Dampflok: Wieso strömt Dampf aus den Zylindern ?

Rund um die Technik der Bahn
Antworten
sonycom007
Jungspund
Beiträge: 2
Registriert: 31 Aug 2014, 10:57

Beitrag von sonycom007 »

Ein nettes Hallo.

Ab und zu sieht man, dass bei Dampflokanfahrten untr lautem gezische Dampf aus den Zylindern (!) strömt. So laut, dass fasst die "Puff-Puff" Geräusche übertönt werden

in diesem Video passiert das sogar bei laufendem Betrieb, etwa an der Stelle 2:00 Minuten

https://www.youtube.com/watch?v=QkN6D32jFJg

Wer weiß, wozu das dient?

Danke und Gruß,

sony
mapic
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2623
Registriert: 03 Apr 2004, 11:57
Wohnort: Holzkirchen
Kontaktdaten:

Beitrag von mapic »

Wenn der heiße Dampf in die (noch) kalten Zylinder einströmt, dann kondensiert erst mal ein gewisser Anteil des Dampfes. Da Wasser in den Zylindern aber nicht gerade erwünscht ist, werden die sog. Zylinderhähne geöffnet, damit das Wasser raus kann. Dabei strömt dann natürlich auch zwangsläufig Dampf mit aus. Wenn der Zylinder dann ausreichend aufgewärmt ist, dann braucht man das nicht mehr. Die Videos scheinen aber im Winter aufgenommen worden zu sein. Da wird der Zylinder natürlich von außen ständig gekühlt, sodass auch unterwegs noch die Entwässerung notwendig sein kann.
Benutzeravatar
hmmueller
König
Beiträge: 989
Registriert: 22 Apr 2011, 14:39
Wohnort: Grafing
Kontaktdaten:

Beitrag von hmmueller »

mapic @ 31 Aug 2014, 11:19 hat geschrieben: Da Wasser in den Zylindern aber nicht gerade erwünscht ist, werden die sog. Zylinderhähne geöffnet, damit das Wasser raus kann
"Nicht gerade erwünscht" ist freundlich formuliert ... Was würde denn passieren, wenn sich Wasser inden Zylindern ansammelt? Es wird immer mehr (Wasser ist immer kälter als Dampf, würde daher weiteren Dampf abkühlen und so weiter Kondenswasser produzieren). Aber Wasser ist leider nicht komprimierbar - irgendwann ist dann mehr Wasser im Zylinder, als zwischen Kolben und Zylinderdeckel passt, und dann gibt es einen "Wasserschlag" - entweder (bitte auswählen)
  • fliegt der Zylinderdeckel runter; oder
  • der Kolben wird mit Gewalt auf der Kolbenstange verschoben; oder
  • die Kolbenstange wird geknickt; oder ...
Solange daher Wasser in den Zylindern ist, muss mit offenen Zylinderventilen gefahren werden!
Meine Eisenbahngeschichten - "Von Stellwerken und anderen Maschinen ..."
Die Organe der Bahnerhaltung sind ermächtigt, den Arbeitern zur Aneiferung angemessene Quantitäten von Brot, Wein oder Branntwein unentgeltlich zu verabfolgen. Nr. XXVII - Vorschriften für das Verhalten bei Schneefällen, K. k. Österreichische Staatsbahnen, Gültig vom 1. Oktober 1906; Artikel 14(5)
Fichtenmoped
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2286
Registriert: 05 Jul 2010, 16:12
Wohnort: LK Freising

Beitrag von Fichtenmoped »

Außerdem kondensiert bei einem Halt auch etwas Dampf der noch im Zylinder war. Das Problem ist, dass Dampf gasförmig ist und deswegen komprimiert werden kann - Wasser aber nicht! Und wenn jetzt Wasser im Zylinder vom Kolben zusammengedrückt werden soll...
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wasserschlag

Und der Wasserschlag kann auch während der Fahrt passieren - man schaue sich nur die hitzige Diskussion auf dem Eisenbahn-Karussell an:
http://www.drehscheibe-online.de/foren/rea...299545,page=all
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
Benutzeravatar
Galaxy
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3285
Registriert: 07 Mär 2011, 18:17

Beitrag von Galaxy »

Wasser kann im Zylinder nicht komprimiert werden, mit genügend Druck lässt sich Wasser aber komprimieren. Zwar geringfügig aber es ist machbar. Das Wasser am Boden des Ozeans wird durch das Gewicht von mehreren 1000m Wasser komprimiert. Das mag jetzt etwas pedantisch sein, aber dies ist eine Sache die mich irritiert da diese Thematik selbst in den Schulbüchern oft Falsch dargestellt ist.
Fichtenmoped
Lebende Forenlegende
Beiträge: 2286
Registriert: 05 Jul 2010, 16:12
Wohnort: LK Freising

Beitrag von Fichtenmoped »

Vorsicht! Bitte nicht den hydrostatischen Druck von Wasser mit dem Gasdruck (Dampf ist ein GAS!) verwechseln!

Wasser ist physikalisch zwar komprimierbar - aber damit das Volumen um 5% abnimmt, ist ein Druck von 1.000bar (entspricht 10.000m Wassersäule) notwendig. Und das ist weit außerhalb der Auslegung von Dampfmaschinen. Und kann im normalen Leben vernachlässigt werden. Und ob jetzt 1.000ml oder 950ml den Schaden anrichten, dürfte auch schon Wurst sein!
Aufgrund von Rostschäden besteht Signaturersatzverkehr!

Wir bitten um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.
Benutzeravatar
Galaxy
Lebende Forenlegende
Beiträge: 3285
Registriert: 07 Mär 2011, 18:17

Beitrag von Galaxy »

[QUOTE=Fichtenmoped,31 Aug 2014, 12:49]Vorsicht! Bitte nicht den hydrostatischen Druck von Wasser mit dem Gasdruck (Dampf ist ein GAS!) verwechseln!
[/quote]

Habe ich nicht.

Wasser ist physikalisch zwar komprimierbar - aber damit das Volumen um 5% abnimmt, ist ein Druck von 1.000bar (entspricht 10.000m Wassersäule) notwendig. Und das ist weit außerhalb der Auslegung von Dampfmaschinen. Und kann im normalen Leben vernachlässigt werden. Und ob jetzt 1.000ml oder 950ml den Schaden anrichten, dürfte auch schon Wurst sein![/QUOTE]

Ich habe ja selber gesagt das es für den Zylinder egal ist und etwas pedantisch ist. Aber es ärgert mich das teilweise im Schulunterricht behauptet wird Wasser lässt sich nicht komprimieren.
Benutzeravatar
hmmueller
König
Beiträge: 989
Registriert: 22 Apr 2011, 14:39
Wohnort: Grafing
Kontaktdaten:

Beitrag von hmmueller »

Galaxy @ 31 Aug 2014, 12:55 hat geschrieben: Aber es ärgert mich das teilweise im Schulunterricht behauptet wird Wasser lässt sich nicht komprimieren.
... und von mir oben auch. Naja. Dann sollte man eben sagen "praktisch" nicht komprimierbar, was so ein übliches Sich-Durchschummelwort ist ... oder einfacher: "kaum komprimierbar".
Wo Du Recht hast, hast Du Recht ...
Meine Eisenbahngeschichten - "Von Stellwerken und anderen Maschinen ..."
Die Organe der Bahnerhaltung sind ermächtigt, den Arbeitern zur Aneiferung angemessene Quantitäten von Brot, Wein oder Branntwein unentgeltlich zu verabfolgen. Nr. XXVII - Vorschriften für das Verhalten bei Schneefällen, K. k. Österreichische Staatsbahnen, Gültig vom 1. Oktober 1906; Artikel 14(5)
sonycom007
Jungspund
Beiträge: 2
Registriert: 31 Aug 2014, 10:57

Beitrag von sonycom007 »

Vielen Dank für eure Erklärungen
Benutzeravatar
guru61
Kaiser
Beiträge: 1150
Registriert: 20 Mär 2011, 08:24
Wohnort: Arolfingen

Beitrag von guru61 »

hmmueller @ 31 Aug 2014, 12:06 hat geschrieben: (bitte auswählen)
  • fliegt der Zylinderdeckel runter; oder
  • der Kolben wird mit Gewalt auf der Kolbenstange verschoben; oder
  • die Kolbenstange wird geknickt; oder ...
- Oder die Triebstange verbiegt es
- oder der Triebzapfen wird verbogen.
- oder die Bruchplatten hauts raus (bei der 52er)

Darum passe der Heizer und auch der Führer sehr gut auf:
- Das Ueberreeissen findet vielfach mit Vorwarnung statt:
- Das Heissdampfthermometer befindet sich im Sturzflug -> Sofort Regler drosseln und Schlammhahnen auf.
- Sicherheitsventile auf dem Dampfdom potenzieren das Risiko von Wasserüberreissen.
- hoher Wasserstand ebenfalls
- Schleudern auch!
- Schnelles Anhalten und sofort wieder Anfahren auch.
Bei Nassdampfmachinen kommt noch dazu, dass man den Beginn des Ueberreissnes nicht sofort merkt.
Indizien sind:
- Dampf wird unmittelbar über dem Kamin sofort weiss
- Das Auspuffgeräusch verändert sich: es tönt weicher, wie durch Watte durch!
- Das nächste sind dann Tropfen am Kamin. dann ist aber sofort Handlungsbedarf!

Regler zu. mindestens 5 sec warten, und dann langsam wieder auf.

Gruss Guru

Bei
Gruss Guru
Bild
Antworten