Weshalb sind Talgo Züge nicht weiter verbreitet?

Strecken und Fahrzeuge von DB Fernverkehr und anderen als DB Fernverkehr.
WholaLottaLove
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Beitrag von WholaLottaLove »

Guten Tag,

die DB hat ja bei Talgo bis zu 100 neue Fernverkehrszüge (Arbeitstitel „ECx“) bestellt. Dies habe ich einmal zum Anlass genommen, Talgo Züge "genauer" anzusehen.

Der Hersteller gibt u.a. die folgenden Vorteile an:
  • Bis zu 20 % leichtere Bauweise (u.a. durch weniger Achsen)
  • 25 % mehr Geschwindigkeit in den Kurven durch passive Neigetechnik
  • Niedrigerer Boden, dadurch barrierefreier Zugang möglich
  • Umspurbare Laufwerke
Wenn man dieser Übersicht des Herstellers glauben kann, dann hat der Zug nur Vorteile gegenüber der Konkurrenz:
Bild

Ist dies wirklich so, oder gibt es einen anderen Grund, weshalb Talgo Züge in großen Hochgeschwindigkeitsmärkten wie Deutschland und Frankreich bisher nicht/kaum eingesetzt werden?
Metropolenbahner
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Beitrag von Metropolenbahner »

Moin und Willkommen im Forum,
WholaLottaLove @ 11 Apr 2019, 13:54 hat geschrieben: Ist dies wirklich so, oder gibt es einen anderen Grund, weshalb Talgo Züge in großen Hochgeschwindigkeitsmärkten wie Deutschland und Frankreich bisher nicht/kaum eingesetzt werden?
Politik ... Sowohl SNCF als auch DB sind 100%ige Staatsbetriebe. Da wird drauf geschaut, dass die heimischen Hersteller zum Zuge kommen, Arbeitsplätze gesichert werden und teilweise auch Forschungsaufräge vergeben werden können.

Nachdem es der DB AG aber Hinten und Vorne an Geld fehlt, hatte man jetzt aber wohl keine Lust mehr mehr der teuren ICE4 zu bestellen, bzw. konnte keine Rücksicht mehr nehmen. Siemens nutzt so etwas mittlerweile gerne aus und verlangt Mondpreise auch für kleinere Änderungen.

Außerdem gibts mittlerweile auch den europäischen Markt, das dt. Ausenhandelsdefizit (auch weltweit) ist bekannt, möglich, dass auch das ein kleiner Faktor war.

Weiterer Grund: Talgo verkauft die Züge nur inkl. Wartungsverträgen, das war bei den alten Staatsbahnen auch nicht gerne gesehen, da die eigene Betriebsstätten hatten und haben, die sie gerne auslasten wollten.

Mittlerweile ist es so, dass bei der DB aufgrund des hohen Schadstands der alternden Floote alle Werke sehr gut, wenn nicht gar über-lastet sind, von daher wird man auch als Reisender froh sein können, wenn sich jemand anders um die Züge kümmert. Für die aktuelle DB ist Fremdwartung aus meiner Sicht eher von Vorteil.

P.S: Du hast noch nen weiteren Vorteil vergessen, die Möglichkkeit - auf Kosten der Neigetechnik - überbreite Wagenkästen mit 3,2m bauen zu können und damit 5 Sitze pro Reihe zu ermöglichen. Mit solchen Wagen könnte man besser gegen Flixbus, Ryanair und Co. bestehen. Für den komfortbewussten Fahrgast bliebe immer noch die 1. Klasse.

schöne Grüße

MB
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Beitrag von JeDi »

WholaLottaLove @ 11 Apr 2019, 12:54 hat geschrieben: Ist dies wirklich so, oder gibt es einen anderen Grund, weshalb Talgo Züge in großen Hochgeschwindigkeitsmärkten wie Deutschland und Frankreich bisher nicht/kaum eingesetzt werden?
Talgo gilt zumindest als ziemlich teuer... Insofern ist es kein Wunder, dass sie nur politisch (Spanien, Bosnien) oder als einziger Bieter (Deutschland) verkaufen...
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Balduin
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Beitrag von Balduin »

Wobei der letzte Großauftrag aus Spanien de-facto auch eine Subventionierung durch den Staat ist, auf dessen Grundlage weitere Exporte überhaupt möglich sind.
Das geschah durch die astronomischen Strafzahlungen, die da ausgerufen wurden - und man sich sicher sein kann dass Talgo (bzw. Caf wenn sie es geworden wären) die im Gegensatz zu Siemens oder Alstom nicht würden zahlen müssen. Weil ja sonst die Arbeitsplätze weg wären.

Womit ich einen solchen Vorgang nicht bewerten will - ist nunmal Industriepolitik, die in einem gewissen Maße ja auch sinnvoll ist.
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Beitrag von Metropolenbahner »

JeDi @ 12 Apr 2019, 08:37 hat geschrieben: Talgo gilt zumindest als ziemlich teuer... Insofern ist es kein Wunder, dass sie nur politisch (Spanien, Bosnien) oder als einziger Bieter (Deutschland) verkaufen...
Wo hast Du das her? Bei der letzten Renfe-Ausschreibung gewann Talgo, weil sie mit Abstand das billigste Angebot ablieferten. Sowohl im Verkaufspreis als auch bei den Wartungskosten. Ist aber halt auch das HGV-Segment, ein Siemens Velaro ist auch nicht billig zu haben (aber eben teurer als ein Talgo-HGV-Zug).

Bei der aktuellen ECx-Ausschreibung sind die Sitzplatzkosten ebenfalls nicht übermäßig hoch.

550 Mio für 23 Züg mit jeweils 570 Sitzen ergibt Sitzplatzkosten iHv 42.000 Euro pro Sitz. Für einen Mehrsystem-Zug mit Dieseloption für Tempo 230, mit Restaurant und Fahrradstellplätzen ist das nicht schlecht.
Eine rein dt. Version, quasi nur IC-Komfort und nicht ICE-Niveau ohne Restaurant käme abermals billiger.

@Balduin: Welche Strafzahlungen, hast Du einen Link parat? Hab ich nicht mitbekommen.
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

Ist dies wirklich so, oder gibt es einen anderen Grund, weshalb Talgo Züge in großen Hochgeschwindigkeitsmärkten wie Deutschland und Frankreich bisher nicht/kaum eingesetzt werden?
Als Beispiel in Wien wird eine neue Bim entweder von Siemens oder Bombardier kommen das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Genauso wie bei anderen was bei der ehemaligen Staatsbahn rollen wird... :lol:
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Beitrag von 143 »

Gegenbeispiel: Graz hat Stadler und bombardiert Trams statt Siemens...
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

Klar ist ja auch Graz. Die GKB hat auch Stadler Vollbahnen im Einsatz. ;)
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guru61
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Beitrag von guru61 »

Metropolenbahner @ 11 Apr 2019, 15:52 hat geschrieben: Moin und Willkommen im Forum,


Politik ... Sowohl SNCF als auch DB sind 100%ige Staatsbetriebe. Da wird drauf geschaut, dass die heimischen Hersteller zum Zuge kommen, Arbeitsplätze gesichert werden und teilweise auch Forschungsaufräge vergeben werden können.
Aber von WTO konformen Ausschreibungen hast auch schon mal was gehört?
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

Da wird so ausgeschrieben das ein Produkt 100% passt. :rolleyes:
Nehmen wir an Ich will das Pinke Fahrrad das ka 1m hoch ist und 2m lang schreibe Ich ein Pinkes Fahrrad aus das 1m hoch und 2m lang ist aus. <_<
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Beitrag von Metropolenbahner »

guru61 @ 15 Apr 2019, 12:37 hat geschrieben: Aber von WTO konformen Ausschreibungen hast auch schon mal was gehört?
Moin Guru,

ich schon, aber Du anscheinend nicht. Ansonsten wüsstest Du, wie das in der Praxis abläuft... so ne Ausschreibung kann man sehr schön so hinbiegen, dass nur das rauskommt, was man haben will. Das ist alles nur Show. Da hat der Benutzername schon recht.

Natürlich schneidet sich ein Unternehmen damit ins eigene Fleisch, schließlich wird damit der Wettbewerb behindert, was zu höheren Preisen führt, aber bei nem Staatsunternehmen ist das halt der Plan.

Bei ECx hatte man jetzt anscheinend erstmals die Nase voll und/oder Siemens/Bombardier konnten oder wollten nicht, wieso auch immer.
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Beitrag von Rev »

Na ja wenn man sich die Ausschreibung aber mal anschaut halte ich die Aussage das da nur Talgo bei rauskommen kann für sehr sehr gewagt.
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Beitrag von Metropolenbahner »

Rev @ 15 Apr 2019, 18:04 hat geschrieben: Na ja wenn man sich die Ausschreibung aber mal anschaut halte ich die Aussage das da nur Talgo bei rauskommen kann für sehr sehr gewagt.
Wer hat das behauptet? Es ging darum, weshalb nicht schon früher Talgos bestellt wurden, nicht um die aktuelle Bestellung. Früher waren die Aufträge halt Siemens/Bombardier auf den Leib geschneidert. Beim ICE4 wollte man z.B: keine Dostos, denn Dostos im FV sind bekanntlich böse, dass weiss schließlich jeder ;) (und Alstom hatte den Duplex im Angebot, während die dt. Hersteller im HGV-Dosto-Segment blank waren und immer noch sind).
Auch jetzt wollte man wieder Einstöcker beim ECx, damit konnte sich z.B. Skoda mit dem NIM-Express nicht bewerben. Wieso das immer noch so ist, obwohl man mittlerweile nen Dosto-IC hat ... tja frag die DB.

Dass bei der aktuellen Bestellung Talgo raus kam, lag wohl auch an ner gewissen Faulheit der dt. Hersteller. Die waren sich wohl zu fein eine Lok für 230 zu konstruieren. Laut eines Zeitungsartikels war in der letzten Runde ja nur noch Talgo dabei.
Valentin
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Beitrag von Valentin »

guru61 @ 15 Apr 2019, 11:37 hat geschrieben:
Metropolenbahner @ 11 Apr 2019, 15:52 hat geschrieben: Moin und Willkommen im Forum,


Politik ... Sowohl SNCF als auch DB sind 100%ige Staatsbetriebe. Da wird drauf geschaut, dass die heimischen Hersteller zum Zuge kommen, Arbeitsplätze gesichert werden und teilweise auch Forschungsaufräge vergeben werden können.
Aber von WTO konformen Ausschreibungen hast auch schon mal was gehört?
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Die Stadt Wien hatten auch einmal Niederflurstraßenbahnen extratief ausgeschrieben - und dann bot plötzlich Stadler zu allseitiger Überraschung ebenfalls Züge in der verlangten Einstiegshöhe an. Letztendlich gewann die Ausschreibung aber dann doch der gewünschten Bieter. Und die Ausschreibung war konform.
Wird bei den großen Zügen meist ähnlich ablaufen.
10bis10 jetzt - oder Rücknahme der damit begründeten Tariferhöhung.
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Beitrag von 143 »

Metropolenbahner @ 15 Apr 2019, 19:38 hat geschrieben: Dass bei der aktuellen Bestellung Talgo raus kam, lag wohl auch an ner gewissen Faulheit der dt. Hersteller. Die waren sich wohl zu fein eine Lok für 230 zu konstruieren.
Vectron gibts von der Stange mit Option 230 km/h. Wahrscheinlich nicht als 3-Monats-Lok und ziemlich sicher gegen Mehrpreis. Aber es gibt es. ;)
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Beitrag von Metropolenbahner »

143 @ 15 Apr 2019, 21:04 hat geschrieben: Vectron gibts von der Stange mit Option 230 km/h. Wahrscheinlich nicht als 3-Monats-Lok und ziemlich sicher gegen Mehrpreis. Aber es gibt es. ;)
Ich glaub Dir gerne, aber wieso haben die dann kein Gebot abgegeben ...?
Erinnert dann etwas an den schweizer Giruno-Auftrag, da fiel Siemens auch raus, weil sie nach Runde 1 keine Lust mehr hatten, das Angebot nachzubessern (ging dabei um die barrierefreien Einstiege, wenn ich mich recht erinnere).
Rev
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Beitrag von Rev »

Die Ausschreibung umfasste aber mehr als Loks ;).

Und am Ende hängt es auch immer mit der auslastung der Werke zusammen und gerade Siemens dürfte da gerade nicht so das Problem haben...
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Beitrag von 143 »

Das Werk in Allach läuft zwar auf Anschlag. In 2018 immerhin 240 Loks gebaut...

Wobei ich nicht weiß ob die 230 km/h-Option bereits zugelassen ist. Wahrscheinlich nicht...
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guru61
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Beitrag von guru61 »

Metropolenbahner @ 15 Apr 2019, 16:38 hat geschrieben: Moin Guru,

ich schon, aber Du anscheinend nicht. Ansonsten wüsstest Du, wie das in der Praxis abläuft... so ne Ausschreibung kann man sehr schön so hinbiegen, dass nur das rauskommt, was man haben will. Das ist alles nur Show. Da hat der Benutzername schon recht.

Natürlich schneidet sich ein Unternehmen damit ins eigene Fleisch, schließlich wird damit der Wettbewerb behindert, was zu höheren Preisen führt, aber bei nem Staatsunternehmen ist das halt der Plan.

Bei ECx hatte man jetzt anscheinend erstmals die Nase voll und/oder Siemens/Bombardier konnten oder wollten nicht, wieso auch immer.
Da ich schon an mehreren Ausschreibungen dabei war, kann ich dir sagen, dass das nicht so einfach ist:
Sonst hast du schnell mal einen Rekurs am Hals.
Das Problem ist eher, dass man die Ausschreibungen falsch gewichtet, bzw. so, dass der Preis das alleinige Kriterium ist.
Es geht aber auch anders.
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Beitrag von guru61 »

Valentin @ 15 Apr 2019, 20:40 hat geschrieben:
guru61 @ 15 Apr 2019, 11:37 hat geschrieben:
Metropolenbahner @ 11 Apr 2019, 15:52 hat geschrieben: Moin und Willkommen im Forum,


Politik ... Sowohl SNCF als auch DB sind 100%ige Staatsbetriebe. Da wird drauf geschaut, dass die heimischen Hersteller zum Zuge kommen, Arbeitsplätze gesichert werden und teilweise auch Forschungsaufräge vergeben werden können.
Aber von WTO konformen Ausschreibungen hast auch schon mal was gehört?
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Die Stadt Wien hatten auch einmal Niederflurstraßenbahnen extratief ausgeschrieben - und dann bot plötzlich Stadler zu allseitiger Überraschung ebenfalls Züge in der verlangten Einstiegshöhe an. Letztendlich gewann die Ausschreibung aber dann doch der gewünschten Bieter. Und die Ausschreibung war konform.
Wird bei den großen Zügen meist ähnlich ablaufen.
Wie gesagt, kommt auf die Gewichtung an!
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Beitrag von Metropolenbahner »

guru61 @ 16 Apr 2019, 12:18 hat geschrieben: Da ich schon an mehreren Ausschreibungen dabei war, kann ich dir sagen, dass das nicht so einfach ist:
Damals beim ICE4 hat man Alstom rausgehalten indem man Dostos einfach verbot, bzw. einstöckige Wagen forderte.
Aus meiner Sicht ist das v.a. heutzutage mit all den techn. Vorschriften und Details einfacher denn je ne Ausschreibung hinzubiegen.

Wollte die DB in Zukunft z.B. Talgo bevorzugen, müsste man einfach einen durchgängigen 76cm Fußboden vorschreiben, Begründung: EU-Behindertengleichstellungsgesetz. Möglicherweise könnten Bombardier und Siemens etwas Passendes entwickeln, aber Talgo könnte ohne Entwicklungsaufwand von der Stange liefern. Die Konkurrenz könnte also nicht mit dem Preis mithalten. Da wären wie dann wieder auf einer Linie.
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Beitrag von Rev »

Damals beim ICE4 hat man Alstom rausgehalten indem man Dostos einfach verbot, bzw. einstöckige Wagen forderte.
Aus meiner Sicht ist das v.a. heutzutage mit all den techn. Vorschriften und Details einfacher denn je ne Ausschreibung hinzubiegen.
Ich sag nur drei Buchstaben AGV ;)
Wollte die DB in Zukunft z.B. Talgo bevorzugen, müsste man einfach einen durchgängigen 76cm Fußboden vorschreiben, Begründung: EU-Behindertengleichstellungsgesetz. Möglicherweise könnten Bombardier und Siemens etwas Passendes entwickeln, aber Talgo könnte ohne Entwicklungsaufwand von der Stange liefern. Die Konkurrenz könnte also nicht mit dem Preis mithalten. Da wären wie dann wieder auf einer Linie.
Auch hier hat der Kandidat 0 Punkte. Der smilie oder wenn es lok wagen werden soll der Railjet 2.0 mit 55 cm Einstieg.

Also das gibt es schon ein paar Sachen außerhalb von talgo



Der ice 4 war auch nicht so ganz ne Ausschreibung wenn man von was 140 Stück bestellt wird da auch was komplett neues für einen gebaut. Auf die Mengen kommen viele eigen Produktion bei weitem nicht
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Beitrag von Metropolenbahner »

Rev @ 16 Apr 2019, 19:25 hat geschrieben:
Damals beim ICE4 hat man Alstom rausgehalten indem man Dostos einfach verbot, bzw. einstöckige Wagen forderte.
Aus meiner Sicht ist das v.a. heutzutage mit all den techn. Vorschriften und Details einfacher denn je ne Ausschreibung hinzubiegen.
Ich sag nur drei Buchstaben AGV ;)
Den bot Alstom damals meines Wissens nicht an, vermutlich zu teuer. Die DB wollte damals ja Sitzplatzkosten auf Regio-ET-Niveau. Ein Dosto ist da sicher billiger, aber schon schön ironisch, was das Ding jetzt am Ende kostet :ph34r:
Wollte die DB in Zukunft z.B. Talgo bevorzugen, müsste man einfach einen durchgängigen 76cm Fußboden vorschreiben, Begründung: EU-Behindertengleichstellungsgesetz. Möglicherweise könnten Bombardier und Siemens etwas Passendes entwickeln, aber Talgo könnte ohne Entwicklungsaufwand von der Stange liefern. Die Konkurrenz könnte also nicht mit dem Preis mithalten. Da wären wie dann wieder auf einer Linie.
Auch hier hat der Kandidat 0 Punkte. Der smilie oder wenn es lok wagen werden soll der Railjet 2.0 mit 55 cm Einstieg.
Also das gibt es schon ein paar Sachen außerhalb von talgo
Ist fürs Beispiel doch egal, man hat die Ausschreibung dann halt auf 2 statt einem Anbieter begrenzt, ganz einfacher mit einer einzigen Klausel. Wenn man noch mehr hinbiegen will, dann halt noch ne 2. Klausel z.B. über die Sitzplatzanzahl bei fester Zuglängenvorgabe, die dann nur Talgo mit 3+2 Sitzen bedienen könnte und fertig.
Der ice 4 war auch nicht so ganz ne Ausschreibung wenn man von was 140 Stück bestellt wird da auch was komplett neues für einen gebaut. Auf die Mengen kommen viele eigen Produktion bei weitem nicht
Da fehlt was am Ende ;) Aber wie auch immer - die DB wird sich mittlerweile bei den ICE4-Kosten in den Hintern beißen, die Talgo-Bestellung kann man als Beleg dafür nehmen, ursprünglich wollte man auch nach NL ICE4 fahren lassen.
Wenn man jetzt zu weniger als 200 ICE4 abnimmt, wird auch noch ne Nachzahlung für die Entwicklungskosten fällig. Ist halt nicht ganz umsonst - auch mit 200 Stück - wenn man Extrawürste gebraten haben will. Also da hat man sich ein ziemlich teures Ei ins Nest gelegt, wenn man sich überlegt, dass das Ding keine 300 schafft und auch keine barrierefreien 76cm-Einstiege bietet, oder sonstwas super toll kann.
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Beitrag von E 412 »

Metropolenbahner @ 11 Apr 2019, 15:52 hat geschrieben: Moin und Willkommen im Forum,


Politik ... Sowohl SNCF als auch DB sind 100%ige Staatsbetriebe. Da wird drauf geschaut, dass die heimischen Hersteller zum Zuge kommen, Arbeitsplätze gesichert werden und teilweise auch Forschungsaufräge vergeben werden können.

Nachdem es der DB AG aber Hinten und Vorne an Geld fehlt, hatte man jetzt aber wohl keine Lust mehr mehr der teuren ICE4 zu bestellen, bzw. konnte keine Rücksicht mehr nehmen. Siemens nutzt so etwas mittlerweile gerne aus und verlangt Mondpreise auch für kleinere Änderungen.

Außerdem gibts mittlerweile auch den europäischen Markt, das dt. Ausenhandelsdefizit (auch weltweit) ist bekannt, möglich, dass auch das ein kleiner Faktor war.

Weiterer Grund: Talgo verkauft die Züge nur inkl. Wartungsverträgen, das war bei den alten Staatsbahnen auch nicht gerne gesehen, da die eigene Betriebsstätten hatten und haben, die sie gerne auslasten wollten.

Mittlerweile ist es so, dass bei der DB aufgrund des hohen Schadstands der alternden Floote alle Werke sehr gut, wenn nicht gar über-lastet sind, von daher wird man auch als Reisender froh sein können, wenn sich jemand anders um die Züge kümmert. Für die aktuelle DB ist Fremdwartung aus meiner Sicht eher von Vorteil.

P.S: Du hast noch nen weiteren Vorteil vergessen, die Möglichkkeit - auf Kosten der Neigetechnik - überbreite Wagenkästen mit 3,2m bauen zu können und damit 5 Sitze pro Reihe zu ermöglichen. Mit solchen Wagen könnte man besser gegen Flixbus, Ryanair und Co. bestehen. Für den komfortbewussten Fahrgast bliebe immer noch die 1. Klasse.

schöne Grüße

MB
Wie Ihr alle wißt, hatte die DB von der Mitte der 90er bis in die 10er Jahre im Nachtzugverkehr von München nach Hamburg und Berlin den InterCityNight eingesetzt. Mit dem Ende des DB-Nachtzugverkehrs mussten auch die extra dafür beschafften Talgo-Züge "dran glauben". Sie gammelten jahrelang im Stillstandsmanagement in Hamm herum. Statt ihnen einen nicht die Welt kostenden Umbau zu spendieren, um die jetzt bestellte Talgo-"Tagzugflotte" zu verstärken, wurden die Nacht-Talgos vor einigen Wochen in Eberswalde verschrottet. Da ist es nicht angebracht, über knappe finanzielle Mittel zu klagen, wenn man auf der anderen Seite (Steuer-) Gelder vergeudet und noch taugliches Fahrzeugmaterial "wegwirft".
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Balduin
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Beitrag von Balduin »

So ein Quatsch, nur weil die Wagen irgendwie gleich ausschauen (Metallkasten mit Räder drunter) heißt das noch lange nicht, dass man die einfach so hätte umbauen können, dass die gleich zu den neuen sind! Die Dinger sind über 20 Jahre alt, da wird so ziemlich kein Einzelteil denjenigen in den neuen Zügen entsprechen aufgrund anderer (Unter)Lieferanten, Obsoleszenzen usw. Aus dem Fahrzeugrohbau hätten man so ziemlich alles (auch die Drehgestelle rausreißen) müssen und dann wieder neu ausstatten, damit die Dinger wirklich den Neuen entsprechen. Was in Summe kaum weniger gekostet hätte als der Neubau aus der aktuellen Fertigungsstraße runter
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Beitrag von Hot Doc »

Man hätte sie ja nicht unbedingt kompatibel zu den neuen Talgos machen müssen. Aber mit Sitzen ausgestattet hätte man zumindest nen sehr guten IC-Verkehr anbieten können.
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Beitrag von Rohrbacher »

Hot Doc @ 14 May 2019, 23:25 hat geschrieben:Man hätte sie ja nicht unbedingt kompatibel zu den neuen Talgos machen müssen. Aber mit Sitzen ausgestattet hätte man zumindest nen sehr guten IC-Verkehr anbieten können.
Mal den hier sicherlich keinem näher bekannten technischen Zustand (Korrosion, Ersatzteilfrage) komplett ausgeblendet: Echt jetzt, IC-Tagverkehr mit 140 km/h? ;)
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Beitrag von Metropolenbahner »

Rohrbacher @ 15 May 2019, 02:37 hat geschrieben: Mal den hier sicherlich keinem näher bekannten technischen Zustand (Korrosion, Ersatzteilfrage) komplett ausgeblendet: Echt jetzt, IC-Tagverkehr mit 140 km/h? ;)
Wär egal mit LTB/ETCS, da sind Bremsgewichte nicht wichtig.
Außerdem könnte man im Zuge eines Refits auch die Mg-Bremse nachrüsten, wie sie jetzt auch am Moskau-Talgo hängt.
Ist dann aber halt die Frage, ob sich quasi ne Neuzulassung für die paar Altgenerationswagen rentiert hätte.

@Balduin:
Jein er hat im Prinzip (Abgesehen von der Zulassung) schon recht, die Dinger hätte man renovieren können - zumindest anfangs. Das gleiche macht die Renfe gerade, die lässt von Talgo ältere Nachtzug-Wagen in AVE=ICE umbauen. Ist kein großes Ding, die Drehgestelle haben sich bei Talgo nicht groß geändert, wobei im Falle Renfe sicher neue für mehr als Tempo 250 (Limit der alten) eingebaut werden.

Nachteilig für ne Renovierung war neben der Zulassung aber auch der klägliche Zustand der Wagen, deswegen schrieb ich oben "anfangs". In der langen Abstellphase waren laut anderen Foren die Buntmetalldiebe mehrmals drin, man hätte quasi nur noch den Rohbaukasten verwenden können.

Und dann hatten die alten Wagen noch den Einstieg auf 55cm, also nicht barrierefrei an den üblichen 76er Steigen. Für ne Art IR im Einsatz in 55cm-Bundesländern hätte es vielleicht gereicht. Für das wäre dann aber wieder der Aufwand zu groß gewesen.

Im Endeffekt zum aktuellen Zeitpunkt ne vertretbare Leistung, die Fehler wurden vor ~10 Jahre bei der Abstellung gemacht.

P.S: Die Renfe hat auch noch HGV-Triebköpfe für die ehem. Nachzug-Wagen ausgeschrieben, wäre witzig, wenn jemand anders als Talgo das Rennen machen würde.
146225
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Beitrag von 146225 »

Wenn Fuzzis diese Welt regieren würden, gäbe es im extrem solche Fragen nicht - es würde heute noch auf den wenigen Strecken mit Fahrdraht die E16 mit 28er-Eilzugwagen fahren, tut's doch noch... :P
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Balduin
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Beitrag von Balduin »

Wäre, hätte, Fahrradkette - die alten Talgos waren bei der DB eine Splitterbaureihe, deren Lebensverlängerung bzw. Aufrüstung hätte sich für die paar Garnituren langfristig von Wartung und Logistik her kaum gelohnt. Zumal sie im Gegensatz zu den METs eben auch nicht als dringend benötigter Ersatz-ICE getaugt hätten. Und die METs werden sicher auch in ein paar Jahren abgestellt werden, wenn mal mehr ICE4 und dann noch ECx zur Verfügung stehen
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