Angehörige sollen Schmerzensgeld zahlen

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Bayernlover
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Beitrag von Bayernlover »

SZ: Präzedenzfall vor Landgericht Nürnberg

Ein sehr sensibles Thema, mit dem die SZ heute aufwartet. Ein Lokführer klagt vor dem Landgericht Nürnberg gegen die Familie eines Selbstmördes, um an 5000€ Schmerzensgeld zu kommen. Inwiefern findet ihr das gerechtfertigt? Gibt es so etwas wie "Sippenhaft" heute noch bzw. sollte es das geben?

Sollte es ein entsprechendes Urteil geben, befürchte ich eine Klagewelle - was keineswegs wertend gemeint ist, im Moment bin ich mir selbst noch nicht klar was ich darüber denken soll.
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Marcel
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Beitrag von Marcel »

Ich glaube nicht, dass die Klage in diesem Fall Erfolg haben wird. Da der Suizidant bereits volljährig ist, müssen seine Eltern nicht zahlen. Nicht einmal bei kleinen Kindern haften die Eltern, die ganzen gelben Schilder an Baustellen ("Eltern haften für ihre Kinder") sind unwirksam.
Bei einer Klage würde zunächst das Erbe angetastet. Mit 20 hat man normalerweise kein großes Vermögen, sodass kein Geld für den Lokführer zur Verfügung stünde.
Dann erhält der betroffene Lokführer kein Schmerzensgeld und darf zusätzlich die Gerichtskosten zahlen.
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Beitrag von Bayernlover »

Wobei ich mich ja schon frage warum man ein Verfahren anstrengt wenn es so aussichtslos ist? Einen Funken Chance dass es doch zu einem positiven Urteil für den Lokführer kommt muss es ja dann doch geben.
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Beitrag von Marcel »

Ich habe in einem anderen Artikel gelesen (ich weiß aber leider nicht mehr wo), dass vor allem die Ehefrau die Klage wollte und weniger der Lokführer selber.

Wenn der Suizidler ein 35jähriger wäre, der voll im Berufsleben steht, ordentlich Geld verdient und Rücklagen bildet/gebildet hat, ist es chancenreicher auf Erfolg, als bei einem 20jährigen, der gerade Abi gemacht hat und jetzt studiert oder von seinem Lehrlingsgehalt leben muss.
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hmmueller
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Beitrag von hmmueller »

Bayernlover @ 27 Jul 2011, 10:16 hat geschrieben: Wobei ich mich ja schon frage warum man ein Verfahren anstrengt wenn es so aussichtslos ist?
Lt. Artikel allerdings:
1999 habe ein Lokführer vom Landgericht Bielefeld 10.000 Mark nach einem Unfall zugesprochen bekommen.
Nun haben wir natürlich keine Ahnung, wie vergleichbar dieser Fall ist (eigentlich steht nicht einmal da, dass es überhaupt ein Selbstmord oder PU war). Aber die Justiz entscheidet auch mal neu oder um.
Und wegen
...Richterin Jana Lux riet den Parteien zu einem Vergleich.
ist die Wahrscheinlichkeit wohl doch hoch, dass das nicht ausjudiziert wird.
Meine Eisenbahngeschichten - "Von Stellwerken und anderen Maschinen ..."
Die Organe der Bahnerhaltung sind ermächtigt, den Arbeitern zur Aneiferung angemessene Quantitäten von Brot, Wein oder Branntwein unentgeltlich zu verabfolgen. Nr. XXVII - Vorschriften für das Verhalten bei Schneefällen, K. k. Österreichische Staatsbahnen, Gültig vom 1. Oktober 1906; Artikel 14(5)
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Beitrag von Guido »

Bayernlover @ 27 Jul 2011, 09:42 hat geschrieben: Ein sehr sensibles Thema, mit dem die SZ heute aufwartet. Ein Lokführer klagt vor dem Landgericht Nürnberg gegen die Familie eines Selbstmördes, um an 5000€ Schmerzensgeld zu kommen. Inwiefern findet ihr das gerechtfertigt?
Das ist vollkommen gerechtfertigt. Immerhin entstand dem Kollegen ohne sein eigenes Verschulden ein Dienstausfall in nicht unbeachtlicher Höhe, nur weil da einer zu feige ist sich in der Badewanne mitm Fön zu töten sondern lieber die Eisenbahn dafür hernimmt und so ggf das Leben eines unschuldigen mitruiniert, und zudem vielen hunderten Fahrgäste die Reise versaut die dadurch sehr viel später an ihr Ziel gelangen.

Einzig der Betrag ist zu niedirig, da müßten noch ein paar 0 hinten dran ...
Gruß, Guido

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Beitrag von DumbShitAward »

Ich bin bei dieser Thematik durchaus gespalten. Einerseits ist es klar, dass ein Tf massiv darunter leiden kann einen Menschen tot gefahren zu haben, gleichgültig ob er daran Schuld trug oder nicht (was wohl in 99.99% der Fällen der Fall sein dürfte). Andererseits tue ich mir auch sehr schwer damit zu rechtfertigen, weshalb dies nun durch die Angehörigen beglichen werden soll, es ist ihnen ja wohl nur in den seltensten Fällen zuzuschreiben, dass sie Schuld am Suizid ihres Familienmitglieds tragen. Auch muss man sich korrekterweise die Frage stellen, ob ein solcher Anspruch bei den Triebfahrzeugführern enden soll, die Sanitäter (gut, bei denen ist das nun wirklich Berufsrisiko) und die zum "aufräumen" herbeizitierte Feuerwehr ist schließlich auch nicht unbeteiligt.

Nur um das nochmal klar zu stellen: ich kritisiere hier nicht den Kläger, ich kann es sogar sehr gut verstehen, ich gebe lediglich zu bedenken, dass das ganze wahrlich nicht so einfach ist.
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
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Beitrag von DumbShitAward »

Guido @ 27 Jul 2011, 11:19 hat geschrieben: nur weil da einer zu feige ist sich in der Badewanne mitm Fön zu töten sondern lieber die Eisenbahn dafür hernimmt
Feigheit ist das nicht, es funktioniert nämlich gar nicht ;)
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Beitrag von Bayernlover »

Guido @ 27 Jul 2011, 11:19 hat geschrieben: nur weil da einer zu feige ist sich in der Badewanne mitm Fön zu töten sondern lieber die Eisenbahn dafür hernimmt
Und was können die Angehörigen dafür? Deshalb auch die Frage nach der Sippenhaft.
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Flo_K
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Beitrag von Flo_K »

Dass die Lokführer die Opfer sind wird in der Öffentlichkeit in der Tat viel zu wenig wahrgenommen, wobei das zumindest medial in letzter Zeit immer wieder mal Thema war, da scheint sich also was zu ändern, wenn auch nur ein kleines bisschen.

Grundsätzlich bin auch ich dafür, wenn möglich, den Betroffenen zu entschädigen. In diesem Fall dürfte aber halt wirklich die Frage sein, ob die Angehörigen des Selbstmörders was dafür können, dass er sich vor den Zug geworfen hat. Kann man die wirklich dafür belangen (Ich kenn mich da rechtlich nicht aus, deswegen frag ich).
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Beitrag von GSIISp64b »

Bayernlover @ 27 Jul 2011, 11:23 hat geschrieben: Und was können die Angehörigen dafür? Deshalb auch die Frage nach der Sippenhaft.
Richtig, dass die Angehörigen aus eigener Tasche zahlen müssen, ist inakzeptabel. Wenn der Selbstmörder aber etwas hinterlassen hat, ist es meiner Meinung durchaus gerechtfertigt, daraus ein Schmerzensgeld zu zahlen.
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Beitrag von Fichtenmoped »

Bayernlover @ 27 Jul 2011, 11:23 hat geschrieben: Und was können die Angehörigen dafür? Deshalb auch die Frage nach der Sippenhaft.
Und was können die Angehörigen dafür dass sie 7 Monate nach einem tödlichen Verkehrsunfall (selbst verschuldet, aber kein Selbstmord) die Rechnung für den Feuerwehreinsatz bekommen?
(Selbst in der eigenen Familie erlebt... der verunfallte war auch erst 22, die Rechnung kam pünktlich eine Woche vor Weihnachten zu seiner Mutter...)

Also werden Angehörige zur Kasse gebeten - als Erben bekommt man nicht nur das Vermögen bzw. Vermögenswerte sondern auch die daraus resultierenden Pflichten! Wenn jemand Schulden erbt muss er die auch bezahlen... Klingt jetzt hart, aber man kann ein Erbe auch ausschlagen!
(Auch ein Fall in der Familie, aber weit entfernt verwandt - das zuständige Amtsgericht hat wirklich die komplette Erbfolge abgeklappert! Selbst der weit entfernte Cousin xten Grades, gerade 5Monate alt wurde angeschrieben...)

Das Problem ist dass ein Depressiver es halt in diesem Moment für eine gute Idee hält sich vor den Zug zu werfen... 10Minuten früher oder später sieht es manchmal ganz anders aus!
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
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Beitrag von Guido »

DumbShitAward @ 27 Jul 2011, 11:21 hat geschrieben: Andererseits tue ich mir auch sehr schwer damit zu rechtfertigen, weshalb dies nun durch die Angehörigen beglichen werden soll, es ist ihnen ja wohl nur in den seltensten Fällen zuzuschreiben, dass sie Schuld am Suizid ihres Familienmitglieds tragen.
Auch wenns wohl für das bürokratische Deutschland zu einfach klingt, aber immerhin kassieren die Angehörigen, also der Eherpartner oder aber bei Jugendlichen die Eltern als Bezugsberechtigte die Leistungen einer eventuellen Lebensversicherung.

Es mag schon sein daß es immer ein zweiseiges Schwert ist und man da gespaltener Meinung sein kann, aber letztenendes gibts wenn man sich wirklich umbringen will Methoden mit denen man nur sich selbst schadet, nicht aber anderen, und wenn jemand einen Weg nimmt der andere mit zu schaden bringt, warum soll der andere dann auf seinen Ausfallkosten sitzen bleiben?? Mal von dem psychologischen Aspekt ganz abgesehen, manch ein Kollege hat nie wieder einen Führerstand betreten nach einem Suizid. Viele bekommen immer wieder einen Schreck wenns irgendwo ums Eck kommen und da ist was nicht so wie es erwartet wird, man vermutet gleich wieder nen Menschen im Gleis, man wird unruhig, zittrig ... auch wenn Geld diese Probleme nicht lösen kann, so sehe ich es als Weg einer Entschädigung für das zwangsweise erlebte, und von dem Geld kann man sich irgendwas schönes kaufen wovon man vielleicht schon länger träumt, in den Nächten in denen man mal NICHT von dem PU träumt (und genau SOLCHE Nächte sind verdammt lang)
Gruß, Guido

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Beitrag von GSIISp64b »

Guido, dass ein PU für den betreffenden Tf scheiße ist, brauchen wir wohl nicht zu diskutieren. Ich denke, da sind wir uns alle ziemlich einig, und das ist auch gar nicht die Frage, um die es hier eigentlich geht...
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
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Beitrag von Guido »

GSIISp64b @ 27 Jul 2011, 11:39 hat geschrieben: Guido, dass ein PU für den betreffenden Tf scheiße ist, brauchen wir wohl nicht zu diskutieren. Ich denke, da sind wir uns alle ziemlich einig, und das ist auch gar nicht die Frage, um die es hier eigentlich geht...
Es geht um die Frage der Entschädigung, und eine solche ist gerechtfertigt, ich habe auch dargelegt warum.
Gruß, Guido

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Beitrag von Bayernlover »

Guido @ 27 Jul 2011, 11:44 hat geschrieben: Es geht um die Frage der Entschädigung, und eine solche ist gerechtfertigt, ich habe auch dargelegt warum.
Richtig, sie ist es. Die Frage ist aber nur, woher die kommt. Ich könnte mir einen Fond vorstellen, in den die EVU einzahlen, aus dem dann entschädigt wird.
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Flo_K
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Beitrag von Flo_K »

Die EVUs sollten vielleicht auch erstmal ihren Umgang mit den betroffenen Mitarbeitern verbessern. Nach allem, was ich gehört habe, liegt da bei manchen noch Einiges im Argen.
Und die Idee des Fonds ist gut, aber dann sind die Selbstmörder dennoch nicht mit eingebunden. Und darum geht es ja hier gerade. Die Frage eben, inwieweit Angehörige haften, oder inwieweit auch jemand selbst haftet, wenn er seinen Versuch überlebt.
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Beitrag von Guido »

Bayernlover @ 27 Jul 2011, 11:47 hat geschrieben: Die Frage ist aber nur, woher die kommt.
Vom rechtmäßigen Erben, sprich dem nächsten Angehörigen, also Ehepartner, oder Eltern bzw Kinder. Sprich als von demjenigen, der auch in die Unterhaltspflicht genommen wird wenn der Staat irgendwelche sozialen Leistungen (wie Pflegeheim) nicht zahlen will, da sind nämlich Kindern ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig (aber das ist ein anderes Thema, nur eben die Verknüpfung passt wer denn einzuspringen hat).


Im Übrigen: Warum soll sich das EVU noch weitere Kosten aufbrummen als es ohnehin schon mit einem solchen Fall hat? Da sind Zugausfälle, Regressansprüche von Reisenden, Kollegen müssen zum Teil länger arbeiten, da muß umdisponiert werden. Es entstehen durch derartige Ereignisse allen dadurch beteiligten Unternehmen hohe und vorallem unnötige Kosten, und das nur weil da jemand der Meinung ist seine Probleme lösen zu wollen und sich dafür vom Zug überfahren zu lassen. Im Besten Fall überlebt derjenige und kann dann selbst für den Scheiß den er fabriziert hat aufkommen.
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Beitrag von Bayernlover »

Guido @ 27 Jul 2011, 12:04 hat geschrieben: Vom rechtmäßigen Erben, sprich dem nächsten Angehörigen, also Ehepartner, oder Eltern bzw Kinder. Sprich als von demjenigen, der auch in die Unterhaltspflicht genommen wird wenn der Staat irgendwelche sozialen Leistungen (wie Pflegeheim) nicht zahlen will, da sind nämlich Kindern ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig (aber das ist ein anderes Thema, nur eben die Verknüpfung passt wer denn einzuspringen hat).
Das könnte sein dass man das so sieht, ja. Warten wir die Entscheidung des Gerichts einfach ab ;)
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Beitrag von Chemin de fer »

Wenn kein Erbe da ist, ist es schwierig, aber sobald der Suizidiant oder der Gleislatscher was hinterlassen hat, steht dem Opfer (also dem Tf) auch was zu. Da muss von den Erben auch keiner was von seinem Geld abgeben, aber vom Vermögen des Selbstmörders/Gleislatschers und da werden auch andere Kosten abgezogen, also wäre hier auch eine Entschädigung angebracht.

Ich denke die arme Frau weiß sich einfach nicht mehr zu helfen. Es ist so lange her und ihr Mann wird es immer noch nicht verkraftet haben und damit ist das Leben der beiden vielleicht für immer eingeschränkt.
Die beiden können auch nichts dafür und keiner kann ihnen ihr Leben davor zurückgeben. Ich kann mir gut vorstellen dass man da verzweifelt und wütend ist, einfach wenigstens ein Ergebnis sehen will.
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JNK
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Beitrag von JNK »

Marcel @ 27 Jul 2011, 10:36 hat geschrieben: Ich habe in einem anderen Artikel gelesen (ich weiß aber leider nicht mehr wo), dass vor allem die Ehefrau die Klage wollte und weniger der Lokführer selber.
Der Tf hat die Zivilklage an seine Frau abgeben, damit er selbst als Zeuge auftreten kann, dass ist ein juristischer Winkelzug zur Zivilprozessordnung.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Was wiegt wohl schwerer, der Tod eines geliebten Menschen oder ein Trauma eines Lokführers? Und ja, der Anwalt der Beklagten Familie hat recht, es ist ein Berufsrisiko eines Lokführers. Sich am Leid anderer Menschen zu bereichern ist schäbig.

Die Umstände, das der Lokführer die Rechte an seine Frau abgetreten hat, sprechen für den Umstand, dass ihr Anwalt daran kräftig verdienen will.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Beitrag von Hot Doc »

Fichtenmoped @ 27 Jul 2011, 11:35 hat geschrieben: Und was können die Angehörigen dafür dass sie 7 Monate nach einem tödlichen Verkehrsunfall (selbst verschuldet, aber kein Selbstmord) die Rechnung für den Feuerwehreinsatz bekommen?
(Selbst in der eigenen Familie erlebt... der verunfallte war auch erst 22, die Rechnung kam pünktlich eine Woche vor Weihnachten zu seiner Mutter...)

Also werden Angehörige zur Kasse gebeten - als Erben bekommt man nicht nur das Vermögen bzw. Vermögenswerte sondern auch die daraus resultierenden Pflichten! Wenn jemand Schulden erbt muss er die auch bezahlen... Klingt jetzt hart, aber man kann ein Erbe auch ausschlagen!
(Auch ein Fall in der Familie, aber weit entfernt verwandt - das zuständige Amtsgericht hat wirklich die komplette Erbfolge abgeklappert! Selbst der weit entfernte Cousin xten Grades, gerade 5Monate alt wurde angeschrieben...)

Das Problem ist dass ein Depressiver es halt in diesem Moment für eine gute Idee hält sich vor den Zug zu werfen... 10Minuten früher oder später sieht es manchmal ganz anders aus!
Fichtenmoped hat es hier sehr treffend beschrieben: Treten die Eltern des "Verunglückten" das Erbe an, haften sie auch für eventuelle Ansprüche andere an den Toten. Dabei kann es durchaus sein, dass ein Erbe sich im Nachhinein als Verlustgeschäft erweist. Hier sehe ich rechtlich keine andere Chance, als das so zu regeln. Von Sippenhaft o.ä. kann hier nicht die Rede sein!

Ein ganz anderes Problem das sich stellt, ist die Frage, ob der Verursacher (also der Getötete) in diesem Moment schuldfähig ist/war. Denn sollte die Klage erfolg haben, könnte auch die Bahn jedesmal für die Verspätungen, Zugausfälle etc. Schadensersatz verlangen, was regelmäßig einen Totalausfall des Erbes zur Folge hätte.
Die zweite Frage ist, wie sehr so etwas zum Berufsrisiko des Tf gehört (und im erweiterten Sinne zum Betriebsrisiko der Bahn). Ich tendiere hier sehr dazu, der Bahn und damit indirekt auch dem Tf zumindest zu einem gewissen Teil ein Betriebsrisiko zuzusprechen, genau so wie ich beim Auto, wenn ich jemanden verletze praktisch nie ohne Teilschuld davonkomme, muß ich mir im klaren sein, dass wenn ich einen Zug bewege, ich ein potentielles Tötungswerkzeug (und das muß nicht immer Selbstmord sein) führe.

Die endgültige Beantwortung dieser Frage scheint mir aber sehr schwierig, weil sie die verschiedensten Ebenen berührt und auf vielen dieser Ebenen an versiedenen Stellen auch noch extreme und Ausnahmefälle beinhaltet.

PS.: Ich weiß auch nicht wie sehr solche psychischen Probleme von der Berufsgenossenschaft abgedeckt sind und als Berufskrankheit anerkannt sind. Ebenfalls stellt sich hier die Frage einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
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Beitrag von Andre_HD »

Autobahn @ 27 Jul 2011, 13:21 hat geschrieben: Was wiegt wohl schwerer, der Tod eines geliebten Menschen oder ein Trauma eines Lokführers? Und ja, der Anwalt der Beklagten Familie hat recht, es ist ein Berufsrisiko eines Lokführers. Sich am Leid anderer Menschen zu bereichern ist schäbig.
Ich sehe es trotzdem wie Guido! Der Selbstmörder (aus Sicht der Geschädigten der Täter) hat hier vorsätzlich gehandelt. Er hat vorsätzlich einem Lokführer seelischen Schaden zugefügt, einen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr vorgenommen, Verspätungen verursacht und damit viel Leid, Ärger und Chaos ausgelöst. Da sollte es selbstverständlich sein, daß ein mögliches Erbe für Schadensersatz herangezogen wird.

Wenn sich wirklich jemand selbst umbringen will, dann geht das auch ohne die Schädigung anderer, die nichts mit seinen Problemen zu tun haben.
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Beitrag von freibier47906 »

Ich hab mal von einem Kollegen(Gewerkschaft,Betriebsrat oder sowas in der Richtung) gehört,daß es da noch den Begriff der "entgangenen Lebensfreude" gibt,und daß da auch schon der ein oder andere Tf mit DIESER Begründung vor Gericht gezogen ist.Wenn es ein richtiger Suizid ist,halte ich das durchaus für gerechtferigt.
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Beitrag von 3247 »

Marcel @ 27 Jul 2011, 10:13 hat geschrieben:Bei einer Klage würde zunächst das Erbe angetastet.
Das ist falsch.

Mit dem Erbfall gehen alle Rechte und Pflichten auf die Erben – bei gesetzlicher Erbfolge sind das ohne Ehepartner und Kinder die Eltern – über. Diese haften erst einmal mit ihrem gesamten Vermögen.

Man kann das Erbe zwar ausschlagen. Dafür gibt es jedoch eine recht kurze Frist von sechs Wochen.

Es gibt danach zwar mit Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz weitere Möglichkeiten, die Haftung zu beschränken. Aber das muss man zum einen ebenfalls aktiv in die Wege leiten, zum anderen ist das auch aufwändig – es muss schließlich das gesamte Vermögen des Erblassers erfasst werden. Das wird sich bei einer relativ kleinen Forderung schlicht nicht lohnen.
Mit 20 hat man normalerweise kein großes Vermögen, sodass kein Geld für den Lokführer zur Verfügung stünde.
Auch mit 20 kann man ein hierfür ausreichendes Vermögen haben: Auto (zum 18. geschenkt), Ersparnisse, Geldgeschenke, usw. läppern sich auch.
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Beitrag von Bayernlover »

Andre_HD @ 27 Jul 2011, 14:16 hat geschrieben: Wenn sich wirklich jemand selbst umbringen will, dann geht das auch ohne die Schädigung anderer, die nichts mit seinen Problemen zu tun haben.
Jemand der soweit ist seinem Leben in Eigenregie ein Ende zu setzen ist so kaputt im Kopf, dass solche Überlegungen eher eine untergeordnete Rolle spielen.
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Beitrag von GSIISp64b »

Bayernlover @ 27 Jul 2011, 16:40 hat geschrieben: Jemand der soweit ist seinem Leben in Eigenregie ein Ende zu setzen ist so kaputt im Kopf, dass solche Überlegungen eher eine untergeordnete Rolle spielen.
"Kaputt im Kopf" ist also jeder, der Selbstmord begehen will? Das ist mir dann doch zu verallgemeinernd.
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Beitrag von Bayernlover »

GSIISp64b @ 27 Jul 2011, 16:55 hat geschrieben: "Kaputt im Kopf" ist also jeder, der Selbstmord begehen will? Das ist mir dann doch zu verallgemeinernd.
Ich kann mir nicht vorstellen dass bei jemandem, der sich selbst dazu entscheidet zu sterben, das rationale Denken noch großartig ausgeprägt ist.
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Beitrag von GSIISp64b »

Bayernlover @ 27 Jul 2011, 16:57 hat geschrieben: Ich kann mir nicht vorstellen dass bei jemandem, der sich selbst dazu entscheidet zu sterben, das rationale Denken noch großartig ausgeprägt ist.
Ich empfehle dazu einmal die Texte von Terry Pratchett zur Sterbehilfe. Bei Pratchett wurde iirc vor einigen Jahren Alzheimer diagnostiziert, und er ist ein starker Befürworter des Rechts auf Sterbehilfe.
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