Rohrbacher @ 7 Apr 2019, 14:52 hat geschrieben: Nö, die Basiskonfiguration besteht aus ET und ES. Mit einem Stromabnehmer geht's maximal bis zum Vierteiler ET + EB + EB + ES, also bis zu 462 Sitzplätze und ca. 107 m. (Quelle: Das bekannte
Bombardier-Spielzeug dazu.)
Das scheint aber nicht den Geschmack der Kundschaft bzw. des einzelnen Kunden DB Regio zu treffen, alle bekannten Netze in Deutschland sind mit ET+ET im Einsatz.
Ich glaub, der riesen Vorteil gegenüber den starren Triebzügen dämmert dem einen oder anderen hier erst in ein paar Jahren, wenn die Züge noch größer sein sollen (denn den Takt ausbauen wird zwischen München und Ingolstadt schwer, wenn mehr ICE-Sprinter fahren sollen) und mit vielleicht nachgebauten Wagen erweitert werden oder wenn die Züge nach einer Neuausschreibung ggf. woanders in ganz neuer Zusammenstellung auftauchen.
Das kann so kommen, das muss aber nicht zwangsläufig kommen. Erstens ist es gerade bei Bombardier nicht gesagt, dass eine künftige Generation Mittelwagen als Nachbauten automatisch noch mit den älteren Triebköpfen abwärtskompatibel ist, zweitens wird es gerade in Deutschland für die Verlängerung von Zügen in den nächsten Jahr(zehnt)en m.E. viel eher infrastrukturelle Hürden wie z.B. zu kurze Bahnsteige und/oder Gleisanlagen geben bevor es bei den Fahrzeugen eng wird. Doppelstockzüge sind auch nicht per se das einzige Allheilmittel, wenn man mehr Kapazitäten braucht, das hängt schon auch noch von der Reiseweite und der Häufigkeit des Fahrgastwechsels mit ab. Wenn man viele und oft wechselnde "Kurzstreckenfahrer" im Zug hat, sind "Flachwagen" wegen der bauartbedingt einfacheren Zu- und Ausstiege sowie der größeren Übersicht durchs Fahrzeug klar im Vorteil. Oder eben ein Mischkonzept wie z.B. der Siemens Desiro HC, ich denke, dass hat durchaus auch seinen Raum und wird früher oder später auch von anderen Herstellern auftauchen. Jedenfalls sind beim 462 die flächenintensiven Sonderbereiche wie z.B. 1.Klasse, Mehrzweckräume, PRM-WC gut in den flachen Endwagen untergebracht, so dass die Doppelstockwagen auch wirklich als reine Kapazitätserhöhung dienen können, ohne bei Sonderbereichen bauartbedingte Nachteile wie Treppen/Höhenunterschiede und/oder räumliche Enge zu haben. Die Mittelwagen vom 462 haben überdies zumindest in der RRX-Version für einen Doppelstockwagen recht gut gelungene Einstiegsbereiche und Treppenhäuser, weniger eng und verbaut geht kaum, subjektiv sogar bislang das Beste, was ich bei einem doppelstöckigen Regio-Fahrzeug erlebt habe. Damit kann die NRW-Anforderung, größeren Fahrgastwechsel alle paar Minuten hinzubekommen, ganz gut gemeistert werden. Spätestens wenn neben dem RE 11 (ist) als nächstes die fahrgaststarken RE-Linien 1,5 und 6 mit den 462 betrieben werden und das mittelfristig genauso gut oder gar besser funktioniert als im Status quo mit Traxx + Wagenzug haben die Fahrzeuge wohl die erste Prüfung bestanden. Extra nochmals der Hinweis: unter dem Vorbehalt, dass es funktioniert.
Ob wir die 445 (bzw. 446) je nach dem noch in weiteren Einsatzgebieten außer den bisher bekannt gewordenen sehen werden, lässt sich natürlich nicht sagen - genauso wenig wie beim 462 - für beide Konzepte gibt es Platz auf deutschen Schienen, und, wie man in Schleswig-Holstein sieht, auch noch für den Stadler KISS.
Übrigens gibt's beim Twindexx natürlich immer noch die Option statt der ET eine oder zwei Loks zu verwenden, um mehr oder weniger lange Züge mit mehr Leistung zu versorgen. Man muss nicht die ET verwenden, man kann. Wenn dann ein Betreiber mit 147 und Steuerwagen fahren würde, spricht das wieder nicht gegen Bombardier.
Das wird die DB in Brandenburg tun, "übrige" 147 ein zweites Mal zu verwenden. Die LNVG Niedersachsen hat für die Metronom-Leistungen erst neue Lok- und Wagen-Züge bestellt, was in deren Fall natürlich wegen der vorhandenen Bestandsflotte, die ohnehin schon von Bombardier gewartet wird, sinnvoll war.
Bei festen Einheiten steht da "Zug fällt aus".
So kennen wir es (vor allem von der DB, aber auch von Transdev oder Keolis) bis jetzt, das muss aber längst nicht heißen, dass dieser Zustand allgemeingültig und für alle Zeiten unveränderlich ist. Man wird - nachdem es bei Transregio mit den Desiro ML ja schon geraume Zeit ganz gut funktioniert - bei zunehmender Verbreitung der Herstellerwartungen sehen, ob und welchen Einfluss diese auf die dauerhafte Verfügbarkeit haben. Ich denke, dass sie Konstruktion und Fertigung von Neufahrzeugen eher positiv beeinflussen können, denn es macht als Hersteller wenig Sinn, hier einmalig Kosten zu "sparen", wenn man dann die nächsten 20 Jahre in der Wartung erhöhten Aufwand hat. Okay, andere Kostenstelle, aber dennoch.
Und - gerade unter Berücksichtigung des Ärgers, den die RAB mit der FIBA Ulm hat: Wenn der Hersteller 1-2 Baureihen instandhalten muss, die er selbst am Besten kennt, ist das langfristig vielleicht doch erfolgreicher als eine sich (verändernde) Mischung unterschiedlicher Baureihen im unterschiedlichen Alter und von unterschiedlichen Herstellern irgendwie am Laufen zu halten.
Dieser jetzt fast schon hilflose Rechtfertigungsversuch bezieht sich auf ein angenommenes Ereignis in der Zukunft, kann also zur Tatsachenfeststellung in der Gegenwart nichts beitragen. Aus dieser kann ich dir nur sagen, dass Bahnens auch dann wegen sowas nichts trennen, was der Hersteller zusammengefügt und mit einem vier Totenkopfaufkleber versehen hat. Aber nett, wenn du in deiner FDP-mäßigen Wettbewerbsnaivität wirklich dran glaubst, dass ein EVU mit branchenüblich wenig Langeweile Faltenbälge öffnet, um ein paar Tage Ausfall zu sparen. Bei Wochen vielleicht. Es widerspricht sich ja auch irgendwie: Man kann nicht auf der einen Seite die Betreiber für zu faul halten eine Schraubenkupplung zu lösen, andererseits aber davon ausgehen, dass irgendwer, nur weil er nicht DB heißt, plötzlich Werkstattleute mit Werkzeug losschickt. Im Einflussbereich des EBA.
Auf die "starken" Worte (aus Rohrbach) ist gepfiffen, aber tatsächlich hat Siemens für den ja bereits laufenden 462-Betrieb in NRW entsprechende Verträge, die 99% Verfügbarkeit garantieren, laufen. Mag ja sein, dass Du es naiv findest, Siemens hat es trotzdem ganz real so gemacht, schwarz auf weiß, als Vertrag mit entsprechenden Pflichten und Konsequenzen bei Nichterfüllung. Mal schauen, ob sie es mit Go-Ahead für den vorgesehenen Einsatz auf dem Fugger-Netz in Bayern wieder so machen.
Die Wartung dieser Zu(g)kunft wird auch anders aussehen, als wir das bisher kennen: Angenommen, ein 462 trifft mit (elektronisch vorgemeldetem) Schaden am Fahrwerk in der Werkstatt in Dortmund ein: dann wird nicht ewig am stehenden Fahrzeug rum geschraubt, bis das wieder läuft, sondern das betroffene Drehgestell wird gegen ein neues getauscht und der Zug geht wieder raus in den Einsatz. Das schadhafte Drehgestell wird dann in aller Ruhe - je nach Problem - vor Ort oder in einem der Werke von Siemens aufgearbeitet und steht dann wieder als Ersatzteil zur Verfügung. Und genau so wird mit allen anderen Komponenten verfahren, deswegen schrieb ich ja: es bräuchte schon einen größeren (Unfall-)Schaden, um einen der RRX-462 längere Zeit außer Gefecht zu setzen. Und andere? Nun, z.B. das Konzept von Stadler für die Go-Ahead-Flirt mit der Werkstatt in Essingen (b. Aalen) wird sich sicherlich in Details unterscheiden, im Grundsatz aber ähnlich sein.
Ich sehe jetzt aus meiner Sicht nicht, wieso solche Konzepte für die Fahrzeuge des 21. Jahrhunderts schlechter sein sollen, wie alles was davor war. Unabhängig von vermeintlicher Parteizugehörigkeit und Ideologie.
Natürlich kann sich der Twindexx in der Umsetzung als Mistgrampe des Jahrhunderts rausstellen. Für stärker frequentierte Netze ist das (nur in Deutschland neue) Fahrzeugkonzept dennoch großartig und standardkonforme Mittelwagen ohnehin sinnvoller als andere. Dass das "Vario" derzeit kaum zum Tragen kommt, liegt an Aufgabenträgern und einem Fuhrpark, der auf Standards sch..ßt.
Frag mal die NAH-SH - da dürften nur die noch viel häßlicheren Probleme mit den Dieseltraxxen und den gebrauchten verheirateten Wägelchen an der Westküste verhindert haben, dass (nicht laufende) 445 diesen von Dir ersonnenen Titel abgeräumt haben.
Ich sehe übrigens die Standardisierung wieder kommen. Exoten wie die Jenbacher Integrale oder die DWA-670 wurden halt doch bei aller gefühlten Vielfalt nichts. Stattdessen setzten sich mittelfristig diverse "Baukästen" der Hersteller durch. Für das 2010er-Jahrzehnt gibt es wohl nur einen prägenden Regio-VT: den aus Salzgitter. E-Loks heißen europaweit zwischenzeitlich doch recht regelmäßig entweder "Traxx" oder "Vectron". Und Konzepte, die verschieden(artig)e Fahrzeuge vom gleichen Hersteller für ein und dasselbe Netz vorsehen, werden wohl auch mehr werden: neben dem Klassiker FLIRT + KISS von Stadler wird z.B. DB Regio in Südbaden oder Go-Ahead auf dem Fugger-Ex ja Desiro HC und Mireo von Siemens kombinieren. Nur Bombardier sehe ich da kritisch, ich glaube Twindexx mit Talent 3 kombinieren, das könnte, wie leider schon so vieles von diesem Hersteller, Schwierigkeiten bedeuten. Wär' aber sogar für Bombardier selber sinnvoll, wenn sie ihren Kunden diese Flexibilität ermöglichen könnten.
Ich spüre hier, dass manche User, die aktuell den 445 in ihrem Alltag erleben, dem Fahrzeug sehr zugetan sind. Ist individuell auch ok. Ich persönlich aus meiner Sicht kenne beides und habe sowohl schon mainfränkische 445 bzw. südhessische 446 erfahren wie den 462 auf'm RE 11 in NRW. Letzterer ist subjektiv für mich angenehmer, weil genauso spurtstark, aber leiser und mit besser konzipiertem Innenraum. Bin gespannt, wie dieser persönliche Vergleich, der heute hier noch etwas alleine steht (wobei bestimmt schon mehr hierzuforum beides probiert haben) sich ändert, wenn die 462 im Raum München mal genauso Alltagsware sind wie heute die 445.