Iarn @ 12 Mar 2018, 05:56 hat geschrieben: Gestern fiel das Schlagwort Ghettobildung. München hatte die größten Probleme mit Ghettobildung Ende der achtziger als sowohl das nördliche Milbertshofen/Hasenbergl als auch Teile von Neuperlach abzurutschen drohten. Dies war in der Stadtentwicklung eher eine Phase der Stagnation der Bevölkerung, als die besser Situierten raus nach Baldham, Grünwald etc zogen.
Ja, wenn die Wirtschaft schlecht läuft, heißt dass stagnierende Löhne bzw. hohe Arbeitslosigkeit, was den Zwang nach billigem Wohnraum verstärkt -> Ghettobildung.
Was in München aktuell abläuft sind hohe Löhne und noch höhere Mieten, nur hat nicht jeder hohe Löhne, wie die schon oft angesprochenen Krankenpfleger, Kindergärtner etc. Die suchen deshalb auch nach billigem Wohnraum.
Der Effekt ist nicht so stark wie bei schlechter Wirtschaftslage, aber doch existent. Irgendwo muss man schließlich wohnen und selbst winzige WG-Zimmer für 600 Euro aufwärts sind kein spass mehr.
Aktuelles Beispiel aus der Zeitung:
Statt jeder für sich auf Wohnungssuche zu gehen, will ein Bekanntenkreis mit Kindern auf einer Brachfläche an der Ganghoferstraße eine Wagenburg gründen. Stadt und Bezirksausschuss zeigen sich offen für das Projekt
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/schwan...iheit-1.3899375
Klingt ja nett und die Sache ist bis 2020 befristet, aber es ist mal ein Beispiel der Auswüchse des Wohnungsmarktes. Wenn man nicht aufpasst, siedeln sich an den zu schaffenden sanitären Anlagen, garantiert weitere Personen an.
Insofern sehe ich das Argument des Wachstums = Ghettoisierung nicht. Zumal es mit Tokyo Sue auch sehr große Städte ohne Ghetto gibt.
Was ist Tokyo Sue? Kenn ich nicht. Aber ganz allgemein ist Japan ein sehr schlechtes Beispiel. Die Bevölkerung ist sehr homogen, die Benimmregeln sehr strikt und ausgeprägt. Da drängelt keiner frühmorgens in der SBahn, man wartet brav, bis die Insassen ausgestiegen sind, man stellt sich schön in die Reihe ... und Fahrräder schließt in Japan auch so gut wie keiner ab, da die Kriminalitätsrate einer der geringsten weltweit und nahe 0 ist.
Die Schattenseite ist dann allerdings die sehr hohe Suizidrate. Wer aus den sozialen Normen fällt, bringt sich gleich um, bevor er anderen zur Last fällt, oder man "verschwindet" einfach, z.B. in die Unterwelt. Das ziehen ca. 100.000 Leute pro Jahr durch. Ein paar Ghettos gibts dann halt doch - auch in Japan. Auch wenn sie prozentual zur Gesamtbevölkerung eher klein sind.
https://nypost.com/2016/12/10/the-chilling-...orating-people/
Und wer wohnt bzw. wohnte da früher? Tagelöhner und allgemein Leute aus schlecht bezahlten Berufen, die sich das Leben in den besseren Gegenden nicht leisten konnten. München ist da nicht mehr weit davon entfernt.
In Gegenden mit Stagnation (Teile des Ruhrgebietes und des Ostens) sind die Probleme wesentlich größer.
Das ist richtig, wobei ich das aber nicht als 2 verschiedene Phänomene sehe, sonder um das gleiche, nur in unterschiedlichen Ausprägungen. Hast Du etwas Geld aus schlecht bezahlter Arbeit, das noch für die Miete ein kleines Kämmerchens ausreicht, ist man noch relativ gut situiert. Ist man dagegen aufgrund des allgemeinen wirt. Niedergangs arbeitslos, dann wird die Lebenssituation "nur" noch schlimmer, schlimmstenfalls droht die Obdachlosigkeit.
Bei München besteht jetzt langsam das Risiko, dass die Obdachlosigkeit auch dann droht, wenn man sich die Mieten - trotz Einkommens - ebenfalls nicht mehr leisten kann.
Wo sollen z.B. die Münchner hin, die jetzt noch günstig wohnen und mit ihrem Job gut über die Runden kommen, aber demnächst vom Vermieter luxussaniert werden? Die sitzen dann auch schnell auf der Straße, oder sie ziehen halt in ne andere Stadt. Womit München dann wieder einen Krankenpfleger, Müllmann, Reinigungsfachkraft, Bäckergesellen, etc. pp. weniger hat. Oder der Verkehrbereich einen S-, U-, Tramfahrer weniger, der Flughafen einen Gepäckabfertiger, Steward/Stewardess weniger.
Im Moment geht das noch gut, weil es viele günstige Mietverhältnisse aus den billigeren Tagen gibt, aber je länger der Boom anhält, desto schlimmer wird es. Käme dann auch noch ein große wirt. Niedergang dazu, hätte man sehr schnell Ghettos in der Stadt, weil sich die Massen an billigen WG-Bewohner ihre kleinen 600 Euro Zimmerchen nicht mehr leisten kann.
Kurz gesagt: Es ist immer das Gleiche: Man kann sich keine Durchschnittswohnung leisten. Sei es aufgrund horrender Mieten in einer Metropolregion, oder aufgrund Arbeitslosigkeit.
Weil das halt ein 30 jähriger Infor antiker aus meinetwegen Indien halt hipper findet als Nürnberg, Ansbach oder Deggendorf.
Deggendorf + Ansbach ok. Aber der Großraum Nürnberg? Der hat zusammen mit Erlangen und Co schon auch einiges zu bieten.
International gesehen ist halt der Münchner Flughafen *das* große Argument, von Nürnberg kommt man vielleicht nach Mallorca, aber nicht nach Bangalore. Könnte sich mittels billigen, kleineren Mittelstreckenflugzeugen(AB321LR) in Zukunft aber auch ändern. Wobei so ne Flugverbindung das typische Henne-Ei-Problem ist. Keine Ansiedlung internat. Unternehmen ohne Flugverbindungen, ohne Flugverbindungen keine Ansiedlung ...
So oder so würde die Attraktivität Münchens aber stark leiden, wenn immer mehr Polizisten, Lehrer, Busfahrer, Krankenschwestern etc. fehlten. Im Moment gehts wie besagt noch, aber in 10-20 Jahren?
Es gibt grob gesehen langfristig nur 2 Möglichkeiten, denn irgendeiner muss die niederen Tätigkeiten machen.
a) Entweder bezahlt man die betreffenden Berufsgruppen besser - was die Stadt/Freistaat über ne Sondersteuer, Hebesätze, Ticketpreise etc. pp. machen könnte, oder es bilden sich
b) Ghettos mit billigem Wohnraum.