Zukunft der Bahn im ausuferden Kapitalismus

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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Mühldorfer
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Beitrag von Mühldorfer »

Hallo,
historisch ist interessant daß als in Preussen vor ca. 140 Jahren die intensive Verstaatlichung ablief keineswegs eine "sozialistischen" Regierung die Macht hatte.
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Beitrag von 146225 »

Mühldorfer @ 21 May 2018, 22:18 hat geschrieben: Hallo,
historisch ist interessant daß als in Preussen vor ca. 140 Jahren die intensive Verstaatlichung ablief keineswegs eine "sozialistischen" Regierung die Macht hatte.
Da dürften militär-strategische Überlegungen dann stärker gewesen sein als heute.
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Balduin
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Beitrag von Balduin »

Nö, dass es hauptsächlich ums Militär ging ist doch auch mal wieder eine Legende die ständig wiederholt wird, obwohl sie bestenfalls eine Halbwahrheit ist.
Bei einer Staatsbahn gibt es zwar theoretisch engere Schnittstellen zum Militär. Aber grundsätzlich funkionierte dass ja auch mit Privatbahnen, siehe eben die Einigungskriege 1864-1871.

Für Bismarck und seine Mitstreiter ging es damals mehr um allgemeine Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik. Die "Eisenbahn" war damals einfach viel zu wichtig als dass man sie außerhalb und unabhängig "vom Staat" hätte lassen wollen.
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Fat Hippo
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Beitrag von Fat Hippo »

karhu @ 21 May 2018, 15:11 hat geschrieben: Spiegel
Die Rück-Verstaatlichung in Großbritanien hat begonnen :)
Ich hoffe dass das auch für andere Länder Konsequenzen haben wird, in Finnland will man auch in Richtung Bahn-Privatisierung gehen, hoffentlich wird das gestopt.
Und auch in Deutschland sollte man wieder zur Bundesbahn zurück.
Das ist ja alles schön und gut, aber letztenendes ist es Volkseigentum-Romantik.

In der Theorie ist es natürlich relativ einfach: Die Bahn muss davon befreit werden, Gewinne erwirtschaften zu müssen. Wenn man flächendeckend den öffentlichen Nahverkehr quasi als "Grundrecht" bereitstellen will, auch in Regionen in denen nicht jedes Wochenende tausende Touristen am Bahnsteig erscheinen, dann klingt das gut, ist aber völlig realitätsfremd.

Es wird immer wieder übersehen, daß Deutschland von den Automobil-Konzernen regiert wird. Zuviel Bahnförderung und die schöne Parteispende rinnt auf der wind-abgewandten Seite der Parteizentrale in den Orkus. (Danke an D. Wischmeyer für diese Wortgewalt, wenn auch in anderem Zusammenhang). Von der Politik ist also absolut keine Hilfe zu erwarten. Die Bahn wird weiterhin das rothaarige Stiefkind mit den schiefen Zähnen bleiben, solange sich die Parteien weiterhin von Daimler und VW diktieren lassen, was sie gefälligst zu denken haben.

Bevor wir also mit allen möglichen Utopien daherkommen, wie der VEB "Verdiente Bahn des Volkes" aussehen könnte, müssen wir erstmal das Gesellschaftssystem ändern und dafür ist ja im revolutionsfaulen Deutschland von heute, niemand zu begeistern.
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karhu
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Beitrag von karhu »

Muss nicht umbedingt ein VEB sein, eine Bundesbahn, also eine Bahn ohne Gewinnstreben sondern für die Bereitstellung der schienengebunden Mobilität von Personen und Gütern im Staatseigentum und unter demokratischer Kontrolle wäre schon ein Schritt in die richtige Richtung.

Ja die großen Autokonzerne sollte man verstaatlichen denn sie sind zu mächtig und haben zu viel Einfluss in der Politik.
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Beitrag von Cloakmaster »

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Beitrag von 146225 »

Mir würde mehr Rechtsstaatlichkeit wirklich genügen. Zum Beispiel die Tatsache, dass Gesetze und Verordnungen von allen gleich und ohne Ausnahmen und Betrugsversuche einzuhalten sind (auch dann, wenn man VW heisst...) und Verstöße auch geahndet werden.

Ob ich die "guten alten Bundesbahnzeiten" mit Wochenendruhen, dünnen Fahrplänen und damals wie heute dauerndem Mangel an Investitionsmitteln wieder haben muss, ist für mich aber auch fraglich.
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Beitrag von 218 466-1 »

146225 @ 22 May 2018, 11:59 hat geschrieben:Mir würde mehr Rechtsstaatlichkeit wirklich genügen. Zum Beispiel die Tatsache, dass Gesetze und Verordnungen von allen gleich und ohne Ausnahmen und Betrugsversuche einzuhalten sind (auch dann, wenn man VW heisst...) und Verstöße auch geahndet werden.
Eigentlich hätten die Automobilkonzerne nach dem Dieselskandal auf Mrd. verklagt werden müssen, so wie hier. Von dem Geld könnte man so einges in die Schiene Investieren. Aber Angie weiss genau, dass sie sich damit für den September 2021 schonmal beim Stillstandsmanagement anmelden könnte, den die Abwahl mit einem historischen Tiefststand für CDU, wäre ihr damit praktisch sicher.:ph34r: Und für die AfD wären das Unmengen Wasser auf die Mühlen.
Deutschland ist halt das falsche Land für Eisenbahn, weil die Wutbürger, die leider in der Überzahl sind und die von denen gewählten Politiker, das nicht anders wollen.
146225 @ 22 May 2018, 11:59 hat geschrieben:Ob ich die "guten alten Bundesbahnzeiten" mit Wochenendruhen, dünnen Fahrplänen und damals wie heute dauerndem Mangel an Investitionsmitteln wieder haben muss, ist für mich aber auch fraglich.
Das hat sich doch aber ab Mitte der 1980er geändert. Es wurde endlich versucht, Nebenbahnen und auch den Fernverkehr attraktiver zu machen (City-Bahn, Allgäu-Schwaben-Takt, Bistro, IR, ICE) statt wie davor (und dannach mit Mehdorn), alles unwirtschaftliche ersatzlos abzuschaffen.
Zugausfälle wegen "Technische Störung am Zug" waren damals nahezu unbekannt.

Steuerfinanzierte bundesweite 30 Min. Takte aller Zuggattungen, die sich auf viergleisigen ABS nicht gegenseitig behindern, eigene Strecken für GZ ... leider wird das immer ein Traum bleiben. Subventionierter FV wurde ja gerade erst vom Bund abgelehnt?
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Beitrag von 143 »

218 466-1 @ 22 May 2018, 20:19 hat geschrieben: Deutschland ist halt das falsche Land für Eisenbahn, weil die Wutbürger, die leider in der Überzahl sind und die von denen gewählten Politiker, das nicht anders wollen.
Damit ist das ganze doch dann demokratisch legitimiert, oder?
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Beitrag von 218 466-1 »

143 @ 22 May 2018, 15:03 hat geschrieben:Damit ist das ganze doch dann demokratisch legitimiert, oder?
Nein, denn wenn das Volk zu doof ist, weil viele nur aus Prinziep gegen alles sind, dann sind Chinesische Methoden, um die Leute zu ihrem Glück zu zwingen nicht immer völlig verkehrt.
Auch viele ex-Protestler gegen die SFS Stuttgart - Mannheim haben eben diese Strecke inzwischen bestimmt schon oft genutzt.
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Beitrag von 146225 »

143 @ 22 May 2018, 21:03 hat geschrieben:
218 466-1 @ 22 May 2018, 20:19 hat geschrieben: Deutschland ist halt das falsche Land für Eisenbahn, weil die Wutbürger, die leider in der Überzahl sind und die von denen gewählten Politiker, das nicht anders wollen.
Damit ist das ganze doch dann demokratisch legitimiert, oder?
Das klingt jetzt wie "wenn 5 Leute um dich herumstehen und 4 davon der Meinung sind, es wäre eine gute Idee, Dich zu verprügeln, dann ist das doch auch demokratisch legitimiert".

Erstens darf man da noch die Zwischenfrage stellen, wo die demokratische Legitimation der Lobbyisten ist - haben wir die auch gewählt? - und zweitens: Es ist tatsächlich ein gelegentlicher Mangel der Demokratie, dass nicht alles was Mehrheiten findet, auch vernünftig ist. Das ist zwar immer noch deutlich besser als alle Alternativen, aber leider fällt es einem ab und zu negativ auf.
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Beitrag von 143 »

146225 @ 23 May 2018, 05:59 hat geschrieben:
143 @ 22 May 2018, 21:03 hat geschrieben:
218 466-1 @ 22 May 2018, 20:19 hat geschrieben: Deutschland ist halt das falsche Land für Eisenbahn, weil die Wutbürger, die leider in der Überzahl sind und die von denen gewählten Politiker, das nicht anders wollen.
Damit ist das ganze doch dann demokratisch legitimiert, oder?
Das klingt jetzt wie "wenn 5 Leute um dich herumstehen und 4 davon der Meinung sind, es wäre eine gute Idee, Dich zu verprügeln, dann ist das doch auch demokratisch legitimiert".

Erstens darf man da noch die Zwischenfrage stellen, wo die demokratische Legitimation der Lobbyisten ist - haben wir die auch gewählt? - und zweitens: Es ist tatsächlich ein gelegentlicher Mangel der Demokratie, dass nicht alles was Mehrheiten findet, auch vernünftig ist. Das ist zwar immer noch deutlich besser als alle Alternativen, aber leider fällt es einem ab und zu negativ auf.
Wozu dann eigentlich überhaupt noch Wahlen? Wenn ohnehin alle zu dumm sind (insbesondere natürlich die, die andere Meinungen haben)?

Und wer entscheidet, wann ein "gelegentlicher Mangel an Demokratie" angebracht sein soll? Du? ;)


Der Sozialismus zeigt sich immer in seiner selben häßlichen Fratze...
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Beitrag von 146225 »

@143: So leid es mir tut, aber anhand Deiner Antwort kann ich leider nur auf nicht ausreichendes Textverständnis beim Lesen meines Beitrags schlussfolgern.

Von Sozialismus war nirgendwo die Rede.
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Beitrag von Catracho »

143 @ 23 May 2018, 06:35 hat geschrieben: Und wer entscheidet, wann ein "gelegentlicher Mangel an Demokratie" angebracht sein soll? Du? ;)
Dreiste Nummer. Das Zitat von 146225 mit einem kleinen Wort ändern, den Inhalt der Aussage damit aber erheblich verändern und ihm somit etwas unterstellen, was er gar nicht behauptet hat. "Gelegentlicher Mangel an Demokratie" ungleich "gelegentlicher Mangel der Demokratie", Herr 143. Und dann geht es munter weiter mit dem Abschweifen, mann muss die Diskussion ja in die gewollte Richtung lenken und das Gegenüber irgendwie (vermeintlich) diskreditieren. Tolles Diskussionsverhalten. Kommt mir bekannt vor. Oder war es keine Absicht, sondern wirklich mangelndes Textverständnis? Boshaftigkeit oder Dummheit, die beiden ewigen Optionen - bitte klär uns auf.......

Mfg
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Beitrag von Fat Hippo »

Okay, also ich komme mal zum Thema zurück ;)

Bei der ganzen Träumerei über eine neue Bundesbahn, werden einige Dinge übersehen :

1. Mittlerweile ist das ja kaum noch eine "Deutsche" Bahn AG. Das Heimatgeschäft ist ja fast schon nachrangig im Vergleich dazu, wo der Konzern überall seine Finger im Spiel hat. Da müsste ja erstmal drastisch geschrumpft werden, es sei denn, der deutsche Steuerzahler würde den Bahnbetrieb in England finanzieren wollen. Das wird ja auch leicht vergessen: Eine neue alte Bundesbahn würde den Steuerzahler 'ne Menge Geld kosten.

2. Was wird aus den Wettbewerbern, besonders im Nahverkehr? Eine steuerfinanzierte Staatsbahn würde ja ein unfair überlegener Marktteilnehmer sein. Man müsste also erstmal den Markt an sich abschaffen.

3. Wieviel Zuwachs an Kapazität geht noch? Unsere Bevölkerung ist ja nicht unbedingt am Schrumpfen. Wieviel mehr Schienen-Kilometer wären noch machbar?
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Beitrag von Cloakmaster »

An müsste hierzulande nur einmal lernen, daß man auch Straßen und schienen stapeln kann. Damit könnte so einiges an Platz gewonnen werden.
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Beitrag von Fat Hippo »

Cloakmaster @ 23 May 2018, 14:49 hat geschrieben: An müsste hierzulande nur einmal lernen, daß man auch Straßen und schienen stapeln kann. Damit könnte so einiges an Platz gewonnen werden.
Wohl wahr, das ändert aber nichts daran, dass es nicht mal in der Theorie halbwegs realistisch wäre, die Bahn wieder zu verstaatlichen.
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Beitrag von Cloakmaster »

Mir würde eine rückverstaatlichte DB Netz sowie DB StuS schon reichen.
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Beitrag von Fat Hippo »

Das wär ein Anfang, das könnte die ständigen Signal- oder Weichenstörungen reduzieren, aber das Hauptproblem würde bleiben, nämlich der kaputtgesparte und gadenlos auf Verschleiss gefahrene Fahrzeugpark.
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Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Fat Hippo @ 23 May 2018, 14:23 hat geschrieben:Bei der ganzen Träumerei über eine neue Bundesbahn, werden einige Dinge übersehen
Fat Hippo @ 23 May 2018, 14:56 hat geschrieben:Wohl wahr, das ändert aber nichts daran, dass es nicht mal in der Theorie halbwegs realistisch wäre, die Bahn wieder zu verstaatlichen.
Cloakmaster @ 23 May 2018, 15:20 hat geschrieben:Mir würde eine rückverstaatlichte DB Netz sowie DB StuS schon reichen.
Grundsätzlich bleibt mal festzuhalten, dass wir den Personenverkehr (und die bundeseigene Infrastruktur) betreffend de facto immer noch eine "Bundesbahn" haben, also eine große Eisenbahngesellschaft, die dem Staat gehört. Der Fernverkehr liegt zu 99,x % bei der DB, der Nahverkehr wird mit Bundesmitteln über die Länder finanziert. Überall wo Nahverkehrszüge jenseits der DB fahren, sind das dennoch nur Subunternehmer der Mutter der DB, nämlich des Bundes. Übrigens liegen die Anfänge dieses Systems, dass man die Länder beim SPNV einbindet und Taktverkehre einführt, schon in den 80er Jahren, also vor der Bahnreform. Die Rechtsform der DB ist gar nicht das Problem, sondern welche Zielsetzungen der Staat beim SPNV verfolgt.
Fat Hippo @ 23 May 2018, 14:23 hat geschrieben:1. Mittlerweile ist das ja kaum noch eine "Deutsche" Bahn AG. Das Heimatgeschäft ist ja fast schon nachrangig im Vergleich dazu, wo der Konzern überall seine Finger im Spiel hat.
1.) Man könnte Arriva & Co. verkaufen.
2.) Muss man aber nicht. Die SBB fährt auch international und trotzdem kriegt der schweizer Staat einen zumindest mal ganz guten Verkehr im Inland hin.
Fat Hippo @ 23 May 2018, 14:23 hat geschrieben:Da müsste ja erstmal drastisch geschrumpft werden, es sei denn, der deutsche Steuerzahler würde den Bahnbetrieb in England finanzieren wollen.
Ach, tut er das jetzt nicht, wenn's hart auf hart käme? Eigentümer des DB-Konzerns ist zu 100% der deutsche Staat, auch wenn der auf Malta mit Bussen baden geht oder so. Ich glaub, die Träumereien sind gar wo anders daheim...
Fat Hippo @ 23 May 2018, 14:23 hat geschrieben:Das wird ja auch leicht vergessen: Eine neue alte Bundesbahn würde den Steuerzahler 'ne Menge Geld kosten.
Richtig. Genau wie heute auch. Vor allem wenn man die Kosten bedenkt, die anderswo entstehen, weil man heute zum Teil sehr wenig auf der Schiene fährt oder Privatfirmen die Gewinne abschöpfen lässt und dem Staat qua System nur die Aufgabe des Zahlmeisters zukommen lässt.
Fat Hippo @ 23 May 2018, 14:23 hat geschrieben:2. Was wird aus den Wettbewerbern, besonders im Nahverkehr? Eine steuerfinanzierte Staatsbahn würde ja ein unfair überlegener Marktteilnehmer sein. Man müsste also erstmal den Markt an sich abschaffen.
1.) Steuerfinanziert ist das ganze System des SPNV mit etwa 8 Mrd. Euro im Jahr.
2.) Verkehrsverträge laufen aus, es gibt kein Grundrecht, dass man die Folgeausschreibung gewinnt oder dass es überhaupt eine gibt.
3.) Genau: Einen in einem natürlichen Monopol der Daseinsvorsorge nicht notwendigen Markt sollte man abschaffen. So wie viele Kleinstädte Stadtwerke gründen, weil die viele private Müllentsorger nur am Geld interessiert sind und nicht daran, dass die Stadt funktioniert. Die Zielsetzung solcher öffentlicher Betriebe sollte nicht sein, dass da irgendwer viel Geld auf Kosten der anderen rauszieht.
Fat Hippo @ 23 May 2018, 14:23 hat geschrieben:3. Wieviel Zuwachs an Kapazität geht noch? Unsere Bevölkerung ist ja nicht unbedingt am Schrumpfen. Wieviel mehr Schienen-Kilometer wären noch machbar?
So viele du willst. Wir hatten bei weniger Einwohnern mal rund 50% mehr Streckenkilometer.
Fat Hippo @ 23 May 2018, 15:26 hat geschrieben:Das wär ein Anfang, das könnte die ständigen Signal- oder Weichenstörungen reduzieren, aber das Hauptproblem würde bleiben, nämlich der kaputtgesparte und gadenlos auf Verschleiss gefahrene Fahrzeugpark.
Warum wird das alles kaputtgespart? Richtig, die bundeseigene (!) Eisenbahn hat von der Politik die völlig falschen Zielsetzungen bekommen, nämlich nicht das Ziel "Mach einen guten Bahnverkehr für Deutschland", sondern "Spare, spare, Gewinne mache!" Und das ist doof, wenn man die Eisenbahn wie die allermeisten von der Seite der Betriebsstörungen her betrachtet und nicht nur von den Zahlen her. Wobei das wie gesagt Zahlen aus der Filterblase sind, die "Konzerngewinne" zeigen ja nicht, wo der Staat anderswo Geld verliert durch dieses Modell.

Ich sag mal so: Anfang der 90er hat die Bundesbehörde DB etwa 8 Mrd Euro Verlust gemacht. Heute macht allein der SPNV im Jahr 8 Mrd Euro "Verluste". Der Verkehr ist sicher deutlich besser als 1993, aber man darf nicht vergessen, dass die ganzen u.a. durch MORA C weggefallenen Güterverkehre damals noch dabei waren sowie die ganzen ABM-Kräfte, um die Arbeitslosenstatistik jener Zeit zu schönen. Um wirklich festzustellen, ob die "alte Bundesbahn" besser oder schlechter war, müsste man u.a. noch die Schäden und externen Kosten durch den gestiegenen Auto- und Lkw-Verkehr und Sozialausgaben noch berücksichtigen. Jetzt mal ehrlich, ob jemand als ABM einen Job bei der DB hat, den's eigentlich nicht gibt, der aber z.B. zu sauber gekehrten Bahnsteigen führt oder ob jemand als Aufstocker Hartz IV bekommt, damit irgendeine Privatfirma durch Lohndumping noch mehr Reibach machen kann, ist das rein finanziell gesehen für das Loch in der Staatskasse nicht egal? Sinn und Zweck der ganzen Übung in den 90ern war tatsächlich die Privatisierung von Steuergeld. Mehr nicht.
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Beitrag von 218 466-1 »

Fat Hippo @ 23 May 2018, 07:23 hat geschrieben:Eine neue alte Bundesbahn würde den Steuerzahler 'ne Menge Geld kosten.
Ja, und da Deutschland so ein armes Dritte Welt Land ist, in dem jeder ums nackte überleben kämpft, kann es sich das natürlich nicht leisten und den armen Bürgern sowas zumuten. Es bestünde die Gefahr, dass die Schwarze Null nicht überlebt, oder noch schlimmer: Dass im Strassenbau eingespart werden müsste! OMG! :rolleyes:
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Beitrag von Cloakmaster »

Die schwarze Null ist schon auch wichtig. Man hätte nie mit der Staatsverschuldung anfangen dürfen. Leben auf Kosten t nächsten Generationen kann nicht das Ziel sein. Darum muss man sicher schon auch die Frage stellen, was kostet das alles, und nicht blindwütig Eisenbahnen nur zum Selbstzweck bauen und betreiben. Nur sollte man eben auch die Langzeit Effekte mit einrechnen. Und schon würde ein neuer Schienenkorridor weitaus günstiger, als eine neue Autobahn.
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Beitrag von 146225 »

Fat Hippo @ 23 May 2018, 13:23 hat geschrieben: 3. Wieviel Zuwachs an Kapazität geht noch? Unsere Bevölkerung ist ja nicht unbedingt am Schrumpfen. Wieviel mehr Schienen-Kilometer wären noch machbar?
Vom technischen Standpunkt her einiges, vom raumordnenden und landesplanerischen Standpunkt her weniger, von den heulenden und klagenden NIMBYS aus nix.
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Beitrag von Fat Hippo »

218 466-1 @ 23 May 2018, 16:42 hat geschrieben: Ja, und da Deutschland so ein armes Dritte Welt Land ist, in dem jeder ums nackte überleben kämpft, kann es sich das natürlich nicht leisten und den armen Bürgern sowas zumuten. Es bestünde die Gefahr, dass die Schwarze Null nicht überlebt, oder noch schlimmer: Dass im Strassenbau eingespart werden müsste! OMG! :rolleyes:
Es kämpft ein Grossteil der Bevölkerung um's Überleben. Ein nicht unerheblicher Anteil der Bevölkerung wird für gute Arbeit mit Löhnen abgespeist, von denen man kaum eine Familie über Wasser halten kann. Mehr Steuern ist nun mal für viele Deutsche nicht machbar. Viele scheinen zu vergessen, dass wir seit den 90ern fast schon zum Billiglohnland degeneriert sind.

Mein Vater wurde nach 43 Jahren harter Arbeit mit 600 Euro Rente abgespeist. Und so geht es vielen im Land. Kann ja nicht jeder Beamter sein.
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Beitrag von Balduin »

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Beitrag von karhu »

Ein schwarzer Tag für die SNCF: Spiegel
Die machen jetzt mit der SNCF den gleichen Mist wie mit der Bundesbahn 1994. Leider ist damit wieder mal eine "richtige" Staatsbahn verloren :(
Meine Solidarität geht an alle Streikenden dort, die Zukunft sieht leider düster aus für alle Beschäftigten dort.
Catracho
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Beitrag von Catracho »

Gott sei Dank! Kein Freund von Macron oder seiner Politik, aber das war überfällig. Der Laden wird ja nicht zuletzt durch die ganzen Privilegien seiner Mitarbeiter (Rentenalter für Tf 52 Jahre, bis vor einigen Jahren sogar noch 50; quasi kostenfreie Tickets für Familienmitglieder, etc...) und der damit verbundenen/daraus resultierenden "Arbeitsmoral" seit Jahrzehnten finanziell gegen die Wand gefahren. Wenigstens das wird sich nun hoffentlich ändern bzw. nicht mehr fortgeführt.

Mfg
Catracho
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Beitrag von JLanthyer »

karhu @ 14 Jun 2018, 22:25 hat geschrieben:Ein schwarzer Tag für die SNCF: Spiegel
Die machen jetzt mit der SNCF den gleichen Mist wie mit der Bundesbahn 1994. Leider ist damit wieder mal eine "richtige" Staatsbahn verloren  :(
Meine Solidarität geht an alle Streikenden dort, die Zukunft sieht leider düster aus für alle Beschäftigten dort.
SPIEGEL hat geschrieben:Die einflussreiche Gewerkschaft CGT schließt auch Streiks in der Ferienzeit nicht aus.
Solche Art von Streiks sind in Italien zum Glück untersagt.

Etwas anderes: Gegenüber den Streikenden fehlt mir im Gegensatz zu Dir die solidarität. Denn der Streik im Verkehrssektor (unabhängig, ob es sich um öffentliche oder private Verkehrsmittel handelt) bedeutet grundsätzlich einen Eingriff in die Rechte anderer. Unabhängig davon wie gut oder schlecht die Streikfahrpläne aufgestellt sind.

Auch ich begrüße den Bahnreform der SNCF und hoffe daß das Reform dort besser gelingen kann, als hierzulande. Auch wenn ich nicht viel vom Präsident Macron halte.
Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

JEDER Streik bedeutet einen Eingriff in die Rechte anderer. Das ist ein wesentliches Merkmal eines "Streik".
JLanthyer
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Beitrag von JLanthyer »

Das ist auch der Grund, warum in vielen demokratischen Ländern Streikregeln in wichtigen Diensleistungsbereichen gibt. Das aus einem guten Grund. Die Regeln sollen helfen, den Eingriff in die Rechte anderer aufgrund des Streiks zu mildern oder unterbinden.
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