Prag - Stadt der 1000 Türme und Tatras

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Beitrag von Entenfang »

Ein Hauch von Deutschland...
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...in Praha-Liben bei der Kreuzung der S49. Sie verkehrt quasi als "Hecken-S-Bahn" von Praha-Hostivar über Malešice (ohne Halt), Liben und Holešovice nach Roztoky u Prahy, ohne dabei den Hbf anzufahren. Der Betreiber Arriva benutzt dafür einen Mix aus türkis-neongelben 628 und Desiros. Mit Dieseln unter Fahrleitung hat man ja in der Heimat durchaus Erfahrung. Der Desiro hat seinen Bahnland Bayern-Aufkleber inzwischen verloren und stattdessen das Prager S-Logo erhalten.
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Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Beitrag von Entenfang »

Serie des Tages

Original
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Auf dem Wenzelsplatz steht seit 1913 das bronzene St.-Wenzels-Denkmal des Bildhauers Josef Václav Myslbek. Der Bau des Reiterstandbilds dauerte fast 30 Jahre.

Kopie
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Die 1931 auf dem Vítkov-Hügel errichtete Statue des Hussitenführers Jan Žižkas wurde in der Zeit des Kommunismus in ein Nationaldenkmal mit Mausoleum für Parteikader integriert.

Parodie
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Der Künstler David Cerný provoziert gerne - dazu passt der heilige Wenzel auf dem toten Pferd bestens.


Auszug aus dem Glossar
Ukoncete prosím výstup a nástup, dvere zavírají: Alljährlicher Gewinner des Preises für die längste Türschließansage in der U-Bahn. Der Beginn der Ansage gibt dem zusteigewilligen Fahrgast den Hinweis, dass er noch bequem bis zum übernächsten Wagen weiterlaufen kann.
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Beitrag von Entenfang »

Kuriose Haltestellennamen - heute: Rajská zahrada

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Der vorletzte Bahnhof auf dem Ostast der Linie B ist aus zwei Gründen interessant - erstens wegen der ungewöhnlichen Architektur mit übereinander angeordneten Gleisen und viel Tageslicht, zweitens allein wegen seines Namens, den man mit "Paradiesgarten" übersetzen kann. Einen solchen sucht man in der Umgebung allerdings vergeblich - zumindest nehme ich mal an, das der hier nicht gemeint ist:
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Beitrag von Entenfang »

Bild des Tages: Cyklohrácek
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Bei dieser bunten Zugkomposition handelt es sich um einen Ausflugszug an Sommerwochenenden von Prag nach Slaný mit Spielzeug und viel Platz für Fahrräder.
Hier zeigt sich, dass man nicht nur für Freaks mit zahlreichen historischen Zügen, sondern auch die Kleinsten fürs Bahnfahren begeistern kann. Generell habe ich Tschechien als sehr kinderfreundliches Land erlebt.

Notizen aus dem Alltag - Tag 160
„Die ist falsch abgebogen“, kommentiert der in der Tram neben mir sitzende Mann.
Wo wollen Sie denn hin?
„Unser Hotel liegt eigentlich an der 9, aber die fährt jetzt anders.“
Genau, weil heute die Most Legii gesperrt ist. Steht ja auch an allen Haltestellen.
„Aber doch bestimmt nur auf Tschechisch?“
Auch auf Englisch.
Ich denke mir noch, dass es wohl auch nichts geholfen hätte, es auf Sächsisch hinzuschreiben, wenn man nicht schaut. Aber zugegebenermaßen habe ich von diversen kurzfristigen Umleitungen auch erst erfahren, wenn ich die bunten Zettel an der Haltestelle entdeckt oder die App gelbe Umleitungspfeile ausgespuckt hat. Dass spontan mal ein Streckenabschnitt für einen Tag oder ein Wochenende gesperrt wird, kommt immer mal wieder vor. Aus Deutschland kennt man sowas eher nicht.

Auszug aus dem Glossar
Kümmel: Direkt nach Mehl die zweitwichtigste Zutat für jedes tschechische Brot.
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Beitrag von Entenfang »

Bild des Tages: Kurzzug
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Eine besonders spannende Zugleistung verkehrt auf der im Sommer 2018 reaktivierten Strecke von Celakovice nach Mochov. Für 12 Jahre wurde die etwa 4 km lange Strecke lediglich sporadisch als Anschluss zum Umspannwerk sowie für Sonderfahrten mit historischen Triebwagen genutzt, doch nun findet wieder regelmäßiger Personenverkehr statt. Unter der Woche verkehren ausschließlich während der HVZ 6 Zugpaare täglich, 3 morgens und 3 nachmittags. EVU ist Regiojet, welche die Strecke mit einem einzigen Reisezugwagen bedienen und mangels geeigneter Dieselloks eigens dafür eine Taucherbrille von der CD angemietet haben. Die täglich stattfindende, aber nicht für Fahrgäste freigegebene Überführung von Celakovice ins Betriebswerk Smíchov übernimmt allerdings eine eigene Knödelpresse. Kurios ist nicht nur die Zuggarnitur, sondern auch die Tatsache, dass die Summe der Betriebsfahrten die Summe der tatsächlich durch Fahrgäste nutzbaren Leistungen übersteigt. Durchschnittlich nutzten 2 Monate nach der Reaktivierung täglich etwa 40 Fahrgäste pro Tag die Strecke, worüber sich der Chef des Verkehrsverbundes positiv überrascht gezeigt hat.
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Beitrag von Entenfang »

April, April!

Da es offenbar niemandem aufgefallen ist, dass ich mir für den obigen Beitrag ein paar künstlerische Freiheiten anlässlich des 1.Aprils genommen habe, hier mal die korrekte Version der Streckenbeschreibung, die mit dem gezeigten Foto keinen Zusammenhang hat.

Eine besonders spannende Zugleistung verkehrt auf der im Sommer 2018 reaktivierten Strecke von Celakovice nach Mochov. Für 12 Jahre wurde die etwa 4 km lange Strecke lediglich sporadisch als Anschluss zum Umspannwerk sowie für Sonderfahrten mit historischen Triebwagen genutzt, doch nun findet wieder regelmäßiger Personenverkehr statt. Unter der Woche verkehren ausschließlich während der HVZ 6 Zugpaare täglich, 3 morgens und 3 nachmittags. EVU ist KŽC, welche die Strecke mit einer Brotbüchse bedienen.
Kurios ist nicht nur die Tatsache, dass die Summe der Betriebsfahrten die Summe der tatsächlich durch Fahrgäste nutzbaren Leistungen übersteigt, da die Brotbüchse in Prag übernachtet, sonden auch die Reaktion auf die bescheidenen Fahrgastzahlen. Durchschnittlich nutzten 2 Monate nach der Reaktivierung täglich etwa 40 Fahrgäste pro Tag die Strecke, worüber sich der Chef des Verkehrsverbundes positiv überrascht gezeigt hat.
https://zdopravy.cz/az-50-lidi-denne-mile-p...-mochova-13284/
Die Züge gegen Lastrichtung waren übrigens teilweise komplett ohne Fahrgäste unterwegs.
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Beitrag von Entenfang »

Was in Tschechien möglich ist, zeigt ein Blick auf die aktuelle Baustelle zwischen Smíchovské nádrazí und Hlubocepy.

Für 2 Monate wird dieser Abschnitt für die Tram gesperrt sein. Die Schnellstraßenbahnstrecke nach Barrandov ist aber nicht betroffen und praktischerweise gibt es in Hlubocepy auch eine Wendeschleife, die aus beiden Richtungen genutzt werden kann. Während der Sperrung wird ein Inselbetrieb ohne Werkstattzufahrt angeboten - mit Takt 2 in der HVZ!
http://jrportal.dpp.cz/DataFTP/JRPortalDat...08/32_linka.pdf
Dafür werden mindestens 12 Kurse benötigt.
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Beitrag von Entenfang »

Fail des Tages
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Das Ergebnis, wenn man denkt, jetzt im Sommer sind die Tage ja schön lange und so kann man jetzt mal den Prager Semmering mit Nachmittagssonne umsetzen.
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Beitrag von Entenfang »

Kreative Baustellenlösungen - Teil 1

Sommerferienzeit ist Baustellenzeit - das kennt man ja aus München. Für knapp 2 Monate werden die Gleise zwischen Smíchovské nádrazí und Hlubocepy erneuert, welche sich in teils desolatem Zustand mit einer langen La befanden.

Der Schnellstraßenbahnabschnitt Hlubocepy - Sidliste Barrandov wird jedoch als Inselbetrieb mit der Tram bedient.
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Umstieg vom SEV zur Ersatztram 32 in Hlubocepy. Eingesetzt werden ausschließlich Tatras Solo.

Ein Großaufgebot von Tatrawagen steht in der Wendeschleife Sidliste Barrandov bereit, bewacht durch Security. Die knapp 2 Monate müssen die Wagen ohne Werkstatt oder Betriebshof durchhalten.
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Tschechien und die Vstup Zakázán-Schilder...
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Fragt mich bitte nicht, wie zur Hölle man auf die Idee kommt, durch den Tramtunnel zu laufen...
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

Gibt es da für Praha eine Mobile Fahrplanauskunft?
Ich bin schon mal ordentlich Spartieren gefahren weil Ich irgend wie die Haltestellen nicht gefunden hatte.
Zugegeben je nach Gesundheit bin Ich oft SEHR spontan unterwegs. :(
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Beitrag von Entenfang »

einen_Benutzernamen @ 19 Aug 2019, 23:08 hat geschrieben:Gibt es da für Praha eine Mobile Fahrplanauskunft?
IDOS (für Gesamttschechien) oder PID Litacka (für den Prager Verkehrsverbund).


Kreative Baustellenlösungen - Teil 2
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In der Wendeschleife eines bedeutenden Außenastes wird gebaut und sie kann daher nicht genutzt werden. Was also tun?

Auf der anderen Seite der Kreuzung wurde eine Stumpfendstelle eingerichtet.
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Über eine Kletterweiche können die Bahnen wenden. Die einzigen 2R-Fzg der Prager Tram sind die KT8D5N, welche während der dreiwöchigen Baustelle auf der Linie 9 eingesetzt werden. Die üblicherweise hier ebenfalls verkehrenden Linien 1 und 11 wurden zur letzten Wendemöglichkeit zurückgezogen.
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Diese befindet sich am Vozovna Zizkov...
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...und wird im Regelbetrieb nur selten genutzt.
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Doch was ist das?
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Auf dem Abschnitt zwischen Vozovna Zizkov und der provisorischen Endstelle gibt es am stadteinwärtigen Gleis Haltestellenschilder in der falschen Richtung.

Für die Nachtlinien sind die KT8D5N nicht geeignet, nachts werden fast ausschließlich Tatrawagen Solo eingesetzt. Der Grund dafür ist gerade am Wochenende ganz sicher nicht die mangelnde Nachfrage, sondern der begrenzte Platz am zentralen Nachtknoten Lazarská.
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Die Ersatznachtlinie 90 mit den Zweirichtungswagen verkehrt nur zwischen der hier gezeigten Haltestelle Vozovna Žižkov und Spojovací. Zur Weiterfahrt muss dann in die reguläre Nachttram 98 umgestiegen werden.
Als kleines Problem stellt sich nun aber die Wendeschleife, welche den Häuserblock rechts umrundet. Sie erlaubt keine Ausfahrt zurück Richtung Spojovací.

Doch auch für dieses Problem gibt es eine Lösung - der Zweirichtungswagen verkehrt stadtauswärts auf dem linken Gleis.
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

Dash Cam Praha: https://www.youtube.com/watch?v=UBYt6gV321I
:lol: Das die das erlauben... :rolleyes:
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Beitrag von Entenfang »

einen_Benutzernamen @ 9 Sep 2019, 21:34 hat geschrieben:Dash Cam Praha: https://www.youtube.com/watch?v=UBYt6gV321I
:lol: Das die das erlauben... :rolleyes:
Ich finde die Videos sehr gut. Der Fahrer erklärt viele Situationen aus Sicht eines Straßenbahnfahrers und weist auf Gefahren hin. Gerade das zwischen den Bahnen ohne jede Sicht durchlaufen ist extrem gefährlich und auch das "I wouldn't run in front of a moving tram - I work with trams everyday." finde ich sehr schön. Eigentlich sollte man sowas in die Fahrschule für Autofahrer aufnehmen, so unfähig, wie manche mit Straßenbahnen umgehen.

Übrigens gehört in GB zur theoretischen Führerscheinprüfung ein sogenannter Awareness Test dazu. Im Prinzip ist es eine simulierte Autofahrt und man muss einen Knopf drücken, wenn man eine Gefahr erkennt - kann man mit solchen Videos hervorragend machen.
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

:D Ich als Verkehrsbetreiber würde niemals zulassen das MA solche Videos machen das fängt schon mit den Datenschutz an.
Man müsste 100% Verhindern das auch nur ein Pips von einen Fahrgast aufgenommen werden könnte.
Und wenn dann doch was wäre der Rechtsstreit und Shitstorm am ende. :rolleyes:
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Beitrag von Bayernlover »

Es gibt noch so einen Kanal - scheint in Osteuropa üblich zu sein! Wie sich dort allerdings auch manche auf der Straße verhalten, unfassbar.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
einen_Benutzernamen
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

Gerichtsfest aufnehmen ist das eine das zu veröffentlichen was ganz anderes! ;)
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Beitrag von Bayernlover »

einen_Benutzernamen @ 11 Sep 2019, 16:36 hat geschrieben: Gerichtsfest aufnehmen ist das eine das zu veröffentlichen was ganz anderes! ;)
Du nervst. Kannst ja gern in Tschechien klagen.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 78 Nächtliche Metrofahrt in Prag

Für eine Besichtigungstour der Prager Metro zieht es mich mal wieder in die Hauptstadt. Los gehts um die Mittagszeit in Hradec Králové und der Regiopanter saust Richtung Süden. Vor Opatovice-Pohrebacka gibt es eine Paralleleinfahrt mit einem Gz aus Chlumec. Beide Züge rollen langsam aus. Während der Panter in Bewegung bleibt, hält der Gz schließlich quietschend an. Ein Gz aus der Gegenrichtung kommt ebenfalls an und der Panter kann wieder lossprinten.
Die App hat schon tutend verkündet, dass mein Anschluss-R +16 hat. Angesichts der regen Bautätigkeit auf diversen Strecken wenig verwunderlich. Da hoffe ich noch auf den -12-Minuten-Übergang zum Ex, der ebenfalls mit +10 drinsteht.
Wir kommen in Pardubice an, der Ex steht zwei Bahnsteige weiter, sieht aber so aus, als würde er innerhalb der nächsten 10 Sekunden abgefertigt. Ich mühe mich also gar nicht ab, doch ich höre keinen Pfiff über den Bahnsteig hallen und kann einsteigen. Es vergehen noch ein paar Minuten, ehe wir mit +20 abfahren. Der Grund für die Wartezeit ist ein ziemlich fieser eingleisiger Abschnitt auf der Hauptstrecke von Prag nach Osten wegen Vegetationsarbeiten. In Tschechien ist es nicht üblich, dafür einen neuen, konfliktfreien Baustellenfahrplan zu basteln, sondern es wird mehr oder weniger nach dem First come-first serve-Prinzip gefahren und alle Züge auf dem Abschnitt erhalten den Hinweis, dass mit einer Verspätung von bis zu 10 Minuten zu rechnen ist. Das könnte auch den regen Güterverkehr Richtung Hradec Králové erklären, denn die eingleisige Strecke ist aufgrund ihrer Elektrifizierung eine nicht unbedeutende Umfahrung für Güterzüge.

Der eigentlich vorgesehene R steht schließlich bei mehr als +30, doch ich rolle auf die Minute pünktlich wie in meinem Fahrplan mit dem verspäteten Ex in Praha-Liben ein. Das ist super, denn damit klappt mein 2-Minuten-Übergang zum nur viertelstündlich verkehrenden Bus.

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Bahnen dreier Generationen bei Solidarita

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Krabbelnde Babys auf dem Fernsehturm ´i¸kov, ein nicht ganz unumstrittenes Kunstwerk von David Cerný

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Jerusalemsynagoge, immer ein praktisches Besichtigungsziel, wenn man schon am Bahnhof ist, aber noch Zeit hat

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Rathaus am Marianské namestí

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Alter jüdischer Friedhof

Nach einer Stärkung und umfassenden Besichtigungstour in der Altstadt kann ich schon mein Stativ aus der Unterkunft holen. Als ich den einsetzenden Regen sehe, lasse ich mir bis nach dem Abendessen Zeit, nur um festzustellen, dass es noch stärker regnet als zuvor.
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Die Nachtfototour bleibt ein endloser Kampf gegen Wassertropfen auf der Kameralinse.
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9422 am Václavské námestí

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Národní divadlo (Nationaltheater)...

...mit kontrastreicher Architektur.
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Beitrag von Entenfang »

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Ein Herz fúr Václav Havel, dem 1. Präsidenten Tschechiens nach der Wende.

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8474 und 9342 am Národní divadlo

Auch das chinesische Pärchen hat bei den Hochzeitsfotos wohl angesichts der 8° mit Regen keine wahre Freude und das liegt vermutlich nicht (nur) am Fotografen, der sie bisschen nach links und bisschen nach hinten und bisschen so und bisschen dorthin scheucht.

Irgendwann reicht es mir und um die etwa zwei Stunden Wartezeit zu überbrücken und mich ein bisschen auszuruhen, setze ich mich in die nächste Tram. Es wird schließlich die Schnelltramstrecke nach Sídli¨te Barrandov. Zeitlich passend steige ich aus, um direkt mit einer 20 der Gegenrichtung zurückzufahren. In Hlubocepy steigt eine Gruppe Italiener, hauptsächlich mittleren Alters, ein. Augenblicklich herrscht ein unglaublicher Lärmpegel in der Tram. Ob das am zuvor konsumierten Wein oder einfach an der italienischen Mentalität liegt, wird wohl nie geklärt werden. "Wir fahren bis Andel. Bis Andel!", ruft der Führer für die ganze Bahn problemlos verständlich und falsch ausgesprochen auf Italienisch."Wie viele Haltestellen sind das?", fragt jemand - zumindest glaube ich das, denn die Antwort lautet "7 Haltestellen." Nach und nach entwertet jeder eine 30-Minuten-Fahrkarte. Beim dritten angekommen fährt die Tram ab, was beinahe zu einem Dominoeffekt der nicht darauf vorbereiteten und sich nicht festhaltenden Italiener führt. Oder liegt es doch am Wein? Krrrrk. Der Nächste. Krrrrrk. Dann kommt die erste Kurve und wieder liegen sich ein paar Italiener in den Armen. Ob der Fahrer nur zum Spaß so wild - also typisch tschechisch - fährt oder um die durch den langen Fahrgastwechsel verursachte Verspätung reinzuholen, wird wohl ebenfalls nie geklärt werden. Krrrk. Krrrrk. Zwischen Smíchovské nádra¸í gibt es wegen eines Kanalbaus einen etwa 100 m langen eingleisigen Abschnitt mit Kletterweichen, welcher einfach auf Sicht befahren wird und keine Ampel aufweist. Krrrk. Bald weiß ich auch, dass die Italiener an der Haltestelle Andel in die 10 umsteigen wollen. Als einer der jüngeren Italiener auf die grandiose Idee kommt, die Haltestellennamen vorzulesen, kann ich mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen - Tschechisch auf Italienisch klingt noch witziger als die italienische Sprache ohnehin schon. Das bemerkt auch die Italienerin neben mir, kommentiert es aber nicht.
Eine Frau stimmt schließlich Bella Ciao an.
https://www.youtube.com/watch?v=4CI3lhyNKfo
Ein Mann mit tiefer Stimme macht mit und gibt einen hervorragenden Bass ab.
Das ganze klingt wirklich super und verkürzt die Herumfahrerei durch die Nacht auf angenehme Weise, während das Wasser an den Fenstern herabfließt. Dodedong. Plzenka. Prí¨tí zastávka: Na Kní¸ecí.
Als sie mit Bella Ciao durch sind, folgt ein weiteres Lied, welches ich aber nicht kenne. Inzwischen singt fast die ganze Gruppe. Als sie wenig später aussteigen, ist es plötzlich so merkwürdig still im Wagen. Nur das Rattern und die Haltestellenansagen begleiten mich auf dem Weg durch die Kleinseite. Eines lässt sich jedenfalls festhalten - die Italiener sind den deutschen Junggesellenabschieden musikalisch überlegen.

An der Station Hradcanská steige ich schließlich aus, um mich endlich unter die Erde zu verziehen. Ein Säufer pisst gerade am Fuß der Treppe in den Abfluss. Daneben will noch einer gerade anfangen, aber als ich unbeeindruckt weitergehend das Schauspiel betrachte, ist es ihm wohl doch zu exponiert und er bricht sein Vorhaben ab, nur um es drei Schritte weiter im Zwischengeschoss in einer Ecke zwischen Wand und Snackautomaten umzusetzen.

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Nach einigen Bildern auf meinem architektonischen Favoriten der Prager Metro (Linie A, 1. und 2. Bauabschnitt) begebe ich mich langsam Richtung Kacerov auf der C.

Vorher noch ein kurzer Abstecher nach Roztyly, wo den stadteinwärtigen Zug bescheidenes Fahrgastaufkommen erwartet, während die stadtauswärtigen sehr gut gefüllt sind.
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Um 0:25 Uhr sammeln sich in Kacerov auffällig viele Menschen im Vestibül.
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"Entschuldigung, darf ich Sie fragen, was Sie hier fotografieren?", erkundigt sich eine Frau. "Ja, wir machen gleich eine Fahrt mit einem historischen Metrozug." "Ahhhso, klar!", meint sie, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt.

Für Prag ist es das durchaus, denn dieses Erlebnis wird jedem Interessierten ein- bis zweimal pro Jahr angeboten. Für mich ist die Sonderfahrt während der nächtlichen Betriebsruhe ganz klar das Highlight an Besichtigungstouren der Prager Metro - nun kann ich endlich selbst dabei sein.

Der letzte Zug kommt an, ein Schwall Menschen verlässt die Station, dann kommt die Stationsvorsteherin aus ihrem Kabuff und schließt alle Eingangstüren. Die gesammelte Gruppe besteht aus etwa 20 Leuten vorwiegend mittleren Alters, es sind überraschend viele Frauen dabei. Ich bin der einzige mit Stativ, obwohl es sich explizit um ein Foto-Event handelt.
Bei der Begrüßung zeigen sich die Führer der Verkehrsbetriebe verwundert, dass dieses Mal nur so wenige Interessenten dabei sind. Das haben sie bei der letzten Tour auch schon gesagt, fällt mir auf.

Wir werden mit dem Ecs-Zug den ersten Abschnitt der Prager Metro (Kacerov - Sokolovská (heute Florenc)) befahren und dabei an jedem Bahnhof einen Fotostop einlegen. Damit niemand die Weiterfahrt verpasst, gibt es eine Sonderansage "Bitte einsteigen, wir fahren ab."

Los gehts in Kacerov
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Auf dem 1. Abschnitt der Linie C sind Parallelen zur sowjetischen Metro-Architektur unverkennbar.
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Detailaufnahme
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Fahrgastraum
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Budejovická
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Abgesehen davon dürfen wir den Arbeitsplatz des Fdl Pra¸ského povstání besuchen.
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Er ist rund um die Uhr besetzt, denn normalerweise findet nachts reger Betrieb durch Instandhaltungsfahrzeuge statt. Er demonstriert uns das Einstellen einer Fahrstraße auf seinem Pult. Und was tun mit einer Fahrstraße, die man nicht will? Man nimmt die Hilfsauflösung. Das ist auch nicht weiter problematisch, denn ein Zählwerk samt Dokumentationsbuch wie in Deutschland sind hier in Tschechien unbekannt. Dafür gibt es im Gegensatz zu uns eine technische Sicherung – nämlich die Zeitverzögerung von 60 s, ehe die Auflösung aktiv wird (rot im Vordergrund).
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Bei diesem international üblichen Verfahren auch im Bereich der Eisenbahn wird technisch (!) sichergestellt, dass nach dem Hilfsauflösen einer Fahrstraße nicht unmittelbar eine Gefährdung durch umlaufende Weichen stattfindet, während der Fdl bei uns die Möglichkeit hat, sofort nach der Hilfshandlung andere Fahrstraßen einzustellen. Es wird davon ausgegangen, dass etwaige bereits stattfindende Zugfahrten entweder vor dem dann roten Signal zum Halten gekommen sind oder (falls vor der Rücknahme schon abgefahren) den Weichenbereich bereits verlassen haben. Für die Fahrt auf dem Gegengleis mussten sich die beteiligten Fdl den Zug übrigens telefonisch anbieten.
Im Regelbetrieb hat der Fdl eigentlich wenig zu tun, denn die Fahrstraßen werden automatisch gestellt.

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Ausnahmsweise wurde ein Zug nachts am Bahnsteig abgestellt, denn...

...das Abstellgleis dürfen wir auch befahren.
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So eine große Zugfolgezeit sieht man eher selten...


In Vy¨ehrad erklärt uns der Stationsvorsteher seine Aufgaben. Jeder Prager U-Bahnhof ist besetzt und für jeden Eingangsbereich gibt es einen eigenen Beschäftigten. Auch sie sind rund um die Uhr da und arbeiten in 12h-Schichten. Dass er deswegen nach einer 5-Tage-Woche nur 2 Tage arbeiten muss, findet er gut.
Nun wird man sich fragen, wofür braucht man in der nächtlichen Betriebsruhe einen örtlich besetzten U-Bahnzugang. Der Hintergrund sind die vielfältigen Aufgaben. Es gibt zwei wesentliche Bereiche, 1. Die Fahrgastinformation und -sicherung sowie 2. technischer Art. Unter 1. fallen ratlose Touristen ebenso wie ins Gleisbett gefallene Menschen, Tiere und Gegenstände. Die Stationsaufseher sind für die Verständigung von Rettungsdiensten ebenso zuständig wie für die Räumung des Bahnhofs und die Information zu Ersatzverkehren.
In den zweiten Bereich fallen Aufgaben wie Rolltreppen zu- bzw. ausschalten und entstören, aber auch das Sperren von Gleisbereichen und Erden der Stromschiene nachts für Arbeiten. Das Verfahren ist ähnlich dem der Eisenbahn, wofür dort die Fdl zuständig sind.

Hier zeigt sich wieder einmal der Unterschied zu Deutschland – bei uns verbirgt sich hinter der Phrase "Sicherheit erhöhen" die Ausweitung der Videoüberwachung. In Prag bedeutet die Videoüberwachung zusätzlich, dass sofort jemand eingreifen kann, wenn etwas vorfällt. Und wenn die Rolltreppe zickt, muss man auch nicht ewig auf einen Entstörungsdienst warten.
Und scheinbar hat man auch keine Probleme, Fachkräfte für diesen scheinbar unattraktiven Job, welcher viel aus im-Kabuff-sitzen-und-auf-Monitore-starren besteht, zu gewinnen. Und bei der quasi nicht vorhandenen Arbeitslosigkeit im Großraum Prag ist das ganz sicher keine reine Beschäftigungsmaßnahme wie z.B. in China.

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Man beachte die Bremswiderstände.

Die Seitenbahnsteige bieten dem Fotografen mehr Freiraum.
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Ich frage zwischenzeitlich nach, warum es in Prag eigentlich keinen Nachtverkehr bei der U-Bahn gibt. So gut gefüllt wie an diesem Freitagabend die letzten Züge waren, sehe ich durchaus Potenzial. Wie erwartet, werden wie in München auch, die nötigen Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten genannt. Es gab wohl mal einen Versuch, vor einigen Feiertagen den Betrieb bis ca. 1:30 Uhr zu verlängern (sonst fahren immer etwa um Mitternacht die letzten Züge an allen Endbahnhöfen ab), aber angeblich war die Nachfrage gering, was der Führer darauf zurückführt, dass die Prager es eben gewohnt seien, dass um Mitternacht die letzte U-Bahn fährt, (jetzt dichte ich dazu) weil die letzte U-Bahn schon immer um Mitternacht fuhr und man es deswegen ja auch nicht brauche. War schon immer so, wird immer so sein. Punkt. Außerdem gäbe es ja ein hervorragendes Nachtbus und Nachttramnetz (unter der Woche Takt 30, am Wochenende Takt 20, mit Umsteigetreffen).
Geputzt wird jedenfalls rege während unserer Tour und einige Putzleute lassen sich einen neugierigen Blick oder ein Foto auch nicht nehmen.

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Spieglein im Bahnhof I.P.Pavlova
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Beitrag von Entenfang »

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Blick in den Führerstand

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Schwätzchen während des Aufenthalts am Muzeum

Wir befahren ein Abstell-Stumpfgleis sowie das Wendegleis bei Florenc, welches im weiteren Verlauf als Verbindung zur Linie B dient. "Welches ist der tiefste U-Bahnhof Prags?", fragt einer der Führer, der mir schon bekannt dafür ist, dass er unentwegt plappert, wenn ihn irgendjemand mal irgendwas gefragt hat. Erwartungsgemäß dauert es keine drei Sekunden, bis jemand "Námestí Míru" richtigerweise einwirft. "Und wo ist tiefste Stelle im Prager U-Bahnnetz?", schiebt er nach. Als die Plaudertasche nun die Aufmerksamkeit der Umstehenden hat, fährt er fort: "Florenc auf der Linie B. Und woher wissen wir das? Weil das Wasser dort nach dem Hochwasser 2002 zuletzt draußen war..."
Er quatscht weiter, doch ich verstehe längst nicht alles, weil er ziemlich viel zu erzählen hat und deswegen recht schnell erzählt. Auch bei seinen Kollegen ist er wohl als Plaudertasche bekannt, denn als wir zum nächsten Bahnhof weiterfahren sollen, er aber keine Anstalten auf eine Pause macht, formt einer mit den Händen ein T, wohl um ihn auf die Zeit hinzuweisen, ohne ihm ins Wort zu fallen.

"...in London sagen die gar nichts", schnappe ich später von der Plaudertasche auf, "da piepts nur, bevor die Türen schließen. Außerdem wäre "Ukoncete prosím výstup a nástup, dvere zavirají" auf Englisch ja viel zu lange", meint er. "Naja, in Russland sagen sie "Ostoro¸ne, dveri zakryvajutsa", in Deutschland "Bitte surückbleiben" (gut mit dem türkischen Akzent vergleichbar) und in Ungarn "Kerem vigyazzanak, az ajtok zarodnak..." "Bitte was? Nochmal", hakt eine Frau nach, was er natürlich gerne tut.

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Auf der Rückfahrt darf ein Stop am Hbf nicht fehlen.

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...wie auch in Pankrác.

Knapp drei Stunden später nähern wir uns wieder dem Ausgangspunkt. Um die Abreise mit den Nachtlinien zu erleichtern, kann man bereits am Bahnhof Budejovická aussteigen, wovon aber niemand Gebrauch macht. Für mich bringt es zeitlich auch nichts. "Ansage, bitte", spricht der Fahrer in sein Funkgerät. "Aber es ist doch niemand ausgestiegen", meint sein Kollege. "Trotzdem, wir können doch nicht ohne Ansage abfahren!!! Und hier funktioniert sie nicht." Die Kollegen im hinteren Führerstand erbarmen sich, lassen das "Ukoncete prosím výstup a nástup, dvere zavirají" ablaufen und wir fahren weiter. Da stellt man sich die Frage, ob die wahren Freaks mit Stativ an der Veranstaltung teilnehmen oder doch eher die Organisatoren sind...

Wieder in Kacerov hat die Plaudertasche das Wort der Verabschiedung übernommen und dementsprechend lange fällt es aus und endet nicht, ehe ein Kollege ihn unterbricht. Ich schlage zum Schluss noch vor, so eine Tour auch mal auf der A zu machen (bisher gab es das Angebot meines Wissens nur auf der C), weil dort meine Lieblingsarchitektur ist. "Ja, aber dort werden immer rege Instandhaltungsarbeiten durchgeführt, sodass es schwieriger ist. Und Sie haben zwar Recht, dass die Bahnhöfe hier alle sehr ähnlich sind, aber es ist die ursprüngliche Architektur der Prager Metro und der Ecs gehört einfach hierher..." Ehe er noch weiter ausschweifen kann, beenden die Kollegen die Veranstaltung, ich gehe zur Nachtbushaltestelle und habe perfektes Timing, denn zwei Minuten später kommt der Bus herbeigerauscht, in der Steigung ist der Karosa-Wagen in der nächtlichen Stille schon lange zu hören, bevor er um die Kurve kommt. Eine gute halbe Stunde bin ich mit Bus und Tram durch die menschen- und autoleeren Straßen unterwegs - welch faszinierende Veranstaltung.

Warum gibt es sowas in München eigentlich nicht? Ahhhso, wir (Eröffnung 1971) haben ja im Gegensatz zu Prag (Eröffnung 1974) gar kein historisches Fahrzeug, mit dem wir so eine Fahrt machen könnten...
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Beitrag von Bayernlover »

Man darf mit Fug und Recht behaupten, dass deine Berichte eine Bereicherung für das Forum sind!
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Beitrag von Entenfang »

Elektrifizierung des Busverkehrs in Prag

Bereits 2017 hatte ich die Gelegenheit, an einem Vortrag zu diesem Thema teilzunehmen. In den Jahren 2011 bis 2014 haben die Prager Verkehrsbetriebe mehrere Elektrobusse getestet, darunter Breda ZEUS, Siemens Rampini und SOR EBN 8. Die Auswertung der jeweils rund ein Jahr getesteten Fahrzeugen war ernüchternd. Entweder war die Leistung zu schwach und die Fahrzeuge konnten bei hohem Füllungsgrad nur mit 30 km/h die steilen Berge hinauffahren, oder die Heizung war zu schwach oder mit Diesel-Hilfsmotor betrieben, oder die Reichweichte war viel zu kurz für die langen Prager Buslinien mit hoher Laufleistung und bis zu 20h Betriebszeit.

Der Busverkehr weist in Prag eine erhebliche Bedeutung auf - die jährlichen 178 Mio. Wagen-km verteilen sich etwa zu je 1/3 auf Bus, Tram und U-Bahn. Die 1,3 Mrd. Fahrgäste dagegen wenig überraschend zu 1/2 Metro und zu jeweils 1/4 Bus und Tram. Die Anforderungen an elektrische Busse in Prag sind hoch - zu den langen Linien (oft 20 km) kommt nicht nur die schwierige Topografie, sondern auch zwingend erforderliche Gelenkfahrzeuge mit hoher Kapazität. Zusätzliche Dieselaggregate für die Heizung sind nicht gewünscht - die Klimatisierung im Sommer erhöht den Verbrauch von Elektrobussen übrigens um rund 50%, die Heizung im Winter sogar um 100%! Was also tun?

Die Linie 58 wurde nach Jahren erfolgloser Versuche mit Batteriebussen als Teststrecke für partielle Obusse errichtet.
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Ein engagierter Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe setzte viel daran, um die Strecke umsetzen zu können. Um die Kosten möglichst niedrig zu halten, wurden für die Ladestation weitgehend Masten und Oberleitungsbauteile verwendet, die als Provisorien bei Baumaßnahmen an der Tram-Oberleitung genutzt wurden und in einem Lager aufgefunden wurden. Die Kosten dafür lagen nur im hohen fünfstelligen Bereich (in Euro gerechnet). Zur Energieversorgung wurde die Straßenbahnoberleitung angezapft und eine Ladestelle an der Endstation Palmovka geschaffen
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Die galvanische Trennung der Stromkreise ist gesetzlich vorgeschrieben, denn im Gegensatz zur Tram hat der Obus keinen Rückleiter über das Gleis. Ein- und aussteigende Personen könnten die Isolierung durch die Reifen überbrücken und einen Stromschlag erhalten. Da das überwiegend genutzte Testfahrzeug von SOR nicht die entsprechenden Vorkehrungen hat, musste die fest installierte Technik verbaut werden, die sich in dem weißen Häuschen befindet.

Die Teststrecke umfasst eine lange Steigung, bergauf gibt es einen knapp 1000 m langen Oberleitungsabschnitt, bergab ist er etwas kürzer.
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Auf der Talfahrt müssen die Stromabnehmer in der Regel nicht angelegt werden, da die Bremsenergie in den Akkus gespeichert werden kann.
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Der einzige Grund für die Verlegung der Haltestellenposition weg von der Busbucht mit Wartehäuschen, zu sehen im Bild davor, ist übrigens der schlechte bauliche Zustand der Busbucht. ;)

Der einzige Zweck der Oberleitung auch auf der Talfahrt ist eine Rückfallebene, wenn auf der Straße Stau herrscht und die Rekuperation nicht ausreichend Energie liefert.
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Das Eindrahten passiert auf Knopfdruck an der Haltestelle Kundratka.

Ein großes Problem der reinen Elektrobusse war die unzureichende Akkukapazität für die anspruchsvolle Prager Topografie. Der steilste Abschnitt auf der Linie 58 ist hingegen nicht mit Oberleitung versehen. Der einzige Grund für die Wahl des Abschnitts lag darin, dass entlang dessen keine Häuser sind, deren Bewohner sich über die Oberleitungen beschweren hätten können. Dem Projektverantwortlichen war es wichtig, möglichst schnell eine Teststrecke zu bekommen und nicht jahrelange Genehmigungsprozesse durchlaufen zu müssen. Außerdem gab es den glücklichen Zufall, dass sich an der Talsohle des betreffenden Abschnitts ein Grundstück im Besitz der Verkehrsbetriebe befand, auf dem das Unterwerk errichtet werden konnte. Zufälligerweise fand sich dort sogar noch ein unterirdisches Hochspannungskabel, welches zur Speisung geeignet ist. Die Technik für das Unterwerk stammt aus Teilen der Hochwasserhilfe von 2002 und verursachte ebenfalls nur minimale Kosten.

Nachdem das Projekt zunächst aus politischen Gründen "Elektrobus mit dynamischer Ladung" genannt wurde und deshalb im Gegensatz zum Obus auf breite Unterstützung stieß, ist inzwischen der Begriff Obus wieder akzeptiert und wird auch offiziell verwendet. Die Eröffnung des Abschnittes wurde am 15. Oktober 2017 mit einem ¦koda 8Tr gefeiert, auf den Tag genau 45 Jahre nach der Einstellung des ursprünglichen Obusbetriebs und am Steuer saß der Fahrer der damaligen Abschiedsfahrt. Die Obuslinie 58 fuhr übrigens früher auf just diesem Streckenabschnitt.
https://www.youtube.com/watch?v=e8QoSNyZ1wk

Die weitere Entwicklung sieht vor, einige stark nachgefragte Gelenkbuslinien elektrisch zu betreiben. Da der Markt kaum Elektro-Gelenkbusse hergibt, betritt Prag damit weitgehend Neuland. Dieselbusse sind in Prag nicht zuletzt wegen des sehr hohen Verbrauchs (durchschnittlich fast 50l/100km) weder ökologisch noch sehr wirtschaftlich. Es soll etwa die Hälfte der Strecke mit Fahrleitung versehen werden. Damit werden die Investitionskosten in die Infrastruktur reduziert, um beispielsweise zu niedrige Brücken ohne Oberleitung unterfahren zu können und keine komplizierten Kreuzungen bauen zu müssen. Wie reine Elektrobusse sind die benötigten partiellen Obusse etwa doppelt so teuer wie ein vergleichbares Dieselfahrzeug. Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge werden ebenfalls evaluiert, sind aber aufgrund der extrem hohen Anschaffungskosten (4x so teuer wie Diesel) wenig attraktiv. Als problematisch erweist sich die historisch bedingte Definition des Obusses als Bahn, denn ein Förderprojekt der EU unterstützt ausdrücklich die Beschaffung von Straßenfahrzeugen. Obusse fallen in Tschechien aber nicht in diese Kategorie, sodass aus diesem Programm keine Mittel abgerufen werden können.
Bis 2022 sollen die Linien 140 und 119 vollständig elektrisch betrieben werden. Die Linie 140 wird den bereits vorhandenen Oberleitungsabschnitt nutzen, der in beide Richtungen verlängert wird, um die gesamte Steigung abzudecken. Mit dieser Erweiterung erhält auch der bestehende, offiziell nur befristet auf 2 Jahre genehmigte Abschnitt, seine dauerhafte Legalisierung. Außerdem wird in Letnany die Tupolevova-Straße mit Fahrleitung versehen und ein noch vorhandenes Unterwerkbauwerk der dort bis in die 60er Jahre verkehrenden Obuslinie mit neuer Elektrotechnik ausgestattet. Diesen Abschnitt können perspektivisch weitere Linien nutzen. Um auch historische Fahrten ohne Hilfsakkus durchführen zu können, wird dieser Abschnitt an beiden Enden Wendeschleifen erhalten - offiziell zu "operativen Zwecken".
Bei der endlosen Geschichte um die Flughafenanbindung hat derzeit der Obus die Nase vor Tram, U-Bahn und Eisenbahn. Die Linie 119 soll ebenfalls rein elektrisch betrieben werden und zu diesem Zweck etwa 2/3 der Route zwischen Nádra¸í Veleslavín und Flughafen Oberleitungen erhalten. Dort ist der Einsatz von Doppelgelenkfahrzeugen vorgesehen.

Als zusätzliche Nutzung der Oberleitung für die Linie 140 wird auch über die Elektrifizierung der Regionalbuslinie 375 nachgedacht. Auf meine Nachfrage hin wurde mir bestätigt, dass es für die Hersteller kein Problem darstellt, Fahrzeuge mit ausreichender Höchstgeschwindigkeit zu bauen, um sie im Überlandverkehr nutzen zu können.

Und wer weiß, vielleicht wird dereinst sogar der E-Highway für den Regionalbusverkehr auf der Schnellstraße 4 vom Bf Smíchov nach Süden genutzt? Während der HVZ fährt dort immerhin alle 2 bis 3 Minuten ein Regionalbus...
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Beitrag von 146225 »

Sicherlich auch ein Vorbild für andere europäische Städte - nicht immer und überall, aber gerade dort wo die Topographie den E-Antrieb sinnvoll werden lässt und wo schon ein (größerer) Tram-Betrieb vorhanden ist, sprich das Know-How im Umgang mit Fahrleitungen, kann der Trolley eine sinnvolle Option für stärker nachgefragte (lange) Buslinien sein. Abschnitte ohne Oberleitungen sind ja dank Batterietechnik auch nicht unmöglich.
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Beitrag von Iarn »

Für mich stellt sich in Prag wie auch anderswo immer die entgegengesetzt Frage: wenn schon ein Gelenkbus zwingend gefordert ist, wieso nicht gleich eine kleine Tram?
Gerade wenn in einer Stadt wie in Prag bereits eine üppige Tram Infrastruktur vorhanden ist, macht es da nicht Sinn, gleich Schienen zu verlegen und mit einem vergleichsweise kleinen Trambahn Fahrzeug zu beginnen. Der Vorteil ist, wenn die Strecke an Nachfrage zulegt, kann man dann eine richtige Tram einsetzen. Klar sind Schienen teuer aber der Wirkungsgrad ist besser und die Technik ausgereifter.

Für mich machen Elktrobusse eher dort Sinn, wo es noch keine Tram Infrastruktur gibt.
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Beitrag von 146225 »

Prinzipiell ist eine Tram natürlich immer besser als jede Lösung per Bus, aber es beisst die Maus keinen Faden ab: die notwendigen Investitionen sind größer, die Bauzeit länger. Nicht überall wird das zeitnah möglich sein, sei es weil örtliche Gegebenheiten das Verlegen von Tramgleisen schwierig machen, sei es weil die Finanzlage den Gleisbau nicht zulässt. Von Problemen mit NIMBY-Anwohnern und Anti-Tram-Ideologen in der örtlichen Politik mal ganz zu schweigen. Und dann ist Trolley als Lösung besser wie rußende Dieselbusse.
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Beitrag von 218217-8 »

146225 @ 17 Nov 2019, 11:20 hat geschrieben:Und dann ist Trolley als Lösung besser wie rußende Dieselbusse.
Nanana, jetzt wird's aber ein wenig unsachlich! ;)

Unter uns Heilbronnern: Klar, die grundsätzliche Aussage kann ich unterstreichen. Obusse sind natürlich - vor Ort am Fahrzeug! - sauberer (und auch leiser) als Dieselbusse und von daher durchaus ein Lösungsweg, um im entsprechenden Anwendungsfall Anwohner und Besucher von Innenstädten von Abgasen und Lärm zu entlasten. Aber wie es dort aussieht, wo der Strom produziert wird, ... Wie ist da eigentlich speziell Tschechien aufgestellt?

Ich weiß nicht, wann du zuletzt einen Dieselbus aktueller Abgasnorm gesehen hast, der gerußt hat. Die weißen Taschentücher am Auspuff hatte man schon vor zehn oder zwanzig Jahren mit Einführung der ersten Rußfilter. Und seitdem ist die Entwicklung nicht stehen geblieben. Nicht zu vergessen, dass Busse im Gegensatz zu Pkw die geltenden Grenzwerte schon immer auch tatsächlich einhalten.

Wenn du geschrieben hättest "Und dann ist Trolley als Lösung besser wie Dieselbusse." Alles okay. Aber mit dem Wörtchen "rußende" in dem Zusammenhang empfinde ich, dass du die Seriosität verlassen hast und populistisch geworden bist. Das finde ich sehr schade, weil es den Wert des an sich sehr guten Beitrags und dessen Kernaussage meiner Meinung nach in Mitleidenschaft zieht. Nichts für ungut!
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Beitrag von Entenfang »

218217-8 @ 17 Nov 2019, 19:46 hat geschrieben:Aber wie es dort aussieht, wo der Strom produziert wird, ... Wie ist da eigentlich speziell Tschechien aufgestellt?
Bescheiden, nur 14,9% erneuerbare Energien. Tschechien hat es mangels Meer und aus historischen Gründen auch schwierig. Stattdessen wird leider auf Atomkraft gesetzt, um den CO2-Ausstoß reduzieren.
Abschnitte ohne Oberleitungen sind ja dank Batterietechnik auch nicht unmöglich.
Das wird ja in Prag auch der Fall sein - nur rund 50% der Streckenlänge werden mit Oberleitung versehen.
Gerade wenn in einer Stadt wie in Prag bereits eine üppige Tram Infrastruktur vorhanden ist, macht es da nicht Sinn, gleich Schienen zu verlegen und mit einem vergleichsweise kleinen Trambahn Fahrzeug zu beginnen. Der Vorteil ist, wenn die Strecke an Nachfrage zulegt, kann man dann eine richtige Tram einsetzen. Klar sind Schienen teuer aber der Wirkungsgrad ist besser und die Technik ausgereifter.
Mit kleiner Tram braucht man in Prag ganz sicher nicht anfangen. Das Prager Tramnetz krankt ein bisschen daran, dass man den Ausbau in die Plattenbausiedlungen bei ihrem Bau komplett verschlafen hat. Deswegen hat der Bus auch so eine hohe Bedeutung und dient von dort als Zubringer zu Tram und Metro. Tatra Solo sind selbst im Nachtverkehr zu klein, tagsüber findet man sie nur auf den Linien 2, 13 und 21.

Auch aus verkehrlicher Argumentation bin ich ganz bei dir, dass ein Ersatz der Flughafenbuslinie 119 durch eine Verlängerung der Tram von Divoká ¦arka wesentlich sinnvoller ist.
Ort im Überblick
Denn wenn eine Gelenkbuslinie in der HVZ alle 3-4 min. fährt, ist das Kapazitätslimit deutlich erkennbar. Außerdem halte ich es für fragwürdig, auf dem Abschnitt Nádra¸í Veleslavín - Divoká ¦arka parallel zur Tram noch einen Obus einzurichten. Die Tram könnte man außerdem auf einer neuen Trasse über OC Sestka (Einkaufszentrum) führen, statt Busse als Stichfahrt.
Die Verlängerung der Tram ist aber weiter geplant, langfristig gibt man aber wohl der Eisenbahn den Vorzug. Die Strecke (Masarykovo n.-) Praha-Veleslavín - Kladno soll einen Tunnel mit Flughafenbahnhof bekommen.

Warum also noch den Obus? Ich könnte mir vorstellen, dass man nach jahrelangem Gerede jetzt einfach das schnellstmögliche tun will, um die Situation endlich zu verbessern. Es sollen dort ja Doppelgelenk-Obusse mit Hilfsakku fahren.
Prinzipiell ist eine Tram natürlich immer besser als jede Lösung per Bus, aber es beisst die Maus keinen Faden ab: die notwendigen Investitionen sind größer, die Bauzeit länger. Nicht überall wird das zeitnah möglich sein, sei es weil örtliche Gegebenheiten das Verlegen von Tramgleisen schwierig machen, sei es weil die Finanzlage den Gleisbau nicht zulässt.
Nichtsdestotrotz hat Prag auch ein ambitioniertes Straßenbahnausbauprogramm. Dazu hätte ich in naher Zukunft noch was geschrieben, aber ich brauche eine Weile für 100 Seiten tschechisches Pdf. ;)
Wer schon mal vorab reinschauen will:
http://www.iprpraha.cz/uploads/assets/doku..._2018_07_26.pdf
http://www.iprpraha.cz/uploads/assets/doku...017_12_31_m.pdf
Alleine die Brücke Zlíchov - Dvorce kommt auf zu erwartende 53.800 Fahrgäste pro Tag!
Ich weiß nicht, wann du zuletzt einen Dieselbus aktueller Abgasnorm gesehen hast, der gerußt hat.
Und genau da liegt der Hund begraben. Wenn du 170 solcher Fahrzeuge noch im Wagenpark hast, die ganz sicher nicht Euro 6 erfüllen, dann besteht da enormes Potenzial zur Verbesserung. Wenn die Dinger am Berg anfahren, ist "Rußwolke" gar nicht mal weit von der Realität entfernt.

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Hier der Beweis - es muss nicht immer regnen, wenn ich in Prag bin...
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Beitrag von Iarn »

Entenfang @ 17 Nov 2019, 21:23 hat geschrieben: Dazu hätte ich in naher Zukunft noch was geschrieben, aber ich brauche eine Weile für 100 Seiten tschechisches Pdf. ;)
Bitte nimm Dir die Zeit, ich gehe davon aus dass Du hier mit Abstand die besten Kenntnisse des Tschechischen hast :)

Ich bin zwar verblüfft, dass man trotz der gefühlten Fremdartigkeit der tschechischen Sprache so einen oder anderen Broken erraten kann (z.B. "realizace") aber das war es dann auch.
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