Es geht um das übliche "Bei der Bundesbahn war alles besser"-Geblubber.
Von "alles" hat niemand gesprochen... Ich hab nur historische Beispiele bemüht, warum Bahnen in der Vergangenheit genau das gemacht haben, was ich skizziere.

Man könnte auch viel weiter zurückgehen, als DB/SBB in den 50ern. Auch die DRG hatte ein Einheitslokprogramm. Damals war's leider nicht technisch möglich, einfach eine Dampflok zu bauen, die für alles tauglich war. Das geht mit der Dampflok nicht, deswegen haben die eigen großen Baukasten entwickelt. Aufgrund der noch seher uneinheitlichen Infrastruktur und der Eigenheiten der Dampfloktechnik kamen da immer noch rund 20 Haupttypen bei rum, aber das war auf Dauer schon sehr viel einfacher als die rund 300 Typen, die man aus der (heute so langsam echt vergleichbaren) Kleinstaaterei geerbt hat.
Aber auch die Länderbahnen hatten solche Bestrebungen bereits. An einer bayerischen P 3/5 H waren viele Teile mit einer G 3/4 H oder G 4/5 H gleich. Es senkte Kosten bei Wartung und Lagerhaltung und die Personale konnten einfacher angelernt werden. Und das schon in einer Zeit, wo Handarbeit noch Alltag war und praktisch nix gekostet hat.
Was du skizzierst wäre ja einigermaßen sinnvoll. Daher die Frage, wo jetzt der Unterschied ist technisch ansatzweise ähnliche Loks in den selben Kasten zu stecken und 110 draufzuschreiben (wobei, nicht mal das mit dem selben Kasten hat man geschafft... :ph34r: ) oder aber in zwei verschiedene Kästen zu stecken und zwei verschiedene Nummern draufzuschreiben
Weil es wohl einfach ist, in eine Kasten-E10 mit Siemens-Elektrik ein BBC-Schaltwerk einzubauen oder aus einer Kasten-E10 durch Drehgestelltausch eine 139 zu machen. Oder theoretisch eine 139 in eine Bügelfalten-E10 umzubauen. Jetzt mach das mal mit einer Traxx und einem Vectron. In den 50ern brauchte die DB bei den elektrischen Streckenloks nur noch fünf Haupttypen. Seit der 120.1 gäbe es die technische Möglichkeit nicht nur einen "Einheits-Baukasten" zu bauen, sondern durchweg alles lokbespannte mit einer Baureihe zu fahren. Stattdessen fängt man heute an die Welt mit Kleinserien zuzusche..en. Hier mal sechs Skoda-Loks, da mal 20 solche Flirts, dort 30 andere und alles in der Regel nicht untereinander kompatibel. Dass bei Transdev Talente mit unterschiedlichen Kupplungsbauarten rumfahren, ist eigentlich schon so deppert. Warum ist das so? Weil die Hersteller ihre eigenen Produkte verkaufen wollen. In früheren Zeiten hat die Bahn diktiert, was sie haben wollte, heute ist sie immer ein bisschen auf die grad aktuellen Kataloge der Hersteller abhängig und was vorschriftenmäßig grad so erlaubt ist.
Für den Fuzzi ist das so geil wie für die Fotografen in den 20ern und 30ern, sicherlich. Der krasse Unterschied ist nur, die ganzen preußischen P8, die damals nach München kamen, haben immerhin super zusammen mit den tollen Vorortzügen aus diversen bayerischen, preußischen und sonstigen Wagentypen. Heute fallen S-Bahnen aus, weil der Kölner 423 keine LZB hat, der 420 auch nicht und zusammenkuppeln ist irgendwie auch nicht gut und geht 423 mit 422 zusammen? Was nicht geht, einfach eine 120 davor hängen. Die Kleinstaaterei vor 90 Jahren konnte immerhin das, wenn's gar nicht anders ging. Aber heutzutage müssen es ja zig unterschiedliche Kupplungen und Steuerungen sein.
Wenn früher mal viel los war, dann hat der Eilzug halt zwei, drei, vier, fünf Wagen mehr und zur Not Vorspann durch irgendwas bekommen. Der Fahrgast hat sich vielleicht nichtmal gewundert. Heute scheitern flexible Kapazitäten oft schon allein an der Technik, selbst wenn's der Besteller zahlen würde. Oder wenn's irgendwo heißt, wir brauchen einen Fahrradwagen. Die ersten 627/628 hat man damals extra nochmal umgebaut, weil das mit der Schaku blöd war. Heute lass die BOB am Wochenende doch mal mit'm Fahrradwagen ins Oberland fahren. Antriebsleistung wäre sogar genug da... Auch so'n Pfusch: Integral wird nicht mehr gebaut, Talente hätten wir. Passt nicht, muss man getrente Umläufe fahren...
Ein Großteil des heutigen Frusts geht auf die völlig planlose Fragmentierung der Bahn in Verwaltung und Fuhrpark zurück. So kann man auch die Schuld toll hin und her schieben. EVU, EIU, EBA, Besteller, Verbund, Politik, Hersteller. Das ist den Leuten nicht mehr vermittelbar. Das ist mit ein Grund, warum die Bahn kaputt geht!
NJ Transit @ 13 Aug 2016, 08:06 hat geschrieben:Die wirklich kritischen Sachen fangen bei der Elektrik an, da kommste bei ner Siemenslok mit BBC-Teilen nicht weit.
Bei vielen Baugruppen geht das wohl sogar. Hab ich gehört!? Außerdem möchte ich nochmal die Stückzahlen in den Raum werfen, das hätte für mehrere Baukastensysteme gereicht:
E10: 379, plus E10.12: 31
E40: 879
E41: 451
E50: 194
V60: 942
V100: 745
V160: 799
VT95: 572 (ohne Schraubenkupplung... uiuiui...) plus Beiwagen
VT98: 329, plus 8 Zahnrad-VT97, plus Bei- und Steuerwagen
ETA150: 232 plus Steuerwagen
yg-Wagen: 6.582 Dreiachser und 1.821 Vierachser
n-Wagen: ca. 5.000 Silberlinge
yl-/m-Wagen: ca. 6.100 allein bei der DB
Ostdeutschland ist da überall noch gar nicht dabei. Besonders die Zahl der Wagen ist halt imposant und die kannst alle mit allen anderen zusammenkuppeln. Eine Bw-Resterampe Bn + ABm + Byg + BDyl gibt einen einwandfreien Nahverkehrszug, gezogen von einer DB-Lok deiner Wahl. Einziges Problem wäre gewesen, du hast eine Dampflok oder der paar Dieselloks ohne E-Heizung und deine Wagen haben keine Dampfheizung (mehr). Hab du heute als Resterampe noch eine 146, einen Dosto, einen 426 und einen 648 rumstehen. Du wirst deinen Fahrgästen sagen müssen, dass der Zug heute deutlich kürzer ist als normal oder ausfällt. Obwohl die Kapazität theoretisch da wäre.
