Ausflüge rund um Dresden

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Erkundungstour im Schluckenauer Zipfel

Mal wieder ist eher bescheidenes Wetter angekündigt. Aber nochmal ärgere ich mich nicht bei Sonnenschein darüber, dass ich daheim geblieben bin und der Wettervorhersage von 0 Sonnenstunden geglaubt habe. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten für die geplante Rundtour. Ich wähle diejenige mit 40 Minuten späterer Abfahrt, um länger schlafen zu können und fahre mit dem Trilex-Express nach Zittau. Gegen das Gepiepe schützt glücklicherweise der Stammplatzbereich hinter einer Glastür. Bei der Fahrkartenkontrolle erkundige ich mich, ob mein Semesterticket im Transit von Zittau nach Seifhennersdorf gilt, denn die Strecke führt in Varnsdorf durch Tschechien. „Das ist eine sehr gute Frage. Am besten fragen Sie mal das Personal im anderen Zug.“
Durch attraktive Bahnhöfe geht die Fahrt nach Ostsachsen.
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Während es nach dem Aufstehen noch nach Regen aussieht, lässt sich die Sonne zwischenzeitlich blicken.
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Die ESTWifizierung droht bereits in Form ausgekreuzter Ks-Signale. Trotz Bauarbeiten kommen wir pünktlich in Zittau an. Dort wird gerade an einer Fußgängerunterführung gearbeitet. Ich muss auf den Inselbahnsteig zum Trilex nach Seifhennersdorf. Ein Schild führt mich auf den Bahnhofsvorplatz, einmal um das Bahnhofsgebäude herum und zur zweiten Unterführung. Hoppla, von den 4 Minuten Umsteigezeit bleiben noch anderthalb und der Desiro steht natürlich ganz vorne, um den Fußweg zu maximieren. Vermutlich wird es dieses Problem nach dem Umbau nicht mehr geben. Ich sprinte 200 Meter nach vorne. Die Ausfahrt steht und wenig später fahren wir ab. Das tschechische Personal akzeptiert mein Semesterticket bis Seifhennersdorf.
Mit 50 nähern wir uns der Grenze, auf tschechischer Seite gibt es mehrere technisch nicht gesicherte BÜ. Erschrocken flattern die Hühner im Vorgarten auf, als der Desiro pfeift. In Varnsdorf steigt ein Großteil der rund 20 Fahrgäste aus, der Rest am folgenden Halt Varnsdorf staré nádraží. Nun sind außer mir noch genau zwei Fahrgäste im Zug: Ein Mann mit einer Kamera und seine Frau. Obwohl der nächste Halt ein Bedarfshalt ist und es keinerlei Bedarf an einem Halt gibt, bleibt der Zug stehen. Die Innenraumbeleuchtung wird gelöscht und der Motor ausgemacht. Wohin ich denn fahren wolle, möchte die Zub wissen. Seifhennersdorf. „Ersatzschienenverkehr.“ Aha. Gestern war davon noch nichts in der Fahrplanauskunft zu lesen. Auch das Paar wird zum Ersatzschienenverkehr geschickt.
An der Varnsdorfer Brauerei ist also erstmal Endstation. Die Strecke ist von der EU im Rahmen regionaler Entwicklung sehr hübsch hergerichtet und mit barrierefreien Bahnsteigen ausgestattet.
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Der SEV wird von einem tschechischen Kleinbus gefahren, welcher schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Nachdem die drei Fahrgäste platzgenommen haben, schließt der Fahrer die Schiebetür. Die Zub nimmt auf dem Beifahrersitz Platz. Dann geht es über die Grenze zurück nach Deutschland. Ein paar Minuten später ist der Bahnhofsvorplatz von Seifhennersdorf erreicht. Bis ich die Kamera herausgezogen habe, rollt der Bus schon wieder an.
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Die Person mit Plastiktüte hatte es sich auf der Bordsteinkante gemütlich gemacht und wurde durch die Ankunft aufgescheucht. „Ohje, hoffentlich kommt der nochmal…“, meint der Mann, „da steht doch :42 auf dem Fahrplan, es ist aber erst :21.“

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Wer schon immer mal mit 99,99% Wahrscheinlichkeit einen ganz privaten SEV nutzen wollte, könnte mal die Abfahrt Sa und So um 0:03 Uhr probieren…

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Grund für den SEV ist laut Website eine fehlende Genehmigung für das EIU DRE, welches den Abschnitt von der tschechischen Grenze bis zum Hp Seifhennersdorf betreibt.

Aus diesem Grund liegt der provisorische Hp schon seit einiger Zeit im Dornröschenschlaf.
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Aufgrund der wahrhaft atemberaubenden Geschwindigkeiten auf der Schiene kommt es nur zu überschaubarer Fahrzeitverlängerung durch den SEV.
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Blick in Gegenrichtung zur Einfahrt in den aufgelösten Bahnhof Seifhennersdorf
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Der Mann erzählt mir noch, dass er vor vielen Jahren einmal auf der Strecke unterwegs war, als man von hier noch nach Eibau weiterfahren konnte. „Wegen der Grenzkontrollen war das aber nicht ganz so einfach…“ Sie sind auch nur zum Schauen hier und wollen mit dem nächsten SEV zurückfahren.
Der Bahnhof wirkt nicht so, als wäre er noch im Originalzustand aus Reichsbahnzeiten. Die Betonschwellen und der erhöhte Hausbahnsteig deuten darauf hin, dass hier etwas passiert sein muss.
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Beitrag von Entenfang »

Das Asig Richtung Varnsdorf erlaubt es mir jedenfalls, nach Belieben zu Rangieren.
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Auf dem Bahnhof ist alles kurz- und kleingeschlagen, was nicht völlig unzerstörbar ist.
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Die Bahnhofshalle ist zwar abgesperrt, doch durch die eingeschlagenen Fensterscheiben lässt sich ein Blick hineinwerfen.
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Wie lange es wohl schon her ist, dass hier Fahrkarten verkauft wurden?
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Fdl-Arbeitsplatz
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An der rückseitigen Wand befindet sich ein Relaisschrank, im Raum dahinter ist ein Stapel alter DB Welt-Ausgaben auf dem Boden verteilt
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Pünktlich erscheint der Kleinbus wieder und nimmt das Paar mit.
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Herbst in Seifhennersdorf
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An der nahegelegenen Haltestelle „Am Rathaus“ beziehe ich Stellung. Wenige Minuten später trifft der Bus zur Weiterfahrt nach Rumburk ein.
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Man beachte den Unterschied in der Fahrplangestaltung. Während in Tschechien selbst am Wochenende ein sauberer Zweistundentakt angeboten wird, sieht das Angebot auf deutscher Seite eher mau aus. Dazu sei noch angemerkt, dass am Wochenende die Bahnstrecke Rumburk – Mikulášovice via Krecany im Zweistundentakt von der U27 befahren wird, sodass auf diesem Abschnitt auf eine Bedienung durch den Bus verzichtet werden kann. Die Umsteigezeit in Rumburk ist mit mehr als 30 Minuten allerdings nicht sonderlich attraktiv.
Kennt jemand den Grund, warum es nicht zulässig ist, den tschechischen Bus innerhalb Seifhennersdorf zu nutzen? Geht es hier um finanzielle Hintergründe?

Ich kaufe beim Busfahrer eine Fahrkarte für 15 Kronen. Das Fahrzeug ist gut gefüllt, größtenteils mit Schülern.

Am Busbahnhof Rumburk ist einiges los.
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Beitrag von Entenfang »

Ich spaziere ein wenig durch den Ort, der lebendig und nicht so traurig wie Aš wirkt.
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Die Top-Sehenswürdigkeit des Ortes ist die Loreto-Kapelle.
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Nachdem ich am Eingang geklingelt und bei der auftauchenden Frau 2€ Eintritt und nochmal 2€ fürs Fotografieren gezahlt habe, bekomme ich eine Beschreibung in die Hand gedrückt und starte den Rundgang durch den Kreuzgang, der mit schön restaurierten Deckenmalereien ausgestattet ist.
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Blick in die Kapelle in der Mitte des Innenhofs…
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…und auf eine Skulptur an der Außenwand.
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Die gelbe Bank lädt zu einer Mittagspause im herbstlichen Sonnenschein ein.
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Anschließend verlasse ich die Stadt, um mich dem Schienenverkehr zu widmen. Um den Brückenzustand steht es hier jedenfalls nicht besser als bei uns.
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Ich passiere eine rege benutzte Skateranlage und mehrere Häuser mit Hühnern im Vorgarten.
Durch den Herbstwald führt mich der Weg Richtung Bahnstrecke.
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Die Abfahrtszeit des Zuges nach Kolín rückt näher. Immer häufiger zeigt sich nun die Sonne.
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Als der Regionova mit +15 endlich auftaucht, ist der Himmel fast völlig wolkenlos. So viel zum Thema zwei Sonnenstunden mit Regenschauern.
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Beitrag von Entenfang »

Im tiefsten Wald begegne ich einigen Pilzsammlern und auch dem ebenfalls deutlich hinter Plan fahrenden 843er.
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Ein Stückchen weiter entdecke ich einen Bogen im Licht. Doch es wird noch über 20 Minuten dauern, bis der Zug zurückkehrt. Ich setze mich auf Schnittholz und warte ab. Viel zu schnell dreht sich die Sonne weiter und nähert sich den Baumwipfeln. Außerdem zeigen sich wieder mehr Wolken.
Wartezeit im hohen Gras
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Dennoch gelingt mir die Umsetzung.
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Die tiefstehende Sonne beleuchtet den Rückweg nach Rumburk.
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Herbstlaub
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Bald erreiche ich den Teich Podhájí, der sich als guter Spiegel entpuppt.
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Ein rundes Gebäude mit unbekannter Funktion im Wald
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Nachdem ich erfolglos am BÜ auf die Einfahrt eines Zuges aus Šluknov gewartet habe, begebe ich mich zum großzügigen Bahnhof Rumburk. Geradeaus führt die Strecke ohne Personenverkehr nach Ebersbach.
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Fünf Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit trifft der Desiro ein. Das Fahrzeug wird während der langen Wendezeit in Rumburk für eine Verstärkung des Zweistundentaktes nach Šluknov genutzt.
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Etliche Fahrgäste warten noch immer sehnsüchtig auf ihren Zug nach Ceská Lípa, der schon vor mehr als zehn Minuten abfahren sollte. Heute scheint hier der Wurm drin zu sein.
Der Bahnhofsvorsteher schwingt die berühmte Kelle und mit +8 setzt sich der Desiro in Bewegung. Da wir sämtliche Bedarfshalte durchfahren, sinken die Verspätungsminuten schnell. Die Dorfjugend trifft sich am Bahnhof von Velký Šenov zum Trinken, Rauchen und Musik hören. Immerhin findet auch Fahrgastwechsel statt.
In Mikulášovice wird planmäßig 9 Minuten auf den Gegenzug gewartet, welche die Zub mit schlimmer Raucherstimme zu nutzen weiß. Offensichtlich muss die Weiche nach Sebnitz per Hand verschlossen werden. Jedenfalls geht das Signal erst auf Fahrt, als ein Mitarbeiter die Weiche erreicht und herumgewurschtelt hat.
Zwei Rehe beobachten den Desiro aus sicherer Entfernung vom Feld, so ganz geheuer ist ihnen das brummende und pfeifende Monstrum aber dann wohl doch nicht und sie nehmen Reißaus. Der Tf telefoniert ununterbrochen von seinem Handy. Zweimal weist die Ansage darauf hin, dass der Ausstieg nur aus der vorderen Türe möglich wäre. Ich kann jedoch keinen Unterschied in der Höhe der Erdhügel ausmachen und als zum Lückenschluss Sebnitz – Dolní Poustevna mal eine Dotra unterwegs war, ging es sogar ganz ohne Bahnsteig.
In dem Ort, der für fast 70 Jahre Endstation auf tschechischer Seite war, steigen einige ältere Herren zu. Die Zub erkundigt sich nach ihrem Zielbahnhof. „Nach Säbnitz. Säbnitz in Sachsen!“, betont der Wortführer begeistert.
Inzwischen hat der Tf sein Gespräch beendet, schließlich kommt ja bald deutsches Netz. Es folgt eine schöne Paralleleinfahrt mit der SBS aus Neustadt. Nach erfolgreichem Gespräch mit dem Zugleiter wird die Fahrt pünktlich fortgesetzt, während der DB Navigator immer noch von +8 spricht. Auf den DSA läuft der Text „Information zu RB nach Decin, Abfahrt soundso: Dieser Zug fährt wie im Fahrplan veröffentlicht.“
Mittlerweile ist die Nacht über der Sächsischen Schweiz angebrochen und nur die Hektometer- und die Pfeiftafeln bilden helle Lichtpunkte im dunklen Wald. Die Zub fragt mich nach meiner weiteren Fahrkarte, winkt aber ab, als sie Andeutungen eines Semestertickets in meinem Geldbeutel erahnt. Alle Bedarfshalte werden durchfahren, sodass wir trotz gemächlicher Fahrweise Verfrühung einfahren und in Goßdorf-Kohlmühle ohne Bedarf eine Minute stehen bleiben.
Als einziger Fahrgast verlasse ich den Zug in Bad Schandau, eine hohe einstellige Zahl wartet auf die Weiterfahrt.
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Dann bringt mich die S-Bahn ereignislos nicht ganz pünktlich zurück nach Dresden, weil eine 143 schiebt.
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Beitrag von Entenfang »

Sonntags in Berlin

Ganz unerwartet ist es schönstes Wetter, als wir in Berlin ankommen. Regelrecht dörflich wirkt der Marktplatz Köpenick.
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Das tolle Herbstwetter lädt zum Verweilen an der Dahme ein.
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Ein GT6N überquert die Spree in Köpenick
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Und weiter mit der 60 zum Alten Wasserwerk. Wegen Bauarbeiten fährt dort aktuell auch die 61.
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Nicht ganz so schön wie in Dresden finde ich die Berliner Variante der überfahrbaren Kap-Haltestelle.
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Mit der S-Bahn geht es von Friedrichshagen zum Tempelhofer Feld.

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Skyline in der Spätherbstabendsonne
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Beitrag von Entenfang »

Nachdem wir einmal quer über den ehemaligen Flughafen gelaufen sind, fahren wir mit dem Bus zurück. Moment, wieso stellen sich alle an der ersten Türe an? Ochnö, Berlin hat (seit neuestem? :huh: ) auch Vordereinstieg. Einsteigen an der hinteren Tür würde als Betrugsversuch gewertet, erklärt uns ein Mann.

Kurze Pause am Noch-U-Bahnhof Französische Straße
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Nach einer Testbefahrung der nicht mehr ganz neuen Tramlinie zum Hbf wollen wir noch Richtung Unigelände. Die Stadtbahn wird wegen Ersatz der mechanischen Fahrsperren durch ETCS von den S-Bahnen am Wochenende nicht bedient, also heißt es erstmal SEV fahren bis zum Tiergarten.

Eine ganz erhebliche Breite weist die Straße des 17. Juni auf.
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Wenigstens steht die TU Dresden nicht alleine mit einer Schneise mitten durch den Campus da.

Während im "modernen" Teil Sichtbeton die Optik beherrscht,...
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...öffnet sich im Altbau ein wunderschöner Lichthof.
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Sonntagabend sind die Gänge völlig ausgestorben.
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Nur der Wind hat Blätter verteilt
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Beitrag von Entenfang »

Wandern im goldenen Spätherbst

Eines kalten, aber sonnigen Sonntags sollte es mal wieder in die Sächsische Schweiz gehen. Und wenn man einmal die Bahnverbindung nicht vorher überprüft, weil die S-Bahn doch ohnehin schon immer zur Minute 29 und 59 fuhr, kam es, wie es kommen musste. Eine ganze Woche ist das Elbtal voll gesperrt und alle Züge verkehren im SEV. Damit ist mein Plan, ein paar Züge auf den Chip zu bannen, natürlich hinfällig und ich plane spontan meine Wanderroute um. Ich möchte in Wehlen starten.
Leicht hinter Plan verendet die S-Bahn in Pirna, doch bei 8 Minuten Umsteigezeit zum SEV ist der Anschluss keinesfalls in Gefahr. Zwei Solobusse stehen bereit, auf einem steht „DB Bad Schandau über Königstein“, auf dem anderen „SEV Bad Schandau über Rathen“.
Ich wähle Letzteren, weil er noch nicht so voll ist. Kurz vor der Abfahrt ruft der Busfahrer einmal durch den Bus, ob denn alle nach Bad Schandau wollten. Jemand ruft „Rathen“, ich denke mir nichts dabei und interpretiere das „nach“ als „Richtung“.
Beide Busse setzen sich in Bewegung und verlassen Pirna auf das angrenzende Hochland. An zwei Haltestellen in Dörfern steigen Fahrgäste aus dem ersten Bus aus. Schließlich verkündet die Anzeige als nächste Haltestelle Rathen. Und wie kommt man nach Obervogelgesang oder Wehlen? Im DB Navigator ist der Buslauf mit Halt an allen S-Bahnhöfen angezeigt.
Nachdem ein LKW zurückgesetzt hat, um die beiden Busse passieren zu lassen, halten wir in Rathen.
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Ich ändere nochmal meine Wanderroute und laufe los.
Unter anderem werden die Betonplatten auf dem BÜ getauscht und dieser Bauzug steht auf der Strecke.
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An schattigen Stellen ist der Reif auch in der Mittagszeit noch zu sehen
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Wandern durch das Laub
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Auf dem Rauenstein
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Elbsandsteingebirge vom Feinsten
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Blick zurück nach Pirna…
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…und über Wiesen, Weiden und Wälder
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Bastei-Panorama
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Beitrag von Entenfang »

Als ich Wehlen erreicht habe, macht sich allmählich mein Magen bemerkbar. Zusammen mit weiteren hungrigen Wanderern suche ich verzweifelt nach einer Möglichkeit zur Stärkung. Im November herrscht in der Sächsischen Schweiz völlig tote Hose und alle Gaststätten haben geschlossen. Schließlich werden wir fündig und es gibt Quarkkeulchen zum Mittagessen.

Gestärkt mache ich mich erneut an den Anstieg. Blick zum Großen Bärenstein
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Ich besteige den Kleinen Bärenstein, von dessen Gipfel sich ein wunderschöner Blick bietet.
Zum Lilienstein…
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…und mit etwas Nachbearbeitungsspielerei nach Königstein. Rechts die Festung, unten im Schatten der Ort am Elbufer.
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Blick auf die Abbruchkanten am Elbtal
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Zeitlich wunderbar passend schlägt mir der DB Navigator einen Bus von Thürmsdorf nach Pirna vor. Da ich nicht mehr bis Königstein laufen möchte, scheint mir diese Variante recht vernünftig. Als ich kurz vor der Busabfahrt eintreffe, warten bereits zwei Frauen an der Haltestelle.
Die Anzahl der Abfahrten ist am Wochenende recht übersichtlich…
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Wenig später trifft der Gelenker ein, welcher mit einer deutlich zweistelligen Fahrgastzahl besetzt ist. Einige Wanderer sind auch dabei.
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Bis Pirna muss der Bus nicht mehr anhalten. Während der attraktiven Umsteigezeit von 27 Minuten kann ich noch herausfinden, dass es offenbar einen eigenen SEV-Bus auf der rechten Elbseite nach Wehlen via Obervogelgesang gibt. Es wäre vielleicht ganz sinnvoll, das auch etwas deutlicher so zu kommunizieren…
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Beitrag von Bayernlover »

Vielen Dank für die schönen Bilder und Erlebnisse aus der Heimat :)
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Entenfang »

Bayernlover @ 15 Nov 2016, 18:41 hat geschrieben: Vielen Dank für die schönen Bilder und Erlebnisse aus der Heimat :)
Jederzeit gerne. Man kann über Dresden sagen, was man will. An Ausflugszielen mangelt es jedenfalls auch nach mehr als 3 Jahren Semesterticket nicht... ;)
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Beitrag von Bayernlover »

Entenfang @ 15 Nov 2016, 20:11 hat geschrieben: Jederzeit gerne. Man kann über Dresden sagen, was man will. An Ausflugszielen mangelt es jedenfalls auch nach mehr als 3 Jahren Semesterticket nicht...  ;)
Vielleicht hab ich demnächst wieder öfter die Gelegenheit dazu ;)
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Entenfang »

Zwischenstop im Muldental

Da das Wetter unerwartet viel Sonnenschein brachte, nahm ich eine Exkursion nach Engelsdorf zum Anlass, meine Streckenkunde zu erweitern.
Statt den direkten Weg nach Dresden zu nehmen, warte ich auf die wenige Minuten später folgende RB 110 nach Döbeln.
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Schnurgerade zieht sich die Leipzig-Dresdner Eisenbahn durch die Landschaft
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Seit die MRB übernommen hat, kommen auf der Muldentalbahn statt Desiros Regioshuttle und Talent zum Einsatz.
Für die Durchfahrt mit 200 km/h ist der Blindenleitstreifen statt der üblichen 2,50m in einem Abstand von 3m zur Gleisachse angebracht.
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Die gut mit Schülern gefüllte Bahn fährt zügig voran und leert sich allmählich. Am letzten Halt vor Döbeln, Westewitz-Hochweitzschen, verlasse ich die Wärme des Zuges.
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Beitrag von Entenfang »

Ich möchte die Freiberger Mulde überqueren, um die Bahnstrecke im Abendlicht dokumentieren zu können. Dabei nehme ich offensichtlich den falschen Weg. „Wo wöllen Sie denn hin?“, fragt mich ein Mann. Auf die andere Seite. „Nänä, des geht hier überhaupt nischt weiter. Und die Brücke ist och gesperrt.“ Wie? Komplett? „Alsö midm Audö können Sie nicht drüber. Aber zu Fuß vielleicht schön.“
Ein Bild von der Freiberger Mulde zwischen Planierraupe und Presslufthammer
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Kühe beäugen mich kritisch auf meinem Weg durch die spätherbstliche Landschaft. Bald rollen die beiden 650er zurück nach Leipzig.
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In Gegenrichtung folgt ein Talent
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Die letzten Äpfel hängen noch am Baum. Ich erwische einen, der nicht faul oder angefressen ist und nehme ihn als Proviant mit.
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Auf dem Rückweg zum Bahnhof nähert sich die Sonne bereits dem Horizont.
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Pünktlich rollt der Zug an den Bahnsteig
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Ab Döbeln Hbf möchte ich mit dem Bus mit Umstieg in Nossen zurückfahren. Dauert ganz schön lange, 1h 31 min für 62 km.
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Ich zeige mein Semesterticket vor. Das gilt im VVO, bis wohin muss ich denn bezahlen? Der Busfahrer liest das Kleingedruckte auf der Rückseite und meint dann: „Bis Nossen.“ Das kostet mich 3,50€. Der Bus folgt weitgehend dem Streckenverlauf der abbestellten Bahnlinie. Mal schauen, ob man es doch noch schafft, zumindest wieder bis Döbeln Zentrum zu fahren, statt den Zug 28 Minuten in Döbeln Hbf rumstehen zu lassen.
In Nossen kommt bald der 424er vorgefahren. Laute Musik dröhnt aus dem Radio, während der Busfahrer mit Käppi mein Semesterticket in Augenschein nimmt. Bevor es auf die Autobahn geht, halten wir nochmal kurz im Kreisverkehr, um eine winkende Frau zusteigen zu lassen. „Ah, sorry, ich bin heute spät dran“, meint sie entschuldigend. „Was machst du denn jetzt in Dresden?“, erkundigt sich der Busfahrer. „Ach, ich fahre zum Tanzen. Aber nachher nimmt mich dann jemand mit, weil um acht fährt ja schon der letzte Bus zurück.“
Zügig mit nur einem Halt im Industriegebiet verläuft die Fahrt zurück nach Dresden.
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Beitrag von Entenfang »

Rundfahrt von Chemnitz über Stollberg nach Glauchau

Das schöne Wetter der letzten Woche musste genutzt werden. Das eingesetzte Wagenmaterial als Ersatz für die lädierten Grinsekatzen der MRB war natürlich ein weiterer Grund.

145 030 wartet mit ihrem musealen Zug auf die Abfahrt in Dresden
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Ich treffe einen Mann im Zug, der nur zufällig unterwegs ist und vom eingesetzten Wagenmaterial äußerst positiv überrascht ist. „Ach, hätte ich doch bloß meine Kamera mitgenommen…“ Er filmt mit dem Handy aus dem Fenster. Kühler Fahrtwind zieht durch das Abteil, als der Zug Fahrt aufnimmt.
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Blick in den Gepäckwagen. Was würde man doch an so manchem Sommerwochenende dafür geben, so einen zum Fahrradtransport einsetzen zu können…
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Mühelos erklimmt der Zug die Tharandter Rampe
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Abfertigen wie in längst vergangenen Zeiten
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Ein Ersatzzug mit Charme
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Blick von der Hetzbachtalbrücke
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Beitrag von Entenfang »

In Chemnitz steige ich schließlich aus, Fuzzis hetzen über den Bahnsteig. Selbst die Putzkolonne legt eine Pause ein, um den Zug nach einem lauten Pfeifen bei der Abfahrt zu bestaunen.
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Weiter geht es mit der Citybahn Richtung Stollberg.
Pause in Chemnitz-Harthau
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Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt, wie es ist. ;)
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Ein kurzer Tunnel ist auf der Strecke zu durchqueren. Da die Tunnelhöhe wie auch auf der Murgtalbahn nicht für eine Elektrifizierung ausgelegt ist, musste man sich bei der Ausrüstung der Strecke für das Chemnitzer Modell etwas einfallen lassen. Offensichtlich wurde hier das Kettenwerk oben in Isolationsmaterial eingewickelt, um Überschläge zu verhindern.
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413 rollt vor der Kulisse der Harthauer Lutherkirche durch das Würschnitztal
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Beim Chemnitzer Modell wurde auf eine gute Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln durch P+R sowie B+R geachtet. Aufgrund der Topografie erfreut sich Letzteres allerdings keiner großen Beliebtheit.
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Die auf Anzeigen lesbare Fahrgastinformation wird auf Knopfdruck vorgelesen
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Die nächste Pause lege ich in Niederdorf ein.
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Dort sind auf zwei Gleisen Güterwagen abgestellt. Die in Serbien zugelassenen Wagen stammen aus dem tiefsten Bayern.
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Eine Besonderheit bietet die Pilotstrecke des Chemnitzer Modells jedenfalls. Da die Variobahnen nicht für den gemeinsamen Betrieb mit EBO-Fahrzeugen zugelassen sind, darf der (wenige) GV auf der Strecke nur in der Betriebsruhe abgewickelt werden. In Chemnitz wird natürlich nicht über die Straßenbahngleise gefahren, sondern über die ursprüngliche Anbindung an die Strecke nach Aue.

Nicht weit entfernt öffnet sich der Blick über die Hügellandschaft. Das Rauschen der A72 ist ständig präsent. Ich suche nach einer passenden Position für das nächste Bild. „Güden Dooch. Darf ich Sie frogen, was Sie hier födögrafiern?“, spricht mich ein Mann an, der mit einem VW Transporter über den Feldweg angefahren kam. Na klar, die Bahn. Er schaut mich etwas skeptisch an. Nein, das müssen Sie nicht verstehen. „Ja, wissen Sie, wir hatten hier schön öft welsche, die Müll abloden wöllten. Und Sie glauben ja gor nischt, was alles passierd. Jemand hat mal - gerade jetzt, in der Weihnachtszeid – eins von den Tieren geschössen (er deutet auf das abgezäunte Gehege, in dem Wild grast) und es dann wöhl geklaud. Naja, aber Sie haben ja gor nischt das Equipment zum Müll abladen dabei…“ Wirklich viel Müll würde ich in meinen Rucksack wohl nicht bekommen…

Wenige Minuten später rollt 415 Richtung Chemnitz vorbei.
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Beitrag von Entenfang »

Bald ist der nächste Hp Stollberg Schlachthofstraße erreicht.
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Ich versuche mich an der Umsetzung des Kleingartenblickes in der Nähe, doch von 15 Bildern gibt es keines mit unverdeckter Front.
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Mit kurzer Übergangszeit kann in Stollberg zum RS nach St. Egidien (zweistündlich weiter nach Glauchau) umgestiegen werden. Der Benutzungszwang der Unterführung bei einem derartigen Bahnhof ist mal wieder typisch deutsch.
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In sehr kurvenreicher Trassierung führte die Strecke einst weiter nach Zwönitz.

Viele Schüler nutzen den Zug, in dem einiges los ist. Hinter Oelsnitz fällt die Fahrgastzahl bald in den einstelligen Bereich. Nach derzeitigem Stand wird nur der Abschnitt von Stollberg bis Oelsnitz als letzte Stufe in das Chemnitzer Modell integriert. Der Abschnitt bis St. Egidien wird dann wohl ohne SPNV bleiben.
Bereits in Lichtenstein steigen wieder zahlreiche Schüler zu und fahren bis St. Egidien mit.
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Wohlfühlatmosphäre unter den Gleisen…
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…und neben den Gleisen.
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Die Schüler verteilen sich etwa hälftig Richtung Chemnitz und Richtung Glauchau. Ich wähle Letztere und wenig später nähert sich die Grinsekatze.
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Eine Station weiter steige ich schon wieder aus. Ich hoffe auf eine Umsetzung der historischen Ersatzgarnitur im letzten Licht.
„Einmal gebratene Nudeln mit Ente, bitte!“
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Wenn es eine Stelle in Glauchau gibt, an der noch Licht auf die Bahnstrecke fällt, dann ist es wohl die Brücke über den Kanal der Zwickauer Mulde. Ich pokere hoch, die Sonne ist schon verdammt nah am Horizont. Hoffentlich kommt der Zug pünktlich…
Es rauscht und im schönsten Abendlicht glänzend rollt der RE nach Dresden am glücklichen Fotografen vorüber.
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Wenige Minuten später versinkt die Sonne, aber ich finde die Stimmung immer noch schön und warte noch auf den RE aus Göttingen.
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Beitrag von Entenfang »

Bald folgt auch noch eine Grinsekatze.
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Den Sonnenuntergang genießen…
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Ich habe keine rechte Lust, eine halbe Stunde zurück zum Bahnhof zu laufen. Der große Vorteil von werktäglichen Ausflügen ist die Verfügbarkeit von Bussen. Ganz entspannt bin ich so nach wenigen Minuten Fahrzeit am Bahnhof.
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Beitrag von Entenfang »

Eine Minute zu langsam

RE3-Ersatzverkehr Teil 2


Für den folgenden Samstag war gutes Wetter angekündigt – das musste ich gleich nutzen und entscheide mich für eine Fahrt bi Reichenbach samt Fahrrad. Der Drahtesel wird im Gepäckwagen verladen und ich mache es mir im n-Wagen am Zugschluss gemütlich. Für die Jahreszeit ist es wieder einmal ein viel zu warmer Tag und ich lasse den Fahrtwind herein. Auch einige weitere Fuzzis sind unterwegs. An der Strecke warten ebenfalls viele Fotografen auf den Zug.
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Wir nähern uns Chemnitz
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Alle hassen die Grinsekatze
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Menschenandrang
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Die Abteiltüren klappern laut, während der Zug nach Südwesten rauscht. Bald kommt die zweite Ersatzgarnitur aus vier n-Wagen, davon drei von NX und einer von der NOB, gezogen von einem MRCE-Taurus, entgegen.
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Halt in Zwickau
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Beitrag von Entenfang »

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Sicherheitshalber erinnere ich den Zub nochmal daran, dass ich jetzt aussteigen möchte. Doch er hat mein Fahrrad selbstverständlich nicht vergessen und hebt es aus der Gepäcktür. Ein Mann steigt direkt an dieser ein.

Ein weiteres Beispiel einer attraktiven Bahnhofsunterführung. Immerhin graffitifrei, aber dafür überschwemmt.
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Den Niedergang des Ostens kann ich auch in Reichenbach unverzüglich spüren. Viele Häuser stehen leer. VT 51 passiert eine Industriebrache unweit des oberen Bahnhofs.
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Blick zum nächsten Kirchturm
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VT 55 auf dem Weg nach Plauen
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Wenig später folgt die nächste Grinsekatze
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Auf der folgenden Straße macht sich die Topografie der Gegend nur allzu bemerkbar. Ein Verkehrsschild kündigt 17% Gefälle an. Das macht zunächst Freude.
Nachteilig ist hingegen, dass man viel zu schnell im Tal ist. Nahtlos schließt sich der Ort Mylau an Reichenbach an, hier die Stadtkirche
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Wenig Freude bereitet es hingegen, das Fahrrad auf der anderen Seite wieder die 17% Steigung hochzuschieben. Bis an das bittere Ende von Mylau…
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Endlich, der Ausblick über Reichenbach. Unten links die Burg Mylau
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Bald ist auch die Göltzschtalbrücke zu sehen.
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Ich lege eine Mittagspause ein und genieße den Ausblick.
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Beitrag von Entenfang »

Allzu bald müsste schon die nächste interessante Garnitur vorbeikommen. Ich schwinge mich auf den Sattel, um eine lichttechnisch bessere Stelle aufzusuchen. Zuerst führt die kleine Straße in Skiprungschanzenstil abwärts. In der Nähe des Viadukts höre ich es rumpeln und weiß, dass ich eine Minute zu langsam war. Unbarmherzig zerrt der MRCE-Taurus vier n-Wagen der NOB vor meinen Augen zwischen den Baumwipfeln über die eindrucksvolle Talbrücke.
Ich fahre weiter und bereue es keine zwei Minuten später. Vom Güterzug in Gegenrichtung sehe ich nur noch die letzten beiden Wagen.

Direkt vor den Pfeilern der Brücke sind die Reste des Kopfbahnhofs Göltzschtalbrücke zu erkennen. Hier führte die Strecke von Reichenbach ob Bf nach Lengenfeld. Eine Strecke unter dem Viadukt nach Greiz wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts geplant, aber nie verwirklicht.

Am steil bergauf führenden Feldweg parke ich mein Fahrrad und gehe zu Fuß weiter.
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Es folgt der nächste Zug. Völlig unbeabsichtigt ist daraus ein Suchbild geworden. Ein Königreich für eine verkehrsrote Lackierung…
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Das 1851 fertiggestellte Viadukt ist die größte Ziegelsteinbrücke der Welt und war wohl zweimal ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Einmal natürlich beim Bau im 19. Jahrhundert und zum zweiten Mal, als in den Jahren 2009 bis 2012 Betontröge für die Elektrifizierung der Strecke nach Hof aufgesetzt wurden.
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Zeit für einen Perspektivenwechsel. Ich laufe den Weg zurück und wieder dauert es keine zwei Minuten, bis ein Güterzug über die Brücke rumpelt. Was soll´s.
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Für die Rückkehr der ersten Ersatzgarnitur erklimme ich nochmal den Berg. Viel zu schnell verschwindet die Sonne hinter dem Horizont. Zunächst steht der Zug mit +4 im DB Navigator, später dann pünktlich.
Hmm, wo bleibt er denn? Ich warte noch ein paar Minuten, dann gebe ich auf. Jetzt habe ich nur noch 29 Minuten, um zurück zum Bahnhof zu kommen. Nach 3 Minuten rumpelt der verspätete Zug über die inzwischen nicht mehr beleuchtete Brücke. Nach 8 Minuten sitze ich auf dem Fahrrad. Rund vier Kilometer in 21 Minuten, das sollte doch schaffbar sein. Doch ich mache mir keine Illusionen, bei dem Höhenunterschied werde ich wohl nicht ganz so schnell unterwegs sein.
Ich strample und strample und die Steigung zieht sich unendlich hin. Können vier Kilometer so weit sein?
Als ich genau zur Abfahrtsminute auf dem Bahnhofsvorplatz ankomme, hält der Zug schon am Inselbahnsteig. Ich habe eine zusätzliche Stunde in Reichenbach gewonnen.

Zeit, den eindrucksvollen Sonnenuntergang zu dokumentieren
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Zeit, den Altbau zu bestaunen
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Zeit, mich am Bahnhof umzusehen.
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Eine Stunde später als geplant trete ich schließlich die Rückfahrt an. Heute habe ich wohl meine Glücksfee daheim vergessen.
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Beitrag von 146225 »

Dein Innenraumbild sieht eher nach y- als nach n-Kübel aus.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Beitrag von Entenfang »

Vorglühen bei den Tschechen

Es ist fast schon ein mittelgroßes Wunder geschehen, in Dresden schneit es. Nachdem mich das neue Jahr mit stürmischem Schneeregen empfangen hat, kam bereits am folgenden Tag auch die weiße Pracht ins Elbtal. Mein Mitbewohner hat seine Idee noch nicht fertig formuliert, da waren wir uns schon einig, dass es dieses Wochenende wieder nach Altenberg gehen soll. Den freien Donnerstag wollte ich gleich mal nutzen, um schon mal einen Vorgeschmack auf die anstehende Schneewanderung zu bekommen. Auch bei den Nachbarn liegt Schnee, also wird fix um 22 Uhr das First Minute Europe für die Rückfahrt am folgenden Tag gebucht.
Die Rundfahrt führt mich zuerst mit dem Trilex, der nun auch RB heißt, Richtung Zittau.
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An einigen Bahnhöfen ist gerade der Winterdienst zugange und schippt den Schnee beiseite. In Bischofswerda wurschtelt jemand auf einer Leiter an einem ZZA herum. Sicher kein Spaß bei diesen Temperaturen…
An den Bedarfshalten rauschen wir überall durch, viele Bahnsteige sind ungestörte Schneeidylle. Hier ist heute noch niemand ein- oder ausgestiegen.
Überpünktlich stehen wir zur Kreuzung in Ebersbach bereit.
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In Mittelherwigsdorf verlasse ich die Wärme des Desiros und genieße die 14 Minuten Umsteigezeit in gewohnter Kaffbahnhofatmosphäre.
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Ein Vogel schnappt sich eine Hagebutte, während ich die Coolness des chilligen Windes zu spüren bekomme. Bei -5° bringt das Standardwartehäuschen nur wenig Freude.
Weiter geht’s mit den Tschechen Richtung Rybnište.
Die Fahrgastzahl liegt im niedrigen einstelligen Bereich, die Anzahl des Personals entspricht etwa der Fahrgastzahl. Ein Tf, der fährt, einer auf Gastfahrt, eine Zub auf Gastfahrt und eine im Dienst. Ich suche nach meinem Semesterticket. Es ist irgendwo tief im Rucksack vergraben. „Ich komme gleich wieder, suchen Sie in Ruhe weiter“, meint die tschechische Zub. Ahh, ich habs. „Bis Großschönau?“ Und weiter nach Jedlová, bitte. „Ok, ich komme später nochmal.“
Pfeif. Dööt. Pfeif.
Dööt. Döt. Pfeif.
Der Regioshuttle rollt durch die Winterlandschaft. In Varnsdorf verlassen einige Fahrgäste den Zug, auch das Personal auf Gastfahrt. Außer mir ist jetzt noch genau ein Mann im Zug, immerhin kein Fuzzi. Die Zub erkundigt sich, ob ich in Euro oder Kronen zahlen möchte. Ich wähle Letzteres und berappe derer 44. „Dann müssen Sie in Rybnište umsteigen, aber das wissen Sie sicher.“ Ich nicke. Sind aber nicht gerade viele Fahrgäste im Zug… „Nein, zu dieser Zeit ist in diese Richtung nur sehr wenig los. Richtung Zittau sind es etwas mehr.“
Auf der 10 km langen Strecke nach Rybnište reiht sich ein BÜ an den Nächsten. Es dürften an die 30 Stück sein. An einem Bedarfshalt steigen noch zwei Fahrgäste zu, dann ist der Endbahnhof erreicht. Die 6 Minuten Umsteigezeit kühlen mich wieder schnell aus, weht doch ein kräftiger Wind den Schnee vom Dach.
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Fleißig schaufelt Personal die Weichen frei, damit der Hai störungsfrei einfahren kann.
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Nun folgt noch eine kurze Fahrt durch verschneiten Wald, um in ebendiesem am schönen Bahnhof Jedlová auszusteigen.
Dort ist gerade vor der Kulisse des Tannenbergs ein Räumfahrzeug unterwegs.
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Ich entscheide mich, die nächsten Züge an den einen knappen Kilometer entfernten BÜ zu verewigen. Über Nacht muss es hier mindestens 30 cm Neuschnee gegeben haben und der Weg durch den Wald ist noch völlig unberührt.
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Der Schnee läuft mir gelegentlich in die Schuhe, während ich durch den Tiefschnee stapfe.

An der Strecke konnte ich immer wieder regelrecht historische Schrankentechnik bewundern, die aus gestrichenen Baumstämmen bestehen.
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Beitrag von Entenfang »

Das Räumfahrzeug rauscht vorbei, meine Schuhe laufen abermals voll Schnee, während ich eine geeignete Fotostelle suche. Doch der Zug aus Decín lässt auf sich warten und ich wechsele die Position, um den Gegenzug nach Kolín abzupassen.
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Ich stapfe zurück zum Bahnhof und suche die Bahnhofskneipe auf. Im kleinen Gastraum verbreitet ein Kamin wohlige Wärme und trotz der späten Mittagszeit unter der Woche sind immerhin drei Tische belegt. Nach kleinen Verständigungsschwierigkeiten denke ich, mit einer Gulaschsuppe kann man eigentlich nichts falsch machen und warte, während eine alte Frau in der Küche werkelt. Ich entdecke diesen historischen Fahrplan.
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Aufgrund meiner extrem bescheidenen Tschechischkenntnisse versteht die Frau leider meine Frage nach dem Alter des Kursbuchauszugs nicht. Sie deutet nur auf den aktuellen Abfahrtsplan, der an der Eingangstür hängt. Ein älterer Mann wirft schließlich ein, dass der Plan aus den 40er Jahren stammt.
Die Wärme der Gaststube bekommt meiner Kameralinse weniger gut. Sie beschlägt sofort und das Wasser gefriert auf dem kalten Glas zu Eis. Ein Enteisungsspray für Kameralinsen, das ist doch die Marktlücke schlechthin.
Ein Güterzug kommt quietschend zum Stehen. Als der nächste Zug nach Rumburk angekündigt wird, verlassen einige Gäste die Gaststätte und begeben sich auf den Bahnsteig. Ein Schild weist auf das Rauchverbot zwischen 11:30 Uhr und 14 Uhr hin und da der genannte Zeitraum bereits vorbei ist, nutzen die beiden Frauen die Gelegenheit auf eine Zigarette. Ich zahle und erwische noch den einfahrenden 15 Minuten verspäteten Zug nach Decín.
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Nach kurzem Fahrgastwechsel verschwindet er wieder im Schnee.
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Ein strahlend blauer Himmel lädt zu einem weiteren Spaziergang ein.
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Hurra, endlich Schnee!
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Verschneite Bärentatzen
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Beitrag von Entenfang »

Auf dem Weg zur nächsten Fotostelle hört der geräumte Weg vor einem Haus auf. Nach 100 Meter Tiefschnee gebe ich auf, da meine Schenkel zur Tiefkühlkost werden.
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Als Großstädter finde ich die absolute Stille faszinierend. Weit und breit ist hier nichts außer dem Bahnhof und einem Haus. Der Schnee tut sein Übriges, sämtliche Geräusche zu verschlucken. Ich kann die Bahnhofsansage aus einem Kilometer Entfernung verstehen.
Dudodida! Vážení cestující! Vlak cislo šedesát šest padesát osm…
Ein Alternativweg bietet ebenfalls Sicht auf die Bahnstrecke, auf welcher der kurz zuvor angekündigte Regionova nach Rumburk strebt.
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Auf dem Rückweg zum Bahnhof setzt wieder Schneefall im schnell ergrauenden Tageslicht ein. Die einzige Zufahrtstraße zum Bahnhof Jedlová:
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Vor dem Bahnhofsgebäude ist ein Schneemobil geparkt. Ein Mann bringt mit einer Schubkarre Holz in den Gastraum, aus welchem Stimmen zu hören sind. Offensichtlich sind wieder einige Gäste gekommen. Und es besteht kein Zweifel daran, dass sie nur mit der Bahn gekommen sein können.
Ich habe noch 20 Minuten zu warten. In jedem deutschen Bahnhof wären es 20 sehr kalte Minuten gewesen. Doch selbstverständlich gibt es hier mitten im Wald einen beheizten Warteraum. Zwar ist er nicht sonderlich einladend, aber zweckmäßig eingerichtet.
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Bahnhofsequipment
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Der Bahnhofsvorsteher begrüßt den Zug nach Rumburk
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Bereit zur Weiterfahrt
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Von den Gleisen 1 und 2 gibt es eine Lang- und eine Kurzausfahrt.
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Während bei uns das nähere Signal Kennlicht zeigen würde, stehen hier zunächst beide auf Grün, um dann erst nach jeweils erfolgter Vorbeifahrt auf Halt zu fallen.

Als die Abfahrt meines Zuges nach Decín näher rückt, ertönt eine Ansage. Ich frage einen wartenden Mann, ob ich die deset minut richtig als +10 interpretiert habe. „Ja, zehn Minuten Verspätung.“
Dann bleibt noch reichlich Zeit, den endenden Hai zu dokumentieren.
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Brav folgen die Fahrgäste der Ansage, die das Überschreiten der Gleise vor Halt des Zuges verbietet.
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Beitrag von Entenfang »

„Bitteschön, Zug nach Decín“, meint der Mann zu mir. Ein Regionova also, warum eigentlich nicht?
Ich taue meine tiefgefrorenen Füße an der Heizung auf, während der Triebwagen durch kleine Bahnhöfe in die sternenklare Nacht rauscht. Die Verspätung wird bis zum Endbahnhof nahezu reingeholt, sodass mir die 40 Minuten Umsteigezeit fast vollständig zur Verfügung stehen.

Ich schlittere über den höllisch glatten Bahnsteig, um ein paar Bilder in den Kasten zu bekommen. Die verwendeten Pflastersteine sind absolut ungeeignet und glatt wie eine Schlittschuhlaufbahn.
Ein bisschen NV
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Ein Hauch von FV
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Richtiger FV wartet auf die Abfahrtszeit in den kalten Winterabend
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Weihnachtsbeleuchtung auf dem Bahnhofsvorplatz
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Busverkehr
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Eine riesige Schneewolke verursachend rauscht mein EC überpünktlich heran und bringt mich zurück in die Elbflorenz.
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Beitrag von JeDi »

Sehr schön, da werden Erinnerungen wach! Mittelherwigsdorf, im Schneegestöber, auf einen Schienenbus wartend. Jedlova, aktuell eine der wohl besten Bahnhofskneipen im Land des guten Bieres - wenn auch zwischenzeitlich von einem Esoteriktypen fast zugrunde gerichtet. Im Frühjahr war ich in der Gegend ja auch ein wenig unterwegs ;-)
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Beitrag von Entenfang »

Uh 27 smer Rumburk!

So könnte die Ansage in der Münchner U-Bahn klingen. Doch bis zur Liniennummer 27 wird man wohl selbst nach dem Bau der U9 und der Einführung eines Verästelungsnetzes nicht kommen. Daher wird die U27 wohl noch lange Zeit nur am Wochenende im Zweistundentakt zwischen Mikulašovice dol. n. und Rumburk via Panský verkehren. Das „U“ ist auf den Bezirk Ústi nad Labem zurückzuführen.

Den schneereichen Sonntag nutze ich mal wieder für einen Besuch bei den Nachbarn. Pünktlich fährt die S1 in Dresden ab. Im Vierer gegenüber sitzt eine Frau mit ihrem fünfjährigen Sohn. „…und dann schlichen sie durch die Kanalschächte.“ „Suchen sie Edelsteine?“, wundert sich der Junge. „Ja, sie suchen Edelsteine“, fährt die Mutter fort. Man sollte noch anmerken, dass sie die Geschichte offensichtlich einfach daraufloserzählt. „Ja, in den Schächten ist es ziemlich dunkel und sie können kaum etwas sehen. Ob sie wohl etwas finden werden?“ Der Junge klebt an ihren Lippen und man merkt, dass er sich alles bildlich vorstellt. Die Frau erzählt die Geschichte äußerst lebhaft und improvisiert ziemlich gut.
„Schließlich erreichen sie eine große Halle, in der es etwas heller ist. Doch was ist dort?“ Neugierig schaut der Junge sie an und wartet darauf, dass sie fortfährt. „Da ist eine Tür. Doch sie ist verschlossen.“ „Versuchen sie nicht, die Tür aufzumachen?“, fragt der Junge. „Doch, aber sie ist fest verschlossen.“ „Können sie nicht Iron Man zu Hilfe nehmen?“ „Ja, genau das machen sie. Sie bitten Iron Man um Hilfe.“ „Und??? Kann er die Tür aufmachen?“ „Er versucht es, aber er schafft es nicht. Stattdessen gibt Iron Man ihnen Sprengstoff.“ „Ohhhh!“, staunt der Junge. „Klar, er gibt ihnen nur ein bisschen und sagt, sie sollen vorsichtig sein und genügend Abstand halten. Sie sprengen die Tür auf und gehen durch. Doch was ist dort?“ „Hmm…“ „Hinter der Tür ist ein großes Wasserbecken.“ „Hihi. Sollen die da durchschwimmen?“ „Ja, das haben sie sich auch gedacht. Aber dann finden sie doch einen Weg außenherum. Am anderen Ende entdecken sie eine Schatztruhe.“ „Kriegen sie die auf?“ „Nein, sie ist verschlossen. Sie bemühen sich sehr, aber sie können sie einfach nicht öffnen.“ „Haben sie es denn mit einem Laserschneider versucht?“ „Ja, Iron Man gibt ihnen dann einen Laserschneider und sie können die Truhe öffnen. Und was ist drin?“ „Edelsteine?“ „Nein, ganz viele matschige Krabbelkäferchen!“ „Ihhhhhh!“ „Aber sie suchen weiter und ganz unten in der Truhe finden sie tatsächlich Steine.“ „Sind es Edelsteine?“ „Das wissen sie nicht so genau. Wenn man Steine schleift, sehen sie manchmal ganz anders aus.“ „Warum sollen sie denn in Steine beißen?“ „Nicht beißen, schleifen. Dann sehen Edelsteine erst schön aus.“ „Aha, und schleifen sie dann die Edelsteine?“ „Ja, sie bitten Iron Man, die Steine zu schleifen.“ Die Frau beginnt, Sachen einzupacken. „Und dann?“ „Dann steigen wir mal an der nächsten Station aus.“ „Ja, aber dann?“ „Dann sind wir zu Hause.“ „Aber Mama, wir wohnen doch nicht im Bahnhof!“, ruft der Junge entrüstet. „Nein, wir laufen nach Hause.“ „Ja, aber was machen sie dann?“ „Komm, wir müssen aussteigen.“ „Ach Mama, du verstehst nicht…“
Ich finde es auch äußerst schade, dass die Märchenstunde vorbei ist.

Durch dichtes Schneetreiben rollt der Zug an der Elbe entlang.
NÄCHSTER HALT: OBERVOGELGESANG. AUSSTIEG RECHTS.
In Gegenrichtung steht eine Lok vor einem roten Signal, im folgenden Block eine S-Bahn, dahinter nochmal eine S-Bahn. Ich erreiche glücklicherweise pünktlich Bad Schandau und steige in die U28 um.
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Hierbei handelt es sich um einen ersten redesignten Desiro. Einige Sitzplätze wurden zugunsten von Gepäck ausgebaut und alle Vierergruppen mit Schmetterlingstischen ausgestattet. Auf dem Podestbereich hinter den Führerständen gibt es für jeden Zweier eine Steckdose.
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Fahrgäste der 1. Klasse genießen das Privileg, dass nicht nur die Kopfstütze, sondern der ganze Sitz mit Kunstleder bezogen ist.
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In der U28 bietet sich das gewohnte Bild. Ein tschechischer Tf, selbstverständlich nicht in Uniform, und eine Zub mit Raucherstimme. Ich zeige mein Semesterticket vor und erkläre, dass ich gerne eine Fahrkarte von Sebnitz nach Dolní Krecany kaufen möchte. Sie schaut mich einen kurzen Moment etwas skeptisch an und will dann wissen, ob ich in Euro oder Kronen zahlen möchte. Ich wähle Ersteres, da meine Kronen doch allmählich zur Neige gehen. 43 Kronen bzw. 1,60€ kostet die Fahrkartentapete.
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Durch die herrliche Winterlandschaft kämpft sich der Desiro bergauf.
PFEIF!
Die Zub knipst mit ihrem Handy durch die Frontscheibe.
PFEIF!
Nächste Station: Príští stanice: Goßdorf-Kohlmühle. Bedarfshalt. Wenn Sie dort aussteigen möchten, drücken Sie bitte JETZT eine Haltewunschtaste. Zastávka na znamení. Pro výstup… Ditdit. Dong.
Oh, der Gong im Fahrgastraum ist neu.
PFEIF!
In einen Tunnel hinein und wieder hinaus.
PFEIF! Zisch. PFEEEEEEIF!
Hoppla? Im letzten Moment erkennt der Bussard auf den Gleisen die Gefahr und fliegt davon.

Wir rollen über Viadukt in Sebnitz. Der Tf zieht ebenfalls sein Smartphone heraus und knipst. Das quittiert die Sifa sofort mit Piepen.
„Zug 5445 in Sebnitz.“ … „Richtig.“ „Darf Zug 5445 bis Dolní Poustevna fahren?“
Wir dürfen und setzen unsere Fahrt fort. Eine hohe einstellige Zahl Fahrgäste nutzt den Grenzübergang. Auf tschechischer Seite steigen weitere Fahrgäste zu. Ein Mann hält seinen Hund zurück, der in den warmen Zug zerrt.
Mit wildem Rucken und Kadongkadong wird die Fahrt bis Mikulašovice fortgesetzt, wo bereits die U27 in Form einer Brotbüchse wartet.
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Eine Frau sitzt bereits im Zug, eine weitere steigt zusammen mit mir um.
Mit einem langen Pfiff verkündet der Schaffner die Abfahrtsbereitschaft. „Dobrý den! Kontrolny jízdenky!“, ruft er durch den leeren Wagen.
Rumpelnd und scheppernd kämpft sich der Triebwagen durch den Winter.
TRÖÖÖÖÖT! TRÖÖÖÖT!
Im weiteren Verlauf steigen noch ein paar Fahrgäste zu.

Viel Trubel herrscht nicht in Dolní Krecany, doch immerhin steigt außer mir noch jemand aus und auch jemand ein.
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Mit wütendem Hundegebell und Gänsegeschnatter werde ich empfangen.
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Ich kämpfe gegen den eisigen Wind an und stapfe auf der Hauptstraße durch den Ort.
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Fußwege gibt es in Tschechien natürlich nicht, doch glücklicherweise herrscht nur wenig Verkehr. Von 1,50 m Mindestabstand beim Überholen haben die tschechischen Autofahrer wohl noch nie gehört.

Auf der Suche nach einer Fotostelle bei der Rückkehr des Zuges suche ich den Weg zum Dymník-Berg.
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Man beachte auch das vollständig im Schnee verschwundene Stopschild der Gegenrichtung.
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Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Beitrag von Entenfang »

Nur die Kühe und ein Fotograf trotzen dem Schneesturm
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Ist das nun ein Weg? Das liegt in der freien Interpretation des Betrachters. Ich ändere meinen Plan und kehre zurück zur Hauptstraße.
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Der Wind pfeift und Hunde bellen.
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Bei so vielen Eiszapfen weiß man gar nicht, welche echt sind und welche nur Deko.
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In der weitläufigen Siedlung ist der Abstand zwischen den Häusern ziemlich groß. Außerdem gibt es viele verlassene Gebäude, wie auch die Kirche in Staré Krecany. Die Bedeutung der Kirche ist in Tschechien wesentlich geringer als hierzulande, rund 80% der gut 10 Millionen Einwohner sind Atheisten.
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Während ich den BÜ suche, rauscht der Triebwagen trötend vorbei.

Nur unter der Woche verkehrt hier der Bus im Stundentakt, am Wochenende übernimmt die U27 die Bedienung.
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Ein zugefrorener Teich am Ortsrand
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In Panský warte ich die Ankunft des nächsten Zuges ab.
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Bei diesem Wind ist es schlichtweg aussichtslos, die Linse halbwegs sauber zu halten.

Die Brotbüchse entschwindet nach Rumburk
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Im nahegelegenen Wald suche ich Schutz vor dem eisigen Wind.
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Beitrag von Entenfang »

Es duftet nach frischem Holz.
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Im tief verschneiten Wald zieht ein Mann seine Tochter auf dem Schlitten den Berghang hinunter.
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Auf dem Rückweg warte ich die Ankunft der Brotbüchse ab
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Dann laufe ich nach Brtníky.

Man stelle sich ein Kaff in einer abgelegenen Region vor. Der zugehörige Haltepunkt liegt fast einen Kilometer von der Ortsmitte entfernt. Wie würde er in Deutschland aussehen?

In 90% der Fälle wäre er wohl aufgelassen und in weiteren 9% der Fälle würde ich dort als einziger Fahrgast einsteigen.
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Brav Schlange stehen
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Jetzt ist die Brotbüchse fast schon unterdimensioniert. Die Auslastung liegt deutlich über 50%. Es sind einige Tagesausflügler unterwegs, aber auch eine Frau mit Koffer. „Dobrý den! Kontrolny jízdenky!“
Mein Plan für die Rückfahrt sieht so aus:

Brtníky..........ab 16:11
Os 26006
Rumburk.......an 16:32
....................ab 16:37
Bus 401
Ebersbach.....an 16:55
....................ab 17:00
TL 80172
Dresden Hbf...an 18:21

Ich kaufe eine Fahrkarte bis Rumburk für 16 Kronen.
„Staré Krecany!“, ruft der Schaffner durch den Wagen.
Nach der Weiterfahrt erkundigt er sich lautstark danach, ob jemand in Dolní Krecany aussteigen möchte. Eine Haltewunschtaste sucht man hier natürlich vergeblich. Doch man hört nur vereinzelte „Rumburk!“-Rufe von den Fahrgästen und der Schaffner teilt dem Tf vermutlich mit, dass er nicht anhalten muss. Es wartet auch niemand, sodass wir den Hp ohne Halt passieren. Da wir viel zu früh dran sind, warten wir am Esig Rumburk, um den Zug nach Krásná Lípa vorzulassen.
„Rumburk! Konecná!“
Dennoch steht niemand auf. Alle bleiben sitzen, bis wir wirklich im Bahnhof sind.
Noch bin ich mir nicht im Klaren darüber, warum die Tschechen erstens viel mehr öffentlichen Verkehr anbieten (und auch nutzen) und sich dabei nicht so dumm anstellen wie die Deutschen, welche die Tür schon eine Viertelstunde vor Ankunft blockieren. Mich würde interessieren, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt oder insbesondere, ob jemand ein völlig anderes Bild hat.

Die Ankunft mit -1 kommt mir zum Knipsen gerade recht.
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Zügig verlasse ich das Bahnhofsgebäude. Doch wo ist die Bushaltestelle?
Wenn man auf die mühsam auf Tschechisch hervorgebrachte Frage die Antwort „Over there.“ bekommt, weiß man wenigstens, wie es um die eigenen Sprachkenntnisse steht.
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Wenige Augenblicke später rollt auch schon der Bus herbei, ich zahle nochmal 19 Kronen.
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Unnötig zu erwähnen, dass die grenzüberschreitende Buslinie sonntags selbstverständlich im sauberen Zweistundentakt verkehrt und abgestimmt auf die Bahnverbindungen.
http://www.zvon.de/de/fps/2017_44401-2.1553.pdf
Um auch den Zug von/nach Krásná Lípa zu erreichen, wäre allerdings eine Verlängerung der U28 bis Ebersbach erforderlich. Ob der ZVON wohl dafür Geld bekommt?
http://irfp.de/files/iRFP/Downloads/awt/08...lusssebnitz.pdf

Im Bus sitzen etwa 10 Fahrgäste, die nach und nach aussteigen. Der Matsch spritzt meterweit von der Landstraße in den Wald. Über eine ziemlich vereiste kleinere Landstraße nähern wir uns der Grenze. Ich kann das Esig meines Zuges bereits in der Ferne grün blinken sehen. Die Verspätung steigt langsam, aber sicher an, obwohl wir nicht an jeder Haltestelle stoppen müssen. Als einziger Fahrgast überquere ich die Grenze und stehe mit +5 auf dem Bahnhofsvorplatz. Das Asig leuchtet grün und ich sprinte zum Bahnsteig. Ich habe Glück, der Trilex steht mit +1 am Bahnsteig und fährt ab, nachdem ich hinter dem letzten der anderen wartenden Fahrgäste reingesprungen bin. Bis Dresden steigt die Auslastung des Desiros über 75%.
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Beitrag von Entenfang »

Wenn die ländliche Idylle gestört wird…

…ist der RE 6 schuld.


Der wunderschöne Tag musste für einen Ausflug genutzt werden – ich weiß auch nicht wie es passieren konnte, aber nach dem Kauf einer Fahrradtageskarte VVO (Im VMS, MDV und VVV ist die Mitnahme im SPNV grundsätzlich kostenlos) bleiben mir noch ganze 5 Minuten bis zur Abfahrt des RE3. Ich nutze sie, indem ich den beiden Geschäftsleuten am Automaten nebenan helfe. Where do you want to go? „Görlitz.“ Sie haben es immerhin schon ganz schön weit geschafft, der Automat will wissen, ob zum Bahnhof, nach Rauschwalde oder doch Weinhübel. Bahnhof sollte es tun, denke ich. Bis sie nach dem Namen des Hotels kramen, ist der Vorgang leider schon abgebrochen. Ich erhasche einen Blick auf die Flugtickets, die beiden Männer Mitte 30 kommen aus Doha.
Alles halb so wild, ein paar Drücker später habe ich das gewünschte Ergebnis wieder herbeigezaubert. Bravo, der DB-Automat schlägt sogar freiwillig auf der Start-Ziel-Suche das Trilex-Tagesticket vor. Nur mit drei 10€-Scheinen auf einmal ist der Kasten weniger glücklich, ich empfehle, die Scheine einzeln einzuführen. Natürlich nimmt er sie trotzdem nicht. Ich versuche es mit erfahrener Eisenbahnerhand und tadaaa – es klappt auf Anhieb. Sie bedanken sich nochmal und ich begebe mich flott zum Bahnsteig. Doch die Eile ist nicht nötig, inzwischen ist die Abfahrt mit +10 angekündigt.

Tatsächlich wird die Grinsekatze bald bereitgestellt und startet mit +8 unter dem strahlend blauen Himmel. Dong. Err Eh Drei über Freiberg Sachsen, Chemnitz Hauptbahnhof, Zwickau Sachsen Hauptbahnhof, Plauen Vogtland oberer Bahnhof nach Hof Hauptbahnhof! Inzwischen habe ich die Ansagen schon so oft gehört, dass ich sie fast gar nicht mehr wahrnehme.

Chemnitz erreiche ich mit +6 und begebe mich zur Citybahn Richtung Burgstädt. Groß beworben wird die Streckeneröffnung zum Stadlerplatz am 2.5.2017, wenn eine Haltestelle des Stadtbahnabschnitts Richtung TU Chemnitz fertiggestellt ist. Dort sollen ab Dezember 2018 die Bahnen direkt weiter nach Thalheim verkehren.
http://www.chemnitzbahn.de/aktuelles/v/a/0...z-chemnitz/193/
http://www.chemnitzer-modell.de/stufe-2/was-genau/

Pünktlich fährt der Triebwagen ein und mit leisem Grollen erwacht der Dieselmotor zum Leben. Der Citylink ist um Welten angenehmer als der Combino Duo in Nordhausen. Etwas ungewohnt fühlt es sich aber schon an, in einer Straßenbahn mit Dieselantrieb zu fahren.
Der Tf versäumt das Wachsam am Langsamfahrt erwarten vor Burgstädt und mit atemberaubend kurzem Bremsweg stehen wir ruckartig. „Alle in Ordnung?“, erkundigt sich der Zub aus dem Führerstand. Glücklicherweise haben alle Rentner noch gesessen, die Montagmittag den überwiegenden Teil der überschaubaren Fahrgastzahl stellen.


Die Strecke Leipzig – Chemnitz fristete nach der Wende ein Schattendasein mit langen Fahrzeiten und sinkenden Fahrgastzahlen. Daher wurde der Ausbau der Strecke beschlossen. Ausbau ist dabei durchaus im wörtlichen Sinne zu nehmen, so viele Gleisanlagen, wie dabei rausgerissen wurden. In Zeiten des geplanten Börsengangs der DB AG wurde der NKF knallhart durchgezogen. Da man nur äußerst mühsam einen Wert größer 1 erreichen konnte, wurde alles weggespart, was sich irgendwie wegsparen ließ. Die Fahrzeit sollte mit NT unter eine Stunde sinken.

Treffen der Hybriden in Burgstädt
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Wenn man etwas Positives über den Bahnhof sagen möchte, erwähnt man die kurzen Umsteigewege. Schaut man etwas kritischer hin, erkennt man das Stumpfgleis der Citybahn. Zur Einsparung der notwendigen Unterführung mit Aufzug wurde das einstige Überholgleis zum Stumpfgleis.
Ich schwinge mich auf den Sattel und folge zunächst der ausgeschilderten Hauptradroute. Weit komme ich nicht, denn nach 100 Metern stehe ich vor einer Treppe. Die ist zwar mit schrägen Blechen ausgestattet, aber warum die Fahrradroute nicht einfach über den kaum 200 Meter langen Umweg ohne Treppen ausgeschildert ist, wird das Geheimnis der dafür Zuständigen bleiben.

Auf dem Abschnitt bis Geithain gibt es nur noch wenige BÜ, an einem wird der nächste Zug Richtung Leipzig abgewartet.
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Die Trasse des zweiten Gleises ist noch gut zu erkennen. Es fehlt allerdings schon seit 1945.
Nachdem mir der Zug am nicht mehr für Reisezughalte genutzten Bahnhof Cossen vor der Nase durchgefahren ist, suche ich die nächste Fotostelle auf. Das Göhrener Viadukt dürfte wohl eine der markantesten Stellen der Strecke sein.
Prompt zieht eine Fotowolke auf. Immerhin lässt sie zumindest den Steuerwagen im Licht. Irgendwie fände ich hier eine verkehrsrote Lackierung fotogener.
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Rechts im Hintergrund ist die ehemalige Strecke Glauchau – Rochlitz zu erkennen, deren Gleise samt Reichsbahn-BÜ noch in erstaunlich gutem Zustand sind.

Der Gegenzug aus anderer Perspektive mit etwas weniger Fotowolkeneffekt
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Im Zuge des Ausbaus wurde als Ziel 160 km/h im Flachland und 120 km/h mit NT im Hügelland angestrebt. Dabei hatte man aber zunächst nicht bedacht, dass die 160 km/h ohnehin nur auf äußerst kurzen Abschnitten fahrdynamisch überhaupt erreichen sind – zudem hat man sich bei der Ausfädelung in Paunsdorf einen groben Schnitzer bei der Gleistopologie erlaubt und eine Bogenweiche verbaut, die nur 60 km/h zulässt.
Es wurde daher eine Übersicht über mögliche Korrekturen der Linienführung mit ihrem Zeitgewinn sowie den damit verbundenen Kosten angefertigt. Die Maßnahmen mit den geringsten Kosten pro gewonnener Zeiteinheit sollten dann umgesetzt werden. Unter anderem wurde auch das Göhrener Viadukt untersucht und dabei drei verschiedene Varianten erstellt. Der Bogen um das Dorf erlaubt nur 90 km/h.
https://www.google.de/maps/@50.9830395,12.7...1!1e3?hl=de

Für 100 Mio. € hätte man einen neuen Viadukt bauen können, für 50 Mio. € eine verbesserte Linienführung ohne neues Viadukt erreichen können – Problem: Göhren hätte abgerissen werden müssen. Das steht natürlich in keinstem Verhältnis zum Fahrzeitgewinn von etwa 0,2 min. und wurde daher verworfen. Die dritte Variante für weniger als 50 Mio. € musste wegen Naturschutz aufgegeben werden.

Entlang der Zwickauer Mulde fahre ich nach Wechselburg.
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Anschließend möchte ich entlang des Dölitzschbachs nach Narsdorf fahren, doch ich lande auf einer grünen Wiese am Waldrand. Google Maps verortet mich auf einer grauen Fläche. Da kommt mir doch die Frau mit Hund gerade recht, zumal sie die erste Person ist, die ich im Wald treffe. Sie kann mir den Weg genau beschreiben, ich finde ihn anschließend problemlos.
Kurze Verschnaufpause in Dölitzsch angesichts der großen Steigung
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Gerade noch rechtzeitig erreiche ich den Bahnhof äh Hp mit Üst Narsdorf.
An keinem Bahnhof entlang der Strecke ist der „Ausbau“ so krass sichtbar wie hier. So sah es vor dem Umbau aus:
https://www.drehscheibe-online.de/galerie/d...&id=722677&rv=0
Und so sieht es heute aus:
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Selbst die benötigten 2 Mio. € für den zweiten Bahnsteig wurden eingespart – auf diese Weise gibt es kaum noch Verspätungstoleranz. Ab hier beginnt der zweigleisige Abschnitt bis Geithain. Um seine Lage zu bestimmen, wurden einfach die Zeit-Weg-Linien der RE aus beiden Richtungen gezeichnet und festgestellt, wo sie sich treffen. Dies ist zwischen den beiden Bahnhöfen der Fall und ein typisches Beispiel für „Der Fahrplan bestimmt die Infrastruktur“.
Wer genau hinsieht, kann die Besonderheit der Weiche erkennen – es handelt sich um eine symmetrische Bogenweiche. Auf diese Weise lässt sich kostengünstig eine höhere Geschwindigkeit auf beiden Strängen erreichen. Um mit einer Einfachen Weiche dieselbe Abzweiggeschwindigkeit zu erreichen, wäre eine deutlich größere Weichengrundform erforderlich.

Mit lautem Quietschen kommt der Zug zum Stehen. Angesichts des „neuen“ Wagenmaterials gab es zahlreiche Anwohnerbeschwerden. Kein Wunder, ist der RE 6 aufgrund der klotzgebremsten Wagen fast so laut wie ein Güterzug.

Den nächsten Halt lege ich am Begegnungsabschnitt ein. Die kühlen Temperaturen der letzten Wochen haben die Rapsblüte unerfreulich stark zurückgehalten.
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Und die Modellbahnvariante
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Hier wiederum passt die Lackierung perfekt in die Landschaft.
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