Montréal: Bus & Metro

Eure Reportagen und Reiseberichte finden hier ihren Platz, gerne auch Bilder abseits von Gleisen
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Caesarion
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Beitrag von Caesarion »

Liebe Gemeinde,


Vor kurzem verschlug es mich beruflich ins Kanadische, nämlich nach Montréal. In der größten Stadt der französischsprachigen Provinz Québec gibt es, untypisch für Nordamerika, einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr. Da ich auch zwei freie Tage hatte, konnte ich zum Glück einige Fotos von Bussen und U-Bahnen schießen.

Die Métro Montréal hat eine Streckenlänge von knapp 70km und hat drei Hauptlinien (grün, orange und blau), zudem existiert ein Pendelzug unter dem St-Lorenz-Strom, die als vierte, gelbe Linie geführt wird. Die Züge werden ausschließlich unterirdisch geführt und verkehren auf Gummireifen nach französischem Vorbild. Die Tunnel sind z. T. sehr tief und weisen auch erhebliche Steigungen auf, so dass sie nur mit gummibereiften Zügen befahren werden können. Dieses System stammt noch aus den 60ern und hat die Nachteile, dass es erstens sehr laut ist (lauter aus Schienen-Züge) und es sehr warm wird. Die Wärmeentwicklung macht zusammen mit den tiefen Tunneln eine Nachrüstung von Klimaanlagen in den Zügen unmöglich, da sonst noch mehr Wärme aus den Tunneln raus müsste. Jedoch überzeugt das System anderswo. Die Stationen sind alle sauber, oft barrierefrei und die Taktung der Züge ist hervorragend.

Aktuell verkehren von zwei kanadische Baureihen, beide von québecischen Hersteller Bombardier. Hier die MR-73 aus dem Jahr 1973:

BildPublic Transport in Montréal, Québec, Canada by MunichTramSpotter, auf Flickr

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Seit 2010 gibt auch die MPM-10:

BildPublic Transport in Montréal, Québec, Canada by MunichTramSpotter, auf Flickr

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Die Stationen sind oben alle sehr ähnlich. Am Eingang versperren Eintrittskontrollen den Weg. Ich habe mich für den Erwerb einer OPUS-Karte entschieden. Diese kann man aufladen oder für Zeitkarten nutzen. Eine Woche (strikt Mo-So) kostet 27 CAD + einmalig 5 CAD für die OPUS-Karte.

Hier mal die Station Jean-Drapaeu der gelben Linie:

BildPublic Transport in Montréal, Québec, Canada by MunichTramSpotter, auf Flickr

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Im zweiten Teil geht es mit den Bussen weiter.
Caesarion
Haudegen
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Beitrag von Caesarion »

Neben den Metro-Linien durchziehen unzählige Buslinien die Stadt. Die Dichte und der Ausmaß des Netzes ist hervorragend, der gesamte Ballungsraum wird durch die Busse erschlossen. Auch ist die Taktung sehr gut, alle Linien fahren mindestens alle 20 Minuten, viele sogar alle 5 Minuten. Ein großes Problem ist jedoch die Information. Die Haltestellen sind sehr schlecht als solche erkennbar, insbesondere bei Dunkelheit läuft man schon an ihnen vorbei, da die Schilder alle sehr minimalistisch sind und die Wartehäuschen (wenn vorhanden) immer anders aussehen. Die Information an den Haltestellen beschränkt sich auf die Abfahrtstafel, so dass man nicht weiß wohin man fährt. Hinzu kommt, dass die Angaben für Europäer unverständlich sind. So fährt der Bus der Linie 165 auf dem Bild nicht zur Endhaltestelle Côte-des-Neiges, sondern entlang der Straße Côte-des-Neiges. Woher weiß man in welche Richtung man fährt? Ganz einfach, die Busse der Linie 165 fahren entweder in Nordrichtung oder in Südrichtung. An den Haltestellen wird daher die Richtung gar nicht angegeben, da man ja weiß wo Norden oder Süden ist. Auch die App zeigt nur die Himmelsrichtung der Busse an. In den Bussen wird nur die nächste Station angesagt, es gibt keinerlei Informationen darüber wo der Bus darüber hinaus fährt. Dass dieses System nicht nur ich suboptimal finde, haben mir auch Einheimische bestätigt. Man meide die Busse, weil man nicht weiß wohin die fahren. So wird viel leere Luft spazieren gefahren...

Der Fahrzeugpark besteht ausschließlich aus Modellvarienten des québecischen Herstellers NovaBus. Es gibt Diesel-Solobusse, Hybrid-Solobusse und vereinzelt Diesel-Gelenkbusse.

BildBuses in Montreal by MunichTramSpotter, auf Flickr

BildPublic Transport in Montréal, Québec, Canada by MunichTramSpotter, auf Flickr

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Endhaltestelle mit Wendeplatz in einem Wohngebiet:


BildBuses in Montreal by MunichTramSpotter, auf Flickr



Baustellenbeschilderung, Montréal-Art:


BildPublic Transport in Montréal, Québec, Canada by MunichTramSpotter, auf Flickr


Edit: In den Bussen gilt ein strengen Gebot vorne einzusteigen. Selbst bei den Gelenkbussen sind die hinteren Türen nur die Aussteigen, was auch durch eine rabiate Schließ-Automatik unterstrichen wird. Die Kanadier sind jedoch alle sehr gesittete Menschen und bilden an den Bushaltestellen immer eine Schlange. Wie ernst sie das nehmen, dürfte ich bei einem U-Bahn-Störfall beobachten, wo alle auf die Busse ausgewichen sind. Hier bilden sie an der Station Lionel-Groulx eine Schlange, um auf den nächsten Bus der Linie 747 Richtung Innenstadt zu warten.



BildBuses in Montreal by MunichTramSpotter, auf Flickr




Teil 3 befasst sich nochmals kurz mit der Métro.
Caesarion
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Beitrag von Caesarion »

Um die Sache abzurunden, nochmals kurz zur Métro. Das Netz der drei Hauptlinien ist im Grunde ein Fischblasennetz, mit den beiden wichtigsten Umsteigebahnhöfen Berri-UQAM und Lionel-Groulx zwischen der orangen und der grünen Linie. Die Linienführung ist an beiden Stationen sehr gut durchdacht und passagierfreundlich. Die beiden Gleise einer Linie werden nämlich übereinander gefädelt, so dass man stadteinwärts bzw. -auswärts bahnsteiggleich umsteigen kann.

Hier am Beispiel Lionel-Groulx:


BildMetro Montreal by MunichTramSpotter, auf Flickr


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Der Blick in den Tunnel der orangen Linie kurz vor Lionel Groulx. Links unten fährt der Zug aus der Stadt kommend in die Station, rechts oben fährt sie in die Stadt rein aus der Station. Zwischen Lionel-Groulx und Georges-Vanier werden die wieder nebeneinander gefädelt.

BildMetro Montreal by MunichTramSpotter, auf Flickr


Ich hoffe der Bericht hat gefallen! Mehr Fotos gibt es in meinem Flickr-Kanal. Bei Fragen einfach hier drunter schreiben :)

Beste Grüße
Bayernlover
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Beitrag von Bayernlover »

Danke, vielen Dank für den Bilderbogen! Ich war im Juni auch in Montrèal und habe mich direkt verliebt. Diese Mischung aus zivilisiertem Amerikanismus und französischem Einschlag hat es mir einfach angetan :)
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von 146225 »

Ich sag auch mal Danke für die Eindrücke. :)
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
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Beitrag von einen_Benutzernamen »

Ich war paar mal in Vancouver auch eine sehr schöne Stadt mit guten Öffi Netz.
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Entenfang
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Beitrag von Entenfang »

Interessantm danke! Nur die Plastiksitze sehen mal so richtig unbequem aus.

Und haben Busse in Kanada generell keine Kennzeichen? :huh:
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Beitrag von Bayernlover »

In Quebec reichen Kennzeichen hinten, bei allen Autos.
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Bayernlover @ 3 Jul 2019, 17:40 hat geschrieben:In Quebec reichen Kennzeichen hinten, bei allen Autos.

Kein notwendiges vorderes Nummernschild stoppt leider Banausen von Autohändlern nicht trotzdem einen Rahmen anzubauen damit die ein Werbeschild anbringen können.
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Beitrag von Bayernlover »

Da sind dann Fake-Kennzeichen drin, deutsche zum Beispiel - ich habe mich sehr amüsiert :D
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Galaxy
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Beitrag von Galaxy »

Bayernlover @ 3 Jul 2019, 19:20 hat geschrieben: Da sind dann Fake-Kennzeichen drin, deutsche zum Beispiel - ich habe mich sehr amüsiert :D
Ich schreibe immer in den Vertrag das ich keine Werbeschilder, Aufkleber oder sonstigen Mist haben will. Das führte einmal dazu das ein Händler mir eine neue Stoßstange schuldete weil seine Helferlein einfach in jedes ankommende Auto Löcher rein bohren. Er wollte zuerst nur spachteln und lokal lackieren, bei einen Perlmuttlack der leicht changiert je nach Lichteinfall.... Uhm nein.


Ich frage mich ob man so etwas hässliches wie Nummernschilder Heute noch braucht. Sehr schlimm finde ich die EU-Kennzeichen dieser blauer Streifen harmoniert mit kaum einer Farbe. Die Autos könnten auch digitale Signaturen senden. California hat 2019 digital E-Ink Nummernschilder im Angebot, vielleicht ein Schritt in die richtige Richtung aber nur halb gebacken. Im Prinzip sparrt man sich die jährliche fahrt zur Zulassungsstellen um sich den Sticker zu holen. Außerdem preisen die Vorteile an, z.B. das bei einem als gestohlen gemeldete Auto das Nummernschild STOLEN anzeigt. Natürlich werden Diebe einen Weg finden dieses zu blockieren.
Caesarion
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Beitrag von Caesarion »

Bayernlover @ 2 Jul 2019, 17:06 hat geschrieben: Danke, vielen Dank für den Bilderbogen! Ich war im Juni auch in Montrèal und habe mich direkt verliebt. Diese Mischung aus zivilisiertem Amerikanismus und französischem Einschlag hat es mir einfach angetan :)
Mir auch! Es gibt ja viele Städte wo man sich als Touri gerne aufhält (Berlin z. B.), aber man sich keinesfalls dort auf Dauer dort aufhalten möchte (Berlin z. B.). Aber Montreal könnte ich mir tatsächlich vorstellen mal dort auch zu wohnen. Aktuell kotzt mich Deutschland sowieso nur an. In meiner niederbayerischen Heimat fühle ich mich zwar noch wohl, aber dieser Pseudo-Kosmopolitismus in den Städten ist einfach nur noch unerträglich. Montréal hingegen scheint wirklich viel Gutes aus Europa und Nordamerika zu vereinen. Vielleicht sollte ich da mal paar Monate "Testwohnen".
Nur die Plastiksitze sehen mal so richtig unbequem aus.
Die sind ok für Plastiksitze. Habe sie nicht als besonders unbequem in Erinnerung.
In Quebec reichen Kennzeichen hinten, bei allen Autos.
Im Grunde eine sehr sinnvolle Vorschrift. Wieso nicht verzichten auf das vordere Nummernschild? Wie oft liest die Polizei denn schon von vorne eine Nummernschild aus? Am ehesten noch relevant für Überwachungsaufnahmen glaube ich. Aber da würde ein kleines Schild nach Schweizer Vorbild auch reichen.
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