottet.
Ursprünglich war es geplant, mit diesem Typ die alten Tatra-Fahrzeuge der Bauart T4D nach und nach zu ersetzen. Doch da kam die Wende dazwischen...

Und nach der Wende entdeckte man in Magdeburg die Niederflurfahrzeuge. Man entschied sich (wohl mit etwas Lokalpatriotismus) für Fahrzeuge, die im Waggongbau Dessau gefertigt wurden. Heute stammen die Wagen von Alstom. 1994 wurden die ersten Wagen ausgeliefert, 1995 startete der Linienbetrieb.

Auch gebaut wurde noch ... 1992 eröffnete man die Strecken von der Klosterwuhne zur Lerchenwuhne sowie die Verbindung zwischen Süd- und Westring. 1998 wurde die völlig umgebaute Strecke über den Nordbrückenzug in den Betrieb gegeben. Damit war das heutige Straßenbahnnetz fast komplett.

Aber auch nur fast. Denn in Magdeburg gibt es weiter aktive Ausbaupläne. Zum Jahrtausenwechsel fasst man das Ausbaukonzept unter dem Namen "2. Nord-Süd-Verbindung" zusammen - und ein Stadtratsbeschluss votierte dafür. Der erste Bauabschnitt über den Europaring wurde 2004 eröffnet, 2005 änderte man den Linienverlauf der aktuell über die Strecke fahrenden Linie 5 noch etwas ab - und so entstand das heutige Netz.


Zukunft

Und damit sind bin ich auch "schon" bei den zukünftigen Planungen. Denn geplant wird in Magdeburg gerne. Und so sind aktuell immer noch die neuen Trassen, die im Rahmen der so genannten "2. Nord-Süd-Verbindung" (der Titel erschließt sich mir nicht ganz, denn eine direkte Verbindung sehe ich da nicht) gebaut werden sollen, im Gespräch. Übersicht auf der Seite der MVB:
http://www.mvbnet.de/baustellen/2-nord-sue...ued-verbindung/

Aktuell im Bau ist grade der Bauabschnitt 2a, der einen vollständigen Umbau der Trasse auf der Leipziger Chaussee (mit Verlegung in eigenen Gleiskörper, behindertengerechten Haltestellen, neue Schleife Leipziger Ch. usw.). Weniger erfreulich für alle PKW-Fahrer: Zukünftig gibts nur noch eine Spur pro Richtung (bisher waren es zwei, auf der zweiten lag auch das Gleis). Aber das stört einen aktiven ÖPNV-Nutzer ja nicht so. ;)

Der Bau der Trasse nach Reform / Bördepark (Bauabschnitt 3) ist auch schon länger im Gespräch und wird wohl dieses Jahr endlich begonnen. Das sind 3,7 km neue Trasse, da man nach dem Bördepark auf Vorschlag des Bundes (ich glaub es war der Bund, da bin ich mir gerade nicht mehr ganz sicher), die Strecke dann nochmal nach Nord Richtung Neu-Reform gezogen hat. Die Fahrzeit soll sich bei der neuen Strecke auf unter 10 Minuten halten (wird auch komplett in eigenem Gleisbett gebaut), so dass zwei neue Kurse reichen.

Apropos Fahrzeuge: Ich schrieb ja bereits ziemlich zum Anfang, dass auf Linie 9 relativ hohe Fahrgastzahlen vorliegen. Die gleiche Linie soll nun auch noch nach Neu-Reform verlängert werden. Klar, dass da die 30-Meter-Niederflurfahrzeuge nicht mehr reichen, wenn sie es aktuell werktags auch schon nicht tun. ;)

Die MVB haben sich da eine relativ kreative, günstige Lösung ausgedacht, die zwar nicht der Weißheit letzter Schluss ist, das Problem aber erstmal lösen soll: Hinter den Niederflurwagen wird ein Beiwagen vom Typ B6A2 gehangen. Die Motoren des Niederflurwagens haben damit kein Problem, die sind stark genug das man das Vorhandensein eines Beiwagen nicht stören solltes. Andere Lösungen erwiesen sich nämlich als unpraktisch oder teurer: Die Haltestellen sind lediglich für 45-Meter-Züge ausgelegt, so dass man eine Traktion aus zwei Niederflurfahrzeugen nicht einsetzen konnte (abgesehen davon, dass man die auch noch beschaffen müsste). Und eine Neubeschaffung eines anderen Typs Niederflurfahrzeugs mit 45-Meter-Länge fand die MVB zu teuer (auch neben den höheren Betriebskosten).

Die B6A2 nimmt man aber nicht aus dem eigenen Bestand (die würden sowieso nicht reichen, sind ja nur 6 Stück), sondern kauft abgestellte B6A2 aus Berlin, da diese im größeren Umfang modernisiert sein sollen. Kann ich allerdings wenig zu sagen, da mir aktuell kein B6A2 aus Berlin bekannt ist. Ich bin zwar mal mit einem T6A2 in Berlin gefahren, allerdings habe ich mir solche Details dann doch nicht gemerkt...
Auf die Lösung bin ich schon gespannt. Neue Niederflurtriebwagen sollen ab 2011 beschafft werden (Fördermittelzusagen dafür sind auch schon eingetroffen), so dass ich denke, dass diese Lösung auch ab dann zum Einsatz kommen wird. Ich bin gespannt. :)

Das zukünftig geplante Liniennetz (siehe vorhin verlinkte Seite der MVB) betrachte ich allerdings schon mit etwas Skepsis. Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen die Idee habe, aber zwei Straßenbahnlinien zwischen Hasselbachplatz und Alten Markt halte ich für ziemlich knapp kalkuliert (auch die Direktverbindung von Buckau in die Innenstadt fehlt). Allerdings ist das ja erst ab 2019 so möglich, und dann auch nur wenn der Zeitplan genau so eingehalten wird. Das ist schon noch Zukunftsmusik. ;)
Übergangspläne zwischen den einzelnen Bauabschnitten wird es wohl auch geben. Da kann man wohl auch gespannt sein...

Die Seite über die 2.-Nord-Süd-Verbindung auf der Homepage MVB ist übrigens noch ganz frisch, und hat mich auch dazu bewogen diesen Artikel hier zu schreiben -

*der jetzt gar nicht so kurz wurde, wie ich mir das ursprünglich vorgestellt habe... mal schauen ob jemand etwas liest, ein Teil reicht ja auch schon. ;)


PS: Wer Fehler findet (welcher Art auch immer ... Tipp-, Rechtschreib-, Ausdrucksfehler ... inhatliche sind hoffentlich keine dabei), bitte mir mitteilen (gerne auch per PN), ich bin nämlich kein Linguistiker...

PPS: Danke an Didy für die Idee so einen Post zu schreiben. ;)
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168er
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Beitrag von 168er »

ah,vielen Dank,sehr informativ,ich hab mich schon immer für die Magdeburger Straßenbahn interessiert,war aber noch nie dort. :)
Eine Frage :Ist hier
Ionenweaper @ 19 Mar 2009,00:29 hat geschrieben:Nur als Verstärkt dient die Linie mit der Nummer und fährt daher nur werktags zwischen 6 und 17 Uhr
die 8 gemeint?

Gruß hundertachtundsechziger
Man muss sein Leben aus dem Holz schnitzen, das man hat - Theodor Storm
JeDi
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Beitrag von JeDi »

Schöner Bericht!
Ionenweaper
Haudegen
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Beitrag von Ionenweaper »

168er @ 19 Mar 2009, 16:29 hat geschrieben: Eine Frage :Ist hier die 8 gemeint?

Gruß hundertachtundsechziger
Ja, korrekt, das ist die Linie 8. :)

Da habe ich den Satz nach dem Umbau wohl nicht mehr richtig gelesen. Kann ich den Post oben noch irgendwie bearbeiten?
Ionenweaper
Haudegen
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Beitrag von Ionenweaper »

Wen es interessiert: Heute ist in Magdeburg per Tieflader der erste Beiwagen vpm Typ B6A2 (BVG 5544) aus Berlin eingetroffen, der später hinter die Niederflurwagen gehängt werden soll. Da können die Basteleien in der Werkstatt wohl bald beginnen. ;)
Martin H.
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Beitrag von Martin H. »

Bei einem Auffahrunfall zweier Straßenbahnen in Magdeburg wurde ein Fahrer schwer, 23 Fahrgäste leicht verletzt. Wie es zu dem Unglück kommen konnte, ist noch unklar.

http://www.t-online.de/nachrichten/panoram...verletzte-.html
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