[M] MVV strebt neues Tarifsystem an

Fragen und Diskussionen zu den Tarifen von Bahnen und Verkehrsverbünden.
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Iarn
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Beitrag von Iarn »

Merkur MVV plant „Modernstes Tarifsystem Europas“
Ob es die Streifenkarte in Zukunft unverändert geben wird, ist eine der Fragen, die nun die Planungsbüros Civity und Intraplan untersuchen werden. Der Arbeitsauftrag: drei Vorschläge, wie der MVV das „modernste Tarifsystem Europas“ einführen könnte. Streifenkarten, Wochenkarten, Abos, Ausbildungstarife – alles kommt auf den Prüfstand. Bis Jahresende sollen Vorschläge für eine Reform vorliegen, sagte Freitag gestern vor Landräten und Bürgermeistern auf der Sitzung des Regionalen Planungsverbands München. Die Planer werden sich an mehreren Modellen orientieren, von denen aber wohl keines in Reinkultur verwirklicht wird.
Na hoffentlich nimmt man den Mund nicht zu voll. Wobei die meisten wirklich modernen Tarifsysteme lauern eh eher auf der anderen Erdhalbkugel.
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ropix
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Beitrag von ropix »

Das modernste Tarifsystem aller Zeiten: Die Autofahrer bezahlen den ÖPNV, letzterer ist für alle kostenlos.

Anonsten hat der MVV derzeit eines der einfachsten Tarifsysteme Deutschlands, die Vorschläge die ich bislang höre verkomplizieren das ganze ungemein.

Wobei, Kilometer und Zeitabhängige Tarifierung natürlich die Fairste der Welt ist, aber für Leute die jetzt keinen Bock haben allen ihre ÖPNV-Fahrten per Smartphone zur Verfügung zu stellen ist das halt kein Weg.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Wenn man der AZ München glauben schenken darf, soll im Zuge der Tarifreform das Semesterticket um bis zu 50% teuerer werden.
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nordpolcamper
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Beitrag von nordpolcamper »

Nö, die beiden Themen werden zwar in einem gemeinsamen Artikel behandelt, aber nicht in Verbindung gebracht. Genauso wie das erwähnte "Verbundwachstum" durch dem Filzenexpress. Im übrigen ist das Semesterticket auf den Monat runtergebrochen günstiger als 2 Ringe im Ausbildungstarif II, bei einer Gültigkeit im gesamten MVV-Gebiet. Eine "Verteuerung" um 50% wäre immer noch ein Spottpreis...

Ansonsten bin ich tierisch gespannt, wie ein kilometerabhängiges System zusammen mit einer Zeitkarte funktioniert. Rabatt auf jeden weiteren Kilometer? ...
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Das neue Tarifsystem dient doch eh nur dazu, den Fahrgästen wieder einmal kräftig in die Tasche zu langen, ohne das die sich wehren können. Ich glaube, das nicht nur das Semesterticket erheblich teuerer werden wird.....
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Cloakmaster
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Beitrag von Cloakmaster »

Und Tarif nach Uhrzeit ist auch gut. Nachts, wenn die Züge leer sind, wirds dann besonders billig. Woanders werden Zuschläge fällig.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Cloakmaster @ 11 Mar 2016, 22:04 hat geschrieben: Und Tarif nach Uhrzeit ist auch gut. Nachts, wenn die Züge leer sind, wirds dann besonders billig. Woanders werden Zuschläge fällig.
Sorry, aber ich kann da wenig Gutes dran finden, wenn ich jedes Mal erst die Kilometer ausrechnen muss, damit ich weiss, was es kostet....
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Lazarus @ 11 Mar 2016, 22:07 hat geschrieben: Sorry, aber ich kann da wenig Gutes dran finden, wenn ich jedes Mal erst die Kilometer ausrechnen muss, damit ich weiss, was es kostet....
In Heidelberg versucht man sich zurzeit am Luftlinientarif. Wenn der Preis aller Fahrten die Tageskarte erreicht, wird nichts mehr weiter abgebucht. Selbes gilt für Erreichen einer Monatskarte. Das klingt für mich durchaus sinnvoll und scheint dort von den Fahrgästen auch gut angenommen zu werden. Bei einer ersten Evaluation hat man festegestellt, dass niemand das Rechnen anfängt. Warum auch? Man muss doch nicht unbedingt vorher wissen, ob die Fahrt nun 1,70 oder 2,40 kostet.
In London gilt ein ähnliches Prinzip.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Entenfang @ 11 Mar 2016, 22:14 hat geschrieben: In Heidelberg versucht man sich zurzeit am Luftlinientarif. Wenn der Preis aller Fahrten die Tageskarte erreicht, wird nichts mehr weiter abgebucht. Selbes gilt für Erreichen einer Monatskarte. Das klingt für mich durchaus sinnvoll und scheint dort von den Fahrgästen auch gut angenommen zu werden. Bei einer ersten Evaluation hat man festegestellt, dass niemand das Rechnen anfängt. Warum auch? Man muss doch nicht unbedingt vorher wissen, ob die Fahrt nun 1,70 oder 2,40 kostet.
In London gilt ein ähnliches Prinzip.
Das stimmt schon, aber wenn rein nach Kilometern abgerechnet wird, funktioniert das nicht.....
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Beitrag von Cloakmaster »

Lazarus @ 11 Mar 2016, 23:07 hat geschrieben: Sorry, aber ich kann da wenig Gutes dran finden, wenn ich jedes Mal erst die Kilometer ausrechnen muss, damit ich weiss, was es kostet....
Bei Dunkelheit hat jeder Kilometer nunmal 1500 Meter - mindestens!

Aus den ausgelagerten Beiträgen:
Supertom @ 11 Mar 2016, 22:30 hat geschrieben:Hab heute von diesen Plänen in einer in der DB Lounge ausliegenden Zeitung erfahren (weiß leider nicht mehr, welche es war). Dort wurde auch die Aussage getroffen, dass es nicht unbedingt billiger wird. Man will kein Modell wie in Wien mit der Jahreskarte für 365 Euro.

Ich ahne da ja schon düsteres. Mal ganz abgesehen davon, dass man die Tarifumstellung wohl zu einer deutlichen Preiserhöhung nutzen wird, wird sich das Tarifgefüge bei einem Kilometerpreis zu ungusten der Vororte und der äußeren Stadtgebiete verändern. Das erhöht dann nochmals den Siedlungsdruck im Innenstadtbereich. Zudem, was ist mit den Pendlern? Wird es eine Art Monatskarte bzw. eine maximale Abbuchungssumme pro Tag (analog London) geben? Zudem, was ist an diesem Tarifsystem einfacher? Da wohl keiner auswendig weiß, wie viele Kilometer man im ÖPNV fährt, wird der Preis nur mit Hilfe des Internets rauszufinden sein. Und dieser ändert sich mit jeder Station, die man mehr oder weniger fährt. Das kann sich doch erst recht keiner merken. Und was ist mit verschiedenen Linienwegen die möglich sind? (z.B. Freising-Westfriedhof via Moosach bzw. via Hauptbahnhof). Es läuft wohl darauf hinaus, eine Chip-Karte/das Handy an Lesegeräte hinzuhalten und nach der Fahrt wird dann der Fahrpreis abgebucht - der Fahrgast weiß dann erst nach der Fahrt, wie teuer der Spaß gerade war und nicht mehr davor.

Und mit einem Yield-abhängigen Fahrpreis weiß man gar nicht mehr, was die Sache kostet. Wenn man die S-Bahn um 16:50 geplant hatte und spontan erst um 17:10 fährt, ist es dann billiger oder teurer? Der Fahrpreis wird damit zu einem Lotteriespiel.
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Beitrag von spock5407 »

Ich hoffe, es wird eine Zeitkartenlösung geben, die den heutigen Nutzungskomfort nicht reduziert. Sprich, ich habe keine Lust wenn ich eh "Zeitkarte" bezahle, dann jede einzelne Fahrt ein- und auszuchecken.

Ich nehme an, es gibt eigentlich nur zwei Varianten: ein Wabentarif oder eine Kombination aus verschiedenen Stadtzonen plus entfernungsabhängige Komponenten dazwischen.

Btw, uhrzeitabhängige Preise für HVZ und NVZ bei Einzelkarten gabs schon beim Frankfurter FVV.
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Beitrag von spock5407 »

Zorngiebel @ 12 Mar 2016, 12:31 hat geschrieben:
spock5407 @ 12 Mar 2016, 12:29 hat geschrieben: Du scheinst mir ein bissi dünnhäutig und leicht aufbringbar zu sein, wenn Kritik kommt.

Magnetstreifen ist nunmal Alttechnik und warum sollte ein großer Verbund da noch größer Investieren?
Ich wollte nicht, dass der MVV Magnetstreifen einführt, sondern vom New Yorker Model (keep it simple) lernt. Wenn man Stand 2016 das Papierticket abschafft und eine neue Infrastruktur aufbaut, dann wird man natürlich kaum zum Magnetstreifen greifen. Und zur Kritik: der Ton macht die Musik. Wozu, wenn nicht zur sinnlosen Provokation, soll eine Formulierung wie "Zorngiebels heiss geliebten Magnetstreifen" denn dienen? Wenn ich kurz davor geschrieben habe "Ich hab ja kein Magnetstreifenfetisch aber ich mag technikverliebte Hochkostenlösungen nicht als Fahrgast aufgezwungen bekommen". Da sollte doch klar sein, dass ich nicht am Magnetstreifen klebe, sondern, dass es mir um günstige Lösungen geht.
Wieso App? Keiner wird einem zum Smartphone zwingen. Du klingst da fast wie Lazarus. :rolleyes:
Btw, ich kann keine Provokation Cloakmasters erkennen. Er macht doch nur eine ganz normale Feststellung "User x favoristiert System y".

Und Einheitspreis von Landshut bis Landsberg, von Ingolstadt bis Rosenheim? Vergiss es. Und ein Umsteige-Pricing (womit Dein Einheitspreis-Modell schon widerlegt ist) und konkurrierende und inkompatible Tarife a la New York möchte ich wirklich nicht haben. Das schreckt Fahrgäste nur ab und macht alles komplizierter.
1 Netz, 1 Fahrplan, 1 Tarif. Dieser Slogan des MVV bringts IMO auf den Punkt und ist IMO deutlich komfortabler für den Fahrgast.
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Beitrag von Zorngiebel »

Wieso eigentlich nicht? Der Durchschnittsfahrgast verursacht Kosten X (der Durchschnittsfahrgast befährt einen gewissen Radius und befährt gerade nicht das ganze MVV Gebiet, selbst wenn er es qua Flatrate "könnte"). Diese dividiert man durch Fahrgastzahl Y inkl. erwartbarer Fahrgaststeigerungen und hat den Endpreis. Zumindest als Diskussionsgrundlage.

Beim Studententicket in anderen Bundesländern funktioniert diese Kalkulation wunderbar - ich weiss, wie schwer sich München mit dem Studententicket tut.
Auch beim Bayernticket, was einem die Benutzung des ÖPNV in beinahe ganz Bayern ermöglicht, funktioniert die Kalkulation seit vielen Jahren.

Wenn es letztlich darauf hinausläuft, das bisherige Klein-Klein nur von Papierschnipseln und Stempelfarbe auf RFID und Apps usw. umzustellen, dann hat das einfach nichts mit einem modernen Tarifsystem zu tun. Modernität bemisst sich nicht daran, welches Medium ich benutze, um ein altbackenes Tarifwerk umzusetzen, sondern am Tarifwerk selbst.
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Beitrag von spock5407 »

Erklärst Du dann einem Fahrgast in München, der jeden Tag nur ein paar Stationen Bus, Tram oder U braucht, dass er den Betrieb des Verkehrsmittels eines Pendlers aus Ingolstadt subventioniert?
Viel Spass wünsche ich dabei.

Ob wirklich jede heutige detailierte Tarifvariante und Differenzierung im MVV notwendig ist, weiß ich nicht. Aber eine gewisse Abhängigkeit zwischen Inanspruchnahme, Finanzierungskraft und Kosten sollte schon gegeben sein. Nennt sich Verursachungsgerechtigkeit.

Ausserdem bedenke, dass Du damit verschiedene Finanzierungsbudgets und damit Finanzhoheiten von Kommunen und Landkreisen betriffst. Da hält jeder Kämmerer seine Finanzschatulle gut im Auge.
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Beitrag von Zorngiebel »

Erklär bitte einem Wiener, warum sein 365 Ticket so schrecklich unfair ist? 1 € am Tag, was ist das schon. Egal, wie weit ich fahre. Das ist der Ansatz, um den es gehen sollte.
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Beitrag von spock5407 »

Der VOR besteht aber auch mehr als aus der Kernzone 100 (=Wien).
Die Kernzone Wien ist systematisch nix anderes als der MVV-Innenraum. => Wenn Du also eine Jahreskarte Ringe 1-4 im MVV erwirbst, hast Du auch Deinen Einheitspreis.

Der Unterschied ist im Endeffekt nur, was für diese Zone jeweils an Fahrpreis genommen wird. Kein systematischer.
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Beitrag von Zorngiebel »

Zumal es eine Milchmädchenrechnung ist, mit den wenigen Stationen. Denn das, was real Kosten verursacht, das ist gerade nicht, ob du in dem Fahrzeug sitzt oder nicht oder wie lange du das machst.

Was Geld kostet, ist der Fahrer. Die Schiene. Die Oberleitung. Das Fahrzeug in Anschaffung und Instandhaltung, usw. Die tatsächliche nach einem Verursacherprinzip umlegbare Berechnung des Stromverbrauchs um einige dutzend Kilo Mensch zu bewegen ist im vernachlässigbaren Nachkommabereich anzusiedeln.

Der ÖPNV hat Fixkosten, vergleichsweise wenige nachfrageabhängige Kosten. Nur an den Nachfrage-Rändern (bei besonders wenig Nachfrage kann der Fahrplan dünner sein, bei Spitzen braucht es Einlagefahrzeuge, dazwischen aber sind die Kosten starr). Wenn diesem Grundgedanke gefolgt wird kann man eigentlich gar nicht so auf Streckentarife fixiert sein. Und, um den Vorwurf der "Subventionierung" umzumünzen, eigentlich subventioniert bisher der Fahrgast, der längere Strecken zurücklegt den Fahrgast, der kürzere Strecken zurücklegt, für den aber ganz genauso der Fahrer zum Dienst erscheinen, ganz genauso das Fahrzeug angeschafft werden muss, usw.

Frag mal den Taxler wer seine Kosten deckt, die ganzen Kurzstreckenfahrgäste oder derjenige, der mal eine längere Fahrt bucht. Selbes Prinzip.
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Beitrag von spock5407 »

Zorngiebel @ 12 Mar 2016, 13:59 hat geschrieben: Der ÖPNV hat Fixkosten, keine nachfrageabhängigen Kosten.
Da hätte ich doch gerne eine genaue Aufschlüsselung der Anteile, wenn Du da so sicher bist.
Beim ÖPNV gibt es eine Aufteilung in fixe und variable Kostenbestandteile.

Nachhaltige Senkung der Nachfrage -> Senkung der Fahrtangebote -> Früher oder später Anpassung der beschafften Fahrzeuge (damit der Kapital- und Betriebskosten) sowie der Personale.
Und andersrum (meist zeitverzögert) bei der der Steigerung der Nachfrage.

Erzähle also einem kfm. Controller nicht, wie Kostenrechnung funktioniert.

Dass es eine 100%ige Zuordnung zu den einzelnen Nutzergruppen oder Fahrgästen nicht geben kann, ist klar. Aber eine gewisse Clusterung der Nutzer macht schon Sinn.
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Beitrag von Zorngiebel »

Wenn du Controler bist weisst du ja was elastische und starre Kostenapparate sind. Die Kosten fallen beim ÖPNV in Stufen an, da er auch einen politischen Auftrag hat kann er zudem nicht beliebig den Kostenapparat an die Nachfrage anpassen. Auch sind Menschen keine Manövriermasse. Wenn ich den Takt zu sehr ausdünne um rechnerisch die bisherigen 100 Fahrgäste kostensparender zu befördern, dann werde ich erstens keine 100 Fahrgäste mehr haben, weil der ausgedünnte Takt zu unattraktiv ist und zweitens steigt mir die Politik aufs Dach, weil die Aufgabe des ÖPNV ist Mobilität zu sichern, nicht Geld zu verdienen. Und ob die Bahn auf der Schiene oder im Depot ist, die Anschaffung und Instandhaltung läuft kostentechnisch weiter. Die Zusatzkosten bzgl. Verschleiß sind vergleichsweise gering. Auch die ganze andere Infrastruktur von der Schiene bis zur Leitstelle, die immer besetzt sein muss, ob viel oder wenig Verkehr. Der Kostenapparat ist sehr starr.

Also schaue ich, dass ich die Nachfrage - nur die ist elastisch - animiere um die starren Kosten auf mehr Nachfrage zu verteilen. Und du magst das anders sehen, die BEG sah es zum Glück nicht wie du und hat genau aus diesem Grund das Bayernticket vor vielen Jahren eingeführt, eine anhaltende Erfolgsgeschichte, die genau das alles bewerkstelligte. Die ohnehin verkehrenden - vgl. Daseinsvorsorge - Züge außerhalb des Berufsverkehrs zu füllen, dabei noch den politischen Auftrag zu erfüllen möglichst viele PKW einzusparen und stattdessen den Personenverkehr auf der Schiene zu fördern. Und einen ordentlichen Kostendeckungsbeitrag für die Regionalbahnen, die ja so oder so verkehren (Versorgungsauftrag), leistet das Bayernticket auch noch.

q. e. d.

Ob wir jetzt mit unseren Berufsbezeichnungen um uns schmeißen oder nicht.
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Beitrag von spock5407 »

Jetzt hast Du den wahren Kern des Ganzen getroffen: i.W. ist es am Ende ein Politiksache. Das Drumherum (Technik, Kostenverteilungsmodell auf Nutzer ("Tarif" oder "Fahrpreis" genannt)) sind letztlich nur Details, die in den politischen Rahmen eingepasst werden.

Btw, das Bayernticket ist letztlich nichts anderes als das Resultat einer Ergebnisbeitragsrechnung: wie kann man die Kostendeckung der Fixkosten ausserhalb der HVZ erhöhen. Es ist besser Fahrgäste zu variablen Kosten+jeweils kleiner Teil der Fixkosten zu befördern als heisse Luft. Das macht in der Tat Sinn.
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Beitrag von Zorngiebel »

Dass der MVV keine renditeorientierte Privatorganisation ist - klar. Und das politische Ziel, welches sogar in der einschlägigen Gesetzgebung zum öffentlichen Personenverkehr vom Gesetzgeber niedergelegt wurde, ist nun einmal, den Klimaschutz zu fördern, Luftverschmutzung wie zB Feinstäube zu reduzieren, verstopfte Straßen zu entlasten (somit auch Geld im Straßenbau zu sparen) und einiges mehr. Alles handfeste, auch in Euro und Cent quantifizierbare, Vorteile des ÖPNV. Man bedenke nur, welchen Aufwand wir inzwischen betreiben um CO2 in der Industrie oder im Gebäudebereich einzusparen oder Elektroautos unter dem Stichwort Elektromobilität zu subventionieren, dabei gibt es Elektromobilität schon heute im ÖPNV und auch der CO2 Fußabdruck bei Omnibussen ist im Vergleich zum PKW minimal und lässt sich sogar nahezu neutralisieren (Erdgasbus plus Biogas). ÖPNV ist auch eine volkswirtschaftlich wichtige Sache und ganzheitlich gedacht ist daher ein möglichst billiger und simpler Tarif, der die Massen in den ÖPNV schaufelt, das Gebot für ein modernes Tarifwerk.

Wir leben doch im Zeitalter der Flatrates und Pauschalangebote. Nicht nur aus ökonomischen Gründen, auch weil die Menschen in unserem immer komplexeren Alltag geradezu nach reduzierter Komplexität dürsten ("und wenn schon ein anderer Handytarif billiger wäre, mit den All-Net-Flats muss ich mir keine Gedanken mehr um Tarife machen sondern kann einfach telefonieren und surfen und simsen und alles ist abgedeckt, Basta!" - das ist das, was die Masse der Menschen heute möchte!).

Kombiniere ich also politische Aspekte und das Konsumverhalten der Menschen heutzutage, dann ist nun einmal sowas wie Wiens 365 oder eine MVV-Komplett Flatrate eher ein modernes Tarifsystem, als die elendig verschachtelten Tarife, am besten noch mit Kilometertarifierung garniert, technisch auf RFID und Apps usw. zu portieren.

Diese Lektion könnte man im Übrigen auch von einem anderen Bereich öffentlichen Personenverkehrs lernen. Am Tarifsystem der Bahn wird kein gutes Haar gelassen. Obwohl sie schon lange ganz massiv in moderne Techniken geht und das Gros der Tickets inzwischen online erworben werden. Das Tarifwerk selbst ist Anlass für Kritik, nicht die technische Art und Weise, wie die Bahn ihr Tarifwerk umsetzt.
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Beitrag von Auer Trambahner »

Zorngiebel @ 12 Mar 2016, 13:59 hat geschrieben: Die tatsächliche nach einem Verursacherprinzip umlegbare Berechnung des Stromverbrauchs um einige dutzend Kilo Mensch zu bewegen ist im vernachlässigbaren Nachkommabereich anzusiedeln.
Es gibt halt nicht nur Rad/Schiene gebundenen ÖPNV. Beim Gummi/Asphaltgebundenen System schauts anders aus.
Irgendeine Quersubventionierung wirds immer geben
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Würde sagen die Langstrecke. Zumal wenns aus der Stadt rausgeht.
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Beitrag von spock5407 »

MVV-Flats gibt es heute ja. Nennt sich Zeitkarten. Und wie bei den Handytarifen mit verschiedenen Stufen: Nur heisst es nicht S, M, L oder XL sondern Ringe 1-16.

Und: Drosseln a la Mobileprovider gibts im MVV auch nicht. Ausser vielleicht wenn die U2, U6 oder 19 mal wieder platzen. :lol: (weil, analogie: was will ich mit einer billigen 300MB-"Flat", wenn dann auf Buschtrommel-Geschwindigkeit gedrosselt wird. Oder einem DSL/Glasfaser-Anschluss, wenn z.B. nach 10GB der Ofen de facto aus is)
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Beitrag von Lazarus »

spock5407 @ 12 Mar 2016, 12:58 hat geschrieben: Der VOR besteht aber auch mehr als aus der Kernzone 100 (=Wien).
Die Kernzone Wien ist systematisch nix anderes als der MVV-Innenraum. => Wenn Du also eine Jahreskarte Ringe 1-4 im MVV erwirbst, hast Du auch Deinen Einheitspreis.
Selbst wenn man das nur auf den MVV-Innenraum beschränkt mit dem Preis von 365 Euro im Jahr, entspricht das in etwa einer Preisreduzierung von 50%. Wie will man das finanzieren?
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Beitrag von Cloakmaster »

Zb durch Verdoppelung der Ticket Verkäufe? Problematisch wird nur, weil sich dadurch auch die Nutzerzahlen verdoppeln würden - und diese neuen Nutzer sich kaum ausschließlich diue nachfrage-schwachen Zeiten raus suchen werden. So rein betreibswirtschaftlich kann man natürlich auch einfach jeden Verkahr nach 22 Uhr einstellen.

Wenn die Stadt Wien beschliesst, den eigenen ÖPNV stark zu bezuschussen, geht damit eine Verpflichtuing Münchens einher, es ebenso zu tun?
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Beitrag von Zorngiebel »

Wenn es in Wien funktioniert wieso dann nicht in München? Ein sachlicher Grund.
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Beitrag von Valentin »

Lazarus @ 12 Mar 2016, 11:17 hat geschrieben: Ganz abgesehen davon, das ich eine Kilometerabhängige Abrechnung sowieso für nur schwer umsetzbar halte. Weil was macht man z.b. bei Strecken wie Ostbahnhof-Hauptbahnhof, wo es eine Vielzahl von Fahrmöglichkeiten gibt?
Um Geld zu sparen werden dann die Fahrgäste der Tram vermutlich am HBF-Nord aussteigen und quer durch die Haupthalle zur U5 rennen. Ich hoffe, man berücksichtigt auch das dadurch umgelenkte Umsteigeverhalten der Fahrgäste bei der Planung. Nicht daß unerwünschte Nebenefekte kostspielige Maßnahmen erfordern.
10bis10 jetzt - oder Rücknahme der damit begründeten Tariferhöhung.
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Beitrag von Lazarus »

Valentin @ 12 Mar 2016, 13:42 hat geschrieben: Um Geld zu sparen werden dann die Fahrgäste der Tram vermutlich am HBF-Nord aussteigen und quer durch die Haupthalle zur U5 rennen. Ich hoffe, man berücksichtigt auch das dadurch umgelenkte Umsteigeverhalten der Fahrgäste bei der Planung. Nicht daß unerwünschte Nebenefekte kostspielige Maßnahmen erfordern.
Irgendwie bringst du gerade etwas durcheinander. Die Tramstrecke Ostbahnhof-Hauptbahnhof führt nicht über Hbf Nord, sondern über Hauptbahnhof und Hbf Süd.
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Beitrag von Zorngiebel »

In Wien stieg durch den billigeren und v. a. maximal einfachen Tarif die Zahl der Abo-Inhaber von 373.000 auf 648.000. Das ist nicht ganz aber zumindest grob eine Verdopplung. Somit sind die Einnahmen aus den Abos deutlich gestiegen, obwohl der einzelne weniger bezahlt. Die Wiener sind aber nicht im selben Maße mehr mit ihren Öffis gefahren (also nicht proportional zur Preissenkung), das ist eben der Flatrate-Effekt. Die Leute mögen simple Flatrates, weil sie diese nach Bedarf ausnutzen "könnten". Man kann lange über Sinn und Unsinn davon diskutieren, aber so ist es nun einmal (und die Analogie zur Telekommunikation liegt in diesem Kundenverhalten; jeder will die DSL Flatrate obwohl der Anteil der Heavy User minimal ist, wie der Vorstoß der Telekom ausging, eine Drossel einzuführen, dürfte allgemein bekannt sein, obwohl das Inklusivvolumen für 95 % der DSL Nutzer mehr als ausreichend gewesen wäre, so ticken die Leute halt einfach).

Das konservative Wiener Blatt "Die Presse" hat mal nachgerechnet:

http://diepresse.com/home/panorama/wien/48...arte-von-allein

Die kommen auf rund 50 Mio. € Mehrkosten, wobei sich auch fragt wie substantiell das ist, denn das Diagramm in diesem Artikel zeigt eine langjährige Kostensteigerung auch schon vor Einführung von Wien 365 an. Betriebskostenzuschuss im Jahr vor Einführung: 290 Mio. €, im Jahr der Einführung 280 Mio. €, im Jahr nach der Einführung 330 Mio. €; das spricht eher für einen langjährigen Trend der auch Sinn ergibt, denn ähnlich wie das U-Bahnnetz in München ist die U-Bahn in Wien vergleichsweise jung und kommt jetzt in ein Alter, in dem das Netz deutlich mehr Instandhaltung und Sanierung benötigt, also die Kosten einfach ansteigen, egal unter welchem Tarif.

Aber nehmen wir einmal die Milchmädchenrechnung mit 50 Mio. € Mehrkosten hin, welche von "Die Presse" der Einführung von Wien 365 zugeschrieben werden. Das ist durchaus verkraftbar, wenn man sich vergegenwärtigt, wie vorbildlich der Modalsplit in Wien inzwischen ist: 39 % aller Fahrten werden in Wien per ÖPNV durchgeführt, in München nur 23 %. Angesichts dessen, wieviel Geld man zB am Mittleren Ring und anderswo im Straßenbau vergräbt, dass die Feinstaubgesetzgebung München zum Handeln zwingt, ist ein Betriebskostenzuschuss, der im Bereich von 10-15 % anwächst, durchaus politisch vertretbar. Und bei Jahreseinnahmen von ca. 6,5 Mrd. € (städtischer Haushalt München 2015) durchaus unterzubringen.

Und bei 30 € für die ÖPNV Flatrate pro Monat jammert auch kein vernünftiger Mensch mehr darüber, dass er doch gar nicht so weite Strecken fährt und er darum die, die längere Strecken fahren, irgendwie subventioniere. Selbst ein Schotte zuckt da mit den Schultern und weiss besseres mit seiner Zeit anzustellen.
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Das Problem ist nur, das System in München verkraftet keine solchen Zuwächse mehr. Zumindest nicht ohne massive Investionen in die Infrastruktur. Man ist ja heute schon am oberen Limit der Leistungsfähigkeit in der HVZ.
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