20 Jahre Bahnreform in Deutschland

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

Guten Abend miteinander,

nachdem wir nun 20 Jahre in den Genuss des reformierten Eisenbahnverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland gekommen sind, möchte ich das feierliche Jubiläum mit einem kompakten Artikel einleiten, der ein negatives Fazit birgt und hierfür auch zahlreiche sachliche Argumente und Fakten nennt (vgl. zB Zitat: "(...) Sitzabstand des ICE-1, der aus der Zeit vor der Bahnreform stammt, war in der zweiten Klasse noch 1025 Millimeter groß. Im überarbeiteten ICE-1 schrumpft er auf 920 Millimeter. Und in den ICx-Fernverkehrszügen, die 2015 in Betrieb genommen werden, [auf] (...) 856 [mm] (...)"):

http://www.kontextwochenzeitung.de/macht-m...feind-1930.html

Ich interessiere mich für euren Standpunkt, Anekdoten aus 20 Jahren Bahnreform - und dabei sind natürlich auch positive Erfahrungen relevant!

Mein persönliches Fazit lautet in etwa so, natürlich gab es Fortschritte, aber man darf den Ist-Zustand nicht mit der Bundesbahn Anfang der 1990er vergleichen und dabei indirekt davon ausgehen, dass es ohne Bahnreform keine (positiven) Veränderungen gegeben hätte. Somit kann man lange diskutieren, ob positive Veränderungen mit der Bahnreform zusammen hängen. Bei negativen Veränderungen drängt sich ein Zusammenhang indes auf, sei es die massiv nach ökonomischen Gesichtspunkten geschrumpfte Infrastruktur (vgl. verlinkter Artikel) oder eben das von mir herausgegriffene Detail des Sitzabstandes. Die Durchökonomisierung der Eisenbahn in Deutschland, die ja geradezu auch der politisch erklärte Zweck der Bahnreform war, hat dem Gemeinschaftsgut Eisenbahn nicht gut getan.

Da die Politik aktuell das Thema ignoriert bzw. keine nennenswerten Initiativen, gleich in welche Richtung, erkennbar sind, darf man sich fragen, wie das Fazit in weiteren 20 Jahren mit selbem Kurs aussehen mag. Ich bin pessimistisch.
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Flo_K
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Beitrag von Flo_K »

Ich werfe mal einen Artikel in die Runde, den die Süddeutsche gestern veröffentlicht hat und der gut zum Thema passt:

Deutsche Bahn - Lebenslüge der Republik

edit: Fehler berichtigt, Danke JeDi
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Beitrag von JeDi »

Flo_K @ 13 Jan 2014, 20:26 hat geschrieben: Deutsche Bahn - Lebenslüge der Politik
Lebenslüge der Republik - oder war das Absicht? ;)
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Einige postitive Änderungen wurden bereits vor der Bahnreform eingeleitet. Insofern denke ich, dass die Deutsche Bundesbahn heuer nicht schlechter da stehen würde, als die Deutsche Bahn AG.
Einiges negatives (Fahrzeugmangel im Fernverkehr, billig Produkte im Regionalverkehr) wäre ohne Bahnreform wohl erspart geblieben.
Modernisierungen wären nicht mit Rückbau einhergegangen und den IR würde es noch geben.
Die Frage ist halt, ob heuer immer noch solche Wagen (Bm 235) herum fahren würden, oder ob diese Züge oder etwas vergleichbares nun Alltag wären.
Mit oder ohne Bahnreform - die Bahn hat in Deutschland leider eine viel zu geringe Bedeutung.
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karhu
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Beitrag von karhu »

Als extrem negatives Beispiel von Privatisierung ist ja die Bahn in Estland gewesen. Netz und Betrieb waren dort privatisiert, das Netz wurde vernachlässigt und zwischen Tallinn und Narva (drittgrößte Stadt Estlands) fuhr ein Zugpaar am Tag mit Triebwagen aus den 60er: DR1

Seitdem der Staat das Netz besitzt, und seit diesem Jahr auch betreibt (Elron), wird in das Netz intensiv investiert, deutlich mehr Zugpaare angeboten und die komplette Zugflotte mit Stadler Flirt ersetzt.

Zugverkehr ist ein Grundbedürfnis und kein Luxus, deswegen sollte Netz und Betrieb staatlich und ohne Gewinnmaximierung betrieben werden. Zum Glück ist Mehdorn weg, weil mit diesem Kurs hätten wir bald auch die ähnlichen Verhältnise wie in Estland gehabt. Mit Grube ist es jetzt etwas besser geworden.

In Finnland ist Netz und Betrieb staatlich und die Bahn fährt auch im Winter bei viel Schnee und bei Temperauturen teilweise unter -25°C sehr zuverlässig, das würde, hätte es in Deutschland die Verhältnisse mal, die DB mit Sicherheit nicht auf die Reihe bekommen.
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Beitrag von JeDi »

218 466-1 @ 13 Jan 2014, 20:43 hat geschrieben: den IR würde es noch geben.
Dann würde es aber kaum Regionalverkehr geben.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

JeDi @ 13 Jan 2014, 20:51 hat geschrieben: Dann würde es aber kaum Regionalverkehr geben.
Den IRE würde es natürlich nicht geben. :rolleyes:
Nicht alles wäre besser. Auf Strecken-Reaktivierungen, wie z.B. Senden-Weißenhorn, die ja auf Initiative der Besteller erfolgt sind, würde man vergeblich hoffen und Regionalverkehr auf der NIM (MüNüX) würde es wohl auch nicht geben.
Aber den "Allgäu-Schwaben-Takt" gab es ab 1993 schon und die Fahrzeuge wurden ab 1987 schon modernisiert. Also der Kurs, den die Bundesbahn zuletzt eingeschlagen hatte, war schon ganz gut.
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Beitrag von JeDi »

218 466-1 @ 13 Jan 2014, 21:08 hat geschrieben: Den IRE würde es natürlich nicht geben. :rolleyes:
Vorallem keine flächendeckenden RB - das war ja das Konzept des Interregios. Nachdem man mit Eilzugmäßigem Fahren nicht mehr weiterkam, hat man den Streckenanrainern eben den Fernverkehr als "Zuckerl" angeboten, um den Regionalverkehr ein- bzw. auf Bus umzustellen.
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Beitrag von 218 466-1 »

JeDi @ 13 Jan 2014, 21:23 hat geschrieben: Vorallem keine flächendeckenden RB - das war ja das Konzept des Interregios. Nachdem man mit Eilzugmäßigem Fahren nicht mehr weiterkam, hat man den Streckenanrainern eben den Fernverkehr als "Zuckerl" angeboten, um den Regionalverkehr ein- bzw. auf Bus umzustellen.
Das kann ich nicht bestätigen. Auf der Südbahn, Schwarzwaldbahn, im Allgäu und zw. Stuttgart und München sind die IR zusätzlich zu den vorherigen Zügen gefahren bzw. haben nur D ersetzt.
Mit dem erwähnten Allgäu schwaben Takt haben sich zumindest in Südbayern und in Württemberg auch die E noch gewaltig ausgebreitet. Zwar nicht überall so sehr, wie die RE/RB heute (wobei das Angebot zw. [acronym title="MM: Memmingen <Bf>"]MM[/acronym] und [acronym title="TLK: Leutkirch <Bf>"]TLK[/acronym] 1993 sogar besser war, als heuer), aber das muss nicht heißen, dass es bei der Bundesbahn die übrigen Takte später nicht teilweise auch gegeben hätte.
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Beitrag von JeDi »

218 466-1 @ 13 Jan 2014, 21:34 hat geschrieben: Das kann ich nicht bestätigen. Auf der Südbahn, Schwarzwaldbahn, im Allgäu und zw. Stuttgart und München sind die IR zusätzlich zu den vorherigen Zügen gefahren bzw. haben nur D ersetzt.
Wo verkehren denn auf der Schwarzwaldbahn noch Regionalzüge? Wo verkehrten die - vor dem Start der BOB - auf der Südbahn südlich Biberach?
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Beitrag von Jogi »

218 466-1 @ 13 Jan 2014, 20:43 hat geschrieben:Modernisierungen wären nicht mit Rückbau einhergegangen...
*hust* 21er-Projekte *hust*
218 466-1 @ 13 Jan 2014, 20:43 hat geschrieben:...und den IR würde es noch geben.
Das ist eine recht abenteuerliche These. Ganz abgesehen von den "harten Fakten" wie dem Spannungsverhältnis zwischen unterem Fern- und Nahverkehr (das, wie JeDi andeutet nur einer der beiden überleben konnte), der für ein Fortbestehen des IR-Netzes notwendigen Bestellung neuer Fahrzeuge (die mittels Preiserhöhung hätten finanziert werden müssen, womit wir letztlich beim heutigen IC wären) und der unattraktiven Fahrzeit auf den Außenästen -
auch auf die Gefahr hin, dass ich mich mein Gedächtnis im Stich lässt: Selbst der IR-Vater Bodack hat sich in <s>seinen InterRegio-Bibel-Memoiren</s> "InterRegio" schon darüber ausgelassen, dass sein Projekt eher nebenbei von der DB (alt) geduldet und stiefmütterlich behandelt wurde (nicht zu vergessen die ABM für die strukturschwache Oberpfalz, als in Weiden die Wagen umgebaut wurden):
Als ab Mitte der 90er (1995, 96ff. rum) zwar unter AG-Flagge schon das Totenglöckchen hörbar geläutet wurde, da war doch mit Sicherheit noch ein gehöriger Teil der alten Bundesbahngarde in Verantwortung.
218 466-1 @ 13 Jan 2014, 21:08 hat geschrieben:Den IRE würde es natürlich nicht geben. :rolleyes:
Und RB resp. N auch nur noch vereinzelt anstatt heute mehr oder minder flächendeckend...
218 466-1 @ 13 Jan 2014, 21:08 hat geschrieben:Nicht alles wäre besser. Auf Strecken-Reaktivierungen, wie z.B. Senden-Weißenhorn, die ja auf Initiative der Besteller erfolgt sind, würde man vergeblich hoffen [...]
Sag das nicht, die ersten Bemühungen zur Reaktivierung der Schönbuchbahn im Jahr 1996 wurden 1988 begonnen. Es braucht halt Anliegergemeinden, die es schaffen, am Ball zu bleiben und einen längeren Atem haben als die sonst in Verantwortung stehende, seelig vor sich hin schlummernde Bundesbahn, die sich bei ihrem Gesundschrumpfen in der Hinsicht von sich aus kaum bewegt hätte.
218 466-1 @ 13 Jan 2014, 21:34 hat geschrieben:Mit dem erwähnten Allgäu schwaben Takt haben sich zumindest in Südbayern und in Württemberg auch die E noch gewaltig ausgebreitet.
Nahverkehr, nicht Regionalverkehr. Und gerade die Allgäubahn ist doch ein Paradebeispiel dafür, wo die Reise hinging mit dem eilzugmäßigen Fahren: Selbst auf den gut 40 Kilometern zwischen Röthenbach und Lindau wurden lt. wiki alle Zugangsstationen außer Hergatz dichtgemacht, Heimenkirchen wurde erst 2010 eröffnet.
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Beitrag von Entenfang »

Meiner Meinung nach hat die Bahnreform sowohl gute als auch schlechte Seiten.

Der Artikel von Kontext übertreibt teilweise schon sehr. Die Steigerung der Fahrgastzahlen im NV mag ja teilweise auf Rechentricks zurückzuführen zu sein, aber bei den Fahrplänen hat sich doch einiges verbessert und über 40% mehr Fahrgäste spricht für sich. Auch beim Rollmaterial hat die Regionalisierung sicher nicht nur Nachteile gebracht, die vielen Dostos haben durchaus auch ihre Vorteile, bei so manchen Privaten kann man im Gegensatz zur DB Fahrkarten im Zug aufpreisfrei nachlösen und es gibt auch guten Service, z.B. im Alex. Ohne NE-Bahnen würde wohl auch so manche Strecke heute keinen Bahnverkehr mehr haben, die BOB und die Reaktivierung Senden-Weißenhorn sind da gute Beispiele.
Ich sehe auch nicht wirklich das Problem der DB als internationalen Logistikkonzern. Im Ausland zu investieren und dort Gewinne zu erwirtschaften muss sich nicht nachteilig auf das Angebot daheim auswirken und heute wird häufig ein kompletter Transport verlangt. Warum also nicht bei der DB der Containertransport von Stuttgart nach Singapur bestellen, zunächst mit dem LKW von der Firma bis zum Umschlagbahnhof, dann mit dem Zug zum Hamburger Hafen und von dort mit dem Schiff? Es hat doch Vorteile, wenn das alles von einer Hand organisiert wird.
Im Artikel der SZ wird wieder mal die komplette Trennung von Netz und Betrieb gefordert. Was genau erhofft man sich eigentlich davon? Die Franzosen haben sich entschlossen, das rückgängig zu machen und werden dafür auch gute Gründe haben.
Durchaus gut ist aber die Möglichkeit für jedes EVU, auf der bestehenden Infrastruktur Zugleistungen auch eigenwirtschaftlich anzubieten, im SGV ist auch einiges passiert, weniger dagegen im FV.
Kaputte Klimaanlagen sind sicher ärgerlich, aber überhaupt keine Klimaanlagen zu haben ist wohl auch nicht besser und HGV ist mit offenem Fenster eher schlecht anzubieten.
Auch bei der Barrierefreiheit hat sich in den letzten 20 Jahren viel getan und zum Teil hat man auch Haltepunkte näher an die Ortskerne herangerückt.
Ob das Ziel, die öffentlichen Mittel für die Bahn zu senken, so sinnvoll ist, sei mal dahingestellt. Aber schon wegen der Inflation kann das eigentlich gar nicht funktionieren.
Streckenstilllegungen gab es auch vor der Bahnreform schon in enormem Ausmaß, jetzt bestellt halt das Land den Verkehr ab, anstatt das Angebot absichtlich zu verschlechtern, damit es nicht mehr genutzt wird und man eine Ausrede hat, die Strecke stillzulegen.

Nachteile hat es sicher auch gebracht. Der starke Rückgang an Beschäftigten ist natürlich nicht vorteilhaft, auch wenn man miteinberechnet, dass man möglicherweise nicht an jedem Provinzhalt Personal vor Ort braucht, wie das in Osteuropa noch oft der Fall ist. Dann passieren halt solche Vorfälle wie in Mainz oder gestresstes Personal, die nicht mehr wissen, wie sie alles schaffen sollen.
Auch der extreme Rückbau der Bahninfrastruktur ist möglicherweise ein Fehler eines betriebswirtschaftlichen Unternehmens, auch den Rückbau an Gleisanschlüssen sehe ich sehr kritisch, auch wenn das nicht nur hinrzuforum durchaus kontrovers diskutiert wird.
Probleme der Regionalisierung finde ich vor allem den resultierenden Tarifdschungel, gelten DB-Fahrkarten oder nicht, man braucht solche Automaten und andere, bei manchen darf man im Zug nachlösen, bei anderen nicht und Probleme bei Fahrkarten beim Umstieg mit Wechsel des EVU. Außerdem kann eine Staatsbahn wesentlich langfristiger planen als über einen Ausschreibungszeitraum hinweg und es gibt kaum Möglichkeiten für die Privaten, an gebrauchte Züge zu kommen.
Auch kann es durch den Wettbewerb zu Lohndumping und schlechteren Arbeitsbedingungen kommen, was bei einer Staatsbahn eher unwahrscheinlich ist.

Joa, das würde mir so spontan dazu einfallen. Da ich die Situation vorher nie erlebt habe, kann ich aber jetzt keinen persönlichen Vergleich von beidem bringen und niemand weiß, was passiert wäre, wenn es die Bahnreform nicht gegeben hätte.
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Beitrag von 146225 »

Dann will ich doch auch mal ein bisschen Spekulatius der "Was-wäre-gewesen-wenn"-Kategorie unters Forenvolk streuen B-)

Zuallererst frage ich mich, ob es ohne Bahnreform und Transformierung der Staatsbahnen in eine AG auch so zu einer Fusion gereicht hätte, oder ob die Trägheit der Politik denn bis heute den Fortbestand der altehrwürdigen Deutschen Reichsbahn gesichert hätte. Ist ja nicht so, dass es vor 1994 nur die Deutsche Bundesbahn gegeben hätte, das damalige "Unternehmen Zukunft" bestand ja aus "den deutschen Bahnen".

Dann ist natürlich die Frage, ob die Politik bis heute bereit gewesen wäre, die gewachsenen Strukturen der Beamtenschaft weiter zu tragen, oder ob die Staatsbahn(en) auch zu mehr oder weniger reinen Angestelltenbetrieben geworden wären. Und ob sich das Berufsbeamtentum bei Bahnens sich für bestimmte Bereiche erhalten hätte, z.B. ob die Bundesbahn, wenn es sie noch gäbe, noch immer via BZA ihre Fahrzeuge selbst zulassen dürfte, und ob es wohl die Schotter-Sheriffs Bahnpolizei noch als eigenständige Einheit gäbe.

Ob es im Fernverkehr den IR oder gar den FD noch gäbe, ob IC noch die Bedeutung hätte, die er in den späten 1980ern hatte, was aus dem 1991 begonnenen ICE-Verkehr mit welchen Fahrzeugen geworden wäre, und ob es auch zu solch einem Kahlschlag bei Speisewagen sowie Schlaf- und Liegewagenzügen gekommen wäre, das könnte oder auch nicht, so oder so, gleich nochmal ganz anders gekommen sein. Und ob der Tarifdschungel so dicht wäre, bezweifle ich auch - Sparpreislotto wäre wohl ausgefallen.

Im Regionalverkehr gehe ich allerdings auch davon aus, dass eine derart massive Angebotsausweitung wie wir sie in den letzten anderthalb Jahrzehnten gesehen haben, so nicht gekommen wäre bzw. in ganz anderen Verläufen. Zum Beispiel hätte sicherlich die Zweisystemtechnik der AVG begleitet vom Wohlwollen der BD Karlsruhe durchaus florieren können, ob allerdings die ®BD Leipzig und Dresden soviele Strecken in Sachsen hätten einstellen können wie die Landesregierungen der letzten Jahre, das bleibt eine widerliche Wettbewerbsfrage ohne klaren Sieger, nur mit vielen real existierenden Verlierern. Doppelstockwagen wären allein aufgrund der Praxiserfahrungen der DR ebenfalls in breiter Fläche gekommen, aber auch dem Wendezugbetrieb im heutigen Umfang hätte sich eine Staatsbahn sicher nicht auf Dauer widersetzt. Im Reich der Triebzüge wäre möglicherweise die Einheitlichkeit größer, und es hätte den besten Teil der letzten 20 Jahre gedauert, diese neuen Generationen für Diesel- und E-Traktion zu entwickeln, ohne damit gleichzeitig sicher zu sein, ob die Tfz. deswegen besser wären als das, was wir heute erleben. Der Rest hätte sich wohl wirklich ganz paralell zu heute entwickelt, wo die Politik mit Interesse und Geld hinterher gewesen wäre, sähe es bestimmt gut aus - anderswo dann eben weniger. Was ja nix heissen will, denn es glänzen sowohl heute Aufgabenträger mit politisch verordenten Mängeln bzw. Stillstand als auch die Staatsbahn schon früher gut Strecken und Bahnhöfe dichtmachen konnte. Licht und Schatten.

Zusammenfassend also: Wandel hätte es genau so gegeben. Die DB der 80er mit dem MOFA und dem Münz-Zugtelefon, dem "Schönen Tag", dem IC-Zuschlag, dem Quick-Pick und ähnlichen zeitgenössischen Dingen (sorry, Kinder, wenn ihr im letzten Satz alles nachschlagen musstet, was der alte Mann da erzählt hat) hätte sich nicht unangetastet über 30 Jahre konserviert. Manches wäre tiefgreifender, schneller gegangen, manches wäre anders gekommen, manches auch liegen geblieben. Also eigentlich alles so wie immer.

Die Frage ist doch: Was wird uns die Zu(g)kunft noch alles bringen? Und wie hindert man die deutsche Politik daran, übergroßen Bockmist zu bauen?
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bayerhascherl
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Beitrag von bayerhascherl »

Entenfang @ 13 Jan 2014, 22:04 hat geschrieben: bei den Fahrplänen hat sich doch einiges verbessert und über 40% mehr Fahrgäste spricht für sich. (...) Im Ausland zu investieren und dort Gewinne zu erwirtschaften muss sich nicht nachteilig auf das Angebot daheim auswirken und heute wird häufig ein kompletter Transport verlangt.
Hier möchte ich einhaken!

Nein, das spricht ganz und gar nicht für sich. Wenn man dies nämlich als "Beleg" für eine erfolgreiche Bahnreform darstellt, dann geht man davon aus, dass es ohne Bahnreform und mit Bundesbahn diese Nachfragesteigerung nicht gegeben hätte. Dem widerspreche ich. Das Verkehrsaufkommen ist über alle Verkehrsträger enorm gestiegen, gerade im europäischen Fernverkehr ist der Erfolg der Billigflieger eher ein Armutszeugnis für die Eisenbahn (nicht nur in Deutschland). Dass die Leute häufig lieber die Anreise zu Flugplätzen in der Pampa, Check-In Zeiten, usw. auf sich nehmen, als von Stadtzentrum zu Stadtzentrum (ggf. mit Umsteigen) zu reisen spricht für sich (vgl. dagegen den Modalmix beim Fernverkehr in Japan, obwohl die japanische Geographie eher von Nachteil für bodengebundene Verkehrsmittel ist).

Der zweite Punkt mit den Auslandsinvestitionen, es ist generell ein Steckenpferd deutscher Konzerne mit Auslandsaufkäufen Prestige zu gewinnen - und jede menge Geld zu verlieren. Ich habe die Meldungen darüber nur punktuell verfolgt, aber als "Cash Cow" haben sich die Auslandsgeschäfte der Bahn scheinbar nicht erwiesen. Damit stünde sie in guter Gesellschaft mit den beiden anderen ehemaligen Staatsbetrieben, die Unsummen im Ausland verbrannt haben, die mit dem Inlandsgeschäft verdient wurden (ausbaden mussten es Kunden und Beschäftigte im Inland, im Rahmen immer neuer Sparprogramme).

Und heutzutage wird weniger denn je ein kompletter Transport, im Sinne von "von A bis B bearbeitet Transporteur X Ihren Auftrag". Das war in der Logistikbranche in den 70ern noch so, dass Spediteur Müller vorgefahren ist, mit seinen Festangestellten abgeholt hat und dann zu Empfänger XY sonstwohin damit gefahren ist. Heute dominieren in der privaten Logistikbranche, außerhalb der Paketdienste, sog. Systemverkehre. Da ist die örtliche Spedition, mit der man Kontakt hat, abrechnet etc. ggf. teilweise nur eine Art Makler, die die weiteren Arbeitsschritte, je nach dem was am günstigsten (Preis+Zeit) ist, an weitere Auftragnehmer vergibt.

Und für solch eine Just-In-Time Transportkette braucht es keine zusammengekauften Konglomerate, sehr wohl aber tiptop Infrastruktur für zuverlässige und berechenbare Lieferung. Abgesehen vom Kohlekraftwerk oder ggf. Autoimporteur kann heutzutage kein Unternehmen mehr abfedern, wenn Ladungen regelmäßig nicht planbar eintreffen (Lagerkapazitäten sind teuer, darum setzt man ja auf Just-In-Time). Dementsprechend bescheiden hat sich das Frachtaufkommen ja entwickelt. Weswegen ich das auch zum besten Gradmesser für den Erfolg der Bahnreform erklären würde. Denn in diesem stark liberalisierten Markt haben die Anbieter stets die Alternative von LKW/Straße. Und die lassen sich nicht auf lange Debatten und Beschwichtigungen ein, die ziehen einfach ihre Konsequenzen und verlagern auf die Straße. Fahrgäste im Personenverkehr sind deutlich geduldiger. Auch die ganze Sache mit Sparpreisen, Discounter-Lebensmittelaktionen usw. spricht ja eher für "downtrading".

Eine Zahl spricht hingegen wirklich für sich, die mind. 30 Milliarden dringlicher Investitionsstau im deutschen Eisenbahnsystem. Lieber habe ich "virtuelle" Defizite (heutzutage ohnehin nur noch Zahlen in Computern, oder hat seit der Finanzkrise jemand wirklich noch eine eher romantische Vorstellung von der Werthaltigkeit von Geld und Verbindlichkeit von Schulden?) einer Staatsbahn, dafür technisch grundsolide Infrastruktur und Technik, als umgekehrt. Denn eine Eisenbahninfrastruktur ist eine Frage von volkswirtschaftlicher Bedeutung, weswegen man diese auch nicht rein betriebswirtschaftlich beurteilen darf. Ich denke das ist der Kernfehler, den man gemacht hat. Es war in den 90ern eben sehr modern, auf Privatisierung, Deregulierung usw. zu setzen, auch der Glaube an die "Allmacht des Marktes" war grenzenlos (bis diese Illusion mit der Internetblase platzte). Man muss das auch historisch einordnen.
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Beitrag von JeDi »

bayerhascherl @ 13 Jan 2014, 22:47 hat geschrieben: Heute dominieren in der privaten Logistikbranche, außerhalb der Paketdienste, sog. Systemverkehre. Da ist die örtliche Spedition, mit der man Kontakt hat, abrechnet etc. ggf. teilweise nur eine Art Makler, die die weiteren Arbeitsschritte, je nach dem was am günstigsten (Preis+Zeit) ist, an weitere Auftragnehmer vergibt.
Genau das ist ja auch die Aufgabe eines Spediteurs - vergleichbar in etwa mit einem Reiseveranstalter im Bereich des Personentransports.
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Beitrag von 146225 »

Entenfang @ 13 Jan 2014, 22:04 hat geschrieben: [...] und es gibt kaum Möglichkeiten für die Privaten, an gebrauchte Züge zu kommen.
Heute oder damals? Für "damals" war das gar nicht so relevant, weil die "Privat"-bahnen (oft wie heute noch in Landes- oder Kommunalbesitz) in den 1980ern ja nicht so flächendeckend unterwegs waren als das heute der Fall ist, das waren ja eher gestandene Regionalnetze. Solche Entwicklungen wie Traktionsdienstleister oder Baulogistiker sind Kinder der Bahnreform, die Staatsbahnen fuhren auch ihre Bauzüge selbst.

Davon abgesehen waren die Privatbahnen seinerzeit nichtmal unbedingt so sehr auf gebrauchtes Staatsbahnmaterial angewiesen, Dinge wie der MAN-Schienenbus, der NE 81, die MaK-G1202 u.ä. Baureihen zeigen, dass sich zumindest die größeren auch so sehr gut zu helfen wussten. Und die eine oder andere gebrauchte Köf oder 211 hat da schon mal den Besitzer gewechselt, genauso wie heute z.B. die Press 204, 140 oder 110 erwerben konnte. Die Kooperation war auch noch anders von Eisenbahn zu Eisenbahn, also die DB schon mal mit einer Leihlok ausgeholfen, oder aber die Privatbahn der DB - die SWEG fuhr in den 1980ern mit ihren neuen NE81 aus Waibstadt auch N-Züge zwischen Heilbronn und Heidelberg als Subunternehmer der DB, dito die AVG mit neuen Zweisystemern Pforzheim-Karlsruhe 1990/1991.

Für heutige Zeiten wird der Gebrauchtlokmarkt nach meiner Einschätzung ohnehin überbewertet. Okay, ein kleiner Baulogistiker freut sich über die gebrauchte 363 oder 294, und EVU mit "Freakhintergrund" über Einheits-E-Loks wie 110 und 140. Doch wer Langstrecken mit schweren Zügen fährt (ITL, TX Logistik, ARS, X-Rail, WLC etc.pp), der bedient sich beim Lokpool des Vertrauens mit technisch aktueller Neuware. Im NV werden gebrauchte Züge ja im Zweifel bei der nächsten Ausschreibung ohnehin nicht zugelassen.
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Beitrag von GSIISp64b »

Lokomotion fährt Langstrecken und schwere Züge mit 139, scheint also doch einigermaßen zu klappen.
Dauerhaft abwesend, und ich komme nicht mehr wieder.
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Beitrag von 218 466-1 »

JeDi @ 13 Jan 2014, 21:40 hat geschrieben: Wo verkehren denn auf der Schwarzwaldbahn noch Regionalzüge? Wo verkehrten die - vor dem Start der BOB - auf der Südbahn südlich Biberach?
Wenn man "Regionalverkehr" nur mit den bummel-RB definiert (ich zähle IRE und RE auch zum Regionalverkehr) dann muss ich sagen, dass es davon m.M. fast schon zu viele gibt. Gerade die Südbahn ist zw. Ulm und Biberach-Süd inzwischen voll damit. Schnelle züge außerhalb des Takt bringt man dort kaum noch durch, ohne dass sie auf so eine RB auflaufen.
Die BOB wurde übrigens auch schon 1993 eingeführt und die steht schnellen Zügen bei Verspätungen oder außer Takt auch oft im Weg herum.
Ich muss zugeben, dass solche Züge zuweilen sehr gut angenommen werden und daher ihre Fahrtberechtigung haben, aber Fernzüge sollten bei Mischbetrieb grundsätzlich Vorrang haben und RB konsequent überholen, statt in Blockabstand hiunterher bummen zu müssen.
Jogi @ 13 Jan 2014, 21:56 hat geschrieben:Ganz abgesehen von den "harten Fakten" wie dem Spannungsverhältnis zwischen unterem Fern- und Nahverkehr (das, wie JeDi andeutet nur einer der beiden überleben konnte), der für ein Fortbestehen des IR-Netzes notwendigen Bestellung neuer Fahrzeuge (...)
IR und RB sind doch zwei völlig unterschiedliche Systeme. Viele Aufgaben der IR haben die IC übernommen. IC Halte z.B. in Plochingen und Günzburg würde es nicht geben, wenn IR noch fahren würden.
Die Fahrzeuge, das ist so eine Sache. Ich gehe davon aus, dass die IC-Wagen (Bpmz, Apmz, Bpmbdzf usw.) heute einen Großteil der IR fahren würden. Die IC selbst wären m.E. schon modernisiert mit MET-Ableger oder normalen neuen RIC-Wagen. Solche würde es auch für IR bereits oder in bälde geben, da die Bundesbahn richtigerweise Lokbespannte Züge bevorzugt hat.
ICx und IC(E)-T wären wohl nie ein Thema geworden. Erstere ggf. nur als ICE 1+2 Ersatz.
Den 612 hätte es wohl auch nicht gegeben, dafür deutlich mehr 611.
Jogi @ 13 Jan 2014, 21:56 hat geschrieben:Nahverkehr, nicht Regionalverkehr. Und gerade die Allgäubahn ist doch ein Paradebeispiel dafür, wo die Reise hinging mit dem eilzugmäßigen Fahren: Selbst auf den gut 40 Kilometern zwischen Röthenbach und Lindau wurden lt. wiki alle Zugangsstationen außer Hergatz dichtgemacht, Heimenkirchen wurde erst 2010 eröffnet.
Im Allgäu sind bisher ganze zwei Stationen seit 1994 dazu gekommen. Heimenkirch und Rammingen (Bay.)
Wenn man mehr RB mit mehr Halten fahren will, muss man die Infrastruktur ausbauen, damit schnelle Züge nicht behindert werden. Sonst haben wir bald überall die selbe Situation, wie zw. Pasing und Geltendorf. Mischverkehr muss vermieden werden, bzw. man braucht kurze Blockabschnitte und mindestens alle 10 Km eine Überholmöglichkeit, oder noch besser: Viergleisige Ausbauten.
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218 466-1 @ 14 Jan 2014, 08:08 hat geschrieben: Wenn man "Regionalverkehr" nur mit den bummel-RB definiert (ich zähle IRE und RE auch zum Regionalverkehr) dann muss ich sagen, dass es davon m.M. fast schon zu viele gibt. Gerade die Südbahn ist zw. Ulm und Biberach-Süd inzwischen voll damit. Schnelle züge außerhalb des Takt bringt man dort kaum noch durch, ohne dass sie auf so eine RB auflaufen.
Fahren wir also lieber - eben wie zu Bundesbahnzeiten - an den Menschen vorbei, anstelle sie mitzunehmen? Ansonsten - ja, Regionalzüge sind die, die überall stehen bleiben.

Auf der Süd gab es - bis ich meine 2001 - zweistündlich abwechselnd RE und RB. Unterschied war meine ich der Halt in Bad Schussenried. Die beiden hat man dann zum stündlichen IRE (mit Halt in Schussenried und dreimal täglicher Durchbindung bis Stuttgart Hauptbahnhof) zusammengelegt. Die IR kamen im Wesentlichen aus Saarbrücken - also keine Destination, wo man als Oberschwabe jetzt unbedingt hin muss.

Seitens der BOB wurden auf der Strecke Aulendorf-Friedrichshafen die Verkehrsstationen Kehlen, Oberzell, Weißenau, Weingarten-Berg, Niederbiegen und Monchenwangen wiedereröffnet bzw. neugebaut, später dann zusammen mit der DB der Hp Friedrichshafen-Flughafen. Ähnlichkeiten mit dem IRE-Fahrplan sind vermutlich reiner Zufall, genau so wie die Aufgabe dieser Stationen seitens der Bundesbahn im Jahr 1988.

Im "Norden" wurden - wenn ichs grad richtig zusammenbring - Biberach Süd, Warthausen, Schemmerberg und Ulm-Donautal reaktiviert.
Die BOB wurde übrigens auch  schon 1993 eingeführt
...gegen den anfänglichen Widerstand der Bundesbahn! Daher stand ja die Einführung 93 lange auf der Kippe - da erst ab 1.1.94 der freie Netzzugang kam.
und die steht schnellen Zügen bei Verspätungen oder außer Takt auch oft im Weg herum.
Die BOB ist aber vertaktet - warum sollte man die für irgendwelche Außertaktzüge verbiegen?
Ich muss zugeben, dass solche Züge zuweilen sehr gut angenommen werden und daher ihre Fahrtberechtigung haben, aber Fernzüge sollten bei Mischbetrieb grundsätzlich Vorrang haben und RB konsequent überholen, statt in Blockabstand hiunterher bummen zu müssen.
Nein, pünktliche Züge sollten Vorrang haben - alles andere muss sich dann halt irgendwie durchmogeln. Klingt hart - aber leider nicht anders zu machen. Insbesondere bei in Knoten eingebundenen Regionalzügen. Ob der Fernzug jetzt +43 oder +48 hat ist auch schon egal - +5 statt +0 bei der RB sorgen in der Regel für Fahrzeitverlängerungen von 1 Stunde bei allen Umsteigern.
IR und RB sind doch zwei völlig unterschiedliche Systeme.
Sag das der Bundesbahn!
Viele Aufgaben der IR haben die IC übernommen.
"Den" IR in dem Sinne gab es halt einfach nicht. Es gab den IR, der den B-Fernverkehr (unterhalb des damaligen IC abgewickelt hat) - und den IR für die Fläche in einer Funktion, die man heute wohl als RE beschreiben würde. Zugunsten von letzteren sollten dann alle Züge, die öfter halten gekübelt werden (nachdem das "ersatzlose" Eilzugmäßige Fahren immer mehr auf Widerstand traf, hat man nun eben mit Fernverkehr gehlockt).
IC Halte z.B. in Plochingen und Günzburg würde es nicht geben, wenn IR noch fahren würden.
Nein. Der IC hat hier die ehemaligen Aufgaben des IR als B-Fernverkehr übernommen - nachdem der IC nicht mehr das Premiumprodukt ist, sondern den ICE obendrauf bekommen hat. Und jetzt komm mir nicht mit der Linie 50...
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Beitrag von Xenon »

Jogi @ 13 Jan 2014, 21:56 hat geschrieben: Und gerade die Allgäubahn ist doch ein Paradebeispiel dafür, wo die Reise hinging mit dem eilzugmäßigen Fahren: Selbst auf den gut 40 Kilometern zwischen Röthenbach und Lindau wurden lt. wiki alle Zugangsstationen außer Hergatz dichtgemacht, Heimenkirchen wurde erst 2010 eröffnet.
Die ganzen stillgelegten Stationen auf Allgäubahn dürften wohl der dortigen Siedlungstrukur geschuldet sein, die in unzählige Kleinstdörfer, Weiler und Einzelhöfe zersiedelt ist. Und diesen geben nunmal kaum Nachfrage her. Der unwiegende Teil des Fahrgastpotenzials liegt in den Städten wie Kempten oder Kaufbeuern. Da ist es doch konsequent, wenn man das Zugangebot auch auf diese Bedürfnisse anpasst und kurze Fahrzeiten zwischen den Städten anbietet. Die Erfolg des Allgäu-Schwaben-Taktes spricht ja für sich.
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Beitrag von 218 466-1 »

JeDi @ 14 Jan 2014, 12:18 hat geschrieben:Fahren wir also lieber - eben wie zu Bundesbahnzeiten - an den Menschen vorbei, anstelle sie mitzunehmen? Ansonsten - ja, Regionalzüge sind die, die überall stehen bleiben.
Man kann schon beides fahren, solange die RB, die es ohnehin nicht eilig haben, den ICE, IC, IRE und RE Platz machen und überholt werden.
ggf. muss man die Fahrzeiten der RB generell lockern, damit die Knoten nicht zu knappe Umsteigezeiten haben.
Außerdem ist das auch ein Problem der Bahnreform, mit dem Zwang, Umläufe und Fahrzeuge zu sparen. Dadurch die knapp kalkulierten Knoten und die Kurzwenden.
Auf der Süd gab es - bis ich meine 2001 - zweistündlich abwechselnd RE und RB. Unterschied war meine ich der Halt in Bad Schussenried. Die beiden hat man dann zum stündlichen IRE (mit Halt in Schussenried und dreimal täglicher Durchbindung bis Stuttgart Hauptbahnhof) zusammengelegt. Die IR kamen im Wesentlichen aus Saarbrücken - also keine Destination, wo man als Oberschwabe jetzt unbedingt hin muss.
Stündlich abwechselnd IR + RE und nur RE. Unterschiede der Halte waren Erbach*, Laupheim West, Schemmerberg* Bad Schussenried und zunächst auch Meckenbeuren. *Nur die RE in der IR-Stunde.
1997 wurden die RE durch BOB und HzL(RB) mit mehr Halten ersetzt. 1999 fuhren die IR Karlsruhe-Salzburg nach Lindau, die Saarbrücker IR endeten bis auf ein Zugpaar in Geislingen.
2001 nur noch ein IR-Zugpaar (rest endete in Ulm) + sonst stündlich IRE, davon drei bis Stuttgart.
Ab 2003 IRE bis Stuttgart im 2h Takt + ein IC Zugpaar.
Seitens der BOB wurden auf der Strecke Aulendorf-Friedrichshafen die Verkehrsstationen Kehlen, Oberzell, Weißenau, Weingarten-Berg, Niederbiegen und Monchenwangen wiedereröffnet bzw. neugebaut, später dann zusammen mit der DB der Hp Friedrichshafen-Flughafen. Ähnlichkeiten mit dem IRE-Fahrplan sind vermutlich reiner Zufall, genau so wie die Aufgabe dieser Stationen seitens der Bundesbahn im Jahr 1988.

Im "Norden" wurden - wenn ichs grad richtig zusammenbring - Biberach Süd, Warthausen, Schemmerberg und Ulm-Donautal reaktiviert.
Soweit richtig. Biberach Süd, Weingarten/Berg und Flughafen sind neu. Löwental wurde stets (und bis heute) an W(Sa) mit einem E/RE/IRE Zugpaar bedient.
Die BOB ist aber vertaktet - warum sollte man die für irgendwelche Außertaktzüge verbiegen?

Nein, pünktliche Züge sollten Vorrang haben - alles andere muss sich dann halt irgendwie durchmogeln. Klingt hart - aber leider nicht anders zu machen. Insbesondere bei in Knoten eingebundenen Regionalzügen. Ob der Fernzug jetzt +43 oder +48 hat ist auch schon egal - +5 statt +0 bei der RB sorgen in der Regel für Fahrzeitverlängerungen von 1 Stunde bei allen Umsteigern.
Weil Fahrpläne flexiebel sein sollten.
Im Konkreten Fall sind mir BOB 87570 und RB 22576 ein Dorn im Auge. IC 1218 läuft bei pünktlicher Fahrt zw. Niederbiegen und Mochenwangen bzw. ab Erbach planmäßig auf. Daher sollten die BOB/RB entweder einige Minuten früher fahren, oder in Ravensburg, bzw. in Erbach für die Überholung raus genommen weden, damit der IC freie Fahrt hat.
Weder die BOB in [acronym title="TAU: Aulendorf <Bf>"]TAU[/acronym], noch die RB in [acronym title="TU: Ulm Hbf <Bf>"]TU[/acronym] würden bei 5 Min. späterer Ankunft Anschlüsse verlieren.
Desweiteren müsste auch RB 19332 in [acronym title="TGO: Göppingen <Bf>"]TGO[/acronym] zur Überholung weg.
Nun gut - dieser IC fährt nur an Sa 4. Jan - 29. Mär. aber dennoch sollte der langsamere Taktverkehr Vorrang gewähren und ensprechend angepasste Fahrpläne erhalten, der IC dafür deutlich schnellere Fahrzeiten bekommen. Wenn der Zug ganzjährig fahren würde erst recht.
Bei den +50 wegen Weichenstörung in [acronym title="TF: Friedrichshafen Stadt <Bf>"]TF[/acronym] hat er übrigens Vorrang bekommen. Nur die Fdl in Ulm meinten leider mit der Einfahrt warten zu können, weshalb er dann auf der Südbahn doch nur zwei statt acht Minuten aufgeholt hat. <_<
"Den" IR in dem Sinne gab es halt einfach nicht. Es gab den IR, der den B-Fernverkehr (unterhalb des damaligen IC abgewickelt hat) - und den IR für die Fläche in einer Funktion, die man heute wohl als RE beschreiben würde. Zugunsten von letzteren sollten dann alle Züge, die öfter halten gekübelt werden (nachdem das "ersatzlose" Eilzugmäßige Fahren immer mehr auf Widerstand traf, hat man nun eben mit Fernverkehr gehlockt).
Die IR in der Fläche hätten schneller sein hönnen. Dass die mit der Zeit auch mehr RE Halte übernommen haben war nicht gut.
Nein. Der IC hat hier die ehemaligen Aufgaben des IR als B-Fernverkehr übernommen - nachdem der IC nicht mehr das Premiumprodukt ist, sondern den ICE obendrauf bekommen hat.
Das mit ICE +IC+IR hat m.M. schon gut funktioniert 1991-1999 und würde unter der Bundesbahn auch heuer noch funktionieren.
Heute ist zu viel ICE. Bei der Bundesbahn war ICE noch das sehr schnelle HGV-Premium-Produkt und dabei wäre es auch bis heute geblieben.
Die Bahn-AG hat ja das ganze Fernverkehrsnetz verICEt um höhere Fahrpreise kassieren zu können. Viele der ICE sind auf Strecken über 500 Km keine Minute schneller, als die IC, die sie abgelöst haben.
Bei der Bundesbahn gäbe es nur wenig ICE Linien, alle nur auf den Magistralen und im HGV.
Der Rest wäre weiterhin IC und diese hätten keine IR Halte übernehmen müssen.
Und jetzt komm mir nicht mit der Linie 50...
Hä? :unsure: :blink: :o :huh:
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218 466-1 @ 14 Jan 2014, 14:18 hat geschrieben: Im Konkreten Fall sind mir BOB 87570 und RB 22576 ein Dorn im Auge. IC 1218 läuft bei pünktlicher Fahrt zw. Niederbiegen und Mochenwangen bzw. ab Erbach planmäßig auf. Daher sollten die BOB/RB entweder einige Minuten früher fahren, oder in Ravensburg, bzw. in Erbach für die Überholung raus genommen weden, damit der IC freie Fahrt hat.
Und wozu? Soll an den wenigen Tagen im Jahr, an denen der Ski-Express Arlberg verkehrt, ein anderer Fahrplan für die Regios gelten? Was bringt dir eine frühere Lage? Dann hast du nämlich wieder Konflikte mit 19224. Nein, die aktuelle Lage des Ski-Express Arlberg ist so schon gut - und der Zielgruppe Schiurlauber ist es auch relativ wurscht, obs mal 5 Minuten länger dauert. Der tägliche Fahrgast im Regionalverkehr braucht dagegen verlässliche Fahrpläne.
218 466-1 @ 14 Jan 2014, 14:18 hat geschrieben:Die IR in der Fläche hätten schneller sein hönnen. Dass die mit der Zeit auch mehr RE Halte übernommen haben war nicht gut.
Genau das war halt das Konzept Interregio.
218 466-1 @ 14 Jan 2014, 14:18 hat geschrieben:Hä? :unsure:  :blink:  :o  :huh:
Da ist der IC schneller als der ICE... Die Gründe hatten wir aber ja schon öfters ausdiskutiert.
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JeDi @ 14 Jan 2014, 12:18 hat geschrieben: Fahren wir also lieber - eben wie zu Bundesbahnzeiten - an den Menschen vorbei, anstelle sie mitzunehmen?
Auch hier wird eine Verknüpfung hergestellt, die es nicht gibt. Die Regionalisierung wäre 1:1 auch mit der Bundesbahn möglich gewesen, also die Planung des Regionalverkehrs in Länderhoheit zu übergeben. Dann wäre eben die Bundesbahn direkter Auftragnehmer gewesen und die allgemeine Ausschreibung wäre entfallen. Darüber hinaus wäre es absolut unschädlich gewesen, zB Länderbahnen neu zu gründen. Im Prinzip haben wir die aktuell doch ohnehin, die Länder planen und bezahlen die Regionalverkehre - nur den Betrieb übernehmen die Konzessionsnehmer, inklusive der Rendite (was ich denen nicht vorwerfe, das ist legitim, wenn das System so organisiert ist). Man hätte genauso gut auch gleich den Betrieb landeseigen organisieren können, zumal es auch Bundesländer gibt, die sogar den Fuhrpark besitzen und nur an Konzessionsnehmer zum Betrieb vergeben. Summasummarum, auch du machst leider den Fehler, die Bundesbahn von Anno Dazumal mit den Realitäten im Jahre 2014 zu vergleichen und dabei die positiven Veränderungen - die es natürlich gibt, weil es die immer gibt, nichts ist immer nur negativ - sozusagen kausal der Bahnreform zuzuschreiben. Ich sage diese sind kein Resultat der Bahnreform sondern paradoxerweise ein Resultat von einem letzten Rest staatlich-hoheitlicher Organisation der Eisenbahn in Deutschland, nämlich der Bestellung der Regionalverkehre durch die Länder. Dies gerade der Bahnreform zuzuschreiben ist also schon formal nicht plausibel, meine ich. Ich weiss auch nicht, woher diese Beharrungskräfte rühren, dass man versucht sich irgendwie mit dem Status quo zu arrangieren, anstatt ein negatives Fazit zu ziehen und eine grundsätzliche Umorientierung zu fordern. Auch die Bahnreform ist ja nicht vom Himmel gefallen, sondern war das Resultat langjähriger politischer Willensbildung. Das geht auch nochmal!
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Du verlangst also das System wie heute. Nur mit Direktvergaben an die DB (in welcher Struktur auch immer). Also kann die Bahnreform doch gar nicht der große Fehler gewesen sein, denn das wäre heute ohne weiteres möglich? Ich meine - das "Weltbewegende" an der Bahnreform war ja, dass man für Regionalverkehr (öffentliches) Geld in die Hand nehmen muss. Das hat man vorher nicht getan, weshalb die Bundesbahn versucht hat, sich dem Thema zu entledigen...
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Beitrag von Xenon »

218 466-1 @ 14 Jan 2014, 14:18 hat geschrieben: Man kann schon beides fahren, solange die RB, die es ohnehin nicht eilig haben, den ICE, IC, IRE und RE Platz machen und überholt werden.
ggf. muss man die Fahrzeiten der RB generell lockern, damit die Knoten nicht zu knappe Umsteigezeiten haben.
Außerdem ist das auch ein Problem der Bahnreform, mit dem Zwang, Umläufe und Fahrzeuge zu sparen. Dadurch die knapp kalkulierten Knoten und die Kurzwenden.
Das hat die Bundesbahn auch gemacht. Mit den Folgen, dass die Nahverkehrszüge weitgehend fahrgastfrei durch das Land fuhren, weil die Pendler eben nicht die Zeit haben, mal 10 Minuten zu warten, bis der schnellere Zug den langsameren Zug überholt hat. Wenn man Menschen dazu bringen möchte, den Regionalverkehr zu nutzen, dann ist eine konsequente Vertaktung mit attraktiven Reisezeiten ohne lange Überholungsaufenthalte unumgänglich.

Und wenn schon Überholungen nicht vermeidbar sind, dann sollten sie in den Knotenbahnhöfen erfolgen, um den Fahrgästen die Möglichkeit zu bieten, vom langsameren Zug auf den schnelleren Zug umzusteigen (sofern sie nicht sowieso dort aussteigen).
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Ich würde bevorzugen, dass Länderbahnen gegründet werden. Selbst in Kleinstaaten wäre das wirtschaftlich möglich, wie lokale (kommunale) Verkehrsbetriebe belegen. Und dabei kann, wie die Manigfaltigkeit kommunaler Verkehrslösungen belegt, auf regionale Besonderheiten ideal eingegangen werden. Schon die zentralisierte Corporate Identity, die sukzessive durchgesetzt wird, belegt für mich anschaulich, dass das zentralisiert nicht möglich wäre. Und es ist doch paradox, wir haben zur Daseinsvorsorge alles ansonsten subsidiär organisiert. Auch die Straßen, siehe Gemeinde-, Landes- und Bundesstraßen. Nur bei der Eisenbahn haben wir, aus historischen Gründen, die Zentralisierung als Ideal vor Augen. Ich habe dabei zB auch Lösungen wie das Karlsruher Modell vor Augen, die es unter Zentralisierung sehr schwer haben. Dieses Modell zeigt aber anschaulich, dass die sog. "Kleintstaaterei" gerade im Regionalverkehr eine ideale Lösung wäre, ebenso wie der Erfolg zB der Angebotssteigerung in Bayern durch die Bestellungen durch das Land dies belegt. Ja, das ist ein riesigengroßer Fortschritt zu früheren Zeiten gewesen. Aber dazu musste man keine kapitalmarktausgerichtete Organisationsreform implementieren. Solche Bausteine losgelöst voneinander zu diskutieren, das ist mein Ziel. Ich fordere mitnichten das Rad der Zeit flächendeckend zurück zu drehen, gar Behördenmief zurück zu holen - auch die Behörden haben sich doch verändert. Zumindest hier bei mir lokal beispielsweise sind Behörden längst in modernen Räumlichkeiten untergebracht, bieten bürgerfreundliche Öffnungszeiten, sind freundlich und bemüht, gehen auch technisch mit der Zeit (zunehmend mehr Dienstleistungen Online zu erledigen, usw), das Bild von Behörden und Staat hat sich doch insgesamt positiv gewandelt. Oder denke an die lokalen Stadtwerke, das sind hochmoderne Dienstleister geworden, "trotzdem" organisieren diese den lokalen Stadtverkehr orientiert am Allgemeinwohl. Das ist doch nicht unvereinbar, man muss sich doch nicht binär zwischen kafkaesker Bürokratie und Herrn Kaiser entscheiden. Leider hat man nie versucht, die Bundesbahn evolutionär zu reformieren. In der Schweiz hat man das zB erfolgreich gemacht.
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Xenon @ 14 Jan 2014, 14:37 hat geschrieben:
Das hat die Bundesbahn auch gemacht. Mit den Folgen, dass die Nahverkehrszüge weitgehend fahrgastfrei durch das Land fuhren, weil die Pendler eben nicht die Zeit haben, mal 10 Minuten zu warten, bis der schnellere Zug den langsameren Zug überholt hat. Wenn man Menschen dazu bringen möchte, den Regionalverkehr zu nutzen, dann ist eine konsequente Vertaktung mit attraktiven Reisezeiten ohne lange Überholungsaufenthalte unumgänglich.

Und wenn schon Überholungen nicht vermeidbar sind, dann sollten sie in den Knotenbahnhöfen erfolgen, um den Fahrgästen die Möglichkeit zu bieten, vom langsameren Zug auf den schnelleren Zug umzusteigen (sofern sie nicht sowieso dort aussteigen).
Ja. Es geht hier aber nicht um historische Kritik an der Bundesbahn, sondern eine Rückschau auf die Resultate der Bahnreform - also gerade nicht um die Bundesbahn! Taktverkehr ist mit einer reinen Staatsbahn ohne Kapitalmarktorientierung genauso möglich (erneut siehe Schweiz).
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bayerhascherl @ 14 Jan 2014, 14:43 hat geschrieben: Ich würde bevorzugen, dass Länderbahnen gegründet werden.
Auch das wäre in unserem heutigen System ohne Probleme machbar.
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Beitrag von bayerhascherl »

Da habe ich meine Zweifel, aufgrund des EU-Rechts. Das lässt vereinfacht nach meinem Verständnis nur zwei Alternativen zu: entweder der Bahnsektor in einem Mitgliedsstaat ist flächendeckend verstaatlicht, mit nationalstaatlichem Monopol, Eisenbahnbehörde etc., öffentlich-rechtlicher Gemeinwohlorientierung usw. oder der Markt muss liberalisiert sein, mit Ausschreibungen etc. (deswegen versucht es die EU ja auch immer wieder bzgl. Trennung von Netz und Betrieb). Hier müsste man also eine eindeutige Entscheidung treffen, typisch deutsche Kompromisse (vgl. zB Gesundheitsfonds, etwas Kopfprämie und etwas Bürgerversicherung als Resultat der letzten GroKo) sind hier nicht möglich. Hier steht uns nebenbei gesagt wieder ein Problem bevor, es wird einmal mehr versucht eine Ausschreibung von Stadtverkehr zu erzwingen, das könnten wir am besten dadurch verhindern, indem wir öffentlichen Nahverkehr komplett rückverstaatlichen.
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Beitrag von JeDi »

Irrtum. Direktvergaben sind zulässig, wenn du an dich selbst vergibst (und deine Landeseigene Gesellschaft sich auf dein Land+ ein bisschen drumrum beschränkt). Das Land Baden-Württemberg könnte völlig Rechtskonform die SWEG mit sämtlichem SPNV in Baden-Württemberg beauftragen. Du kannst auch teile direkt vergeben und andere Teile ausschreiben. Alles machbar.
Hier steht uns nebenbei gesagt wieder ein Problem bevor, es wird einmal mehr versucht eine Ausschreibung von Stadtverkehr zu erzwingen, das könnten wir am besten dadurch verhindern, indem wir öffentlichen Nahverkehr komplett rückverstaatlichen.
Blödsinn wird durch Wiederholung nicht richtiger - hatten wir aber auch alles schon durchgekaut.
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