Wie geht es nach 2019 mit dem GVFG weiter?

Alles über Stadtverkehr, was woanders nicht passt, wie z.B. Verkehrsverbünde
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Bummelbahn
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Beitrag von Bummelbahn »

Mich würde echt mal interessieren, ob und wie es nach 2019 mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgsetz (GVFG) weitergeht. Wird der Staat das ganze unter den gleichen Bedingungen fortsetzen oder gibt es danach wenig bis deutlicher weniger Zuschüsse zu ÖPNV-Projekte oder sogar garnichts mehr? Das Thema geht ja alle Nahverkehrsnetze in Deutschland an.

Was meint ihr?
Electrification
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Beitrag von Electrification »

Infrastrukturinvestitionen sind Investitionen in die Zukunft des Landes. Es ist ein Skandal dass es bisher immer noch kein Konzept für die Zeit nach 2019 gibt.
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MVG-Wauwi
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Beitrag von MVG-Wauwi »

Unter den "gleichen Bedingungen" ist eine Fortführung wohl nicht zu erwarten und auch nicht sinnvoll. Vielmehr müsste eine allfällige Nachfolgeregelung auch das Thema Bestandssanierung aufgreifen, das kennt das alte GVFG in dieser Form nicht (abgesehen von Maßnahmen in den neuen Bundesländern nach der Wende). Der Erhalt wird für manchen Betrieb und manche Kommune noch zu einem drängendem Problem werden, dazu passt auch diese Meldung. Ebenfalls ungelöst ist die Infrastruktur-Finanzierung von NE-Bahnen. Da gäbe es also neben der Neubau-Förderung ein ganzes Paket zu schnüren, um die regionale und kommunale Infrastruktur zukunftsfest zu machen.
Gruß vom Wauwi
Electrification
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Beitrag von Electrification »

Auch beim Straßenbau muss man endlich dazu übergehen die Neubauvorhaben aufs nötigste zu reduzieren. Wir haben eine perfekte Infrastruktur, da sind oft weitere Neubauten nicht notwendig. Bei einer Dorfstraße in ein Kleinstkaff ist es durchaus zumutbar sie zu belassen, statt sie zu verbreitern, wegen vielleicht 200 oder 300 Einwohnern.

Das Geld müsste auch eher in den Unterhalt wandern. Da wird aktuell weiteres Geld in die A 94 geschossen (für die parallele Bahnstrecke ist natürlich kein Geld da) und der Zustand der A 93Süd ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Man kommt in Kufstein über die Grenze und meint man ist in Albanien. Geschätzte 20 km mit Hg 80 und einem Zustand der einem Feldweg gleich kommt.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Nachdem die Länder in dem Punkt die Kompetenz haben wollten, gehe ich nicht davon aus dass der Bund ab 2019 weiter zahlen wird. Sämtliche kommunalen Förderprogramme müssten von den Ländern aufgelegt werden.
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Und wenn es keinen parallelen Budgettransfer gibt, kann man sich ausmalen was passieren wird.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

spock5407 @ 12 Jun 2012, 18:33 hat geschrieben: Und wenn es keinen parallelen Budgettransfer gibt, kann man sich ausmalen was passieren wird.
Dass der Ausbau völlig eingestellt wird kann ich mir nicht vorstellen.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
tanne
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Beitrag von tanne »

Vielleicht sollte man schon mal anfangen diesen Damen und Herrn hier ein paar Fragen in diese Richtung zu stellen. Wäre vor allem spannend zu sehen, wer sich über das Thema schon Gedanken gemacht hat, wer nur irgendwelches allgemeines Partei-Geblubber abgibt, und vor allem, wie sie dann später zu dem Thema abgestimmt haben.

Vor allem sollten die Menschen auch mitbekommen, dass es Wähler gibt, denen das Thema wichtig ist, und die sich darüber Gedanken machen (und die vielleicht sogar bei richtigen oder auch falschen Antworten auch das Kreuzchen mal wo anders machen).
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Elch
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Beitrag von Elch »

Dieser Artikel im Handelsblatt passt zum Thema <_<
"Lächle, es könnte schlimmer kommen" Ich lächelte [...] und es kam schlimmer [...]

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Wildwechsel
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Beitrag von Wildwechsel »

Electrification @ 12 Jun 2012, 15:05 hat geschrieben: und der Zustand der A 93Süd ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Man kommt in Kufstein über die Grenze und meint man ist in Albanien. Geschätzte 20 km mit Hg 80 und einem Zustand der einem Feldweg gleich kommt.
Ähm ja, da bin ich gestern nach längerer Zeit auch mal wieder gefahren. Wirklich gut war die Straße dort zwar noch nie, aber... (naja, bleiben wir sachlich). 80 ist bei dem Straßenzustand schon ein mutiges Tempo.
Beste Grüße usw....
Christian


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1. Des hamma no nia so gmacht
2. Wo kamat ma denn da hi
3. Da kannt ja a jeda kemma
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Elch
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Beitrag von Elch »

Electrification @ 12 Jun 2012, 15:05 hat geschrieben: Das Geld müsste auch eher in den Unterhalt wandern. Da wird aktuell weiteres Geld in die A 94 geschossen (für die parallele Bahnstrecke ist natürlich kein Geld da) und der Zustand der A 93Süd ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Man kommt in Kufstein über die Grenze und meint man ist in Albanien. Geschätzte 20 km mit Hg 80 und einem Zustand der einem Feldweg gleich kommt.
Ja, der Zustand der A93 Sued ist echt nicht gut, aber in Albanien waere das eine tolle Strasse die man sicher mit 240 mehmen wuerde ;-)
Ich hatte im April das Vernuegen auf einer Albanischen Berg"strasse" unterwegs zu sein. Trotz Allrad mit Gelaendeuntersetzung und diversen Sperren glich das eher einer Art von "Extremsport". Das ergebnis waren fast 3 Stunden fuer 45km.

Da lob ich mir doch die A93
"Lächle, es könnte schlimmer kommen" Ich lächelte [...] und es kam schlimmer [...]

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Beitrag von Electrification »

Naja, wie weit sind wir, wenn wir uns jetzt schon loben weil die A 93 Süd besser ist als der Zustand in Albanien. ;)

Gerade im Vergleich zum perfekten Zustand der österreichischen Inntalautobahn (ich erkenne nicht mal Flickstellen, liegt das nur an der Maut?) ist das schon sehr peinlich was man da anbietet.

Ich wäre eh für die Einführung einer Autobahnmaut in Deutschland, auch wenn ich mir auch hier damit Feinde mache, denn wenn das Geld dann für den Unterhalt aufgewendet würde, hätte man schon viel gewonnen.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Boris Merath @ 12 Jun 2012, 18:55 hat geschrieben:Dass der Ausbau völlig eingestellt wird kann ich mir nicht vorstellen.
Der Bund wird auch nach 2019 weiter Mittel an die Länder verteilen. Das Problem ist nur, das diese Gelder den Ländern nicht mehr zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden. Ob sie es für die Schieneninfrastruktur ausgeben, ob sie damit Straßen bauen oder Paläste für Ministerien, ist nicht mehr geregelt. Gleiches droht auch bei den Regionalisierungmitteln für den SPNV.

Und dann heißt es: "Gute Landesregierung - schlechte Landesregierung!" Je nach dem, welche Klientel (=Wähler) bedient werden soll. Die Länder wollten es bei der Föderalismusreform eben so.

Ein anderes Problem, worauf der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) schon seit längerer Zeit hinweist. Die Stadtbahnstrecken aus den 1960er - 1970er Jahren sind ziemlich am Ende. Allein in NRW fehlen für die Erneuerung von Tunneln, Bahnhöfen etc. 1,1 Milliarden, bundesweit sind es über drei Milliarden. Das trifft auch auf das Tramnetz zu. In Mülheim a.d.Ruhr musste kürzlich eine Trambahnstrecke gesperrt werden, weil die Gleise so marode sind, dass sie nicht mehr befahren werden können.

Der Witz: Für eine neue Tram-/Stadtbahnstrecke bekommt eine Kommune bis zu 90 Prozent an Fördermitteln. Die Erneuerung ist aber nicht "Förderungswürdig" und die Kommune oder das Verkehrsunternehmen bekommt gar nichts vom Bund bzw. vom Land.

Immerhin ist das Thema mittlerweile im Bundesverkehrsministerium "angekommen". So hat es Ramsauer bei der Jahrestagung des VDV am Dienstag anklingen lassen.

Aber damit ist noch nicht "die Kuh vom Eis".
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spock5407
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Beitrag von spock5407 »

Autobahn @ 13 Jun 2012, 18:37 hat geschrieben: Der Witz: Für eine neue Tram-/Stadtbahnstrecke bekommt eine Kommune bis zu 90 Prozent an Fördermitteln. Die Erneuerung ist aber nicht "Förderungswürdig" und die Kommune oder das Verkehrsunternehmen bekommt gar nichts vom Bund bzw. vom Land.
und was glaubst, wie weh das manchem Betreiber von Stadtbahn- und U-Bahntunneln noch tun wird.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

spock5407 @ 13 Jun 2012, 19:47 hat geschrieben:und was glaubst, wie weh das manchem Betreiber von Stadtbahn- und U-Bahntunneln noch tun wird.
Sehr weh. Aber nicht nur dem Betreiber, sondern auch den Fahrgästen.
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Beitrag von TravellerMunich »

spock5407 @ 13 Jun 2012, 19:47 hat geschrieben: und was glaubst, wie weh das manchem Betreiber von Stadtbahn- und U-Bahntunneln noch tun wird.
Das wird gerne verbreitet, auch von der MVG.
Ist aber Quatsch. Die U-Bahn-Tunnel sind eine ausgezeichnete Infrastruktur-Investition.

Selbst wenn in München jetzt die MVG über 700 Mio. Euro Sanierungskosten spicht, wohl über 10 Jahre oder so, dann sind das pro Jahr 70 Mio. Euro.

Pro Jahr nutzen die U-Bahn München ca. 360 Mio. Fahrgäste. Sie zahlen im Schnitt (wenn man die MVV-/MVG-Zahlen umrechnet) wohl so um die 70 Cent, wenn man die Umsteiger abzieht.

Das sind rund 250 Mio. Euro Einnahmen.

Meines Wissens nach kostet ein U-Bahn-Kurs so um die 1 Mio. Euro, bei 80 Münchner Kursen laut MVG in Zahlen sind dies 80 Mio. Euro Betriebskosten. Plus 70 Mio. Sanierungskosten. Dann bleiben immer noch 100 Mio. Euro übrig. Die U-Bahn München selbst müsste profitabel sein. Zumindest waren die Tunnel eine gute Investition, um die Lebensqualität zu erhöhen.
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Beitrag von spock5407 »

Naja, die MVG generiert auch massig Fahrgäste auf den meisten U-Strecken. Da hast Du recht, das macht einiges wett.

Aber denke an Strecken, wo pro Richtung alle 10 Minuten ein kleines Tramzügerl oder vielleicht grad mal ne Stadtbahn B-Doppeltraktion "rumrutscht". Ich denke da z.B. Richtung Gelsenkirchen, Duisburg, Mülheim.
Is nich lang her, da fuhren M6 solo durch teure Tunnel in GE. Da Wahnsinn pur.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

spock5407 @ 13 Jun 2012, 19:47 hat geschrieben: und was glaubst, wie weh das manchem Betreiber von Stadtbahn- und U-Bahntunneln noch tun wird.
Zumindest in München kostet der Unterhalt der U-Bahntunnel unter anderem nur deswegen so viel, weil die Muttergesellschaft der Verkehrsbetriebe, die Stadtwerke, mit den Renditen weit über Marktzinsniveau die totale Energiewende finanzieren will...
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Beitrag von Electrification »

Iarn @ 14 Jun 2012, 00:19 hat geschrieben: Zumindest in München kostet der Unterhalt der U-Bahntunnel unter anderem nur deswegen so viel, weil die Muttergesellschaft der Verkehrsbetriebe, die Stadtwerke, mit den Renditen weit über Marktzinsniveau die totale Energiewende finanzieren will...
Wie wäre es mit der München-Maut? Jeder der mit dem Auto nach München hineinfährt muss eine Mautgebühr zahlen und die Erlöse wandern dann in die totale Energiewende.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

Die Verkehrsbetriebe in Deutschland haben durchschnittlich einen Kostendeckungsgrad von 77 Prozent aus Fahrgeldeinnahmen. Den Rest zahlen die Aufgabenträger, also die Kommunen. Ob das durch Gewinne aus Stadtwerken geschieht oder aus Steuermitteln, hängt von der jeweiligen Struktur der Städte ab.

In der Regel sind die Kommunen die Eigentümer der Tunnel, aber die gesamte Technik darin gehört den Verkehrsbetrieben. Und gerade diese ist Erneuerungsbedürftig. Und dafür gibt es keine Zuschüsse wie bei Neubauten.

Aber selbst wenn es diese gäbe, manche Kommunen können nicht einmal den Eigenanteil aufbringen.

Das mag für München nicht zutreffen, es ist aber ein bundesweites Problem.
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Beitrag von TravellerMunich »

Die Kommunen müssten ohne die Zuschüsse für den Nahverkehr noch viel mehr Geld für den Straßenausbau, Tunnelbau etc. ausgeben bzw. würden schlicht am Verkehr ersticken. In München dürfte ein Verkehrszuwachs von 10-15% reichen, um den Kollaps herbei zu führen. Da sind dann die vergleichsweise wenigen Ausgaben für den Nahverkehr ein Schnäppchen im Vergleich.

Und die Straßeninfrastruktur zu erhalten dürfte deutlich aufwendiger sein...

Zudem hat man vor 20 Jahren eher Kostendeckungsgrade von 40%-50% und das auch ohne mit der Wimper zu zucken gezahlt...

Die meisten Städte geben so um die 5 Euro pro Einwohner und Monat für den Nahverkehr aus... in München sind es eher unter 2 Euro.
Falls der Gesellschaft das noch zu teuer ist, dann kann man ja auch die Fahrpreise frei geben, anstatt diese politisch festzulegen...
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Beitrag von Autobahn »

TravellerMunich @ 14 Jun 2012, 19:12 hat geschrieben:Die Kommunen müssten ohne die Zuschüsse für den Nahverkehr noch viel mehr Geld für den Straßenausbau, Tunnelbau etc. ausgeben bzw. würden schlicht am Verkehr ersticken. In München dürfte ein Verkehrszuwachs von 10-15% reichen, um den Kollaps herbei zu führen. Da sind dann die vergleichsweise wenigen Ausgaben für den Nahverkehr ein Schnäppchen im Vergleich.
Ich will es noch mal deutlich machen: Das sind Zuschüsse für den Betrieb der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Lasten für die Erneuerung der Technik sind noch gar nicht mitgerechnet. Und das ist der Knackpunkt.

Die Kommunen, die kein Geld für die Erneuerung von Gleisen, Signalen, Stationen haben, besitzen auch nicht die Mittel, Straßen in Stand zu halten.
Und die Straßeninfrastruktur zu erhalten dürfte deutlich aufwendiger sein...
Nein, Straßen sind billiger, als Schienen.
Zudem hat man vor 20 Jahren eher Kostendeckungsgrade von 40%-50% und das auch ohne mit der Wimper zu zucken gezahlt...
Kein Grund es heute wieder zu machen. Wobei Du nicht vergessen darfst: Das waren auch Verluste aus dem Betrieb!
Falls der Gesellschaft das noch zu teuer ist, dann kann man ja auch die Fahrpreise frei geben, anstatt diese politisch festzulegen...
Dann könnte sich in so manchen Städten so mancher kein Ticket mehr leisten ;)
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Beitrag von JeDi »

Autobahn @ 15 Jun 2012, 22:02 hat geschrieben: Kein Grund es heute wieder zu machen. Wobei Du nicht vergessen darfst: Das waren auch Verluste aus dem Betrieb!
In integrierten Unternehmen wird das dann trotzdem Intern abgerechnet (und damit auf die Betriebskosten draufgehauen) - so what?
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Beitrag von Mr Burns »

Autobahn @ 13 Jun 2012, 18:37 hat geschrieben: Der Bund wird auch nach 2019 weiter Mittel an die Länder verteilen. Das Problem ist nur, das diese Gelder den Ländern nicht mehr zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden. Ob sie es für die Schieneninfrastruktur ausgeben, ob sie damit Straßen bauen oder Paläste für Ministerien, ist nicht mehr geregelt. Gleiches droht auch bei den Regionalisierungmitteln für den SPNV.
Das ist der Punkt. Alle Welt spricht ja heute schon von Koch-Steinbrück-Kürzungen, aber der Begriff ist gar nicht zutreffend, weil es durch die Umsatzsteuererhöhung sogar mehr Geld gibt. Zukünftig werden immer mehr und mehr Pauschalen gezahlt. Verantwortung bedeutet, das Geld bedarfsgerecht aufzuwenden, das gilt gerade auch für Betriebsleistungen. Wir alle reden über den Rhein-Ruhr-Expreß, über die S 4 in Hamburg und den zweiten S-Bahntunnel in München, aber niemand redet darüber, wie die Betriebsleistungen auf der neuen Infrastruktur finanziert werden soll.
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Beitrag von bayerhascherl »

Öffentliche Verkehrsmittel haben in Deutschland keine 100%ige Kostendeckung und bilden zudem seltenst Rückstellungen für - natürlich alle paar Jahrzehnte - notwendige Kernsanierungsmaßnahmen, die locker im Umfang einem Neubau entsprechen, Sanierungen im Bestand sind nicht selten sogar teurer als Neubauten. Das "Desaster" was da auf die lokalen Verkehrsunternehmen mit Untergrundverkehren zurollt ist daher absehbar, in den 70ern und 80ern waren Tunnel für U- und Stadtbahnen ja der Fetisch von Lokalpolitikern, von wegen Big City Life und so. Diese Netze müssen mittelfristig alle kernsaniert werden. Das zeigt recht deutlich dass der Fokus mehr auf Bestandserhalt gehen muss, ebenso macht der demografische Wandel viel Infrastruktur in Zukunft obsolet. Aber - das ist die potentielle Stärke unseres Föderalismus - das ist nur das große Bild.

Im Raum München wird auch in seriös prognostizierbarer Zukunft die Einwohnerzahl und das Verkehrsaufkommen ansteigen, da braucht es natürlich auch weiterhin Neubauprojekte. Im Ruhrgebiet ist es das genau Gegenteil, da geht es nicht nur um Bestandserhalt sondern auch um geordneten Rückbau. Daher sind einheitliche Bundesprogramme, die sich ja immer nur einen Schwerpunkt konzentrieren können, nicht sinnvoll und es ist sehr sinnvoll wenn die Länder nach 2019 diese Förderung selbst in die Hand bekommen. Es wird wahrscheinlich so laufen wie bei den Regionalisierungsmitteln für den Schienennahverkehr, wo der Bund ja auch weiter Geld zuschießt aber die Organisation komplett auf die Länder übertragen hat.

Wie wichtig solche Fördertöpfe aber sind sieht man beispielsweise aktuell in Augsburg. Die Kosten mehrerer Baumaßnahmen am Nahverkehrssystem, welche unter dem Namen "Mobilitätsdrehscheibe Augsburg" zusammengefasst werden, kosten deutlich über 200 Mio. Euro. Für eine Kommune mit 270.000 Einwohnern natürlich unvorstellbar, könnte man sich nie selbst leisten, sind aber sehr sinnvolle Investitionen wenn man sich die Einzelprojekte so anschaut. 3/4 dieser Summe kommen aber von Bund und Bayern, über Fördertöpfe. Ohne solche Töpfe, egal wie diese in Zukunft heißen und organisiert sind, schaut es in Zukunft Mau aus bezüglich Nahverkehr in den Kommunen.
TravellerMunich
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Beitrag von TravellerMunich »

Ich weiß, Ihr erschreckt hier allesamt vor allen Summen im Millionenbereich.
Ist für Euch alles unvorstellbar und nicht finanzierbar.
Aber wenn ein Flughafen mal eben 1,5 Milliarden Euro für eine neue Startbahn ausgibt, dann relativiert so doch so manches...

200 Mio. für den Nahverkehr in Augsburg? Ist das viel?
Der Bau der BMW-Welt in München hat alleine 500 Mio. Euro gekostet - aber klar, ist ein Unternehmen der Autobranche, da geht was. Eine Stadt darf sich sowas nicht leisten, schon gar nicht für den Nahverkehr.

Die 200 Mio. für die Mobilitätsdrehscheibe kosten - aufgeteilt auf 10 Jahre (Planung, Bau, Abrechnung) pro Monat und Einwohner ganze...
Tusch: 6 Euro pro Einwohner und Monat.

Klar, das geht gar nicht, da geht die Stadt Pleite...

In München das gleiche Spiel:
700 Mio. für die U-Bahn-Sanierung über 10 oder 15 Jahre?
Uiuiui - da geht dem Spießbürger und dem König ganz schön die Muffe...

Würde man auch in München pro Monat 6 Euro pro Einwohner für den Nahverkehr ausgeben, dann hätte man pro Jahr 100 Mio. Euro für den Nahverkehr übrig, in 15 Jahren 1,5 Milliarden...

Ähnliche Rechnungen gelten übrigens auch für andere Großstädte, selbst im Ruhrgebiet.

Letztlich sind die Folgeschäden einschließlich sinkender Attraktivität der Städte durch zu viel Autoverkehr und zu schlechten Nahverkehr größer als diese Kosten, unabhängig vom GVFG. Will nur niemand wissen, glaubt nur keiner. Selbst hier im Forum, wie man an den immer wieder verbreiteten Untergangskommentaren sieht.
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Beitrag von 146225 »

Autobahn @ 15 Jun 2012, 22:02 hat geschrieben: Nein, Straßen sind billiger, als Schienen.
In dieser Pauschalität so nicht haltbar und nicht nachvollziehbar.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

146225 @ 18 Jun 2012, 05:51 hat geschrieben:
Autobahn @ 15 Jun 2012, 22:02 hat geschrieben: Nein, Straßen sind billiger, als Schienen.
In dieser Pauschalität so nicht haltbar und nicht nachvollziehbar.
Kommt darauf an. In der Nutzungsrealität sind sie das. Straßen können von allerlei Vehikeln und Nutzungsformen genutzt werden, das zudem diskriminierungsfrei. Wer eine Fahrerlaubnis und ein verkehrstüchtiges Gefährt hat darf sie benutzen, sei es privat oder gewerblich. Diese Liberalität ist auf der Schiene undenkbar, schon ein echter freier Wettbewerb ist ja leider utopisch.

Weiterhin sind Straßen schlicht besser auslastbar, aus betrieblichen Gründen können Züge schlicht nicht in ähnlich kurzen Abständen verkehren wie dies Kraftfahrzeuge zB auf einer Autobahn können. Zum gegebenen Zeitpunkt X befinden sich daher auf einer betrachteten Strecke Y mehr Fahrzeuge und Insassen oder Fracht-Tonnage bis die Kapazität ausgeschöpft ist. Weiterhin ist der technische Aufwand die Trasse zu errichten zB bei einer Autobahn nicht proportional zur erlaubten Maximalgeschwindigkeit. Auf "Autobahnstandard" kann man mit 120 genauso wie mit 240 verkehrssicher fahren, sofern kein Tempolimit besteht. Zwischen einer Nebenbahnstrecke und einer IC oder gar ICE Strecke bestehen aber extreme Kostenunterschiede.

Weiterhin ist das Straßennetz hirarchisch aufgebaut, es beginnt am letzten Einsiedlerhof und führt über Abzweigungen überall hin wo man auf dem Landweg hinkommen kann. Diese Flexibilität kann die Schiene nie erreichen (der Flugverkehr noch weniger, aber jedem seine Nische). Und, das ist für den Normalbürger eines der wichtigsten Argumente, ich bin an keine Fahrpläne o.ä. gebunden, höchstens sitz ich im Stau wenn ich unbedingt zur Rush Hour in einem Ballungsraum unterwegs sein möchte. Aber das tue ich in meinem rollenden Wohnzimmer, zu meiner Musik, ohne nervende oder gar übelriechende Mitfahrgäste, ohne dass ich mir über Fahrkarten und Tarife Gedanken machen muss. Und das von "Tür zu Tür", von der Garage daheim bis an jeden Zielort. adurch ist man schlicht auch schneller unterwegs - und Zeit ist in unserer Zeit auch immer Geld.
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Beitrag von 146225 »

bayerhascherl @ 18 Jun 2012, 16:48 hat geschrieben: Weiterhin sind Straßen schlicht besser auslastbar, aus betrieblichen Gründen können Züge schlicht nicht in ähnlich kurzen Abständen verkehren wie dies Kraftfahrzeuge zB auf einer Autobahn können. Zum gegebenen Zeitpunkt X befinden sich daher auf einer betrachteten Strecke Y mehr Fahrzeuge und Insassen oder Fracht-Tonnage bis die Kapazität ausgeschöpft ist.




Um die gleiche Masse Menschen bzw. Tonnage Güter wie auf einer rund 13,7 m breiten zweigleisigen Bahnstrecke auf der Autobahn zu befördern, muß diese sechsspurig sein und rund 37,5 m breit. Das sagt schon viel über Flächen- und Materialverbrauch sowie Bodenversiegelung aus, noch nichts aber über das Tempo der Beförderung.
Und, das ist für den Normalbürger eines der wichtigsten Argumente, ich bin an keine Fahrpläne o.ä. gebunden, höchstens sitz ich im Stau wenn ich unbedingt zur Rush Hour in einem Ballungsraum unterwegs sein möchte. Aber das tue ich in meinem rollenden Wohnzimmer, zu meiner Musik, ohne nervende oder gar übelriechende Mitfahrgäste, ohne dass ich mir über Fahrkarten und Tarife Gedanken machen muss. Und das von "Tür zu Tür", von der Garage daheim bis an jeden Zielort. Dadurch ist man schlicht auch schneller unterwegs - und Zeit ist in unserer Zeit auch immer Geld.
Muß schön sein, wenn man immer die gleichen alten Phrasen neu mißbrauchen kann, allein sie halten leider immer öfter der erlebten Realität nicht mehr stand. Da brauchen dann Kollegen mit 11 km Weg zum Arbeitsplatz deutlich länger mit dem PKW als ich per Bahn mit 45 km Weg - aber sie sitzen halt bequemer als ich armer Tropf, nicht wahr? 10x pro Woche, Jahr für Jahr...was ist Zeit?
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

@ 146225

Es ist unbestritten, das die Bahn einen erheblichen Anteil am Personen- und Güterverkehr leistet. Es ist aber nicht korrekt, wenn man eine zweigleisige HGV-Strecke, auf der pro Stunde nur ein Zugpaar je Richtung im Personenverkehr verkehrt, mit einer dreispurigen Autobahn je Richtung vergleicht, wie es der VCD tut. Der Flächenverbrauch ist doch nur vorgeschoben. Eine tatsächliche Leistungsfähigkeit der Schiene wird doch gar nicht explizit hervor gehoben und schon gar nicht wissenschaftlich untermauert.

Beim „Tempo der Beförderung“ muss ich lachen. Im Güterverkehr kommt es einer Fahrradgeschwindigkeit gleich, im Personenverkehr ist es abgesehen von einigen ICE-Verbindungen auch nicht das „Gelbe vom Ei“.
Da brauchen dann Kollegen mit 11 km Weg zum Arbeitsplatz deutlich länger mit dem PKW als ich per Bahn mit 45 km Weg - aber sie sitzen halt bequemer als ich armer Tropf, nicht wahr? 10x pro Woche, Jahr für Jahr...was ist Zeit?
Das ist interessant. Bitte zeige mir diese Verbindung. Aber von Tür zu Tür, incl. Fußwegen. Ich habe dies auf meinen relevanten Verbindungen weder im Mobiltätsvergleich auf Bahn.de noch in der Praxis gefunden, und da war die Entfernung absolut gleich. Immer dauerte die ÖPNV-Verbindung länger. Aber ich bin ja bereit zu lernen.

O.K., ich erwarte nicht, dass Du Anschriften nennst, vergiss es einfach. Mach Dich einfach auf bahn.de auf die Suche nach dem Mobiltätsvergleich. Dann wirst Du niemals davon reden, das der ÖPNV schneller ist, als der MIV, allenfalls ist der MIV gleich langsam, wenn es die Verkehrslage erzwingt.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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