[CZ] Ein Jahrhundertsommer in Mähren

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Beitrag von Entenfang »

Während allmählich der Frühling Einzug erhalten hat, möchte ich einen Blick in den letzten Sommer zurückwerfen, welchen ich mal wieder bei unseren östlichen Nachbarn (mehr oder weniger...) genießen konnte.


Tag 1 Dresden -> Prag -> Brno

Grandioserweise darf ich heute die späteste Klausur meines Lebens schreiben – Begin 16:40 Uhr. Das macht sich natürlich sehr ungünstig, wenn man anschließend noch bis Brno fahren möchte. Der letzte EC verpasst den Anschluss nach Brno um rund eine Viertelstunde, aber mit dem Bus könnte es klappen. Ich buche eine Fahrkarte für Regiojet bis Prag und von dort einen IC.

Dresden Hbf...............Bus Regiojet.......ab 18:35
Praha ÙAN Florenc...............................an 20:30

.................................Metro C..............ab 20:46
Praha hl.n............................................an 20:47

.................................IC 573................ab 21:09
Brno hl.n..............................................an 23:54

.................................N99....................ab 0:00
Klusáckova..........................................an 0:06

Die Reise beginnt an einem schwülheißen Sommertag – und zwar mit Verspätung. Kurz vor der planmäßigen Abfahrtszeit trudelt eine Mail ein. Mein Bus hat +20. Nach einer Viertelstunde nähert sich ein gelber Bus. „Information for passengers: This ist the delayed 5:35 bus. The next bus is behind us!“ Eine ältere Frau fuchtelt mit einer Fahrkarte herum. „We are not Flixbus! We are Regiojet“, ruft der Busbegleiter und deutet irgendwohin.

Keine fünf Minuten später rollt dann der richtige Bus heran. Mein Koffer kriegt einen Aufkleber und ich steige ein. Der Komfort ist deutlich besser als im Flixbus und der Sitzabstand angenehm groß. Es gibt ein Entertainment-System und funktionierendes WLAN. Außerdem ist ein Heißgetränk pro Fahrt im Preis inbegriffen. Für Wasser muss man dagegen zahlen und während der Fahrt verkauft die freundliche Busbegleiterin einige Flaschen zu je 50 Cent.
Eine Besonderheit von Regiojet sind die über das Maß der gesetzlichen hinausgehenden Fahrgastrechte. Je nach Verantwortungsbereich und Länge der Fahrt gibt es unterschiedliche Erstattungsquoten. Im internationalen Eisenbahnverkehr gelten aber nur die gesetzlichen Fahrgastrechte. Dazu passt auch ein sehr großzügiges Umtauschrecht - meine Fahrkarte hätte ich bis 15 Min. vor Abfahrt zurückgeben und zu 100% erstatten lassen können.

Dass wir in Dresden mit +23 starten, ist schonmal ungünstig. Damit ist mein Puffer in Prag vollständig aufgezehrt. Völlig reibungsfrei verläuft die Fahrt in den Sommerabend. Glücklicherweise sinkt die Verspätung bis Prag auf +10, womit ich ganz entspannt zum Bahnhof fahren kann.
„Ukoncete prosím výstup a nástup, dvere zavírají!“

Dumdodedim. Važení cestujici! …
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Mein IC füllt sich kurz vor der Abfahrt doch noch ziemlich und startet pünktlich nach Osten. Das letzte Licht des Tages verschwindet, während Prag zurückbleibt. Vor Kolín bleiben wir 10 Min. auf der Strecke stehen, weil wegen Baustelle nur ein Gleis zur Verfügung steht.
Auf dem Bahnsteig irren ein paar Halbstarke umher und wedeln mit einem Papier herum. Aber offensichtlich ist das nicht der richtige Zug und sie bleiben zurück, als sich der Zug wieder in Bewegung setzt. Zisch. Mit einem Ruck kommen wir keine 10 Meter weiter nach einer Zwangsbremsung zum Stehen.
Selbiges passiert am nächsten Halt, wo sich das Abteil erneut füllt. Abgesehen von einem mittelalten Mann, der bereits die ganze Fahrt am Laptop arbeitet, gesellen sich nun auffällige Zeitgenossen dazu. Ein junger Mann, Mitte 20. Er trägt ein weißes Hemd, eine weiße Hose mit roten Hosenträgern und hat sich eine große Brille in den Kragen gesteckt. Die Haare sind nach oben gegelt.
Neben ihm sitzt ein rund 40 Jahre alter Mann mit Sonnenbrille, rotem Poloshirt von Lacoste und ebenfalls einer weißen Hose. Es stopft lustlos ein abgepacktes Sandwich rein, was er angesichts seines deutlich sichtbaren Übergewichts eigentlich nicht tun sollte.
Zur Truppe gehört noch ein sehr stark übergewichtiger Mann um die 50 mit weißem T-Shirt und Jeans sowie eine Frau um die 40, die ein kleines Kind in den Armen hält.
Um das Klischee zu vervollständigen, hört der junge Mann Rapmusik auf seinem Handy. Bald steckt er Kopfhörer in das Gerät und die Musik verstummt.
Der Tf fährt an den folgenden Bahnhöfen immer gaaaanz sachte an und es gibt keine weiteren Zwangsbremsungen. Allerdings holen wir auch keine Verspätung auf, sodass es um meinen Anschluss zum Nachtbus düster aussieht.

Die Fahrt schreitet voran, die Zub geht durch und erklärt etwas. Ich verstehe nur irgendwas von Lok. Der mittelalte Mann mit Laptop fragt mich, ob ich verstanden hätte. Dann erklärt er mir auf Englisch, dass wir eine Ziege überfahren haben und einen zusätzlichen Halt in Brno-Reckovice einlegen würden. Für Ziele im Norden der Stadt wäre es evtl. günstiger, dort auszusteigen. Lohnt sich für mich eigentlich nicht. Wir kommen ins Gespräch und als ich Dresden erwähne, stellt sich heraus, dass er in Tübingen studiert hat.
Wir quatschen über alles Mögliche. Er merkt an, dass die Zigeunerfamilie sehr amüsant war. Bald kommt eine weitere Durchsage. Der Mann übersetzt für mich. Der Zug würde doch nicht in Brno-Reckovice halten. Die können sich aber auch nicht entscheiden…
Er ist der Meinung, Bahnfahren wäre ein Vielfaches entspannter als mit dem Auto oder Bus zu fahren. Derzeit würde man wegen Bauarbeiten oft ewig im Stau stehen.
Tut man in der Bahn aber auch…

Bald folgt noch eine Durchsage. In Brno-Reckovice würde die Feuerwehr kommen, um die Reste der Ziege zu entfernen. Er schiebt noch hinterher, dass er überhaupt nicht nachvollziehen könne, warum wir das jetzt hier während eines außerplanmäßigen Haltes machen müssten. Man könne doch noch bis zum Endbahnhof Breclav fahren, wo es ohnehin ein Betriebswerk gibt. Mal wieder fällt auf, wo der Unterschied zwischen dem Wissen eines Durchschnittsfahrgastes auf deutscher und auf tschechischer Seite liegt…

Jedenfalls halten wir an. Jemand steigt aus, weil ja die Türen in Tschechien automatisch unter 3 km/h freigegeben werden. „Nicht aussteigen!“, ruft die Zub. Wir stehen irgendwo bahnsteiglos in der Gegend herum. Die ganze Aktion dauert rund 10 Minuten, dann wird die Fahrt fortgesetzt. Neben dem Zug steht ein Feuerwehrwagen mit eingeschaltetem Blaulicht.

Mit +28 endet meine heutige Fahrt. Der Mann meint, er wäre sehr glücklich darüber, nur 20 Minuten bis nach Hause laufen zu müssen. Ich werde den Eindruck nicht los, dass Tschechen auch bereit sind, deutlich längere Fußwege zu Haltestellen in Kauf zu nehmen. Ich verspüre jedenfalls überhaupt keine Lust, über 30 Minuten auf den nächsten Nachtbus zu warten. Daher schnappe ich das nächste Taxi. Die Fahrt über rund 3 km kostet mit 150 Kronen wesentlich mehr als der Fahrschein Prag – Brno (255 km; 109 CZK) für Studenten mit IN 25 (Anm.: Seit 1.9.18 gibt es mit ISIC 75% Rabatt). Ich stottere irgendwas auf Tschechisch zusammen und als mal wieder Dresden fällt, meint der Taxifahrer nur: „Wir können auch Deutsch sprechen. Ich habe Freunde in Weißwasser.“
Auch am Empfang im Wohnheim werde ich auf Englisch begrüßt, ganz anders als ein Jahr zuvor in Budweis. Ich habe den Eindruck, dass in Brno Fremdsprachen wesentlich häufiger gesprochen werden als in Südböhmen.
Mein Bahnjahr 2023
Zurückgelegte Strecke: 28.430 km - Planmäßige Gesamtreisezeit: 18,3 Tage - Gesamtverspätung (analog FGR): 1436 min - Planmäßige Reisegeschwindigkeit: 65 km/h - Durchschnittliche Fahrzeitverlängerung aufgrund von Verspätung: 5,5% - Fahrtkosten: 8,9 Cent/km - Anschlussquote (alle Anschlüsse einer Verbindung mit min. 1 Umstieg erreicht): 84,1%
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Beitrag von Entenfang »

Tag 2

Nun teile ich mir mein Zimmer also mit einem Chinesen. Ich finde es aber höchst ungewöhnlich, dass er Tschechisch lernt. Er studiert irgendwas mit Sprachen und wird nächstes Jahr auch noch Deutsch anfangen. Daher fragt er mich, wie man denn jemanden auf Deutsch begrüßt. Er möchte damit seinen künftigen Deutschlehrer überraschen.

Das Studentenwohnheim lässt sich am besten so beschreiben: Von außen sieht es ganz hübsch aus, von innen ist es original sozialistischer Stil. Abgesehen vom Internetanschluss und den Möbeln wurde hier in den letzten 30 Jahren wohl nichts mehr geändert.
Und es ist sehr heiß im Gebäude. Dass mein Zimmer im 12. und höchsten Stock liegt, tut wohl sein Übriges. Bei 30° fällt der Schlaf nicht leicht.
Doch beim Blick vom Balkon ist manch widriger Umstand wieder vergessen. Direkt unter dem Gebäude fährt die Tramlinie 12 sowie zwei Obuslinien vorbei. Nur das blöde Taubennetz macht sinnvolle Bilder unmöglich.
50708

Auch der Wohnheimtutor sowie die Mitarbeiter an der Uni sprechen fließend Englisch, wow. Auch das war letztes Jahr ganz anders.
Frühstück gibt es in der Mensa, es ist das übliche Bild. Frische Backwaren, sehr guter Kuchen, bisschen Müsli und die grauenhafte, von kleinen Plastikverpackungen umgebene Pampe namens Marmelade. In großen roten Buchstaben wird darauf hingewiesen, dass man bei der Essensausgabe unbedingt seine Vegetariermarke mitnehmen soll, sonst würde man kein vegetarisches Essen erhalten. Ahja. Würde mich jetzt aber doch interessieren, warum man als Fleischesser nicht auch mal etwas Abwechslung haben darf?

Ich setze mich eine Stunde auf den Balkon und beobachte den Verkehr zu meinen Füßen. Brno besticht durch einen außerordentlich bunten Fahrzeugpark bei allen Verkehrsmitteln. Auf der Rückfahrt zur Uni mache ich mich gleich unbeliebt, indem ich eine Fahrkarte beim Fahrer kaufe. Dieser muss erstmal in seinem Rucksack kramen, um die Kasse ans Tageslicht zu befördern. Aber ich möchte halt eine Fahrkarte vom Block und die bekommt man in Tschechien oft beim Fahrer.
Trotz der unbarmherzigen Hitze starte ich nach dem Mittagessen einen kleinen Spaziergang durch die Innenstadt.
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1936 als Vertreter der modernsten Generation von Škoda 13T zwischen Grohova und Ceská
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Sitz der Bezirksregierung
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Ärgerlicherweise sind während meines gesamten Aufenthalts Sommerferien, damit ausgedünnter Takt und viele, viele Baustellen.
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Es fährt quasi keine Straßenbahnlinie auf ihrem Regelweg. Stattdessen wird munter mit Rangierer zurückgesetzt und irgendwelche Baustellenlinien fahren durch die Gegend.
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Am meisten ärgert mich, dass die Strecke mitten durch die Innenstadt außer Betrieb ist. Hier würden sich sicher einige nette Motive ergeben, z.B. am Námestí Svobody, welcher geschichtlich stark durch sowjetische Propaganda belastet ist.
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In Brno sehr zahlreich vertreten sind die kleinen Kaffeewagen.
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Immer, wenn Namen dekliniert werden, wird’s lustig.
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Vorsicht, Tram!
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Beitrag von Entenfang »

Ich entdecke einen Bauernmarkt auf dem Zelný trh und versorge mich mit Essbarem fürs Abendbrot.
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Auch beim Metzger und im Käseladen sind die Verkäufer sehr geduldig, während ich um die richtigen Worte ringe.

Nachmittags starte ich dann durch. Die Monatskarte will doch genutzt werden. Die Hitze macht mir zu schaffen, denn auch die Neufahrzeuge sind nicht klimatisiert.
Ein Zweirichtungswagen KT8D5 in der Wendeschleife am Mendlovo námestí, im Hintergrund thront die Burg Špilberk über der Stadt
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Ein Škoda 03T am Mendlovo námestí
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Innenraum der gerade einmal 20 m langen, 50% niederflurigen Bahnen, auch unter Anitra oder Astra bekannt
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1808 unweit des Nemocnice u sv. Anny
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Erst bin ich in Zentrumsnähe unterwegs und lege dann einen Zwischenstop in einer Cukrárna ein. Ein klimatisierter Raum, welch Wohltat…

Wer früher mit der Netzbefahrung startet, kommt eher ans Ziel. Zuerst ist der Südast der Linien 6 und 8 dran. Die Trasse in das Plattenbauviertel Bohunice ist der großzügig stadtbahnmäßig trassiert.
Treffen von modernisiertem und unmodernisiertem Tatra an der großzügigen Streckentrennung bei Celní
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Höhenfrei quert die Linie 8 die stark befahrene Vídenská
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Der dichte Takt vieler Linien (Takt 5 ganztägig während der Schulzeit, während meines Aufenthalts in den tschechischen Sommerferien oft nur 7/8) ermöglicht häufig mehrere Bahnen auf einem Bild.
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1569 als Vertreter der Generation der Begierde am Krematorium
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Weit verbreitet in Brno sind die Bedarfshaltestellen abhängig von Zeit und Tag.
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Hintergrund: In Tschechien wird im Allgemeinen bei Bus und Tram zwischen Bedarfs- und normalen Haltestellen unterschieden. An normalen Haltestellen wird stets gehalten, unabhängig davon, ob jemand gedrückt hat oder wartet. An Bedarfshaltestellen wird nur nach Betätigen der Haltewunschtaste oder auf Winken eines wartenden Fahrgasts gehalten. Im gezeigten Beispiel ist die Haltestelle nur werktags zwischen 20 und 5 sowie am Wochenende eine Bedarfshaltestelle.
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Beitrag von Entenfang »

Wie in Starý Liskovec sieht fast jede Endhaltestelle in Tschechien aus – Fahrzeuge verschiedener Bauarten warten ihre großzügige Wendezeit in großzügigen und mehrgleisigen Schleifen ab.
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Die schlechte Sicht bei der Einfahrt hat wohl schon zu manchem Auffahrunfall geführt
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Mit 1539 an der Spitze ist eine Dotra VarioLF unweit der Station Osová zu sehen.
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Die teilweise kompletten Neubauten, teilweise mit Bauteilen aus Spenderfahrzeugen hergestellten Bahnen stammen von Pragoimex, einem Nachfolgeunternehmen von ČKD Tatra. Je nach Typ beträgt ihr Nf-Anteil 1/3 bis 1/2. https://de.wikipedia.org/wiki/Pragoimex_Vario_LF

In leicht abweichender Perspektive begegnet mir 1923.
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Weiter geht es im Obus, welcher für die topografisch sehr anspruchsvollen Strecken durch eher weitläufige Siedlungen sicher eine gute Wahl darstellt.
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Nur die SOR-Busse kann ich nicht leiden. Die Hartplastik-Bestuhlung ist nicht nur extrem unbequem, sondern man rutscht auch ständig vom Sitz.
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Dann doch lieber die Škoda 14Tr, hier an der Stamicova
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Mit Schwung saust der Obus über leere Straßen entlang der Hügelkette, um dann am bereits bekannten Mendlovo Námestí zu enden. Jetzt bin ich erschöpft und stärke mich erstmal mit den eingekauften Lebensmitteln.
Da im Wohnheim empfohlen wird, das Leitungswasser nicht zu trinken, habe ich mir Mineralwasser gekauft. Die dritte Anderthalbliterflasche ist bereits geleert. Glücklicherweise ist der Billa direkt gegenüber, sodass ich das Wasser nicht weit schleppen muss.
Das wunderschöne Wohnheim von unten
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Die Fenster im Flur lassen sich zwar nicht öffnen, doch der Blick über die aufziehenden Gewitterwolken in der Innenstadt ist dennoch fotowürdig.
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Beitrag von Entenfang »

Entenfang @ 5 Apr 2019, 17:06 hat geschrieben:Direkt unter dem Gebäude fährt die Tramlinie 12 sowie zwei Obuslinien vorbei. Nur das blöde Taubennetz macht sinnvolle Bilder unmöglich.
Von gestern vorenthalten:
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Tag 3

Die Hitze ist einfach unerträglich. Genauso wie wir uns in China nach warmen Orten gesehnt haben, suche ich jetzt nach kühlen. Bereits in der Mittagszeit ziehen in der Nähe Gewitter durch, sodass es heute draußen kühler bleibt als in der Uni und in meinem Zimmer.
T3 zwischen Grohova und Ceská
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Dunkle Wolken über der Stadt, als Randerscheinung verlässt ein T3 die Haltestelle Nerudova
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Unter dem Wohnheim treffen sich ein Škoda 21 Tr und ein 13T
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Kleiner Spaziergang durch die Innenstadt:
Torblick zum Kostel sv. Jakuba
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In den Hausdurchgängen verstecken sich einige Kneipen und Cafés
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Blick zum Dominikanerkloster
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Die Müdigkeit wird mit einem Kaffee vertrieben und ich nehme den nächsten Obus. Der Hochflurer quietscht und ächzt zwar, ist aber dennoch aufgrund der weich gepolsterten Kunstledersitze wesentlich bequemer als das neumodische Plastikglump.
Ich schaue nach, was sich an der Haltestelle mit dem Namen Anthropos verbirgt – es ist ein Geschichtsmuseum.
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Anschließend suche ich die nahegelegene Tramhaltestelle auf.
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Nur die modernisierten Tatras haben ein Warnschild gegen Überklettern der Kupplung.
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Die Halteposition befindet sich an der Zufahrt zum Betriebshof…
…und da kommt auch schon der Wachmann aus seinem Häuschen. Ich frage, ob das hier nicht die Haltestelle wäre. Nein, es sieht nicht nur so aus, wie die Betriebshofzufahrt, es ist auch die Betriebshofzufahrt. Es ist die Ausstiegshaltestelle für einrückende Fahrzeuge, die aber nicht wie in München generell für Fahrgäste freigegeben sind. Sie sind auch nicht vollständig im Fahrplan eingetragen.
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Beitrag von Entenfang »

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Stadtbahnmäßig ausgebaut ist die korrekte Haltestelle der Linie 1. Die HVZ ist bereits zu Ende und T3 stehen in Reih und Glied. Einige Fahrzeuge rücken noch ein und anhand des Rangiertempos ist es nicht zu übersehen, dass die Fahrer gleich Feierabend haben.
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Halt am Mendlovo namestí
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Am liebsten mag ich die K2, weil sie von außen aussehen wir T3, im Inneren aber eine 2+1-Bestuhlung haben, was die Chance auf einen Sitzplatz verglichen mit der 1+1-Bestuhlung im T3 deutlich erhöht.
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Da kommt wieder der Hochflurkurs zurück und ich nehme ihn auch gleich. Die Anzahl der Škoda 15Tr-Gelenker ist leider sehr gering. In atemberaubendem Tempo rauscht der Obus bergauf.

Bei wechselnder Bewölkung fallen ein paar Tropfen und es wird ein halbwegs erträglicher Abend, den ich zur Auskundschaftung der Erhebung um die Burg Špilberk nutze. Da sollten sich doch in den nächsten Tagen und Wochen noch ein paar Motive umsetzen lassen.
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Blick nach Südwesten, im Vordergrund die Bazilika Nanebevzetí Panny Marie
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Meine gestrige Tour hat mich mit Tram und Obus über den Höhenzug im Hintergrund geführt – der Obus kann hier seine Vorteile klar nutzen.

Blick nach Nordosten zum Kostel sv. Jakuba
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Der Blick nach Süden beinhaltet auch den AZ Tower, mittig im Bild. Man hört oft, dass der 2013 fertiggestellte Wolkenkratzer mit 111 m das höchste Gebäude in Tschechien ist – stimmt aber nicht. Der Fernsehturm Žižkov in Prag ist mit 216 m deutlich höher.
https://de.wikipedia.org/wiki/Prager_Fernsehturm
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Beitrag von Entenfang »

Im Osten wartet das markanteste Gebäude Brünns auf die Entdeckung – die weithin sichtbare Kathedrale St. Peter und Paul.
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Die Abendsonne spiegelt sich in den Fensterscheiben der Plattenbauten
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Mendlovo namĕstí aus der Vogelperspektive
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Auf dem Rückweg bleibe ich unweit der Tramhaltestelle hängen. Drei Studenten spielen Cello und es hat sich ein kleiner Kreis Zuhörer gebildet. Die Trambahnen geben mit dem Rumpeln über die Weichen einen ganz eigenen Takt an.
Ding. Zastávka Ceská. Diüiüiüiüiüiüiüiüiüdonk. Wuiiiiiiiiiiii.
Auch das Klingeln der Bahnen wirkt irgendwie sehr barsch.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 4

Viel passiert heute nicht. Ich suche einen Fahrradverleih auf, um mich mit dem passenden Gefährt für die geplanten Ausflüge auszustatten. Und passend bedeutet vor allem: mit Elektrounterstützung. Beim Preis von 800 Kronen für 5 Tage kann man nun wirklich nicht meckern, zumal die (ziemlich bescheidenen) Fahrräder letztes Jahr ganz ohne Elektrounterstützung mehr gekostet haben. Obwohl wir uns irgendwo weiter außerhalb befinden, sprechen beide Mitarbeiter perfekt Englisch. Gefühlt sprechen hier alle Englisch, außer den Lehrern im Sprachkurs. Die deutsche Übersetzung durfte ich heute ein paar Mal für die nicht des Deutschen mächtigen Studenten wieder ins Englische übersetzen.

Abends mal wieder Gewitter, doch es will einfach nicht dauerhaft abkühlen.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 5 Mährische Karsthöhlen

Ich gehe den Tag gemütlich an und sause zum Bahnhof. Mhm, bei der Dimensionierung des Aufzugs hat jemand nicht mitgedacht, denn das Fahrrad passt nicht rein. Zum Gewicht des Pedelecs sage ich lieber nichts. Ein tschechisches Pedelec ist bisschen anders als ein Deutsches und würde wohl so bei uns nicht mehr als Fahrrad durchgehen. Denn die Motorunterstützung startet erst einige Sekunden zeitverzögert, läuft aber auch ein paar Sekunden länger, als man in die Pedale tritt.

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Auf mich wartet ein Regiopanter und ich gebe zu, ich bin darüber nicht mal unglücklich. Auch heute ist wieder mit 30° zu rechnen und das ist nun die zweite Gelegenheit in fünf Tagen, mich in einem wohltemperierten Raum zumindest für eine halbe Stunde aufzuhalten. Aus einem mir nicht bekannten Grund kann ich die Rückfahrkarte für das Fahrrad nicht am Schalter in Brno erwerben, zumindest erklärt mir der Mitarbeiter, ich müsse diese im Zug kaufen.

Eine knappe halbe Stunde später erreiche ich Blansko. In Wenige Minuten später rauscht auch schon ein Regiojet Richtung Prag durch. Auf einem großen Werbeplakat ist zu lesen, dass man mit Regiojet morgens nach Prag und abends wieder zurückfahren kann – schon ab 79 Kronen und eine halbe Stunde schneller als mit dem Rychlík der CD.
Eine kurze Stichprobe ergibt, dass es in Blansko täglich genau eine Abfahrt frühmorgens nach Prag und abends aus Prag gibt. Zu dieser Zeit verkehrt kein R, sodass man hier sicher von einer sinnvollen Ergänzung des Angebots sprechen kann. Die kürzere Reisezeit kommt übrigens dadurch zustande, dass der Regiojet weniger Halte einlegt und nur sehr kurz bis maximal 1 Minute hält, während der R rund um die halbe und volle Stunde ein paar Minuten Aufenthalt hat.
In der Fahrplanauskunft der DB sind die Regiojet-Züge übrigens unter der Kategorie IC zu finden, bei der CD überhaupt nicht. Am Bahnhof in Tschechien werden sie unter dem Kürzel RJ angezeigt, nicht zu verwechseln mit dem Railjet, welcher als rj angezeigt wird.

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Alle nehmen den verbotenen Weg über die Gleise, also mache ich das auch, um mir das Schleppen zu ersparen. Die Fotostelle liegt übrigens auf einem Anschlussgleis, das offiziell gar kein öffentlicher Weg ist, aber der einzige Zugang zu einem kleinen See, der sich angesichts des Wetters großer Beliebtheit erfreut.

Mein Weg führt mich zunächst entlang einer Landstraße in ein Seitental, geprägt durch riesige Fabrikhallen. Aus dem Bahnhof Blansko führt ein Anschlussgleis dorthin, doch es ist komplett zugewachsen. Innerhalb des Firmengeländes scheint aber noch regelmäßig ein Inselbetrieb stattzufinden, denn die Schienen sind blank und eine Rangierlok wartet auf ihren nächsten Einsatz.

Für die Katerinská jeskyne, die mit Abstand bekannteste und wohl auch spektakulärste Höhle, muss man im Sommer lange im Voraus Eintrittskarten reservieren. Ich versuche es erfolglos zwei Tage vorher für einen Werktag. Stattdessen starte ich mit der Katerinská jeskyne. Gott sei Dank bin ich bei der Recherche zuvor darauf gestoßen, dass man in der Höhle ganzjährig mit angenehm kühlen 8° rechnen muss und ich habe mich mit Pulli und Jacke entsprechend darauf vorbereitet. Als der Führer die Zugangstür öffnet, strömt Luft wie aus dem Kühlschrank heraus. Zwei Deutsche in Flipflops kommentieren das mit den Worten „Zum Glück haben wir nur die 40-minütige Tour gewählt.“
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Die Topfsteinhöhlen sind nicht nur durch die stimmungsvolle Beleuchtung ein echter Hingucker, sondern bieten auch eine hervorragende Akustik. Die Höhle wird auch für Konzerte genutzt. Es gibt während der Besichtigung eine Hörprobe, die vielversprechend klingt.
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Beitrag von Entenfang »

Anschließend fahre ich ganz entspannt durch den Wald bergauf, um den Blick in die Macocha-Schlucht zu werfen.
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Weiter geht es über Felder zur Jeskyne Balcarka. Auch hier gibt es eine Hörprobe und dazu passend geschaltete Scheinwerfer, welche die Höhle ins rechte Licht rücken.
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Über eine Obstbaumallee fahre ich auf einer Landstraße, der Duft nach reifen Pflaumen begleitet mich. Anschließend führt mich der Weg durch ein schattiges Tal zurück. Mein Pedelec zieht immer wieder neugierige Blicke auf sich. Im Gegensatz zu Deutschland ist ihr Anblick hier sehr ungewöhnlich und selten. Inzwischen sind sämtliche Touribuden geschlossen und es ist Ruhe eingekehrt – die Ruhe vor dem Sturm. Vieles deutet darauf hin, dass ein Gewitter aufzieht. Ich trete kräftig in die Pedale und zusammen mit Rückenwind, Gefälle und Elektrounterstützung bin ich deutlich schneller am Bahnhof als erwartet und erwische einen Zug früher als geplant. Er steht gerade auf dem Überholgleis, bald darauf rauscht ein Regiojet vorbei.
Dieses Mal also ein Altwagen. Ich reiße das Fenster auf. Bald setzt sich der Zug unter dem Heulen des Elektromotors in Bewegung. Es donnert und die ersten Tropfen fallen. Angesichts des schwülheißen Tages mache ich mir um die Nässe keine Sorgen und lasse den Fahrtwind die Regentropfen in mein Gesicht treiben.

Mach das Radio an und dreh richtig laut auf…

Der Zug windet sich entlang der Svitava durch ein bewaldetes Tal.

…wir fahren durch den Sommerregen…

Mit ohrenbetäubendem Kreischen hält der Zug am nächsten Halt.
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Pfeif. Rumms. Heul.

…der Sonne entgegen…

Wuuuuuuuusch. Durch einen Tunnel.

...mach das Radio an!

Wuuuuuuuusch. Wuuuuuuuusch. QUIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIETSCH.
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Beitrag von Entenfang »

Ich steige schon in Brno-Židenice aus. Gerade regnet es ziemlich heftig und ich nutze die Gelegenheit, ein paar Bilder im sozialistischen Bahnhof zu machen.
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Im Blockabstand rollen die Güterzüge zum Gbf Malomerice. Bis der Zug weiterfährt, vergehen einige Minuten. Dann gibt es ein Ersatzsignal.
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Auch die nächsten beiden Züge fahren auf Ersatzsignal. Dank Taktknoten in Brno ist dann erstmal Ruhe. Der Regen hat sich beruhigt und ich fahre zurück zum Wohnheim. Nach der heutigen Tour stärke ich mich mit gefüllten Knödeln, weil Svicková ärgerlicherweise aus ist.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 6

Der Morgen ist noch erträglich, aber die Temperatur steigt schon wieder viel zu schnell.
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1931 zwischen Grohova und Ceská

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1820 auf der Baustellenlinie x14 ebendort

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Fassade

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Unterwegs mit einem Škoda 13T


Ich habe die Aufgabe bekommen, einen 5-minütigen Vortrag zur VDE 8 auf Tschechisch zu halten. Mal sehen, was dabei rauskommt…


Gegen Abend starte ich eine Fahrradtour zum Brnenská prehrada, einem Stausee am nordwestlichen Stadtrand. Hmm, so viele Oberleitungen wie ich passiere, habe ich noch ganz schön was zu tun…
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3039 und 3037 in der Wendeschleife Komín, sídlište

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1078 an der Haltestelle Prístavíšte

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VarioLF unweit Prístavíšte
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Beitrag von Entenfang »

Es geht ständig bergauf und bergab und ich bin wirklich froh, dass mir das Fahrrad leise säuselnd Unterstützung leistet.
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Die Fähren auf dem Stausee zählen zwar als gewöhnliches ÖV, haben aber einen besonderen Tarif.
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An einem ruhigen Plätzchen warte ich die blaue Stunde ab, ehe ich die Rückfahrt antrete. Entlang der Svitava gibt es einen gut ausgebauten Radweg, der sich weitgehend behinderungsfrei befahren lässt. Aber zwischendrin ist unerwartet eine ziemlich böse Steigung drin, die mich zu einem Aussichtspunkt hoch über den Dächern der Stadt führt. Allerdings trüben die Äste den Blick. Auf dem Weg zum Bahnhof startet eine Frau ein Wettrennen – vermutlich fühlt sie sich durch mein Pedelec herausgefordert. Obwohl sie sich wirklich anstrengt, schafft sie es aber nicht an mir vorbei.

Ich kaufe schon mal die Fahrradkarten für den morgigen Ausflug, den Rest erledige ich noch online. Man kann wohl getrost von perfektem Timing sprechen, denn die Blitze in der Ferne waren keine leere Drohung. 10 Minuten nachdem ich den Akku an der Steckdose habe, schüttet es.

Mein chinesischer Mitbewohner legt sich heute zeitig hin, denn er hat sich für das Ausflugspaket nach Prag entschieden. Der Bus fährt bereits um 6:00 Uhr ab. Ich könne das Licht aber ruhig anlassen. Er wäre das gewohnt, würde er doch in Peking mit 7 anderen in einem Zimmer wohnen und irgendjemand geht immer später schlafen oder steht früher auf.
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Beitrag von Entenfang »

Tag 7 Von Rožnov pod Radhoštem nach Frenštát pod Radhoštem

Nach einer angenehmen Nachtruhe starte ich gegen halb 11 zum Bahnhof. Dann heißt es mal wieder Fahrrad schleppen, Treppe runter, Treppe rauf, in den Wagen reinhieven. Das macht mit dem Pedelec irgendwie keinen Spaß.

Egal, immerhin mal wieder eine Stunde in einem klimatisierten Raum. Alleine das ist die Bahnfahrt schon wert. In meinem Abteil sitzt eine Mutter mit ihrem vierjährigen Sohn und eine ältere Frau, vielleicht seine Oma. Plötzlich wird ein Plastiktopf ausgepackt und Sohnemann verrichtet sein Geschäft im Abteil. Anschließend verschwindet die Mutter mit dem Gefäß, um es zu reinigen.
Oma packt Süßigkeiten aus und beißt genüsslich von einem Schokoriegel ab. Der junge leckt sich schon die Lippen, doch Oma sagt nur, er müsse auf die Mama warten, die noch nicht zurückgekehrt ist. Wie schwer ihm seine Zurückhaltung fällt, ist nur allzu offensichtlich. Doch Oma vertröstet ihn weiterhin und beißt erneut in den Riegel.
Die Strecke führt zunächst zweigleisig, dann teilweise eingleisig und mit stark geschwungener Trassierung durch das leichte Hügelland. Eine Streckenbegradigung ist in Bau.

Als die Mama endlich nach fast 10 Minuten wiederkommt, kriegt er ein Menthos. Der Junge turnt herum, von einem Sitz auf den anderen, Armlehne ausklappen und wieder hochklappen. Wenn er es zu bunt treibt oder den Deckel des Abfalleimers scheppernd zuschlägt, ermahnt die Mutter streng. Dann wird das Feuerwehrauto ausgepackt und mit Schwung über den Tisch geschoben. Nur der ausgestreckte Arm der Oma verhindert den Absturz der Feuerwehr in die Tiefe. Bald ist die Menthospackung leer.
Irgendwann wird das zu langweilig und das Feuerwehrauto wird wieder verstaut. Stattdessen krabbelt er unter dem Tisch herum und kommt auf den Gedanken, dass es eine grandiose Idee sein könnte, Oma mit der flachen Hand an das Bein zu hauen. Nach strengen Worten schlägt die Mutter ebenso zu – irgendwo muss der Sohn es ja gelernt haben.

Ein paar verirrte Tropfen schlagen gegen das Fenster und bald sind es Sturzbäche. 5 Minuten später ist das Spektakel schon wieder vorbei und ich verlasse den Zug pünktlich in Hranice.
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Saunaluft schlägt mir entgegen. Weiter geht’s im rustikalen Triebwagen, der nach Warten auf Anschluss mit +5 abfährt. Heiße Sommerluft strömt durch die Fenster, in der Ferne türmen sich Gewitterwolken auf.
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Relativ zügig fährt der Triebwagen über die gut ausgebaute zweigleisige Strecke, ehe es nach einer halben Stunde in Valašské Meziřící Zeit für einen weiteren Umstieg ist. Nun wartet ein Regioshark für die letzten 13 km auf mich.
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Bei dem gemütlichen Tempo ist es wenig verwunderlich, dass dafür nochmal 20 Minuten draufgehen. Nach knapp 3h Fahrt erreiche ich das Ziel pünktlich.

Die Nebenstrecke ist stark nachgefragt und nach einer Kurzwende verschwindet der Hai wieder gut gefüllt in Gegenrichtung.
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Ich suche das Freilichtmuseum auf, in dem fleißig gewerkelt, gehämmert und musiziert wird. Erfreulicherweise sind die Preise hier nicht außerordentlich hoch, obwohl es ein beliebtes Ziel ist.
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Beitrag von Entenfang »

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Aussichtsturm…
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…mit Ausblick
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Man könnte noch viel mehr besichtigen, aber ich wollte ja noch den nächsten Bergkamm überqueren. Dank Elektrounterstützung sause ich ganz entspannt die Straße hinauf, die zwischen einigen verstreuten Häusern ansteigt. Im Wald wird es dann deutlich steiler. Kurz vor dem Scheitel nimmt die Steigung stetig zu und ist bald so groß, dass ich selbst im kleinsten Gang trotz Unterstützung nicht mehr hochkomme. Dieser ausgeschilderte Radweg ist wohl nur was für außerordentlich Sportbegeisterte. Auf der Sonnenseite eröffnen sich tolle Ausblicke. Da kommt auch schon der Eilzug, welcher nur samstags aus Brno via Kromeriž nach Frenštát und sonntags auf selbem Wege zurückfährt.
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Auf einem sehr steilen Weg sause ich bergab, sogar zwei sportliche Rennradler müssen hochschieben. Bald darauf bin ich am Bahnhof, wo der Regionova aus Frýdek-Místek satte 23 Minuten herumsteht. Da wundert es mich kaum, dass man die Fahrgäste an einer Hand abzählen kann. Perfektes Fotolicht habe ich jedenfalls.
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Beitrag von Entenfang »

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Mit heftigem Kadongkadong holpert der Zug pfeifend in den Abend. Weil wir noch einen Bauzug abgewartet haben, sind wir bereits leicht hinter Plan.
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In Verovice heißt es dann erstmal 10 Minuten auf den verspäteten Gegenzug warten, ehe weiter nach Valašské Mezirící geholpert wird.

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Dort steige ich in den nächsten Regionova um, welcher wiederum nach Warten auf Anschluss mit +6 startet. Meinen 4-Minuten-Anschluss zum R nach Brno sehe ich aber nicht in Gefahr, weil wir etliche Bedarfshaltestellen sowie einen 11-minütigen Aufenthalt in Kromeríž haben. Auch dieser ist für mich wenig einleuchtend, da zu dieser Zeit kein Gegenzug mehr gekreuzt werden muss.
Die Berge haben wir nun endgültig zurückgelassen und der Triebwagen rollt durch die hereinbrechende Nacht.
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Nach dem Aufenthalt wird das letzte Stück pünktlich zurückgelegt. Auch der R rollt kurz darauf überraschenderweise pünktlich herbei.
Doch die Freude währt nicht lange, denn bald müssen wir einen Gegenzug abwarten und der neben uns wartende, um 30 Minuten verspätete Sp darf – warum auch immer – vor. Damit behindert er den planmäßig nur einmal haltenden R natürlich massiv und wir sammeln bis Brno absolut vermeidbare +18 ein. Sehr ärgerlich für alle, die bei Ankunftszeit 22:54 mit dem Nachtbusknoten um 23:00 gerechnet haben…
Ich schwinge mich auf den Sattel und beende bald den Tag.
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Beitrag von TramBahnFreak »

Entenfang @ 7 Apr 2019, 01:04 hat geschrieben: Mendlovo namĕstí aus der Vogelperspektive
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Seh ich das richtig, dass da ein deutsches Gymnasium im Vordergrund ist?

Ansonsten wieder mal ein beeindruckender Reisebericht – Vielen Dank dafür! :)
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Beitrag von Entenfang »

TramBahnFreak @ 10 Apr 2019, 22:38 hat geschrieben:Seh ich das richtig, dass da ein deutsches Gymnasium im Vordergrund ist?
Absolut. Könnte ja vielleicht erklären, warum in Brno so viele Leute Deutsch können. ;)
Ansonsten wieder mal ein beeindruckender Reisebericht – Vielen Dank dafür!  :)
Na das freut mich doch - ich hatte schon meine Zweifel, ob den 5. Bericht aus Tschechien noch jemanden interessiert... :unsure:


Tag 8

„Was für ein Glück, dass heute nicht so heiß ist.“
Hä?
„War nur ein Witz.“

Und ein schlechter noch dazu…

Im Sprachkurs darf ich erläutern, warum VDE 8 über Erfurt gebaut wurde, wie viel eine Fahrt kostet und wie lange sie dauert.

Aufgrund der Temperatur starte ich erst kurz vor Sonnenuntergang.
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Der Gelbe Berg entpuppt sich leider als eher bescheiden, doch auf den bewährten Ausblick von der Burg Špilberk ist Verlass.
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Mein Mitbewohner meint, so etwas Schönes hätte er ja noch nie gesehen.
Wie? Du studierst in Peking und warst noch nie auf dem Aussichtshügel nördlich der Verbotenen Stadt?
Doch, schon. Aber es wäre bei Tag und da wären viel zu viele andere Leute gewesen. Jedenfalls sei es besser, als Computer zu spielen.
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Auf dem Hügel weht ein angenehmes Lüftchen, doch unten in den Häuserschluchten ist es trotz der späten Stunde noch schrecklich heiß.

Irgendwie hat sich in unsere Kommunikation ein Mix aus Englisch und Tschechisch eingeschlichen – das klingt dann etwa so:

„Are you going there autobusem?“

„I went there with my spolubydlicí.“
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Beitrag von 146225 »

Entenfang @ 11 Apr 2019, 18:25 hat geschrieben: Na das freut mich doch - ich hatte schon meine Zweifel, ob den 5. Bericht aus Tschechien noch jemanden interessiert... :unsure:
Da mach dir mal nicht zu viele Sorgen, ich z.B. war auch noch nicht in Brno, aber es ist eine der Städte in Tschechien, wo ich mal hin möchte. Da sind deine Eindrücke doch gerne willkommen, bis es dann eines Tages so weit ist. :)
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Beitrag von Maikäfer »

Servus Entenfang,
muss auch mal was zu deinen Berichten schreiben: sie sind ein absolutes Highlight in diesem Forum! Super Fotos und so gut geschrieben, dass man fast das Gefühl hat, man wäre selbst dabei gewesen. Weiter so, wo auch immer du hinkommst!
Viele Grüße, Josef!
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Beitrag von Oliver-BergamLaim »

Da ich derzeit beruflich gut eingebunden bin, brauche ich mit dem Lesen derzeit oft länger, als Du mit dem Reisebericht schreiben ;)

Trotzdem verfolge ich nach wie vor jeden der schönen Beiträge aufmerksam, und beim Ansehen der stimmungsvollen Bilder wird mir eines ganz deutlich klar: ich muss nach eineinhalb Jahren Abstinenz endlich mal wieder ins Nachbarland! :) Insbesondere mit den Regionalstrecken rund um Brno zeigst Du eine Ecke Tschechiens, die ich bisher noch nicht so umfangreich bereist habe. Kromeriz und Hrad Pernstejn, aber auch Znojmo und Telc stehen u.a. noch auf meiner "want to see"-Liste. Und ganz generell lohnt sich immer eine Reise nach Tschechien, fast egal wohin, denn das Land glänzt fast überall mit lieblichen grünen Hügeln, viel Platz (in weiten Teilen viel dünner besiedelt als Deutschland, insbesondere im grenznahen und generell im westlichen Böhmen), einer erfrischend anderen Mentalität als hier, insbesondere reizt mich aber auf Deinen Bildern das immer noch absolut unschlagbar kultige Nebenstrecken-Flair abseits von modernen Kaspereien wie railjets und privaten 628ern :)
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Beitrag von Entenfang »

Verehrte Leser, aufgrund der Nichtverfügbarkeit von Wifioneis kam es zu Verzögerungen im Reiseberichtsablauf. Wir bitten, dies zu entschuldigen. Überraschend gab es die Freigabe zur abschnittsweisen Wiederinbetriebnahme der Neigetechnik, sodass wir die Verspätung wieder reduzieren können. Bitte halten Sie Ihre Sektgläser fest.
ich z.B. war auch noch nicht in Brno, aber es ist eine der Städte in Tschechien, wo ich mal hin möchte.
Na dann ist 2019 vielleicht das passende Jahr dafür - dort wird nämlich das 150-jährige Jubiläum des ÖPNV gefeiert.


Tag 9

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36 Grad - Und es wird noch heißer…

Okok, ich will ja nicht übertreiben. Es sind nur 34. Nachdem ich mein Fahrrad zurückgegeben habe, bietet es sich an, gleich den Überlandabschnitt nach Modrice abzuarbeiten. In den Bahnen ist es einfach unerträglich. Sitze, Haltestangen, Fenster – alles glüht vor Hitze. Sonderlich spektakulär ist die Strecke in der Mitte einer Schnellstraße allerdings nicht.
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Ausfädelung zur Schleife Ústrední hrbitov
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Wendeschleife Ústrední hrbitov
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So macht das Warten viel Spaß
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Und der Zugang noch mehr…
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1604 überquert die Stadtgrenze
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Beitrag von Entenfang »

Im Tatrawagen
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Die Wendeschleife liegt neben der Schnellstraße
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Auf dem Rückweg entdecke ich eine heftige Betriebsstörung, die dank des dichten Taktes gleich zu einem erheblichen Stau führt. Rechts steht ein Ersatzbus bereit.
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Der Škoda 03T links ist verreckt und wird vom folgenden 13T abgeschleppt.


1215 bei Poricí, das Gleis nach rechts führt als Anschlussgleis der Eisenbahn zur Messe
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Ich lege noch einen Stop am Verkehrsknoten Nové sady ein, wo man einen Schleichweg zu den Bahnsteigen des Hbf nehmen kann. Vorsicht - Nachtbusse halten hier nicht!
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Das Jaulen des T6 klingt wie ein Wehklagen über die Hitze. Die Temperatur in den Bahnen ist für eine umfassende Rundfahrt einfach zu hoch.

36 Grad – Kein Ventilator…
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Beitrag von Entenfang »

Tag 10

Überraschend bekommen wir eine Führung in der Villa Tugendhat angeboten. Da sagen wir doch gleich zu, denn angeblich ist es sehr schwer, Karten zu bekommen und das auch noch für eine deutsche Führung. Svícková zum Mittagessen kann meine Stimmung nur begrenzt heben, dafür ist es einfach zu heiß.

Häuserfassade
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1704 wirbt am Obilní trh für das 150-jährige Bestehen des Brünner ÖPNV
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3062 ebendort
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Nachmittags werden wir von einer Unimitarbeiterin abgeholt und zur Villa Tugendhat gebracht. Bevor die Führung beginnt, müssen alle entweder die Schuhe ausziehen oder diese Maschine benutzen – für einen Moment ist gilt die Aufmerksamkeit nicht mehr dem Haus.
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Wer sich an die Maschine wagt, bekommt einen Plastiküberzug über die Sohlen.


Das 1930 fertiggestellte, riesige Haus ist jedenfalls spektakulär – und den gesetzten Rahmen, nämlich dass Kosten keine Rolle spielen, ließ sich der Architekt Ludwig Mies van der Rohe nicht entgehen.

Die komplett freitragende Gestaltung sorgt für einen fließenden Übergang in den Garten. Das Haus wird nur durch Stahlträger gehalten und benötigt daher keine tragenden Wände.
Im Haus lebten 12 Menschen, doch da die Eigentümer Juden waren, flohen sie bereits 1938 in die Schweiz und lebten nur wenige Jahre in diesem Haus.
Schlafzimmer
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Wohnzimmer
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Spektakulär ist nicht nur die links im Bild sichtbare Onyxplatte, welche bei Sonnenuntergang reicht rötlich durchschimmert und allein dem Wert von mehreren Einfamilienhäusern entsprach. Angeblich hat der Architekt von diesem Effekt nicht gewusst, was jedoch angesichts seines Berufs als Steinmetz bezweifelt werden darf. Als die Gestapo das Haus beschlagnahmte, wurden mehrere Zwischenwände eingebaut und dabei auch die Onyxplatte hinter einer Mauer verborgen. Vermutlich nur durch diesen glücklichen Umstand überlebte sie sowohl den 2. Weltkrieg als auch die anschließende Nutzung durch die Rote Armee. Zu den Funktionen des Wohnzimmers gehörten dann unter Anderem eine Turnhalle sowie ein Pferdestall.
Auch die versenkbaren Fenster sowie die Klimatisierung des Wohnzimmers sind eine technische Meisterleistung. Nur darf die Klimatisierung, obwohl funktionsfähig, heute leider nicht mehr benutzt werden, um die Anlage zu schonen. Seufz.
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Beim Blick hinter die Kulissen, für die ein Hausmeister zuständig war, wird die Umsetzung deutlich. Geheizt wurde mit Koks, gekühlt mit kaltem Wasser, dass zwischen Steinen hindurchläuft und verdampft. Sämtliche Luft wurde durch einen Ölfilter und anschließend durch Zedernholzspäne geführt, um ihr einen frischen Duft zu verleihen.
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Im Winter wurde die Abluft durch einen Wärmetauscher geführt.

Die Kosten der Villa entsprachen dem damaligen Wert von etwa 50 (!) großzügigen Einfamilienhäusern.

Anschließend ruhen wir uns im schattigen Garten aus. Der heutige Tag ist nur mit möglichst wenig Bewegung erträglich…

Fassadenblick auf dem Rückweg zur Tram
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1708 am námestí 28. Ríjna zu Füßen von Špilberk
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Beitrag von Entenfang »

Am Abend starte ich noch eine kurze Nachtfototour auf dem Nordabschnitt der Linie 12.
Innenraum Škoda 13T
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Pause in der Wendeschleife Technologický park
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Hier gibt es seit der Streckeneröffnung 2008 auch eine 2. Zufahrt zum Betriebshof Medlanky.

Bis 2008 endete die Strecke bereits 2 Haltestellen früher an der Haltestelle Cervinkova, die Wendeschleife ist erhalten geblieben.
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1921 an der ziemlich düsteren Skácelova
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Beitrag von Entenfang »

Tag 11

BssssssDonk.

BssssssDonk.

Ich wache auf, als ein Insekt gegen die Wand fliegt. In unserem Zimmer ist es wie in der Sauna. Da geistert auch schon mein Mitbewohner zum Waschbecken, um sich zu erfrischen.
Wie schön, du kannst also auch nicht schlafen. Es bleibt uns keine andere Wahl, als das Fenster zu öffnen. Klimaanlagen und Lüftungen summen. Es ist 4:06 Uhr. Kurz darauf fährt ein Bus vorbei. Das dürfte wohl der Nachtbus des 4:00-Knotens sein.

Bald bricht die blaue Stunde an. Und das vertraute Jaulen eines T6 nähert sich. Kadongkadong. Direkt folgend gleich ein zweiter Ausrücker. Kadongkadong.
WsiiiiiiiiiiiiiiiiiiKadongkadongiiiiiiiiiiii. Ein 13T.
WiiiooooooooooKadongkadongooooooooo. Ein T3.
Ich stopfe mir Ohrstöpsel rein und schlafe schließlich wieder ein.


Als der Wecker klingelt, weiß ich nicht, wo mir der Kopf steht. Die Nacht war kein bisschen erholsam. Ich taumle durch das Zimmer, stopfe Schlüssel und ganz wichtig – die Wasserflasche aus dem Kühlschrank – in den Rucksack. Selbst das T-Shirt aus dem Schrank fühlt sich an, als hätte es auf der Heizung gelegen.

Ich stolpere zur Tramhaltestelle und mir fehlt die Kraft, mich über den T3 zu freuen. Eigentlich ist es schon um halb 9 viel zu warm. Wie viel beim Sprachkurs mit Raumtemperatur um die 30° rumkommt, kann man sich wahrscheinlich vorstellen. Meine 2-Liter-Flasche ist nach 4h schon fast leer. Es gibt drei Getränkeautomaten im Gebäude und an allen drei ist das Wasser ausverkauft. Vermutlich nicht nur wegen der Müdigkeit sind daher einige auf Kaffee umgestiegen.

Genau wie wir in China nach jedem Fleckchen Wärme gesucht haben, ist nun Abkühlung gesucht.
Im Wohnheim – Sauna.
In der Mensa – Sauna.
In der Uni – Sauna.
Im Restaurant – Sauna.
Draußen – Sauna.
Im ÖPNV – Sauna.

Es sieht nicht so aus, als wäre demnächst Abkühlung in Sicht. Eine Entscheidung muss her – Berge oder Heimat.
Schließlich wähle ich Heimat, eine Stunde vor Abfahrt bietet die ČD Brno – Salzburg noch für attraktive 22€ an. Dazu noch Sparschiene Neumarkt-Köstendorf – München für 14€ und die Fahrt ist komplett.
Theoretisch wäre auch…

Brno hl.n...........Regiojet 1037.....ab 18:48
Wien Hbf.....................................an 20:23

........................RJ 42..................ab 20:30
Salzburg Hbf................................an 22:54

........................M 79048.............ab 23:00
München Hbf................................an 00:57

…gegangen. Aber das ist mir ohne durchgehende Fahrkarte dann doch ein bisschen zu heiß (haha, Wortwitz) und ich starte mit dem CD-Railjet um 17:23 Uhr.
Ahhhh, welch Wohltat. Eine Klimaanlage.

Pünktlich lasse ich nicht ganz freiwillig Brno schon wieder zurück. Nächstrrr Halt: Breclav.

Meine Damen und Herren, wir erreichen jetzt Břeclav. Danke für Ihren Besuch in der Tschechischen Republik und Auf Wiedersehen.“
Hoffentlich bald.

Ein Junge filmt die Abfahrt und wenige Minuten später sind wir auf österreichischen Gleisen unterwegs. In Tschechien waren quasi durchgehend 160 drin, jenseits der Grenze sind es maximal 120. Doch die bleiben es nicht lange. Wir bremsen auf Fahrradgeschwindigkeit ab. Pfeeeeeeeif! Pfeeeeeeeeeif! Noch etwas langsamer. Pfeeeeeeif! Pfeeeeeeif!
„Was ist denn da los?“, höre ich eine Frau paar Sitzreihen weiter. „Ist da jemand auf den Schienen?“
Pfeeeeeeeeif! Wir rollen in Schrittgeschwindigkeit. „Hmm, vielleicht ein Rindvieh?“ Pfeeeeeeeif! Wie ich bereits vermutet habe, folgt wenig später ein BÜ, an dem die Schranken offen sind und ein Mann in Warnweste eine orangefarbene Fahne hält. Dann wird wieder beschleunigt. Und kommt ein anderer Zug entgegen, der wesentlich schneller durchrauscht als wir.
Die Ankunft in Wien steht jetzt mit +5 im System, aber auch der RJ nach Salzburg hat angeblich +10, sodass mein 6-Minuten-Anschluss klappen könnte. Doch kaum haben wir die 120 wieder erreicht, wird schon wieder auf Fahrradgeschwindigkeit abgebremst. Dasselbe Spielchen wie vorhin folgt, mit dem kleinen Unterschied, dass die Schranken am folgenden BÜ geschlossen sind.
Planmäßig sollten es noch 10 Minuten bis Wien sein, doch ich ahne schon, dass es deutlich mehr sind. Merkwürdigerweise wird auch die Verspätung bei der ÖBB nicht aktualisiert. Die kommentierende ältere Frau steht zusammen mit zwei weiteren auf, um „schon mal die sieben Zwetschgen zusammenzupacken.“ Viel Spaß beim Stehen.

Es folgt noch ein längerer Betriebshalt, die Frauen haben auf den Klappsitzen im Fahrradabteil platzgenommen. Mit +26 sind wir schließlich in Wien. Angeblich gäbe es wegen Witterungseinflüssen größere Verspätungen. Mein Anschluss ist jedenfalls weg, doch kaum ist der CD-Railjet abgefahren, wird schon die Einfahrt eines RJ nach Innsbruck verkündet.
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Der Nightjet verschwindet mit einer Handvoll Autos und Motorrädern in den nach einem heftigen Schauer wieder sonnigen, schwülheißen Abend.
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Freie Platzwahl im RJ und wenige Minuten später bleibt Wien auch schon wieder zurück.
Der Schaffner regt sich im feinsten Österreichisch darüber auf, dass die Sparpreise der CD ja viel zu billig wären und dass das doch nicht sein könne, während er die tschechische Fahrkarte des jungen Tschechen mit gegenüber kontrolliert.
Tut mir schrecklich leid, ich habe aber auch eine tschechische Fahrkarte.
„Ja schauns mal, 22€ von Brünn bis Salzburg. Das ist doch verrückt! Die allerbilligste Sparschiene Wien – Salzburg kostet 19€. Aber wir als Zugbegleiter kriegen das ja nur mit und können es nicht ändern. Ich hatte sogar mal eine 1.Klasse-Fahrkarte Budapest – Zürich für 39€. Stellen Sie sich das mal vor! Das war irgendein ungarischer Sparpreis. Klar, wer sich auskennt, den freut´s. Aber die sitzen dann halt neben Leuten, die 150€ für ihre Fahrkarte gezahlt haben.“

Es gibt keine ungewöhnlichen Ereignisse und folglich habe ich eine gute Stunde Aufenthalt in Salzburg. Kuchen kaufen, Obusse gucken, Bahnhof begutachten. Macht eindeutig mehr her als der Wiener Hbf.
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Wir warten auf den RJ – laut der Zub wie jedes Mal – und starten mit +9.

Die Verspätung schmilzt nicht zuletzt dank der zügigen Fahrweise des Tf dahin. Ständig verkündet irgendwo ein Handy lautstark den Eingang einer Nachricht.
In Bad Endorf fahren wir auf der falschen Seite ein, was dank der Fahrgast-Nichtinformation für die Zusteiger einen Sprint zu später Stunde bedeutet. Der schnellste blockiert die Tür, doch die Zub beruhigt. Sie habe schon gesehen, was Sache ist und hätte natürlich gewartet.
Der Mann mit gegenüber stöhnt, als er nach dem Fahrschein gefragt wird. „Muss das wirklich sein?“ „Aber natürlich.“ „Oh Mann, jedes Mal…“ Mit großem Widerwillen kramt er seine Fahrkarte heraus. „Na sehn´s, so schwer war das doch nicht“, meint der Zub.

Pünktlich erreiche ich zu später Stunde den Münchner Ostbahnhof, nehme die nächste Tram und den letzten Bus. Nächster Halt: Bett.




Tag 12

Die Abkühlung lässt nach fast einer Woche weiter auf sich warten, doch heute fahre ich wieder nach Brno. Die U5 fährt nicht ganz regelmäßig. Während ich 10 Minuten auf die stadteinwärtige warten muss, fahren drei stadtauswärts.
Ich habe mich entschieden, bereits mit dem M nach Salzburg vorzufahren, wofür ich noch einen Sparpreis Aktion Hbf-Ostbf. Ergattert habe. Außerdem besticht der passende EC mit 54% Pünktlichkeit im letzten Monat – das ist mir ein bisschen zu heikel bei 13 Min. Umsteigezeit.
Und ich behalte recht – während mich der Meridian pünktlich nach Salzburg bringt, ist der EC mit +30 wegen umgestürztem Baum im Gleis unterwegs. Damit wäre eine neue CD-Fahrkarte fällig gewesen, welche mich wieder 22€ gekostet hat.
Der RJ ist wenigstens ordentlich klimatisiert, während im Meridian drückende Schwüle herrscht. Am Tisch gegenüber sitzt eine Frau mit ihren zwei Söhnen und einer Tochter von 7 bis 11 Jahren, der Vater sitzt an meinem Tisch. Während die Sprachverwendung bei der Kommunikation mit den Eltern klar verteilt ist (Französisch mit der Mama, deutsch mit dem Papa), plaudern die Kinder untereinander in einem wilden Krauderwelsch aus Deutsch und Französisch.

Ich suche den Speisewagen auf. Für die kleinen Portionen sind die Preise ganz schön gesalzen.
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„Ein Hinweis für Fahrgäste, die keinen Sitzplatz haben. Bitte steigen Sie in Linz in den ICE 23 um, der direkt hinter uns ist. Fahrgäste mit Fahrtziel St. Pölten, Wien-Meidling, Wien Hbf: Bitte steigen Sie in den nachfolgenden ICE 23 um!“ Trotz des Hinweises halte ich die Aktion für gefährlich, denn der RJ hält öfter als der darauffolgende ICE. Und warum man nicht den Fahrgästen einfach empfiehlt, in den letzten Wagen durchzugehen, wird mir auch nicht klar. Dort sind nicht mal die Hälfte aller Sitzplätze belegt.

In Linz überholt uns die Westbahn, weiter geht’s mit +6. Die Familie wird ungeduldig, weil sie nur 6 Minuten Umsteigezeit haben. In einer Mischung aus Deutsch und Französisch erklärt die Mutter dem Jüngsten irgendwelche Rechenaufgaben, während sich der Älteste beim Vater auf Deutsch beschwert, dass bei seiner Bruchrechnung irgendwelche negativen Zahlen rauskommen würden.
Durch die zügige Fahrweise nimmt die Verspätung schnell ab und sie dürften ihren Anschluss wohl noch erreicht haben.
Pünktlich bin ich in Wien, hüpfe direkt in den RJ nach Prag am Gleis gegenüber. Dieser startet zwar pünktlich, doch das bleibt nicht lange so. „Zugbegleiter bitte beim Lokführer melden.“ Ohne weitere Erläuterungen legen wir drei außerplanmäßige Halte an kleinen Bahnhöfen ein und erreichen die tschechische Grenze mit +15. Immerhin dürfen wir den inzwischen vorgefahrenen Os noch unterwegs überholen.
Im CD Pro vás-Magazin (Anm.: wie die DB Mobil) klagt die Frau eines Fdl ihr Leid über den Eisenbahnslang, den ihr Mann benutzen würde. Außerdem würde er selbst im Schlaf noch Züge abfertigen und wirres Zeug vor sich hinplappern. Beispielsweise irgendwas von modernisierten 810ern (Anm.: Brotbüchsen), die nach der Modernisierung RegioMouse genannt werden. Zum Schluss meint sie, zwar Englisch und Französisch studiert zu haben und auch ein bisschen Latein, Hebräisch und Gebärdensprache zu können, aber wohl demnächst eine Sprachschule für Eisenbahnerslang besuchen zu müssen.

Nach zwei Wochen ohne Regen und mit Temperaturen jenseits der 30° ist die Landschaft staubig gelb-braun. Quellwolken sind am Horizont erkennbar.

Mit +15 erreiche ich Brno, öffne die Tür und hieve meinen Koffer auf den Bahnsteig. BÄÄÄÄÄM! Mit der Wucht eines Faustschlags schlägt mir die Hitze entgegen. Am liebsten wäre ich sofort wieder in den klimatisierten Zug eingestiegen. Eine Woche ist vergangen und es ist immer noch so heiß wie zuvor. Ich kommentiere das Wetter lieber nicht mehr, welches mir den kompletten Aufenthalt versaut hat.


Was denn ein Imperfekt Partizip Passiv sei, erkundigt sich mein Mitbewohner. Die Kursleiterin hätte einen Zettel ausgeteilt, auf dem die tschechische Grammatik nur auf Deutsch erklärt wird.
Ist eine anspruchsvolle Aufgabe, einem Chinesen auf Englisch einen deutschen Begriff der tschechischen Grammatik zu erklären…
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Beitrag von Entenfang »

Tag 13

Und heute geht es so weiter, wie es gestern aufgehört hat. Die Temperatur kratzt am Allzeitmaximum von 36° für diesen Augusttag.

Was liegt da näher, als die einzige Obuslinie mit 100% klimatisierten Fahrzeugen aufzusuchen? Aufgrund von Bauarbeiten wird die Linie 32 umgeleitet. Um die rund einen Kilometer lange Baustelle zu umfahren, muss der Akku zum Einsatz kommen.
3301 und 3303 bei Šumavská
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1941 rollt nordwärts
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Sprung zur Halbringlinie 25/26:
3637 zwischen Pionýrská und Konecného námestí
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3036 bei Sušilová
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Die Radiallinien 32, 34 und 36 enden am Rande der Innenstadt an der Haltestelle Ceská.
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Zelný trh bei Abendsonne
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1738 am Šilingrovo námestí
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Die viergleisige Haltestelle vor dem Hbf dürfte wohl die meistfrequentierteste des Netzes sein.

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Doch anstatt die Fußgänger einfach in das danebenliegende Bahnhofsgebäude laufen zu lassen, werden sie in die Unterführung mit Vietnamesenmarkt gezwungen (bzw. zum Überklettern/Umlaufen der Absperrungen).
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Endlich gönnt die Sonne der hitzegeplagten Stadt ein paar Stunden Pause… Doch selbst um Mitternacht liegt die Temperatur noch über 30°.
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Beitrag von Entenfang »

Abendliche Impressionen vom Bahnhof
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Tag 14 Ostrava

An einem bereits heißen Morgen starten wir Richtung Ostrava. Immerhin haben die Wetterfrösche für heute Abkühlung versprochen.

Gleisbauarbeiten
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Da es in Brno nur einen einzigen legalen Zugang zu den Bahnsteigen gibt, sind die Züge sehr ungleichmäßig ausgelastet. Wir könnten daher entspannt ein Abteil für uns alleine haben, doch der klimatisierte Gepäckwagen ist dann doch zu verlockend.
Die Baustelle östlich von Brno lassen wir mit +9 zurück, ehe es in gemütlichem Tempo weiter Richtung Přerov geht. Ein Mann, der schon ein Bier zu viel hatte, plappert auf Deutsch vor sich hin. „Ja, hier fährt man nur so schnell wie ein Fahrrad…“ Ganz so schlimm ist es dann doch nicht.
An der Verspätung ändert sich bis Ostrava nichts mehr. Die 24h-Karte gilt in den Ferien und am Wochenende für bis zu 5 Personen und kostet 90 Kronen.
Im Gegensatz zu Brno liegt der Bahnhof etwas abseits des Zentrums. Mit der Tram oder dem Obus lässt sich die Entfernung jedoch überbrücken. Ungünstig für die Netzgestaltung ist jedenfalls insbesondere bei der Tram, dass es sich um eine verhältnismäßig kurze Stichstrecke handelt, deren Bedienung aber unerlässlich ist, will man den Bahnhof nicht ohne ÖV-Anbindung lassen. Das Problem ist insbesondere in Zwickau bekannt.

Der inzwischen verschleierte Himmel ist eine wahre Wohltat… Möglicherweise klettert das Thermometer heute wirklich nur auf 30°!
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Mit Tram und Bus dauert es nicht lange zum Bergbaumuseum Landek Park.
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Leider müssen wir erstmal 50 Minuten auf die nächste Führung warten. Da können wir uns ja mal dem Minenzug widmen.
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Hängebahn
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Umkleideraum – um die Alltagskleidung sauber zu halten, muss man sich nach Dienstende erstmal gründlich von Kopf bis Fuß waschen.
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Schließlich werden wir von diesem Aufzug fünf Meter unter die Erdoberfläche befördert.
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Beitrag von Entenfang »

Jobs, die wahrscheinlich keiner vermisst:
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Liegend oder gebückt mit dem Presslufthammer bei über 35° rumzuhantieren, klingt nicht gerade nach einem Traumjob. Und welche Luft und welcher Lärm hier unten geherrscht haben müssen…

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Kondenswasser überall
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Das Obusnetz verbindet vor allem die östliche Innenstadt mit dem Bahnhof. Eingesetzt werden – soweit ich das gesehen habe – ausschließlich Solaris Trollino verschiedener Längen.
3704 unweit des neuen Rathauses
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Im Rathaus…
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…wird man von einer prunkvollen Eingangshalle empfangen.
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Doch es gibt auch eine klimatisierte Touristeninfo und eine tolle Aussichtsplattform.

Ostrava – von oben unverkennbar eine Industriestadt
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Im Hintergrund dürfte der Wald schon zu Polen gehören.

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Beitrag von Entenfang »

Obus im Doppelpack
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Die Ostravice – Überraschung – windet sich durch Ostrava.
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Blick über die Innenstadt
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Im Infokiosk des DPO kann man mir leider keinen Netzplan geben. Ich könne ihn doch im Internet herunterladen… Tue ich notgedrungen, nur wird er auf meinem Handy irgendwie fehlerhaft angezeigt. Irgendwie kann ich das nächste Ziel doch entziff… Ohhhh! Das steht ja gerade der passende Obus an der Haltestelle. Wir springen schnell rein und nehmen ganz vorne Platz. Warum hier keine Kinder unter 12 sitzen dürfen, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis – vielleicht, damit sie den Fahrer nicht ablenken…
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In der Wendeschleife Hulváky
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Von hier geht’s mit der Tram weiter.
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In der Mitte einer Schnellstraße führt die Strecke in die einige Kilometer entfernte Vorstadt Ostrava-Svinov, welche sogar ihren eigenen Fernverkehrshalt hat. Aus diesem Grund verteilen sich die Reisenden in Tschechiens drittgrößter Stadt recht stark auf 2 Bahnhöfe. Daher ist Olomouc hl.n. in Tschechien der Bahnhof mit den dritthöchsten Fahrgastzahlen (nach Prag und Brno.)

In allen Fahrzeugen kann man mit kontaktloser Kreditkarte Fahrscheine kaufen und auf den stationären Automaten wird diese Variante angepriesen. Außerdem würden manche Automaten bald entfernt werden.

Überall in Tschechien werden Fahrer gesucht, zumindest hängt fast in allen Fahrzeugen entsprechende Werbung. In Ostrava würde man als Durchschnittsgehalt 30.500 Kronen bekommen, in Prag sind es 35.000. Zusätzlich wird mit vergünstigten Wohnungen und Freifahrten geworben.


In den Fahrzeugen dominiert viel Plastik und die fehlende Klimaanlage macht sich natürlich sehr negativ bemerkbar.
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An etlichen Haltestellen sind Mitarbeiter positioniert, welche das Fahrpersonal mit kühlen Getränken versorgen.

Die Fahrt zieht sich ewig hin, Ostrava hat wahrhaftig eine flächenmäßig riesige Ausdehnung für knapp 300.000 Einwohner.
In der Wendeschleife Vresinská
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Von hier geht es noch weiter nach Westen, allerdings nur mit Umsteigezwang und nur noch im Halbstundentakt. Da bleibt noch Zeit, zu überprüfen, warum wir an einer Stelle nur mit Schrittgeschwindigkeit gefahren sind. Denn das ist in Tschechien immer höchst verdächtig.
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Werden die Schienen nur auf Metallteilen gelagert, ist es vielleicht besser, wirklich nur mit Schrittgeschwindigkeit zu fahren.
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