ETCS und Optimierung der Zugfolge

Rund um die Technik der Bahn
Arcadia
Doppel-Ass
Beiträge: 134
Registriert: 21 Apr 2013, 23:55

Beitrag von Arcadia »

Rev @ 17 Sep 2018, 22:19 hat geschrieben: Etcs Versionen nicht miteinander kompatibel (also Strecke und Fahrzeug)

Die die Kiste ja ein ice drei ist dürfte er sonst natürlich drauf
Gibt es da verschiedene Level 2 Abstufungen? Hab da als Laie keine Ahnung.
Benutzeravatar
Galaxy
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3285
Registriert: 07 Mär 2011, 18:17

Beitrag von Galaxy »

Rev @ 17 Sep 2018, 22:19 hat geschrieben: Etcs Versionen nicht miteinander kompatibel (also Strecke und Fahrzeug)
Ich dachte die sind abwärtskompatible? Also das ein mit ETCS 3 ausgestatteter Zug auch ETCS 1 befahren kann. Zumindest war das mal die Idee.
Metropolenbahner
Lebende Forenlegende
Beiträge: 4859
Registriert: 23 Okt 2013, 05:14

Beitrag von Metropolenbahner »

Galaxy @ 18 Sep 2018, 00:31 hat geschrieben:
Rev @ 17 Sep 2018, 22:19 hat geschrieben: Etcs Versionen nicht miteinander kompatibel (also Strecke und Fahrzeug)
Ich dachte die sind abwärtskompatible? Also das ein mit ETCS 3 ausgestatteter Zug auch ETCS 1 befahren kann. Zumindest war das mal die Idee.
Was meinst Du nun mit ETCS 1,2,3?

Es gibt da zwei verschiedene Nummern, erstens die ETCS Levels 0,1,2,3, die beschreiben den jeweiligen Funktionsumfang und dann die Softwareversion. Aktuell ist man bei Version 3.6.0, wenn ich mich recht erinnere, wobei das Fahren nach Level 3 immer noch nicht vollständig spezifiziert ist.

Die VDE8 im gerade eröffneten Teil ist mit ETCS Level 2 Softwarerevision 2.3.0d ausgestattet und soll auf Version 3.6 aufgerüstet werden. Wenn man jetzt da mit nem Triebzug fahren will, dessen Bordcomputer nur Level 2 nach Version 2.2.0 Schweiz hat, dann hat man ein Problem, da das Stellwerk das Schwyzerdütsch des Triebzugs nicht versteht ;)
(Es ist aber schon mal ein Vorteil, das überhaupt eine Verbindung zustande käme, immerhin ist schon mal die Hardware gleich)

Die frühen Software-Versionen 1.x.x und auch 2.x.x waren nicht so toll, die 3.x.x waren ein größerer Schritt vorwärts, wenn man das einführt, dann ists ok - es sollten halt nur die Fahrzeuggeräte aktualisierbar sein.

Anders gesagt: Typisches Computerproblem,, was kann da schon schief gehen :ph34r: :lol:
Benutzeravatar
Galaxy
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3285
Registriert: 07 Mär 2011, 18:17

Beitrag von Galaxy »

Okay da habe ich die Levels mit den Versionen durcheinander gebracht.
Jogi
Kaiser
Beiträge: 1598
Registriert: 12 Mär 2009, 16:13

Beitrag von Jogi »

Nebenan im ICE-Treff weist der fachaffine User bigbug21 auf zwei veröffentlichte Ergebnisberichte über den Einsatz von ETCS resp. Digitalen Stellwerken hin.
  • McKinsey (2018): Machbarkeitsstudie zum Rollout von ETCS/DSTW. Zusammenfassung der Ergebnisse. 36 Seiten.
    [S. 5:] Auftrag an McKinsey
    Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat McKinsey im Juli 2017 beauftragt, eine Machbarkeitsstudie zum flächendeckenden Rollout von „ETCS/DSTW“ durchzuführen. Der Auftrag umfasst sechs Arbeitspakete (AP):
    • Validierung des Business Case der Deutschen Bahn (DB) zum Rollout von ETCS/DSTW (AP 1)
    • Weiterentwicklung des Business Case der DB und Erarbeitung eines strategischen Rolloutplans (AP 2)
    • Erstellung des technischen Zielbilds von Infrastruktur und Fahrzeugen (AP 3)
    • Erarbeitung möglicher Finanzierungsmodelle und eines Finanzzielbilds für die Umsetzung (AP 4)
    • Definition und Aufbau der notwendigen Organisation, allgemeinen Rahmenbedingungen und Prozesse für eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts (AP 5)
    • Überprüfung der Verfügbarkeit von Personal/Kompetenzen und Material entsprechend der strategischen Rolloutplanung (AP 6)
    Aufbau dieses Abschlussberichts
    Zum besseren Verständnis der inhaltlichen Zusammenhänge, der Vermeidung von vielen Querverweisen und der einfacheren Lesbarkeit ist dieser Abschlussbericht entlang folgender Struktur aufgebaut:
    1. Technisches Zielbild für die Ausrüstung des deutschen Eisenbahnsektors mit ETCS  und digitaler Stellwerkstechnologie
    2. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des beschleunigten Rollouts im Vergleich  zu einem Referenzszenario der sukzessiven Ausrüstung
    3. Festlegung der industrialisierten Rolloutstrategie inklusive der Startphase
    4. Entwicklung möglicher Finanzierungsmodelle und eines Finanzzielbilds für die Umsetzung
    5. Prozessuale und organisatorische Rahmenbedingungen
    6. Verfügbarkeit von Personal/Kompetenzen und Materia
  • Auf knackigen 422 Seiten werden die Möglichkeiten von ETCS bei der S-Bahn Stuttgart ausgeführt: Ingenieurgemeinschaft (2019): Untersuchung zur Einführung von ETCS im Kernnetz der S-Bahn Stuttgart. Abschlussbericht.
    [S. 35 - 38:] 0.1. Summary
    Die Ergebnisse der ETCS-Untersuchung auf der S-Bahn Stuttgart zeigen:
    • Die Einführung von ETCS Level 2 und ATO GoA2 sind bei der S-Bahn Stuttgart technisch beherrschbar und betrieblich sinnvoll.
    • Als Innovationsprojekt bietet es eine einmalige Chance für die Weiterentwicklung der S-Bahn Stuttgart.
    Nur auf dieser Grundlage kann:
    • zukünftig ein stabiler und pünktlicher S-Bahn-Verkehr in der Region Stuttgart gewährleistet werden.
    • modernste Verkehrsleittechnik (TMS – Traffic Management System) mit automatisiertem Störungsmanagement entwickelt werden.
    • die größtmögliche Kapazität der vorhandenen Infrastruktur erzielt werden.
    • die politische Vorgabe zur Angebotsausweitung und zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV umgesetzt werden.
    • ein Beitrag zur Luftreinhaltung geleistet werden.
    [...]

    0.4. Ausrüstungsszenarien, Ergebnisse der Untersuchung
    0.4.1. Ausrüstungsszenarien

    In Schritt 1 der Untersuchung wurden ETCS-Ausrüstungsszenarien untersucht. Im März 2018 wurde entschieden, im weiteren Verlauf der Untersuchung das „ETCS+“-Szenario als Trägersystem zu nutzen. ETCS+ kann wie folgt beschrieben werden:
    • ETCS Level 2 basierend auf den europäischen Standards (TSI, ETCS-Baseline 3)
    • ETCS ist das führende Signalsystem (der Triebfahrzeugführer fährt anzeigegeführt; Lichtsignale sind dunkelgeschaltet).
    • Das bisher geplante Ks-Signalsystem wird nur noch als technische Rückfallebene konzipiert (deutlich weniger Außensignale).
    ETCS+ bedingt dabei die ETCS-Nachrüstung der gesamten S-Bahn-Flotte bis Mitte 2025. Hilfsweise kann das Relaisstellwerk (RSTW), dass die heutige Stammstrecke steuert, zeitlich befristet weiter genutzt und die ETCS-Inbetriebnahme damit hinausgezögert werden. Um diese Ziele zu erreichen, sollten geeignete organisatorische Strukturen geschaffen werden, in denen Fahrzeug- und Infrastrukturseite im Sinne des Gesamtsystems eng zusammenarbeiten.

    Weiterhin wurden die Potentiale von ATO (Automatic Train Operation)  in der Ausprägung GoA2 (Grade of Automation 2) auf Basis von ETCS+ untersucht. Die ATO mit GoA2 besitzt folgende wesentliche Eigenschaften:
    • Im  ATO-Betrieb übernimmt der Triebfahrzeugführer die Fahrwegbeobachtung sowie Abfertigung und löst die Abfertigung aus. Er kann jederzeit die Führung des Zuges übernehmen.
    • Der Zug fährt – beschleunigt und bremst – automatisch. ATO nutzt die ETCS-Bremskurven optimal aus, besser, als ein Mensch dies kann.
    • ATO wird zukünftig optimal betrieben, wenn die Informationen für das Führen des Zuges aus einem Leitsystem kommen, welches alle betrieblichen und technischen Bedingungen im Streckennetz und von den Fahrzeugen in Echtzeit kennt, verarbeitet und für die Steuerung des jeweiligen Zuges an das Stellwerk und ETCS übermittelt. Diese Verkehrsleittechnik (sog. Traffic Management System (TMS)) für Eisenbahnen ist international in mehreren Ländern und Projekten in der Entwicklung.
    Vor diesem Hintergrund wird folgende Ausrüstungsstrategie für die S-Bahn Stuttgart empfohlen:
    ETCS  Level  2 und ATO auf Basis der bis 2025 verfügbaren Systemkomponenten zu installieren. D. h.,
    1. ETCS+ als Trägersystem zu installieren
    2. ATO in der projektspezifischen Ausprägung „ATO-Light“ umzusetzen

    Fahrzeugseitig wird komplette ATO-Einrichtung installiert. Streckenseitig werden Fahrplan-und Infrastrukturdaten, auf deren Grundlage ATO den Zug führt, von einem Streckenserver zu Beginn der Zugfahrt  einmalig  übermittelt. Dieser ATO-Server erlaubt keine dynamische Anpassung des Profils (es werden nur fahrplanbasierte, statische Profile übermittelt).

    Für den Zeitraum ab 2028 und den dann verfügbaren System wird folgendes Szenario empfohlen:
    3. Das Zukunftsszenario ATO/TMS im Zeithorizont 2028 realisieren
    Dieses ermöglicht eine dynamische Steuerung und hebt damit zusätzliche betriebliche Potentiale. ATO/TMS kann auf Basis von ETCS+ mit „ATO-Light“ implementiert werden. Die Systemkomponenten Stellwerk/ETCS und die Fahrzeugausrüstung, die für die Inbetriebnahme 2025 installiert werden, sind  für  eine  Hochrüstung  auf  ATO/TMS  geeignet.  Als  notwendige  technische  Basis  muss  GSM-R durch das zukünftige Funksystem auf Basis der 5G-Technolgie (FRMCS, Future Railway Mobile Communication System) ersetzt werden.

    0.4.2. Ergebnisse
    [Schaubild: Mittlere Verspätungsänderung über alle Zugfahrten [entlang der Stammstrecke. Delta 25, 6 s im Vergleich von Ks/HV-Signalisierung (+ 10s) mit ETCS+/ATO light (-15,6s).]

    Für die Inbetriebnahme im Jahr 2025 wird die Ausrüstung des Bereichs der Stammstrecke, Hasenbergtunnel (zwischen Schwabstraße (a) und Österfeld (a)) und der Abschnitte Vaihingen Richtung Flughafen/Filderstadt bzw. Böblingen mit ETCS+ und „ATO-Light“ empfohlen. In diesem Bereich zeigt die Untersuchung folgende Ergebnisse[...]:
    4. Durch  die  Anwendung  von  ETCS+  im erweiterten Betrachtungsraum steigt die  Betriebsqualität.
    Als Kennzahl für die Betriebsqualität wurde in Absprache mit der Fachabteilung für Fahrwegkapazität von der DB Netz AG, [sic] die durchschnittliche Verspätungsentwicklung je Zug herangezogen. Im Vergleich zur Ks-Signalisierung nimmt entlang des Betrachtungsraums die Verspätung im Szenario ETCS+ durchschnittlich um 19,3 s ab.
    5. „ATO over ETCS“ im  Szenario  „ATO-Light“  erhöht  die  Betriebsqualität  weiter.
    In Verbindung mit „ATO-Light“ baut „ETCS+“ im Vergleich zur Ks-Signalisierung 25,6s weniger Verspätung auf, sodass bis zu 15,6s Verspätung abgebaut werden können.
    6. Mit S-Bahn-Zugfolgezeiten von unter 2,5 Minuten zwischen Schwabstraße, Vaihingen und Flughafen ebnet  ETCS+ den Weg für Angebotsverbesserungen, beispielsweise durch die Führung zusätzlicher Linien von der Schwabstraße bis Vaihingen.
    7. Die Systemkonzeption ist mit heutiger ESTW-und mit DSTW-Technik umsetzbar.
    8. GSM-R ist mit entsprechender Umrüstung auf den Daten-Funk imgesamten Betrachtungsraum für die Szenarien ausreichend.
    9.Eine Inbetriebnahme von „ATO-Light“ im erweiterten Betrachtungsraum im Jahr 2025 ist erreichbar.


    Im Übrigen ebnet ETCS den Weg für Geschwindigkeitserhöhungen in der Stammstrecke und im Hasenbergtunnel [zwischen Schwabstraße und Österfeld], die weiter zum Verspätungsabbau beitragen. Darüber hinaus wurden zahlreiche weitere Potentiale zur Verbesserung der Betriebsqualität auf Grundlage von ETCS aufgezeigt.
Antworten