Prag - Stadt der 1000 Türme und Tatras

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Beitrag von Entenfang »

Ich laufe bis Florenc, einem eher ungemütlichen Teil Prags.
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Bei einer mit ziemlich neuen Gleisen verlegten Wendeschleife entdecke ich dieselbe Situation wie in Berg am Laim. Zur Vermeidung einer Bogenweiche werden zwei Gleise parallel über mehrere Meter durch die Wendeschleife geführt
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Etwas abseits liegt die Haltestelle der Linie 14
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Mich zieht es nochmal zur Haltestelle Vltavská bei Tageslicht
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Die bereits aus der Vogelperspektive betrachtete Bahnbrücke wird gerade zufällig von einem Regionova befahren. Die Chance kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Im Hintergrund das Reiterstandbild, links daneben die Aussichtsplattform
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Als Nächstes zieht es mich in die Nähe der Prager Burg. Eine etwas ungewöhnliche Verkehrsführung in der Nähe der Haltestelle Královský letohrádek
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Eine bergab fahrende Bahn muss sowohl den links abbiegenden als auch den von rechts hinten kommenden MIV durchlassen. Glücklicherweise kann wenigstens von links hinten kein Fahrzeug kommen, da es sich um eine Einbahnstraße handelt.

Herbststimmung im Chotkovy sady
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Beitrag von Entenfang »

Eine bunte Mischung an Fahrzeugen wird auf der Sightseeing-Linie 22 eingesetzt
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Als ich die nächste Bahn Richtung Innenstadt nehmen möchte, fällt mir auf, dass meine 24h-Karte schon abgelaufen ist. Grandios, ich habe vergessen, noch Einzelfahrten vorzukaufen und im Fahrzeug gibt es ebensowenig einen Automaten wie an dieser Haltestelle. Ich laufe rein spekulativ eine Station zur Burg und finde dort einen Automaten. Bis ich endlich die richtigen Münzen herausgekramt habe, fährt mir die nächste Bahn natürlich gerade vor der Nase weg.

Nach einem schnellen Mittagessen erkunde ich noch weitere Passagen am Wenzelsplatz.
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Der Bildhauer David Cerný schuf bereits einige kontrovers diskutierte Kunstwerke. Eines der bekanntesten ist die Parodie auf das Reiterstandbild des Heiligen Wenzels.
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Völlig unerwartet öffnet sich ein kleiner Park mit Spielplatz im Innenhof eines Gebäudekomplexes. Hinten ist die Kirche St. Maria Schnee zu sehen.
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Die letzten Sonnenstrahlen beleuchten die Hausdächer
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Bevor ich zurückfahre, gönne ich mir einen der leckeren Baumstriezel.
Die Verkäufer haben eine neue Möglichkeit entdeckt, mehr Geld damit zu verdienen. Für 20 Kronen extra bekommt man Nutella hineingeschmiert.

9353 nähert sich der Haltestelle Nákladové nádraží Žižkov.
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Hinter dem Namen verbirgt sich ein 2002 eingestellter Güterbahnhof, der anschließend zum Begierdeobjekt von Immobilienhaien wurde. Doch das Gebäude wurde nach langen Diskussionen zum Kulturdenkmal erklärt und erhalten. Heute kann das Areal besichtigt werden, außerdem finden kulturelle Veranstaltungen wie beispielsweise Open-Air-Kino statt. Hätte ich das doch bloß vorher gewusst…

So, jetzt aber schnell zum Bahnhof. Zeitoptimiert wie immer stehe ich wenige Minuten vor Abfahrt auf dem Bahnsteig. Der gut gefüllte Zug setzt sich nach Anschlussaufnahme vom direkt gegenüber haltenden Zug aus Budapest mit +7 in Bewegung. Mit -1 endet der stark verlängerte Wochenendtrip nach einer unspektakulären Rückfahrt an der Elbe.


Fazit

Nun hat sich also eine wunderbare Gelegenheit ergeben, mal wieder die Stadt der 1000 Türme und Tatras zu besuchen. Wenn ich auch weit weniger der zahlreichen Vorschläge von Oliver abarbeiten konnte als erhofft, so war der Besuch doch äußerst erfolgreich. Einige weiße Flecken auf meiner persönlichen Landkarte konnten gefüllt werden.
wer sich etwas für "urban exploration" oder leerstehende Gebäude interessiert, findet mit den "Barrandovske terasy" ein absolutes Highlight.
Inzwischen leider größtenteils in ein Netz zum Schutz vor herabfallenden Steinen eingehüllt.

Gleichzeitig konnte ich noch viele weitere interessante Orte auf meine To-do-Liste für den nächsten Besuch schreiben. So schnell wird mir in dieser Stadt jedenfalls nicht langweilig.

Kulinarisch stellte sich wieder einmal heraus, dass Gulasch und Knödel drei Tage ganz lecker sind, der Bedarf dann aber erstmal gedeckt ist. Daraus kann man aber nicht folgern, dass die Dauer des Aufenthalts drei Tage nicht überschreiten darf. In Prag gibt es auch ein recht umfangreiches kulinarisches Angebot abseits der traditionellen Küche.


Den Großteil des Fazits möchte ich den verkehrlichen Aspekten der tschechischen Hauptstadt widmen.

Der Prager Straßenbahnbetrieb ist ein recht prominenter Vertreter eines stark ausgeprägten Verästelungsnetzes. Nach ausgiebiger Nutzung sind mir doch einige damit verbundenen Aspekte aufgefallen. Bereits der erste Blick auf das Netz offenbart einen Nachteil: Es ist ziemlich unübersichtlich.

2009: http://metro.angrenost.cz/images/tram-map.png
2013: http://www.prague-guide.eu/images/prague-m...trams-stops.jpg
März 2016: http://czech-transport.com/images/metro_tr...daily_stops.pdf
Seit August 2016: http://www.dpp.cz/download-file/13568/05_m...daily_stops.pdf

Immerhin hat sich das Design im Laufe der Jahre erheblich verbessert. Sehr schade finde ich hingegen, dass mit der Liniennetzumstellung im August 2016 im Netzplan nicht mehr zwischen Hauptlinien und Nebenlinien unterschieden wird. Diese waren durch eine dicke Linie gekennzeichnet und sind in der Regel doppelt so häufig unterwegs als die restlichen Linien. Ein kleiner Vergleich im Aushangfahrplan:

Hauptlinie 9: http://jrportal.dpp.cz/DataFTP/JRPortalDat.../9_(612_3)T.pdf
Nebenlinie 20: http://jrportal.dpp.cz/DataFTP/JRPortalDat...0_(1019_1)T.pdf

Aus dem verzweigten und verschachtelten Liniennetz folgt zwangsläufig, dass nicht auf allen Abschnitten mit mehreren Linien ein gleichmäßiger Takt angeboten werden kann. So kommt es zu unschönen Pulkfahrten auf gemeinsam genutzten Abschnitten.
https://files.mycloud.com/home.php?brand=we...Palmovka-Maniny
Selbstverständlich ist das auch nicht gerade für eine gleichmäßige Fahrgastverteilung förderlich, sodass dann das nach längeren Lücken zuerst ankommende Fahrzeug überfüllt ist (insbesondere, wenn es sich um ein Tatra-Solo handelt) und das direkt folgende ziemlich leer ist.
Trotzdem ist es auf vielen längeren gemeinsamen Abschnitten erstaunlich gut gelungen, einen weitgehend gleichmäßigen Abstand zu erreichen.

Ein weiterer Nachteil sind die abweichenden Haltepositionen für eine Fahrtrichtung je nach Linie. Möchte man beispielsweise von der Station Andel Richtung Norden fahren, kann man zwischen vier Linien wählen.
https://files.mycloud.com/home.php?brand=we...l_Halteposition
Doch zwei davon fahren an Halteposition 1, die anderen beiden an Position 2 ab. Aus diesem Grund können sich unnötige Wartezeiten ergeben.

Das Verästelungsnetz bietet noch eine weitere „Chance“ auf unnötige Wartezeiten. Steht man beispielsweise an der Haltestelle Botanická zahrada und möchte zur Haltestelle Národní divadlo fahren, bietet sich nur die 18 als direkte Linie an. Gleichwohl würde auch die Option bestehen, eine 14 oder 24 zu nehmen, falls diese zuerst kommen sollten und am Novomestská radnice in die 22 umzusteigen. Alternativ könnte man auch bis Lazarská fahren und dort in die 9 umsteigen. Es gibt also eine Vielzahl an Reisemöglichkeiten, aber selbst wenn man sämtliche Reisemöglichkeiten für eine Strecke kennt, weiß man noch lange nicht, welches der schnellste Weg ist. Ganz abgesehen davon ist es natürlich psychologisch äußerst ungünstig, wenn man auf die direkte 18 wartet und erstmal die 14, dann die 24, dann wieder die 14 und dann erst die 18 kommt. Das kann sogar ohne Abweichungen vom Fahrplan vorkommen, da die Linien nicht in gleichen Intervallen verkehren.

Leider ist DFI mit Live-Abfahrtszeiten noch nicht sehr weit verbreitet, sodass man sich auch nicht zu Beginn für eine Fahrt mit Umstieg entscheiden kann, wenn die gewünschte Linie verspätet ist.
Die fehlenden Abfahrtsmonitore machen sich natürlich auch beim Umsteigen von der Metro im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Haltepositionen negativ bemerkbar.
Die Aufenthaltsqualität ist an vielen Tramhaltestellen äußerst bescheiden. Selbst an größeren Haltestellen gibt es keine Wartehäuschen und auf den engen Bahnsteigen in Straßenmitte steht man inmitten des Verkehrstrubels. Manchmal gibt es ein Wartehäuschen am Straßenrand, doch wenn es keinen Zebrastreifen gibt, sollte man besser rechtzeitig auf den Bahnsteig wechseln, denn die Autofahrer halten nicht immer an, wenn eine Bahn einfährt. Das sorgt für durchaus gefährliche Situationen, wenn sich ein- und aussteigende Fahrgäste auf dem engen Bahnsteig drängen oder auf die Fahrbahn ausweichen müssen.

Die Beschilderung der Haltepositionen auf dem Bahnsteig und in den Zwischengeschossen ist mir sehr sparsam vorgekommen, sodass ich mehrmals den falschen Ausgang genommen habe. Liniennummern sind oft gar nicht und Endhaltestellen nur unvollständig ausgeschildert.

Umsteigen macht an einigen Stellen keinen Spaß, weil die Fußwege ziemlich lange ausfallen. Besonders ungünstig ist die Tramhaltestelle am Hbf, wo man zuerst 5 Minuten durch den vorgelagerten Park, dann noch 5 Minuten durch die Shopping Mall laufen muss.

Gleichwohl bietet der Prager ÖPNV auch einige sehr positive Seiten. Der 1994 eingeführte Verkehrsverbund PiD ermöglicht auch Fahrten mit Zügen der CD, außerdem lässt sich die Standseilbahn aufpreisfrei nutzen. Dafür würde man wohl in jeder anderen Stadt der Welt extra bezahlen müssen.

Das weit verzweigte Tramnetz bietet unzählige Direktverbindungen, dadurch werden die Nachteile der langen Umsteigewege und der ungemütlichen Haltestellen teilweise kompensiert. Außerdem gibt es eine wunderbare Symbiose im „Parallelverkehr“. Während die Metro als Schnellbahn mit sehr großen Haltestellenabständen und dichtem Takt das schnelle Fortkommen auf langen Strecken ermöglicht, dient die Tram (mit ihren immer noch recht großen Haltestellenabständen) auf denselben Strecken der Feinerschließung. So gibt es insbesondere auf der Linie B sehr ausgeprägten Parallelverkehr. Auf Kurzstrecken ist die Metro aufgrund der extremen Tiefenlage ohnehin nicht so attraktiv.
Trotz einiger stauanfälliger Abschnitte kommt aber auch die Tram recht zügig voran, da es verhältnismäßig wenige Ampeln gibt.

Dass die unmodernisierten T3 kurzfristig ersetzt werden sollen, finde ich außerordentlich schade. Die T6 mag ich aufgrund des extrem unangenehmen Türschließtons viel weniger.

Dass im Prager Verkehr einiges im Argen liegt, verdeutlicht diese Präsentation von Umweltinitiativen.
http://www.boell-hessen.de/archivseite/pol...%e4ge/Bohac.pdf
Inzwischen ist der innere Autobahnring, der fast vollständig durch Tunnels verläuft, abgeschlossen.

Auch einige U-Bahnprojekte wurden umgesetzt. Derzeit laufen die Planungen für eine vierte Linie, welche den Südosten der Stadt erschließen soll und in Pankrac Anschluss an die Linie C bekommen wird. Mittelfristig soll sie über den Hbf in das Zentrum verlängert werden. Ich befürchte nur, dass man hier den bekannten Fehler der Tram 23 in Prag wiederholen wird. Die neue Metrolinie wird noch mehr Fahrgäste in den ohnehin schon am stärksten belasteten Abschnitt der Linie C schaufeln…
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Beitrag von Bayernlover »

Wunderschön :) war vor 8 Jahren das letzte Mal in Prag - so eine tolle Stadt!

Das Böll-PDF ist ja sehr aufschlussreich - ich frage mich, wie man eine Verkehrsplanung so nachhaltig verkacken kann, wo es doch in ganz Europa gute Gegenbeispiele gibt, wie es richtig geht. Und damit ist nicht Ludwigshafen gemeint ;)
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Luas »

Danke für deine wie immer tollen Reiseberichte ! :) Ist in Prag das Zeitalter der Original-T3 zu Ende?
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Beitrag von Entenfang »

Luas @ 11 Dec 2016, 23:55 hat geschrieben:Danke für deine wie immer tollen Reiseberichte ! :)  Ist in Prag das Zeitalter der Original-T3 zu Ende?
Gerne. Wenn du diese Fahrzeuge meinst, ich habe noch einige wenige gesichtet.
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Beitrag von Luas »

Entenfang @ 12 Dec 2016, 20:42 hat geschrieben: Gerne. Wenn du diese Fahrzeuge meinst, ich habe noch einige wenige gesichtet.
Genau die habe ich gemeint, Danke. Bin vor ungefähr 10 Jahren mit dem Original-T3 durch Prag rumgekurvt. Ist dir da auch das markante "Klack" während der Fahrt aufgefallen? ;)
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Beitrag von Entenfang »

Luas @ 12 Dec 2016, 20:10 hat geschrieben: Ist dir da auch das markante "Klack" während der Fahrt aufgefallen? ;)
Hmm so spontan weiß ich leider nicht, wovon du sprichst... Gibts ein Video, in dem man das hört?
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Beitrag von Luas »

Entenfang @ 12 Dec 2016, 22:55 hat geschrieben: Hmm so spontan weiß ich leider nicht, wovon du sprichst... Gibts ein Video, in dem man das hört?
Ja!
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Lieber Entenfang, ein ganz großes Dankeschön für Deine umfangreiche Bilddokumentation und die ergänzenden Erklärungen zu einer der zweifelsohne schönsten und spannendsten Städte Europas!

Ich bin aus Zeitgründen leider erst jetzt dazu gekommen, mir alles genau anzusehen und durchzulesen, habe es dafür aber umso mehr genossen! Du hast die Stadt mittlerweile wirklich sehr gut und genau erkundet auf einer Ebene, auf die die meisten "normalen" Touristen nie kommen werden. Meiner Meinung nach wächst einem die Stadt umso mehr ans Herz, je öfter man dort war und je mehr man sich auch mal abseits der üblichen Touri-Ströme bewegt!

Da Dir Prag so gut gefallen hat, möchte ich Dir als nächstes Reise- und Erkundungsziel unbedingt sehr stark eine ganz bestimmte Stadt empfehlen: Kiew. Ich bin mir sehr sicher, dass Dir diese Stadt auch sehr gut gefallen könnte - vielleicht hast Du ja Lust, einmal selbst im Netz zu recherchieren, ob Dich diese Stadt reizen würde :)

Prinzipiell könnte man Kiew durchaus als ein etwas östlicheres, wilderes, unentdeckteres und weitgehend touristenfreies Prag mit einer faszinierenden Mischung aus altem Sowjetflair und langsam einziehenden westeuropäischen Dingen beschreiben. Du wirst dort sehr sehr viele Elemente aus Prag auf die eine oder andere Art wiederfinden. Das beste für Dich wäre: dort klacken mittlerweile fröhlich über 100 Tatra T3 aus Prag im Prager Originallack durch die Straßen, die in den letzten Jahren in Prag durch neue Niederflurwagen freigesetzt wurden und vom aktuellen Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko (ja - es handelt sich tatsächlich um den ehemaligen Profiboxer) für den Einsatz in Kiew gekauft wurden, um teilweise jüngere, aber mangels Wartung völlig heruntergekommene Kiewer T3 und T6 zu ersetzen (in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, fahren übrigens mittlerweile auch gebrauchte Prager T6, da man in Prag mit den T6 nicht allzu glücklich ist und diese nach Zugang neuer Niederflurwagen teilweise noch vor den älteren T3 ausgemustert werden). Allerdings gibt es im Zentrum Kiews schon seit über 15 Jahren keine Straßenbahn mehr, aufgrund autofreundlicher Politik ist sie fast nur noch an der äußeren Peripherie unterwegs, die zentralste verbliebene Strecke ist die vom Hauptbahnhof in die historische Unterstadt. Dafür ist das Netz trotzdem sehr abwechslungsreich, von der kreuzungsfrei trassierten Schnellstraßenbahn durch die Plattenbauviertel am Stadtrand über straßenbündige Strecken durch enge Straßenzüge der Unterstadt, es gibt sogar eine zweigleisige Außenstrecke im Nordwesten der Stadt, die sehr lange durch einen menschenverlassenen Wald führt, in dem außer einem Sanatorium für Kinder keinerlei Zivilisation vorhanden ist.

Auch die langen, schnellen Rolltreppen in Holzoptik bei der U-Bahn wirst Du hier wiederfinden - teilweise noch älter als in Prag, denn die ersten Stationen der Kiewer Metro wurden schon 1960 eröffnet (es war die dritte Metro der damaligen Sowjetunion nach Moskau 1935 und St. Petersburg 1955). Allerdings liegen die Stationen teilweise noch viel tiefer, als es in Prag der Fall ist. Der Bahnhof Arsenalna der roten Line liegt zum Beispiel satte 105,5 Meter unter der Erde. Der Füllungsgrad der Metro ist teilweise extrem, gibt es doch in Kiew für doppelt so viele Einwohner wie in Prag ebenfalls nur drei Metrolinien - und deutlich weniger bzw. keinerlei Straßenbahn im Innenbereich.

Ich war seit 2010 insgesamt acht Mal in Kiew, auch nach den traurigen Ereignissen rund um den Maidan im Frühjahr 2014. Für die Stadt braucht man mindestens eine Woche Zeit für ein intensives erstes Kennenlernen, wenn man sowohl den zahllosen Sehenswürdigkeiten (von wunderschönen Klöstern in grünen Hügeln hoch über dem kilometerbreiten Fluss Dnepr bishin zu atemberaubenden sowjetischen Monumenten wie der Mutter Freiheit - eine Art Freiheitsstatue der Sowjetunion, die 1982 extra ein paar Meter höher gebaut wurde als das westliche Pendant in New York), dem öffentlichen Nahverkehr (ebenfalls mit Standseilbahn wie in Prag!) wie auch dem absolut faszinierenden und spürbar anderen öffentlichen Leben als in Westeuropa Rechnung tragen will (alleine der Buchmarkt an der Metrostation Petrivka ist eine Welt für sich). Man bekommt alle Waren, Essen und Lebensmittel wie überall anders in Europa auch. Wer keine Experimente wagen will oder anfangs noch etwas fremdelt, geht in den Billa-Supermarkt oder zu den bekannten westlichen Fastfood-Ketten, und im Zentrum weiß man ob des Überangebots von hunderten Restaurants von indisch über ukrainisch bis Sushi, Burgerladen oder italienisch gar nicht wohin man zuerst essen gehen soll. Die Einreise ins Land ist visumfrei, es gibt drei tägliche Flüge ab München mit zwei verschiedenen Airlines, und mit dem Zug kommt man auch problemlos hin. Aufgrund der seit 2014 massiv abgewerteten Währung ist eine Ukraine-Reise derzeit so günstig wie nie seit Einführung der visumfreien Einreise für Deutsche anno 2005, man kann sich überlegen ob man eine Ausflugs-Tour nach Tschernobyl machen möchte (zwei Stunden Busfahrt von Kiew, nur im Rahmen einer geführten Tour möglich), die Metro und vieles andere ist seit der Fußball-EM 2012 auch in Englisch beschildert, und entgegen häufiger Auffassung wird man in dem Land nicht sofort nach Ankunft überfallen, ausgeraubt, betrogen oder ähnliches; auch wenn man durchaus eine gewisse "street smart"-Einstellung gebrauchen kann und als westlicher Tourist bei Unachtsamkeit durchaus mal als leichtes Opfer für diverse Dinge gesehen werden könnte.

Wenn Dich das ganze reizt - frag mich gerne jederzeit über die Stadt aus, wenn Du magst auch per privater Nachricht, ich kenne dort fast jedes Eck ;)
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Beitrag von Entenfang »

Oliver-BergamLaim @ 23 Dec 2016, 13:01 hat geschrieben:Wenn Dich das ganze reizt - frag mich gerne jederzeit über die Stadt aus, wenn Du magst auch per privater Nachricht, ich kenne dort fast jedes Eck  ;)
Deine Tipps für Prag haben mich durchaus inspiriert. Bevor ich losgefahren bin, habe ich nochmal den Thread gesucht und die entsprechenden Stellen auf dem Stadtplan markiert. Bzgl. Kiev komme ich gerne auf dich zurück, wenn sich die Gelegenheit ergeben sollte. :)
Im Sommer war ich in Lemberg und habe einen ersten Blick in die Ukraine geworfen. Und ja, der Reisebericht ist in Arbeit! ;)
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Beitrag von Jogi »

Danke für den wundervollen Bilderbogen! Den kann man sich wohl dreimal durchlesen und entdeckt immer noch etwas Neues.

Gleichzeitig hat er Erinnerungen an den letzten Sommer geweckt, als ich kurzzeitig in Prag war. Allerdings nur auf der Durchreise - das ist natürlich nichts im Vergleich zu Euch "Prag-Experten" hier ;) Aber alleine das bisschen Durchlaufen durch die Stadt in den "Häuserschluchten", allenthalben die Tram, das Kopfsteinpflaster (aargh) war/ist irgendwie etwas Einmaliges, was ich so in keiner anderen Stadt erlebt habe. Daher, auch ein Dankeschön für's Aufwecken der Erinnerung daran. Noch eine Stadt mehr auf der persönlichen To-Do-Liste...

Ich hoffe, es geht in Ordnung, ein Bild von mir mit anzuhängen. Ausdrücklich ohne deinen Fotos Konkurrenz machen zu wollen. Das wäre aussichtslos :)

Der Kopfbahnhof Masarykovo nádraží verfügt über eine wunderschön gestaltene Front im, wie wiki weiß, im Empire-Stil.
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Entenfang @ 10 Dec 2016, 22:35 hat geschrieben:Gleichwohl bietet der Prager ÖPNV auch einige sehr positive Seiten. Der 1994 eingeführte Verkehrsverbund PiD ermöglicht auch Fahrten mit Zügen der CD, außerdem lässt sich die Standseilbahn aufpreisfrei nutzen. Dafür würde man wohl in jeder anderen Stadt der Welt extra bezahlen müssen.
Wenigstens in einer weiteren Stadt ist das im Tarif mit drin: die SSB zu ihrer Seilbahn
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Entenfang @ 23 Dec 2016, 23:46 hat geschrieben: Im Sommer war ich in Lemberg und habe einen ersten Blick in die Ukraine geworfen. Und ja, der Reisebericht ist in Arbeit! ;)
Auf den Bericht freue ich mich jetzt schon! :)

Zum Thema Standseilbahnen: soweit ich weiß, sind auch die beiden Standseilbahnen der italienischen Hafenstadt Genua in den Tarif der öffentlichen Verkehrsbetriebe mit integriert.
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Beitrag von viafierretica »

Oliver-BergamLaim @ 26 Dec 2016, 00:31 hat geschrieben: Auf den Bericht freue ich mich jetzt schon! :)

Zum Thema Standseilbahnen: soweit ich weiß, sind auch die beiden Standseilbahnen der italienischen Hafenstadt Genua in den Tarif der öffentlichen Verkehrsbetriebe mit integriert.
In Südtirol sind sogar echte Seilbahnen im Tarifverbund integriert (Z.B. Bozen: Ritten-Seilbahn, Seilbahn Jenesien, ab 1.1.17 auch die Kohlern-Seilbahn).
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Beitrag von JeDi »

viafierretica @ 26 Dec 2016, 13:34 hat geschrieben:
Oliver-BergamLaim @ 26 Dec 2016, 00:31 hat geschrieben: Auf den Bericht freue ich mich jetzt schon!  :)

Zum Thema Standseilbahnen: soweit ich weiß, sind auch die beiden Standseilbahnen der italienischen Hafenstadt Genua in den Tarif der öffentlichen Verkehrsbetriebe mit integriert.
In Südtirol sind sogar echte Seilbahnen im Tarifverbund integriert (Z.B. Bozen: Ritten-Seilbahn, Seilbahn Jenesien, ab 1.1.17 auch die Kohlern-Seilbahn).
Was ist an einer Standseilbahn unecht? ;-)
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Beitrag von 146225 »

JeDi @ 26 Dec 2016, 13:35 hat geschrieben: Was ist an einer Standseilbahn unecht? ;-)
Das dürfte so was ähnliches sein wie die Sache mit den "richtigen" Eisenbahnen - auf Nachfrage bekam ich auch noch nie eine "falsche" gezeigt. ;)
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Beitrag von Entenfang »

In den nächsten Wochen und Monaten werde ich in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen nicht nur aus der Hauptstadt unseres Nachbarlandes berichten.

Damit könnt ihr rechnen:

Tschechien, das Land...
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...in dem Studenten und Rentner wirklich günstig Bahnfahren können.

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...der Knödel.

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...der Knödelpressen.

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...des privaten SPFV.

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...der kreativen (Verkehrs)lösungen.


Prag, die Stadt...

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...der Kirchen.

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...der Hausdurchfahrten.

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...der engen Gassen.

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...der Passagen.

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...der Touristen.
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Beitrag von Entenfang »

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...der Natur.

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...die man gerne zu Fuß erkundet. Meistens zumindest.

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...der Metro.

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...in der die Fortbewegung auf 2 Rädern oft anstrengend ist.

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...der Aussichtspunkte.

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...der anspruchsvollen Kreuzungen.

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...des Trolleybusses. Wieder.

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...der Škoda-Bahnen.

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...nicht zuletzt - der Tatras.



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Prag, die goldene Stadt.
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Beitrag von Entenfang »

Wo fange ich an? Am besten von vorne.

Tag 1 Erste Eindrücke

Da mein erster Tag auf einen Sonntag fällt, macht sich eins natürlich sehr positiv bemerkbar – in Prag kann man sonntags ganz normal einkaufen gehen. Alle Supermärkte haben üblicherweise im ganzen Land sonntags von 8 bis 21 Uhr geöffnet. In der Prager Innenstadt haben auch viele weitere Geschäfte geöffnet, was in kleineren Städten aber oft anders ist. Mein erster Einkauf in der Supermarktkette Albert offenbart zwei wesentliche Unterschiede zum gewohnten Rewe – die angebotene Produktpalette ist längst nicht so vielfältig wie in Deutschland und es gibt nur zwei verschiedene Sorten Eier. Moment mal. Die tschechischen Begriffe für Käfighaltung, Bodenhaltung und Freilandhaltung kenne ich zwar nicht, aber der Stempel auf dem Ei reicht mir völlig – prompt halte ich die Nummer 3 (=Käfighaltung) in der Hand. In Deutschland habe ich schon seit Ewigkeiten keine Eier aus Käfighaltung mehr im Supermarkt gesehen. Tatsächlich werden sowohl im Albert als auch im Lidl nur Eier aus Bodenhaltung oder Käfighaltung angeboten.

Als Nächstes gehe ich in den dm-Markt, welcher einen sehr großen Vorteil für mich hat – Spülmaschinensalz muss ich weder auf Englisch noch auf Tschechisch können, da praktischerweise alles auf Deutsch beschriftet ist.

In Prag haben etliche Bäcker auch sonntags geöffnet, was in vielen Teilen des Landes anders ist. Kleinere Läden haben dagegen generell sonntags geschlossen, der kleine Metzger in der Nähe sogar auch samstags. In der Umgebung gibt es dagegen eine große Zahl Minimarkets, bei uns würde man sie Spätis nennen, welche 24/7 geöffnet haben. Leider besteht das Sortiment zu 80% aus Alkohol und ist damit für den billigen Junggesellenabschied besser geeignet als für meinen täglichen Bedarf.

Und weiter geht´s mit einem außergewöhnlichen Tag.

Tag 8 – 100 Jahre Tschechoslowakei

Dass heute ein wichtiger Feiertag ist, wird kaum jemand übersehen. Noch größere Menschenmassen als sonst üblich waren gestern in der Stadt unterwegs. Überall gibt es Informationen zur Geschichte und die Stadt ist mit Fahnen geschmückt. Das trifft auch auf sämtliche Straßenbahnen zu.
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Der Tag beginnt Grau in Grau, es regnet. Also mache ich mich bereit für eine kurze Wanderung. Mal im Ernst, nennt mal drei Gründe, die dagegensprechen. Okok, SEV zum gewünschten Ziel würde ich noch gelten lassen. Ansonsten hat man das am Wochenende gerne mal überlaufene Naherholungsgebiet Divoká Šarka für sich allein. Spätherbstliche Motive muss die Kamera trotz Regen festhalten. Die Legende im Hintergrund des Namens (Wilde Šarka) gibt es hier.

Nachdem die zwei wesentlichen Elemente moderner Zivilisation, also McDonalds...
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...und Baustelle...
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...zurückgelassen sind, genieße ich den Spätherbstwald.
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Hier am Dívcí skok (Mädchensprung) soll das arme, von Gewissensbissen geplagte Mädel aus der Legende in den Tod gesprungen sein.
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Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Beitrag von Entenfang »

Interessant ist die Fahrt mit dem SEV trotzdem. Die Tram ist für einige Stunden eingestellt, weil auf der einen Richtungsfahrbahn die Militärparade vorbereitet wird. Aber was nun, dann könnte man ja SEV nur in eine Richtung fahren? Man sollte den Ideenreichtum der Tschechen nicht unterschätzen, einfach „paar“ Kegel aufstellen und ein Einfahrt verboten, mimo Bus MHD aufstellen und schon geht´s los.
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Bliebe noch die Frage nach den Haltestellen, denn man kann auch nicht die Tramhaltestellen der Gegenrichtung zum Halten nutzen, weil diese durch ein Geländer von der Straße getrennt sind.
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Ist auch nicht so wichtig, wer mitfahren will, stellt sich einfach irgendwo in der Nähe ins Rasengleis und zeigt dem Busfahrer durch Winken den Mitfahrwunsch an.
Während ich die elegant gelöste SEV-Situation durch die Frontscheibe dokumentiere, spricht mich der Busfahrer an. Ich hätte doch fotografiert, oder? Ja, klar. Ist ja auch wirklich interessant und in Deutschland undenkbar.
Die Route führt auch ein Stück durch eine 30er-Zone und bald stehen wir hinter ein paar Autos und einem Reisebus, die sich einer Polizeikontrolle unterziehen müssen. Der Busfahrer schimpft irgendwas und fährt dann einfach links vorbei. Dazu kommentiert er nur lapidar, dass er ja schließlich nicht kontrolliert werden müsse.
Die verlorene Zeit muss man wieder reinholen und mit einem beherzten Tritt aufs Gaspedal sind bald die 60 erreicht. Blöd nur, dass die Verkehrsplaner um den Bleifuß der Tschechen Bescheid wussten und entsprechend vorgesorgt haben – alle 300 m gibt es eine Bodenwelle. Einen Tick zu spät fällt das dem Busfahrer auch wieder ein und selbst die Vollbremsung kann einen kräftigen Ruck nicht mehr verhindern.
Der SEV fährt übrigens trotz der parallel unterirdisch verkehrenden Metro genau wie die Tram normalerweise im Takt 7/8 und in den Gelenkern dürfte wohl nie eine zweistellige Fahrgastzahl erreicht worden sein. Das vielleicht mal als Gegenentwurf zur permanenten Nichtbedienung des Reichenbachplatzes.


Ich statte noch dem Außenministerium einen Besuch ab, welches heute Tag der offenen Tür hat.

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Innenhof

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Sitzungsraum

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Arbeitszimmer

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Bogengang

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Das vielleicht als Denkanstoß für den derzeitigen Präsidenten Tschechiens, Andrej Babiš, der nicht gerade mit EU-freundlichen Positionen auffällt und wegen Subventionsbetrug vor Gericht steht.

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Blick zur Burg

Unser täglich Tatrabild gib uns heute:
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7191 hält in Pohorelec
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Beitrag von Entenfang »

Anschließend werfe ich noch einen kurzen Blick auf die Militärparade. Soldaten mit Maschinengewehren rollen auf gepanzerten Fahrzeugen vorbei und werden bejubelt. Die Straße ist trotz des Regens dicht bevölkert und kaum ein Blick möglich. Irgendwie finde ich das sehr gewöhnungsbedürftig.
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Manche Leute haben sich auf den abenteuerlichsten Stellen (wie z.B. der Brüstung an den U-Bahnabgängen) platziert. Dass der nasse Stein heute ziemlich rutschig ist, muss ich wohl nicht erwähnen.
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Abends um Punkt 19:18 gibt es dann ein großes Feuerwerk und wieder ist der Andrang riesig. Unnötig zu erwähnen, dass die Brücke für den MIV komplett gesperrt wurde, die Tram aber durchgehend fährt und Polizisten alle im Gleisbereich herumstehenden Leute verscheuchen.
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Langsam taucht die Burg wieder aus dem abziehenden Rauch auf.
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Beitrag von Caesarion »

Entenfang @ 22 Nov 2018, 00:06 hat geschrieben: Die Straße ist trotz des Regens dicht bevölkert und kaum ein Blick möglich. Irgendwie finde ich das sehr gewöhnungsbedürftig.
Wieso ist das gewöhnungsbedürftig - wegen dem Regen?

Übrigens danke für den wie üblich tollen Fotobericht :)
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Beitrag von Entenfang »

Caesarion @ 26 Nov 2018, 19:03 hat geschrieben:Wieso ist das gewöhnungsbedürftig - wegen dem Regen?
Ähm, nein. ;)

Der Bezug ist falsch - gemeint war, dass ich die Militärparade und das dazugehörige Bild mit den jubelnden und fähnchenschwenkenden Menschen gewöhnungsbedürftig finde. Mea culpa.
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Catracho
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Beitrag von Catracho »

Tschechien, ein Land was zur Visegrád-Gruppe gehört. Also zur Speerspitze der Nationalisten, Populisten, Rassisten, Extremisten und EU-Schmarotzer.

Mir völlig unverständlich, wie man freiwillig seinen Fuß in so ein Land setzen kann. Aber gut, du scheinst ja ein Faible für Osteuropas autoritäre Staaten zu haben. Jedem das seine.

So behandeln wie sie andere behandeln möchten: Keinen reinlassen, Mauer drum, Deckel drauf. Hatten wir ja mal ein paar Jahrzehnte. Waren schöne Zeiten. Haben wir aber leider ab 1989 rückgängig gemacht. Schade. Die Kosten und Mühen wären im demokratischen Europa besser angelegt gewesen.

Mfg
Catracho
Theirs not to reason why, theirs but to do and die. - Alfred Tennyson
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Catracho, es wäre nett, wenn Du Deine persönlichen politischen Ansichten und verbale Aggression aus dem Fotoreportagen-Forum, insbesondere aus Entenfangs Highlight-Bildberichten, raushalten könntest.

Es gibt Politikthreads oder auch "was mir stinkt" im 10 vorne, falls Du Dich unbedingt austoben musst. Danke!
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Catracho @ 26 Nov 2018, 23:33 hat geschrieben:Mir völlig unverständlich, wie man freiwillig seinen Fuß in so ein Land setzen kann. Aber gut, du scheinst ja ein Faible für Osteuropas autoritäre Staaten zu haben. Jedem das seine.
Ich habe schon damit gerechnet, dass ein derartiger Kommentar früher oder später kommt. Und glaube mir, du bist bei weitem nicht der erste, der mir ein Faible für autoritäre Staaten unterstellt.

Und gleich eines vorweg - es stimmt nicht. Ich suche mir kein Reiseziel danach aus, weil es autoritär regiert ist sondern eher obwohl es autoritär regiert ist.

Ich erkläre es immer wieder - bei der Auswahl meiner Reiseziele spielt die politische Situation im Allgemeinen absolut keine Rolle. Für mich gibt es eigentlich nur zwei Grundsätze:

1. Das Land muss mich interessieren. (Ist irgendwie logisch.)
2. Es muss halbwegs sicher für einen Europäer sein.

Ich werde ganz sicher kein interessantes Reiseziel verwerfen, weil dort gerade (oder immer) ein Despot an der Macht ist. Ich muss mir auch immer wieder anhören, ich würde damit autoritäre Regimes (u.a. finanziell) unterstützen. Das ist zwar richtig, aber so lange Deutschland Waffengeschäfte im Milliardenbereich mit Saudi-Arabien macht, sollten wir uns mal über unsere moralische Überlegenheit auf einer anderen Ebene Gedanken machen.

Außerdem sage ich klipp und klar - ein "Boykott" dieser Länder durch mich (oder andere Reisende) macht einfach keinen Sinn. Denn erstens würde ich mich dann bei meiner Reisezielwahl viel zu sehr einschränken (fallen dir spontan 5 lupenreine Demokratien außerhalb Westeuropas ein?) und zweitens hofiere ich ja nicht die Regierung selbst (so wie Merkel Erdogan oder Seehofer Orban) sondern kaufe lokale Produkte und esse in Restaurants, die von Einheimischen geführt werden. Und manch eine Begegnung kann durchaus interessant sein. Da möchte ich an den Chinesen erinnern, mit dem ich mich auf der Fahrt von Shenzhen nach Shanghai unterhalten habe und dem ich erklärt habe, dass es in Europa völlig normal ist, ohne Reisepass ins Ausland zu verreisen. Auch solche Begegnungen können vielleicht Veränderungen der Denkweise im Kleinen auslösen.

Der Besuch fremder Länder mit deren eigener Kultur und auch anderen Staatsformen gehört für mich einfach zum Kulturaustausch dazu und es hilft mir auch, weltpolitisches Geschehen besser einzuschätzen und die Hintergründe zu verstehen.
Es hilft auch, die von dir so gescholtenen Populisten zu bekämpfen. Ein Dauerbrenner in Deutschland ist doch die Sicherheit. Nun, was ein extrem hohes Sicherheitsniveau bedeutet, habe ich in China erfahren. Es bedeutet eine massive Einschränkung der Freiheit. Und dieses Szenario beschreibe ich gerne, wenn die Diskussion im Bekanntenkreis mal wieder ausbricht. Ich könnte darüber nicht aus erster Hand berichten, hätte ich China wegen der politischen Lage "boykottiert."

Ganz abgesehen davon, dass ich einen derartigen Boykott auch ein Stück weit rassistisch finde. Von der Aussage "Ich fahre nicht nach China, weil ich mit der dortigen Poitik nicht einverstanden bin und weil dort Hunde zu Tode geprügelt werden." bis zu "Ich kaufe keinen Paprika mit Ursprungsland Marokko, weil ich Araber nicht mag." ist der Weg nicht allzu weit. Beides sind übrigens reale Aussagen, die mir gegenüber so gemacht wurden.

Und um jetzt wieder den Bogen zurück zum Thema zu schlagen - ja, ich habe mich bewusst für Prag als Wahlheimat auf Zeit entschieden. Ich versuche immer, möglichst alle Seiten und Aspekte eines Landes zu zeigen - die Guten wie die Schlechten. Ich habe mir bisher auch immer viel Mühe gegeben, dass bei allen meinen Reiseberichten so zu handhaben. Du bist aber jederzeit eingeladen, kritische Bemerkungen oder Nachrichten zu ergänzen.

Die rassistischen Tschechen denken übrigens deutlich besser über die Deutschen als umgekehrt - das ist zumindest mein bisheriger Eindruck.


Und zum Abschluss würde ich mich Oliver insofern anschließen, dass wir eine Fortführung dieser Diskussion - sofern noch Bedarf besteht - entweder per PM oder in einem eigenen Thread führen.
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Oliver-BergamLaim
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Um vielleicht auch von meiner Seite noch was Sachliches zu fragen: Catracho, warst Du selbst mal in Tschechien? Und bist dort evtl. auch mal mit Tschechen ins Gespräch gekommen?
einen_Benutzernamen
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

:lol: Jop und man sieht teilweise auch die Vehickel von innen.
Aber Ich werfe mal den Datenschutz in den Raum.
Caesarion
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Beitrag von Caesarion »

Catracho @ 27 Nov 2018, 00:33 hat geschrieben: Tschechien, ein Land was zur Visegrád-Gruppe gehört. Also zur Speerspitze der Nationalisten, Populisten, Rassisten, Extremisten und EU-Schmarotzer.

Mir völlig unverständlich, wie man freiwillig seinen Fuß in so ein Land setzen kann. Aber gut, du scheinst ja ein Faible für Osteuropas autoritäre Staaten zu haben. Jedem das seine.

So behandeln wie sie andere behandeln möchten: Keinen reinlassen, Mauer drum, Deckel drauf. Hatten wir ja mal ein paar Jahrzehnte. Waren schöne Zeiten. Haben wir aber leider ab 1989 rückgängig gemacht. Schade. Die Kosten und Mühen wären im demokratischen Europa besser angelegt gewesen.

Mfg
Catracho
Dass jemand so einen üblen Unsinn absondert, hätte ich jetzt ausgehend von meiner Frage nicht erwartet.
Muffo1234
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Beitrag von Muffo1234 »

Um vielleicht mal etwas Schärfe aus dem ganzen rauszunnehmen...

@Entenfang: Darf ich hier auch eigenes Material präsentieren oder soll ich mich noch gedulden? ;)
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einen_Benutzernamen
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

...der Metro.
Schläfst du auch in den Holiday Inn neben an?
Tschechien, ein Land was zur Visegrád-Gruppe gehört. Also zur Speerspitze der Nationalisten, Populisten, Rassisten, Extremisten und EU-Schmarotzer.
Verdammt jetzt war Ich wieder in Sopron einkaufen! Wie schlimm. Das Ich nach Bratislava fahre sollte Ich lieber nicht sagen. :lol:
So behandeln wie sie andere behandeln möchten: Keinen reinlassen, Mauer drum, Deckel drauf. Hatten wir ja mal ein paar Jahrzehnte. Waren schöne Zeiten. Haben wir aber leider ab 1989 rückgängig gemacht. Schade. Die Kosten und Mühen wären im demokratischen Europa besser angelegt gewesen.
So so...
Du scheinst aus Deutschland zu kommen. Ein Land das zusammen mit den Amis gerne unschuldige Leute nieder metzelt und noch stolz drauf ist.
Von den ganzen Atom Kraftwerke reden wir erst mal garnicht! :rolleyes:
Jössas du solltest dich in den Keller sperren und nicht mehr raus gehen.
2. Es muss halbwegs sicher für einen Europäer sein.
Bum dann würde Ich nicht mehr über die Grenze fahren. In DE ist es sehr unsicher.
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