Kohlezüge

Strecken und Fahrzeuge des Güterverkehrs
Jürgen Sighard Ehlert
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Beitrag von Jürgen Sighard Ehlert »

Ich finde es immer etwas deprimierend, wenn Züge voll beladen mit Kohle vermutlich aus
Oberschlesien durchs Ruhrgebiet fahren. Da wird ja auch Kohle gefördert,aber zu teuer
im Vergleich. Diese Züge mit PKP-Güterwagen fahren gut lesbar durch die Bahnhöfe
der Ruhrgebietsstädte.

Eben habe ich wieder solch einen Zug gesehen, allerdings in Frankfurt am Main in Richtung
Osten als Leerfahrt. Wo mag der wohl hergekommen sein? Doch wohl nicht aus dem
Saarland.

Gruß, JE
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gmg
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Beitrag von gmg »

Jürgen Sighard Ehlert @ 28 Mar 2009, 14:12 hat geschrieben: Ich finde es immer etwas deprimierend, wenn Züge voll beladen mit Kohle vermutlich aus
Oberschlesien durchs Ruhrgebiet fahren. Da wird ja auch Kohle gefördert,aber zu teuer
im Vergleich. Diese Züge mit PKP-Güterwagen fahren gut lesbar durch die Bahnhöfe
der Ruhrgebietsstädte.
Ich finde das in Ordnung. Der deutsche Steinkohleabbau (ich nehme an, es geht um Steinkohle) ist doch eh nur noch eine reine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Außerdem sorgt er im Ruhrgebiet für Statikprobleme. Manche Häuser bekommen Risse, und Erdbeben soll es sogar auch geben. Heben wir uns doch die Kohle lieber für Zeiten auf, wenn es kein Öl mehr gibt! Und diese Zeiten werden kommen!
Importe aus Polen sind absolut in Ordnung. Weniger in Ordnung finde ich es, wenn die Kohle aus China oder Australien kommt.
Matthias1044
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Beitrag von Matthias1044 »

Die Kohle für das Heizkraftwerk München Nord kommt - zumindest zum Teil - aus Brasilien. Per Schiff gelangt sie nach Rotterdam, von dort gehts mit einem täglichen Kohlebomber mit über 3000 t Gewicht weiter auf der Schiene bis München.

In diesem Zusammenhang würde mich schon interessieren, wieviel Energie aufgebraucht wird, um die Kohle auf Schiff und Bahn quer durch die ganze Welt zu transportieren, wieviel Energie in einem solchen Kohlezug steckt und ob das Ganze noch in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis steht...
ChristianMUC

Beitrag von ChristianMUC »

Johanneskirchen bekommt eh aus halb Europa Kohle. Über Feldmoching gibt es einen Kohlezug aus Karvina (östlichstes Tschechien) und einen aus Katowice (Oberschlesien).
Auer Trambahner
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Beitrag von Auer Trambahner »

Matthias1044 @ 29 Mar 2009, 09:10 hat geschrieben: In diesem Zusammenhang würde mich schon interessieren, wieviel Energie aufgebraucht wird, um die Kohle auf Schiff und Bahn quer durch die ganze Welt zu transportieren, wieviel Energie in einem solchen Kohlezug steckt und ob das Ganze noch in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis steht...
Der gemeine BWLer achtet doch nur auf den geringstmöglichen Einkaufspreis...
Hauptsache das Abteilungsergebnis stimmt
Der mit dem Ölkännchen tanzt!
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Die Transportkosten finden sehr wohl ihren Eingang in die betriebswirtschaftliche Berechnung (frei Haus). Also wird es ökonomisch richtig sein.
Tante Wiki @ , hat geschrieben:Die RAG erhalten für den Steinkohlenbergbau in Deutschland etwa 2,6 Milliarden Euro pro Jahr (2003) Subventionen vom Bund. Das sind nach Angaben des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) ca. 1,7 % der Gesamtsubventionssumme der Bundesrepublik. Rechnet man dies auf die etwa 45.600 (2003) Beschäftigten der Deutsche Steinkohle AG um, wird jeder Arbeitsplatz im Steinkohlebergbau mit über 57.000 Euro pro Jahr (2003) subventioniert.
Ob es ökologisch Sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Matthias1044 @ 29 Mar 2009, 09:10 hat geschrieben: In diesem Zusammenhang würde mich schon interessieren, wieviel Energie aufgebraucht wird, um die Kohle auf Schiff und Bahn quer durch die ganze Welt zu transportieren, wieviel Energie in einem solchen Kohlezug steckt und ob das Ganze noch in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis steht...
Hm...als Basis für die Berechnungen wäre erstmal interessant, vie viel Tonnen Kohle denn in dem Zug stecken?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Matthias1044
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Beitrag von Matthias1044 »

Rund 2600 Tonnen sind in dem Zug mit der brasilianischen Kohle schon drin.
BMI
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Beitrag von BMI »

Matthias1044 @ 29 Mar 2009, 09:10 hat geschrieben: Die Kohle für das Heizkraftwerk München Nord kommt - zumindest zum Teil - aus Brasilien. Per Schiff gelangt sie nach Rotterdam, von dort gehts mit einem täglichen Kohlebomber mit über 3000 t Gewicht weiter auf der Schiene bis München.

In diesem Zusammenhang würde mich schon interessieren, wieviel Energie aufgebraucht wird, um die Kohle auf Schiff und Bahn quer durch die ganze Welt zu transportieren, wieviel Energie in einem solchen Kohlezug steckt und ob das Ganze noch in einem halbwegs vernünftigen Verhältnis steht...
Hmmm da gibts den sogenannten "Erntefaktor"...
Tja, in einem "Bahn extra" Ausgabe 5/2008 "Eisenbahn und Militär" ist ein interessanter Artikel, in dem es auch um die Brennstoffversorgung der Lokomotiven geht... (Seite 49) Darin steht, dass die Kohle aus Schlesien in Richtung Front verfrachtet wurde, weil die Kohlegruben im Doneszbecken still standen. "... Auf dieser Distanz ... gingen 12,5% der Ladung als Eigenbedarf der Lok verloren. ..."

Aber da man ja heute keine Dampfloks mit Kohlefeuerung betreibt, kann man ja eine Diesel- oder Elektrolok als Zugpferd nehmen! ;)
Aber dass der Diesel irgendwo als Öl aus der Erde gefördert wird, interessiert nicht... auch wenn der Diesel aus der Kohleverflüssigung stammt... :P Und wenn die E-Lok die Kohle in ein Kraftwerk fährt, siehts auch nicht besser aus.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kohleverfl%C3%BCssigung
http://de.wikipedia.org/wiki/Erntefaktor
:lol:
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Fastrider
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Beitrag von Fastrider »

BMI @ 31 Mar 2009, 15:26 hat geschrieben:Auf dieser Distanz ... gingen 12,5% der Ladung als Eigenbedarf der Lok verloren. ..."

Aber da man ja heute keine Dampfloks mit Kohlefeuerung betreibt, kann man ja eine Diesel- oder Elektrolok als Zugpferd nehmen!  ;)
[...]
Und wenn die E-Lok die Kohle in ein Kraftwerk fährt, siehts auch nicht besser aus.
Doch. Eine Elok hat einen wesentlich höheren Wirkungsgrad. Wenn man die kohle statt in der Lok im Kraftwerk verfeuert, kann die dreifache Menge Bewegungsenergie umgesetzt werden.
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Beitrag von ChoMar »

Jedenfalls werden der Zug und das Schiff mehr Energie transportieren als sie verbrauchen.
Unabhängig von Ökologischen Faktoren gilt eine art Energieerhaltungssatz auch in der Wirtschaft. Wenn ich mehr energie verbrauche um die Kohle zu transportieren als die kohle Wert ist bekomme ich das nicht wirtschaftlich sinvoll hin. Ausser, deutscher Strom wäre pro kw/h erheblich teurer als Schiffsdiesel und somit eher in dem Bereich Luxusgüter anzusiedeln.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Bitte bezieht bei Euren Vergleichen auch ein, dass die Kohle unterm Ruhrgebiet extrem tief liegt und sehr energieintensiv gefördert wird. In Australien gibt es hingegen Lagerstätten in weniger als 100m Tiefe.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Iarn @ 2 Apr 2009, 14:41 hat geschrieben:Bitte bezieht bei Euren Vergleichen auch ein, dass die Kohle unterm Ruhrgebiet extrem tief liegt und sehr energieintensiv gefördert wird. In Australien gibt es hingegen Lagerstätten in weniger als 100m Tiefe.
Ein weiterer Punkt darf nicht unbeachtet bleiben. Im Ruhrgebiet liegen die Flöze meist unter bewohntem Gebiet. Durch Bergschäden kommen weitere Kosten hinzu. Im Saarland wurde im vergangenen Jahr die Kohleförderung nach einem durch sie ausgelösten Erdbeben eingestellt.
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Beitrag von BMI »

Fastrider @ 31 Mar 2009, 19:30 hat geschrieben:
BMI @ 31 Mar 2009, 15:26 hat geschrieben:Auf dieser Distanz ... gingen 12,5% der Ladung als Eigenbedarf der Lok verloren. ..."

Aber da man ja heute keine Dampfloks mit Kohlefeuerung betreibt, kann man ja eine Diesel- oder Elektrolok als Zugpferd nehmen!  ;)
[...]
Und wenn die E-Lok die Kohle in ein Kraftwerk fährt, siehts auch nicht besser aus.
Doch. Eine Elok hat einen wesentlich höheren Wirkungsgrad. Wenn man die kohle statt in der Lok im Kraftwerk verfeuert, kann die dreifache Menge Bewegungsenergie umgesetzt werden.
Tja, wenn wir mal wieder Wikipedia zu Rate ziehen, kommt man für Kohlekraftwerke auf einen Wirkungsgrad von Maximal 45% (elektrisch, mit KWK gehts bis 90%) "Moderne Steinkohlekraftwerke erreichen elektrische Wirkungsgrade von rund 45 %. "
Weltweit liegt aber der Schnitt bei 31% "Der Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken weltweit beträgt im Mittel 31%"
http://de.wikipedia.org/wiki/Kohlekraftwerk

Da schneidet die E-Lok schon schlechter ab, auch wenn man "nur" die elektrische Energie mit einbezieht. Das ist das gleiche Problem wie mit den Elektroautos... Ne Prima Idee um Abgase beim Auto zu vermeiden, bloss muss der Strom erzeugt werden, was auch wieder zu Emmisionen führt, wenn man den Strom mit Konventionellen Kraftwerken bereitstellt... aber das geht jetzt wirklich zu weit und wäre woanders besser aufgehoben.

Beim Bergbau redet man auch häufig von "Ewigkeitskosten". Die werden aber zur Zeit noch vom Steuerzahler bezahlt... oder vom Endverbraucher...
http://de.wikipedia.org/wiki/Ewigkeitskosten
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Beitrag von Fastrider »

BMI @ 3 Apr 2009, 17:31 hat geschrieben: Da schneidet die E-Lok schon schlechter ab, auch wenn man "nur" die elektrische Energie mit einbezieht. Das ist das gleiche Problem wie mit den Elektroautos... Ne Prima Idee um Abgase beim Auto zu vermeiden, bloss muss der Strom erzeugt werden, was auch wieder zu Emmisionen führt, wenn man den Strom mit Konventionellen Kraftwerken bereitstellt... aber das geht jetzt wirklich zu weit und wäre woanders besser aufgehoben.
Eine Dampflok hat einen Wirkugsgrad von 8%, eine Elok von 28% (28% Lok, 8% Verlust in der Übertragung und in der Lok, 64% Verlust im Kraftwerk).
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Luchs
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Beitrag von Luchs »

Es ist einfacher als man denkt:

Eine Ellok hat einen Wirkungsgrad von ca. 90%, mit Rückspeisung auch drüber.. Macht für das Gesamtsystem ca. 0.9 * .98 (Übertragungsverluste, von mir geschätzt) * . 45 (genannter Bestfall) = 39,6 %

Dabei muss man auch daran denken, dass eine Ellok wirklich nur dann Energie verbraucht, wenn diese auch benötigt wird.

Eine sich im Betrieb befindliche Dampflok verbraucht *immer* Energie, da das Anheizen *sehr* lange dauert (einige h).
Eine Diesellok verbraucht immer Energie, wenn der Motor an ist.

Ein Kraftwerk ist zwar auch immer in Betrieb. Im statistischen Mittel hängen dort aber immer genug Verbraucher dran (irgendeine Lok wird schon gerade anfahren ...).

Und noch eine Bemerkung zur Energieeffizienz Brasilien / Australien / D: die billige Kohle ist vor allem deswegen billig, weil sie im Tagebau gefördert werden kann. Das bedeutet keine Aufwände für die Schächte, Belüftung, ... . Das dürfte auch der Verbrauch des Schiffes nicht wettmachen.

Luchs.
Fastrider
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Beitrag von Fastrider »

Luchs @ 3 Apr 2009, 21:11 hat geschrieben: Eine Ellok hat einen Wirkungsgrad von ca. 90%, mit Rückspeisung auch drüber.. Macht für das Gesamtsystem ca. 0.9 * .98 (Übertragungsverluste, von mir geschätzt) * . 45 (genannter Bestfall) = 39,6 %
Die Zahlen von mir hat die Deutsche Bundesbahn 1985 veröffentlicht (150-jahre Eisenbahn). Mittlerweile dürfte die Technik bei Elloks und Kraftwerken noch besser geworden sein.
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gmg
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Beitrag von gmg »

Luchs @ 3 Apr 2009, 21:11 hat geschrieben: Eine Ellok hat einen Wirkungsgrad von ca. 90%, mit Rückspeisung auch drüber.. Macht für das Gesamtsystem ca. 0.9 * .98 (Übertragungsverluste, von mir geschätzt) * . 45 (genannter Bestfall) = 39,6 %

Dabei muss man auch daran denken, dass eine Ellok wirklich nur dann Energie verbraucht, wenn diese auch benötigt wird.

Eine sich im Betrieb befindliche Dampflok verbraucht *immer* Energie, da das Anheizen *sehr* lange dauert (einige h).
Eine Diesellok verbraucht immer Energie, wenn der Motor an ist.
Wie in dem Beitrag von BMI schon angedeutet war, musst du aber bedenken, dass eine Dampflok
1.den Rohstoff Kolhe direkt verbraucht, wohingegen eine E-Lok Strom braucht, der erst einmal extra hergestellt werden muss. Das heißt, für seine Herstellung gibt es auch schon Engergieverluste. Ein Kohlekraftwerk ist ja auch nichts anderes als eine Dampflok. Ersteres ist eine Dampfmaschine, die an einen Stromgenerator angeschlossen ist, Zweiteres ist eine Dampfmaschine, die einem Tfz als Motor dient.
2. Dampfloks stammen aus einer anderen Zeit als E-Loks. Von daher wäre es nicht fair ihre Wirkungsgrade direkt zu vergleichen. Würde man eine moderne Dampflok entwickeln, hätte die einen deutlich höheren Wirkungsgrad als die alten Nostalgie- Karren.

Bin ich eigentlich der Einzige, der den Überblick verloren hat, worauf diese Diskussion hinaus will? :unsure:
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

gmg @ 4 Apr 2009, 14:42 hat geschrieben: Würde man eine moderne Dampflok entwickeln, hätte die einen deutlich höheren Wirkungsgrad als die alten Nostalgie- Karren.
Dann vergleich doch mal eine aktuelle E-Lok mit einer aktuellen Dampflok. Ist ja nicht so, dass es nicht Neubaudampfloks geben würde, manche davon jünger als so manche "aktuelle" E-Lok.

Gruß Michi
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
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Beitrag von Fastrider »

gmg @ 4 Apr 2009, 14:42 hat geschrieben: 1. eine E-Lok Strom braucht, der erst einmal extra hergestellt werden muss. Das heißt, für seine Herstellung gibt es auch schon Engergieverluste. Ein Kohlekraftwerk ist ja auch nichts anderes als eine Dampflok. Ersteres ist eine Dampfmaschine, die an einen Stromgenerator angeschlossen ist, Zweiteres ist eine Dampfmaschine, die einem Tfz als Motor dient.
2. Dampfloks stammen aus einer anderen Zeit als E-Loks. Von daher wäre es nicht fair ihre Wirkungsgrade direkt zu vergleichen. Würde man eine moderne Dampflok entwickeln, hätte die einen deutlich höheren Wirkungsgrad als die alten Nostalgie- Karren.
Ein Kraftwerk hat ein ganz anderes Prinzip der Energieumwandlung als eine Dampflok. Und das Prinzip, das auf der Dampflok angewandt wird, ist äusserst ineffektiv. Auch wenn man so ein Ding heute noch bauen würde. Aber deshalb baut heute niemand mehr Dampfmaschinen. Wenn das wirklich so toll wäre, würde es heute noch viele Dampfmaschienen im stationären Einsatz geben.

Das Ziel dieser Diskussion ist, das der Bahntransport mit einem Drittel der Energie pro Tonne wie 1940 durchgeführt werden kann. Damit gehen beim Kohletransport nicht mehr 12,5 % der Energie verloren, sondern nur noch 4%.
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Luchs
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Beitrag von Luchs »

@gmg, was willst Du mir jetzt eigentlich sagen?

Die Wirkungsgrade, die ich vorgerrechnet habe sind Energie raus / Energie rein. Dieses besteht aus mehreren Komponenten, die man hintereinanderschaltet. Das ergibt beim System Kohle -> Ellokbewegung ein um ein vielfacheres besseren Wirkungsgrad als bei Dampfloks.
Dein Kritikpunkt eins ist doch voll reingerechnet.


Worauf ich hinauswill? Es wird von einigen immer wieder behauptet, dass moderne Dampfloks doch ach so effektiv seien. Sie kommen auch nicht ansatzweise dahin. Faktoren wie herumgeschleppte tote Masse / Leistung oder betriebliche Aspekte - Reichweite, Verschleiss, Infrastrukturbedarf ... - reden wir hier noch gar nicht.

Moderne Dampflokversuche gab es in den letzten Jahren genug. Diese haben den Wirkungsgrad vielleicht von 8 auf 8,5 oder 9% angehoben. Wenn Du Glück hast.

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Beitrag von BMI »

Fastrider @ 4 Apr 2009, 19:15 hat geschrieben:
Das Ziel dieser Diskussion ist, das der Bahntransport mit einem Drittel der Energie pro Tonne wie 1940 durchgeführt werden kann. Damit gehen beim Kohletransport nicht mehr 12,5 % der Energie verloren, sondern nur noch 4%.
Da kann ich nur zustimmen, aber jetzt kommt das Entscheidende! Die Zurückgelegte Strecke!!! Leider habe ich für die 12,5% Verlust keine Angabe über die Strecke... Und über Google Maps dauerts mir zu lange, weil ich kein DSL habe (was nicht verfügbar ist)... Wenn jemand so nett sein könnte und mal nachforschen kann, Bitte? Gesucht ist die Streckenlänge (ca.-Wert reicht!) vom Oberschlesischen Kohlerevier bis zum Doneszbecken, alternativ Frontverlauf 1941-1944!
Da einige Züge mit Kohle/Koks inzwischen aus China nach Deutschland kommen, würde das sehr interessant werden, wie hoch der Verlust denn nun wirklich auf die Streckenlänge bezogen ist...
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

@ BMI

Google Maps kann Dir da auch nicht helfen, Routenberchnungen in der Ukraine und Rußland wollen die nicht. Nach meinem Routenplaner sind es (heute) von Wroclaw nach Charkiv 1531 (Straßen)kilometer. Ob dies auch der Eisenbahnentfernung entschpricht, kann ich natürlich nicht sagen, ein Näherungswert dürfte es aber schon sein.

P.S.: Bis Volograd (Stalingrad) sind es 2.405 Km
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Beitrag von gmg »

Luchs @ 4 Apr 2009, 20:31 hat geschrieben:

Die Wirkungsgrade, die ich vorgerrechnet habe sind Energie raus / Energie rein. Dieses besteht aus mehreren Komponenten, die man hintereinanderschaltet. Das ergibt beim System Kohle -> Ellokbewegung ein um ein vielfacheres besseren Wirkungsgrad als bei Dampfloks.
Dein Kritikpunkt eins ist doch voll reingerechnet.

'Tschuldigung, das habe ich überlesen. Ich sah nur die 90% Wirkungsgrad und musste dann voreilig protestieren.

Fastrider hat geschrieben: Ein Kraftwerk hat ein ganz anderes Prinzip der Energieumwandlung als eine Dampflok.
Wenn ich recht informiert bin, wird im Kraftwerk die Kohle verbrannt, und mit der Hitze wird Wasser verdampft, dass Turbinen antreibt, welche an Stromgeneratoren angeschlossen sind.
In der klassischen Dampfmaschine und auch in Dampfloks wird auf die gleiche Weise Dampf erzeugt. Der wird dann in Hubkolben geleitet, und die Pleuelstangen übertragen dann die Bewegung auf ein Rad, ähnlich wie die Beine eines Radfahrers.

Der Unterschied ist etwa so groß wie der zwischen einem Benzinmotor und einem Kerosintriebwerk -- also nicht so gravierend.

Aber die Wirkungsgrade unterscheien sich offenbar deutlich. Ich wollte eigentlich nichts weiter sagen, als dass man für den Betrieb der E-Lok letzten Endes auch meistens Kohle verbrennen und Wasser verdampfen muss. Nur diese Diskussion hat sich ja erübrigt
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Beitrag von Luchs »

Na ja, die eigentlichen Wirkungsgrade haben in der Thermodynamik eine Grenze, die Du nicht überschreiten kannst. Diese liegt bei einem verdammt schlechten Wert (IIRC irgendwas um 20%). Diese gilt übrigens für Dampfturbinen genauso wie für Verbrennungsmotoren.

Du kannst bei einem Kraftwerk jedoch die Effizienz durch eine Sekundärnutzung der Wärme (Fernwärme - Im Sommer nicht so effektiv, Prozesswärme in der chemischen Industrie) steigern.

Auf der anderen Seite können Kraftwerke sehr gleichmässig belastet werden, wodurch sich kein Leerlauf ergibt. Ganz im Gegenteil zu Dampfloks, die die meiste Zeit leer laufen.

Luchs.
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Beitrag von gmg »

Gibt es eigentlich sowas wie moderne Dampfschiffe, die mit Turbinen wahrweise angetrieben werden können oder an Bord Strom produzieren? Sowas stelle ich mir recht effizient vor.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

gmg @ 6 Apr 2009, 19:51 hat geschrieben: Gibt es eigentlich sowas wie moderne Dampfschiffe, die mit Turbinen wahrweise angetrieben werden können oder an Bord Strom produzieren? Sowas stelle ich mir recht effizient vor.
Ist aber nicht effizient, dafür wäre das Kohlekraftwerk zu klein.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Beitrag von Bing »

gmg @ 5 Apr 2009, 21:56 hat geschrieben:Wenn ich recht informiert bin, wird im Kraftwerk die Kohle verbrannt, und mit der Hitze wird Wasser verdampft, dass Turbinen antreibt, welche an Stromgeneratoren angeschlossen sind.
In der klassischen Dampfmaschine und auch in Dampfloks wird auf die gleiche Weise Dampf erzeugt. Der wird dann in Hubkolben geleitet, und die Pleuelstangen übertragen dann die Bewegung auf ein Rad, ähnlich wie die Beine eines Radfahrers.

Der Unterschied ist etwa so groß wie der zwischen einem Benzinmotor und einem Kerosintriebwerk -- also nicht so gravierend.

Aber die Wirkungsgrade unterscheien sich offenbar deutlich. Ich wollte eigentlich nichts weiter sagen, als dass man für den Betrieb der E-Lok letzten Endes auch meistens Kohle verbrennen und Wasser verdampfen muss. Nur diese Diskussion hat sich ja erübrigt
Moin Moin,

Deine Argumentation klingt zwar plausiebel ist aber leider falsch. Es gibt zwischen einer Dampflok und einem Dampfkraftwerk, egal ob mit Kohle oder Schweröl beheizt, einige gravierende Unterschiede:
  • Das Kohlekraftwerk kann immer am optimalen Arbeitspunkt betrieben werden. Sprich Dampftemperatur und -druck, Qualität der Verbrennung (Luftüberschuß), Drehzahl der Dampfturbine, Abdampftemperatur, etc. können immer im optimalen Bereich gehalten werden
  • Die Dampflok, bis auf wenige Ausnahmen, wird mit einem offenen Dampfkreislauf betrieben. Sprich der Abdampf wird durch den Schornstein geblasen was sich gravierend auf den Wirkungsgrad auswirkt. Ein Dampfkraftwerk hat einen geschlossenen Dampfkreislauf - sprich der Dampf wird abgekühl und wider erwärmt. Der Dampf z.B. an Kühltürmen eines Dampfkraftwerkes läuft nicht durch die Dampfturbine sondern kommt aus einem eigenen separaten Kreislauf.
  • Die Frischdampftemperatur liegt bei der Dampflok bei max. 400°C (Heisdampf) meist jedoch nur um die 350°C. Bei einem Kohlekraftwerk konstant bei ca. 600°C was sich gravierend auf den Wirkungsgrad auswirkt
  • Der Dampfdruck bei einer Dampflok liegt typischerweise bei 15 bar, selten mehr und der kann auch noch stark schwanken. Bei einem Dampfkraftwerk sind 275 bar üblich, was sich gravierend auf den Wirkungsgrad auswirkt.
  • Die Abdampftemperatur liegt bei der Dampflok bei min. 100°C (sonst ist's bei normalem Luftdruck kein Dampf mehr) bei einer Dampfturbine bei ca. 23°C (dies wird durch einen Unterdruck von ca. 0,1 bar am Ausgang der Turbine möglich) was sich gravierend auf den Wirkungsgrad auswirkt
  • Im Dampfkraftwerk sorgt aufwendige Regeltechnik für immer optimale Verbrennung des Brennstoffes - auf der Dampflok entscheidet das Geschick des Heizers.
  • Die Dampflok besitzt eine Dampfmaschine mit hin und herbewegenden Massen (Kolben, Schieber, Pleulstange). Daher muß ständig Energie aufgewendet werden um diese Massen zu beschleunigen, abzubremsen und in die entgegengesetzte Richtung zu beschleunigen. Eine Dampfturbine im Kraftwerk dreht sich, außer beim Anfahren oder Abschalten immer mit der gleichen konstanten Drehzahl.
All diese Fakten bedingen den Nutzungsgradunterschied von max. 12% bei der Dampflok und momentan max. 45% bei einem Dampfkraftwerk.
Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

DA schau an, es gibt hier sogar ein Thema für Kohlezüge. Ich wollte mal wissen, wie viele tonnen Kohle so ein Kohlezug bzw. Kohlewaggon eigentlich fassen kann. Hintergrund ist, daß der Betreiber des Kohlekratwerks in Bremen-Farge angekündigt hat, die rund 700.000 Tonnen Kohle künftig nicht merh per Binnenschiff und den Kraftwerks-eigenen Hafen per Eisenbahntransport angeleifert werden sollen - und ich mich gerade frage, wie viele Züge es dazu wohl bedarf.

Soweit ich weiss, finden auf der Farger Eisenbahn kaum noch Gütertransporte statt - stat dessen wurde der Personenverkehr wieder eingeführt.
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Luchs
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Beitrag von Luchs »

Über die Strecke gibt es einen thread bei DSO - WIMRE 2 Züge / Tag, die aber auf dem letzten stück wegen der Kürze der Ausweichgleise geteilt werden.

Ansonsten gibt es zwei Grenezen: 1. die Reissfestigkeit der traditionellen Zugkupplung und 2. wenn der Zug Automatikkupplung hat maximal 255 Achsen.

255 * 21 t = 5355 abzüglich Eigengewicht der Wagen und Loks. So das die Strecke hergibt.

Luchs.
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