[M] Warum Holzschwellen im Tunnel?

Strecken, Fahrzeuge und Technik von U-Bahnen
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Muc_train
Haudegen
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Beitrag von Muc_train »

Hallo alle Zusammen,

ich bin schon länger begeisterter Leser vom Eisenbahnforum, nun habe ich mich entschieden mich auch anzumelden um aktiv hier tätig werden zu können.

Was ich mich bei der Münchner U-Bahn und S-Bahn schon lange frage ist, warum den in den Tunneln Holzschwellen statt Betonschwellen verwendet werden. Bei der Bahn düften die Betonschwellen ja schon in den 60er Jahren einzug gehalten haben, während hier alle Strecken die ich kenne (außer die ganz neue nach Moosach) mit Holzschwellen gebaut wurden. Selbst die mitte der 90er gebaute U2 zur Messe hat Holzschwellen. Aus welchem Grund ist das so?

Viele Grüße
Stefan
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ehcstueDBahn
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Beitrag von ehcstueDBahn »

Aus persönlicher Erfahrung:
Ein Grund wird der Schallschutz sein. In Nürnberg werden beispielsweise fast nur fest im Beton verankerte Gleise verlegt, dafür ist es dann aber auch richtig schön laut wenn eine U-Bahn einfährt. Besonders am Plärrer merkt man das ganze besonders. Da vibriert die ganze Station wenn die Züge einfahren.
Da sind mir die Holzschwellen dann doch lieber ;)
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

Genau, einer der Vorteile ist dass die Holzschwelle elastisch ist und damit einen Teil der Erschuetterungen abfaengt, waehrend die Betonschwelle die Erschuetterungen nahezu ungedaempft an den Schotter weitergibt. und damit die anderweitige Daempfung durch hoeheren Schottter oder Gummi ausgeglichen werden muss. Insgesamt braucht man mit Holz weniger Hoehe des Oberbaus.
Bei der Bahn hagt man daher ueber Unterfuehrungen meist Holz, auch wenn der Rest vom Gleis Beton hat.
Die Muenchner UBahn hat aber durchaus auch Beton, wenn auch selten, z.B. an der Uni und am Bonner Platz Loder war es Petuelring?). Warum ausgerechnet da? keine Ahnung, vielleicht einfach keine Bebauung drueber oder ein Versuch?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Boris Merath @ 6 May 2012, 20:30 hat geschrieben: Die Muenchner UBahn hat aber durchaus auch Beton, wenn auch selten, z.B. an der Uni und am Bonner Platz Loder war es Petuelring?). Warum ausgerechnet da? keine Ahnung, vielleicht einfach keine Bebauung drueber oder ein Versuch?
Bonner Platz, dort wurden doch 2001(?) die ersten Versuche mit Gummi-Unterschottermatten (USM) gemacht.

Gruß Michi
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bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

"Bei der Bahn düften die Betonschwellen ja schon in den 60er Jahren einzug gehalten haben"

Das klingt so als hälst du Holzschwellen für überholt, altbacken, altmodisch oder so?

Viele Dinge sind einfach nicht zu verbessern. Es gibt mit Beton, gar Stahl, als Schwellenmaterial seit vielen Jahrzehnten Versuche. Ich bin da kein Experte, es mag viele Modelle geben die sich als ähnlich haltbar wie Holzschwellen erweisen, aber ich habe vorallem von vielen grandiosen, teuren, Fehlversuchen gehört. Besonders bekannt dürfte wohl die DDR sein, dort hat man ja planwirtschaftlich zentral entschieden und eben entschieden in Zukunft auf Betonschwellen zu setzen. Die haben sich als nicht haltbar erwiesen, sind reihenweise unter dem Alltagsbetrieb zerbröselt, was auch ein Grund ist wieso das gesamte Bahnnetz in den Neuen Ländern zur Wiedervereinigung so extrem marode war. Zudem ist Holz vergleichsweise leicht und entlastet dadurch, als auch durch die Vibrationsdämpfung, einfach auch das Bauwerk - ein Untergrundbahnhof ist ja ein Gebäude und nicht einfach ein Schotterbett auf blanker Erde. Unterirdisch dürfte die eh schon lange Lebensdauer noch gesteigert sein, da die Witterung ja komplett fehlt.

Wieso die bewährten Holzschwellen mit unschlagbaren Materialeigenschaften aufgeben, wo es sich ja sogar um ein nachwachsendes Material handelt? Bedenke, die Natur hatte Millionen von Jahren Zeit das Material Holz zu perfektionieren, so dass es haltbar ist, auch größten Belastungen (Stürme etc.) standhält, den extremen Temperatur und Feuchtigkeitsschwankungen der Jahreszeiten, dabei trotzdem flexibel bleibt. Das kann der Mensch nie übertreffen.
AndiFant

Beitrag von AndiFant »

Wieso die bewährten Holzschwellen mit unschlagbaren Materialeigenschaften aufgeben
Weil Holzschwellen mit richtig giftigen Chemikalien behandelt werden müssen, um nicht zu verrotten?
Daniel Schuhmann
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Beitrag von Daniel Schuhmann »

bayerhascherl @ 16 May 2012, 21:06 hat geschrieben: Besonders bekannt dürfte wohl die DDR sein, dort hat man ja planwirtschaftlich zentral entschieden und eben entschieden in Zukunft auf Betonschwellen zu setzen. Die haben sich als nicht haltbar erwiesen, sind reihenweise unter dem Alltagsbetrieb zerbröselt [...]
Das lag aber nicht grundsätzlich an der "Technologie Betonschwelle". Und auch heute geht mal was schief dabei.
EasyDor
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Beitrag von EasyDor »

AndiFant @ 16 May 2012, 21:18 hat geschrieben:
Weil Holzschwellen mit richtig giftigen Chemikalien behandelt werden müssen, um nicht zu verrotten?
Das mag auf Holzschwellen zutreffen, die der Witterung frei ausgesetzt sind. Bei der U-Bahn braucht man kaum eine Behandlung, da die Schwellen ja kaum nass werden (Ausnahme sind tauende Züge im Winter), keinen Frost und auch keine Sonneneinstrahlung abbekommen. Kurzum, es überwiegen die Vorteile, die mit niedrigen Instandhaltungskosten dafür sorgen dass die Münchner U-Bahn eine der leisten (konventionellen) Systeme ist.

Bei der S-Bahn liegen auf dem Tunnelabschnitt ja schon seit Anbeginn Holzschwellen, aus den genannten Vorteilen.
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Unkannter Verfasser - nicht A. Einstein
bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

Erstens das, außerdem ist es ja nicht so als ob die übliche Behandlung des Holz ohne Alternative wäre. Ökologischere Alternativen sind "nur" teurer, zudem würden die Holzschwellen ganz ohne Behandlung auch nicht binnen Monaten wegrotten. Ich versuche langfristig zu denken, gerade beim Verkehrsträger Bahn, und da ist möglicht regenerative Ressourcenwirtschaft einfach zu bevorzugen. Der Stahl von Fahrzeug und Schiene lässt sich im ewigen Recycling-Kreislauf fahren, Holzschwellen und Schotter aus der Natur geben den Gleisunterbau, der Strom kommt aus umweltfreundlicher Wasser- und Windkraft, so entstünde kein Gramm CO2 und auch der sonstige ökologische Fingerabdruck wäre minimal, die Bahn wäre wahrhaft das Verkehrsmittel der Zukunft.

Manche Entwicklungen, siehe Hochgeschwindigkeitsverkehr mit extrem ungünstiger Ökobilanz, konterkarieren das und nehmen das am wenigsten nachhaltige Verkehrsmittel von allen, das Flugzeug, zum Vorbild (am eindrucksvollsten wohl zu sehen beim Großraumwagen des ICE V, der ja sogar solche verschließbaren Überkopfgepäckfächer vorsah). Das mag mit dem Zeitgeist gehen, der sich ja ständig ändert, ist aber IMHO nicht nachhaltig. Wir müssen den Bahnverkehr so aufziehen dass er auch nach Peak Oil, ohne Hitech-Elektronik die nicht repariert werden kann bei einem Defekt sondern als Sondermüll entsorgt werden muss, und all diese Dinge funktioniert. Damit meine ich nicht 19. Jahrhundert aber ein gutes Stück mehr wie vor der Digitalisierung, also eher A Wagen als C Wagen. ;) Holzschwelle statt Betonschwellen, usw., zumal es ja einfach Geld spart und die Ubahn hat auch in den 70ern und 80ern wunderbar funktioniert (mancher unkt besser als heute). Ja, man braucht mehr Personal an manchen Stellen ohne die Automatik, aber haben wir einen Mangel an Arbeitskräften oder einen Mangel an (gerade einfacher) Arbeit in der Bundesrepublik?...
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