Zukunft der Bahn

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mmouse
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Beitrag von mmouse »

imp-cen @ 22 Jan 2022, 08:06 hat geschrieben: Deutsche Bahn testet ihren ersten Batteriezug mit Passagieren
Journalisten schreiben halt viel, wenn der Tag lang ist...

Der *erste* Batteriezug der Bahn: ETA178
Wurde ab 1907 gebaut, und (was ich bis grade eben auch nicht wusste) keineswegs nur einzelne Prototypen.

Oder etwas moderner: ETA150 (1954-1995, den könnte man als Schreiberling also schon kennen)
Ein Vier-Milliarden-Tunnel ist kein Ersatz für ein sinnvolles Nahverkehrskonzept.
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218 466-1
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Beitrag von 218 466-1 »

Naja, so manche heutige Schreiberlinge waren 1995 noch nicht geboren. :ph34r:
Keine Alternative zum Transrapid MUC
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imp-cen
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Beitrag von imp-cen »

Also 1995 ist jetzt auch net grad erst "gestern" gewesen, wobei ... eigentlich irgendwie schon, aber wir werden halt alt.

*auf den Kalender schiel* + *schmoll*

;)
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Jean
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Beitrag von Jean »

imp-cen @ 22 Jan 2022, 14:55 hat geschrieben: Also 1995 ist jetzt auch net grad erst "gestern" gewesen, wobei ... eigentlich irgendwie schon, aber wir werden halt alt.

*auf den Kalender schiel* + *schmoll*

;)
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Beitrag von 146225 »

Der Unterschied zum guten alten Durchhänger 515 ist halt, dass moderne BEMU aus denselben Plattform-Baukästen wie die EMU stammen und dass die Akkus aus der Fahrleitung geladen werden können. Das ist schon so ein gaanz klitzekleiner Unterschied.
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Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

146225 @ 22 Jan 2022, 18:32 hat geschrieben:Das ist schon so ein gaanz klitzekleiner Unterschied.
Den man dann aber auch kommunizieren muss.
146225 @ 22 Jan 2022, 18:32 hat geschrieben:Der Unterschied zum guten alten Durchhänger 515 ist halt, dass moderne BEMU aus denselben Plattform-Baukästen wie die EMU stammen
Der 515 (232 Stück) als eine Art Langversion des 795/797/798 (894 VT ohne Privatbahnen, Exporte) war ein typisches Bundesbahn-Plattformfahrzeug ... Ebenso sieht der ältere "Prototyp" 517, der gerne vergessen wird, anderen DB-Triebwagen seiner Zeit nicht zufällig und nicht nur optisch sehr ähnlich, sondern schon gewollt. Und sie alle hatten nichtmal drölfzig Konkurrenzplattformen. :ph34r:

Hat eigentlich schonmal jemand ausprobiert wie weit ein 515 mit originaler Nachkriegs-Rumpeltechnik fahren würde, wenn man einfach in den gleichen dafür vorgesehenen Bauraum moderne Akkus reinhängt? Und wie schwer wäre er? Wie schaut's aus, wenn man nur die gleiche nutzbare Akkukapazität installieren würde? Den museal erhaltenen 515 fehlen ja nur Akkus. Das ist übrigens schonmal ein Wink aus den 50ern hinsichtlich der Haltbarkeit: Funktionsfähige Züge, aber die Akkus fehlen. Mit den Akkus wird sich das Problem der elektronischen Teileversorgung 20 Jahre alter, bauartbedingt oft ziemlich verbauter Züge (bestehend zudem aus lauter optimiertem Verbundmaterial) um eine ziemlich teure, ziemlich zentrale Komponente erweitern. Du kennst das Video von dem Finnen, der seinen 2013er Tesla mit Akkuschaden einfach zugunsten von ein paar Klicks in die Luft gesprengt hat? ;) Für die optimalerweise sehr viel langlebigere Eisenbahn ist das echt ein Langzeitproblem.
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Lobedan
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Beitrag von Lobedan »

Rohrbacher @ 22 Jan 2022, 19:08 hat geschrieben: Hat eigentlich schonmal jemand ausprobiert wie weit ein 515 mit originaler Nachkriegs-Rumpeltechnik fahren würde, wenn man einfach in den gleichen dafür vorgesehenen Bauraum moderne Akkus reinhängt? Und wie schwer wäre er? Wie schaut's aus, wenn man nur die gleiche nutzbare Akkukapazität installieren würde? Den museal erhaltenen 515 fehlen ja nur Akkus. Das ist übrigens schonmal ein Wink aus den 50ern hinsichtlich der Haltbarkeit: Funktionsfähige Züge, aber die Akkus fehlen. Mit den Akkus wird sich das Problem der elektronischen Teileversorgung 20 Jahre alter, bauartbedingt oft ziemlich verbauter Züge (bestehend zudem aus lauter optimiertem Verbundmaterial) um eine ziemlich teure, ziemlich zentrale Komponente erweitern. Du kennst das Video von dem Finnen, der seinen 2013er Tesla mit Akkuschaden einfach zugunsten von ein paar Klicks in die Luft gesprengt hat? ;) Für die optimalerweise sehr viel langlebigere Eisenbahn ist das echt ein Langzeitproblem.
Man müsste dafür wohl erstmal schauen, ob die alte Technik überhaupt zu den modernen Akkus kompatibel ist. Lithiumionen-Akkus arbeiten ja doch ein bisschen anders als Bleiakkus und vor 60 Jahren verfolgte man mangels Alternativen ja eher das Konzept, dass die Wagen ihre Tagesleistungen von 200-300 km ohne Zwischenladung schaffen (bzw. waren die Umläufe so gelegt, dass man möglichst immer komplett laden konnte). Dementsprechend hatte man am Ende auch Akkukapazitäten von über 500 kWh. Davon sind Lithiumionen-Akkus noch weit entfernt: Der Talent-3 hat derzeit Akkus mit jeweils 50 kWh, dafür aber eben mehrere davon. Ob man 10 Stück davon in die alten Fahrzeuge reinbekommt? Ich glaube eher nicht, auf Bild 2 dieses Artikels sehen die Pakete ziemlich groß aus.
Brächte uns das auch irgendwas abseits vom Museumsbetrieb? Der Vorteil der neuen Akkutriebwagen ist doch gerade, dass sie zum Laden nicht aus dem Betrieb genommen werden müssen: Laden während der Fahrt unter der Oberleitung oder bei der Wende im elektrifizierten Endbahnhof, dazu das Rückspeisen der Bremsenergie, sodass man unterm Strich einen Wirkungsgrad an die 90 % erzielen kann. Da kann sich jede Brennstoffzelle verstecken.
Die Lebenszeit der damaligen Bleiakkus lag übrigens bei gerade mal vier Jahren. Da hat der finnische Tesla mit acht Jahren schon mal das Doppelte geschafft.
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Rohrbacher
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Beitrag von Rohrbacher »

Lobedan @ 22 Jan 2022, 21:07 hat geschrieben:Man müsste dafür wohl erstmal schauen, ob die alte Technik überhaupt zu den modernen Akkus kompatibel ist. Lithiumionen-Akkus arbeiten ja doch ein bisschen anders als Bleiakkus
Von mir aus hängt da ein Batteriemanagement mit dran, aber hinten raus kommt einfach nur Strom, würde ich sagen. Die analoge Rumpeltechnik ist nicht so anspruchsvoll.
Lobedan @ 22 Jan 2022, 21:07 hat geschrieben:vor 60 Jahren verfolgte man mangels Alternativen ja eher das Konzept, dass die Wagen ihre Tagesleistungen von 200-300 km ohne Zwischenladung schaffen (bzw. waren die Umläufe so gelegt, dass man möglichst immer komplett laden konnte).
Die 515 wurden meines Wissens immer im Bw geladen, das machen moderne Elektrobusse in der Regel auch nicht anders. Das ist aber nur eine Frage der Akkugröße bzw. wie weit man kommen will und muss, ob man nur was überbrücken will oder ob der Akku die einzige Energiequelle ist.
Lobedan @ 22 Jan 2022, 21:07 hat geschrieben:Dementsprechend hatte man am Ende auch Akkukapazitäten von über 500 kWh.
Um die 600 kWh sogar. Im Optimalfall. Wenn alle Zellen funktioniert haben. Wir haben heute in einem eCitaro aber auch schon recht kompakt 480 kWh. Genau das meinte ich. Mit zwei solchen Akkupacks könnte man selbst mit der Rumpeltechnik von damals (ohne die ganzen vielen kleinen Nebenverbraucher bis hin zur Klimaanlage) wohl ziemlich weit fahren ohne Nachladen bzw. den Akku mit wenigen und vor allem sanften Ladezyklen lange am Leben halten. So ein Tesla lebt auch nur dann recht zuverlässig acht Jahre mit wahrscheinlich vielen Kilometern, wenn man immer schon daheim über lange Zeit mit vielleicht 3 kW lädt und nicht permanent schnelllädt und dann auch im Verbrauch immer irgendwo zwischen im besten Fall 30 und 80 % Akkustand pendelt. Genau das hab ich aber nicht, wenn ich die Li-Ionen-Akkus bis zu 10x am Tag binnen Miniten vollknalle. Für solche Anwendungen mit sehr vielen Zyklen und/oder langer Nutzungsdauer nutzen stationäre Anlagen oft Lithium-Eisenphosphat-Akkus, die in der Regel billiger sind, aber größer/schwerer. Im Vergleich zu den "Autobatterien" im 515 dürften die aber immer noch Leichtgewichte sein und im relativ energiesparenden Bahnbetrieb ist Gewicht jetzt im Zweifel auch nicht das allergrößte Problem.
Lobedan @ 22 Jan 2022, 21:07 hat geschrieben:Die Lebenszeit der damaligen Bleiakkus lag übrigens bei gerade mal vier Jahren.
Jetzt schauen wir mal wie lange die Akkus das ständige Schnellladen überleben. Selbst wenn die verbauten Li-Ionen-Akkus mehr als die vor einigen Jahren noch faustformelmäßigen 1.000 Ladezyklen können, vier Jahre ist da ambitioniert. Ich geh davon aus, dass die Teilzeitstromer deswegen relativ kleine Akkus haben, weil man sagt, man muss die ggf. sogar jährlich ersetzen und schaut dann mal, was für Akkutechnik in ein paar Jahren möglich sein wird. Wenn man keine stationären Anlagen bauen muss, weil man aus der "eh vorhandenen" Oberleitung lädt, dann kann sich das in Umläufen mit wenigen Fahrzeugen mal eine Weile rechnen, aber z.B. nicht, um die ganze Agilis-Flotte mit perspektivisch um die 50 Züge im Umlauf vielleicht 1x am Tag nach Eichstätt Stadt fahren zu lassen. Ich geh davon aus, dass die Teilzeit-ETA quasi als Brückentechnik verwendet werden und man vielleicht viele in 10 Jahren schon als normale ET mit wieder ausgebauten Akkus auf dann oder ohnehin schon elektrifizierten Strecken sehen wird.

Der eigentliche Zweck meiner Frage(n) war aber meine Verwunderung, warum man in einem Zug aus der Nachkriegszeit irgendwann knapp über 600 kWh drin hatte und damit 150-300 km gekommen ist, was damals für einen Tagesumlauf reichte, und Stadler heute ne Party gibt, weil ihr Zug im Akkubetrieb statt 150 sogar 185 km weit kommt. Lösung: Die Akkus sind heute im Vergleich zu damals sauteuer und halten nicht lange, es sind quasi Verschleißteile mit der Hoffnung, dass in Zukunft mal alles besser wird. Da hab ich allerdings meine Zweifel, wenn der komplette Straßenverkehr dieser Welt bis auf weiteres Li-Ionen-Akkus haben will. In den 50er Jahren stand die Akkuproduktion bei Varta für den 515 nicht in der einer vergleichbaren Konkurrenz.

Im Datenblatt eines 2017 vorgestellten Stadler Wink für die Niederlande, der wohl auch deswegen sowohl mit Oberleitung, Akku und Diesel (!) fährt, steht z.B. "Später Ersatz der Verbrennungsmotoren durch Batterien und Betrieb als abgasfreie Einheiten".

Das ist alles Brückentechnik, wo man noch nicht weiß, wie weit man wohin überbrückt. Vielleicht klappt's, technisch hab ich keinen Zweifel, aber der Markt und die Wirtschaftlichkeit, das ist die eigentlich große Frage. Deswegen: Baut's lieber schnell Oberleitungen! Sonst endet das wieder wie mit dem Heilsbringer "Neigetechnik statt Beton". Da haben sich die Einsatzgebiete dann doch auf eine Hand voll süddeutscher Strecken eingedampft und wir sind mit den jetzt doch nötigen und auch aus anderen Gründen sinnvollen Streckenausbauten zwei Jahrzehnte hinterher. :ph34r:
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Südostbayer
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Beitrag von Südostbayer »

Rohrbacher @ 22 Jan 2022, 19:08 hat geschrieben:Der 515 (232 Stück) als eine Art Langversion des 795/797/798 (894 VT ohne Privatbahnen, Exporte) war ein typisches Bundesbahn-Plattformfahrzeug ... Ebenso sieht der ältere "Prototyp" 517, der gerne vergessen wird, anderen DB-Triebwagen seiner Zeit nicht zufällig und nicht nur optisch sehr ähnlich, sondern schon gewollt.
Der ETA 150 greift zwar gewisse Gestaltungsmerkmale des Schienenbusses auf, aber tatsächlich zwischen beiden Bauarten tauschbare Baugruppen u. ä. gab es praktisch nicht. Gleiches gilt für ETA 178 (517) und VT 08 (612). Sehr wahrscheinlich wäre die Schienenfahrzeugindustrie zur Lieferung "echter" Plattformfahrzeuge in der Lage gewesen, aber die Akkutriebwagen der 50er-Jahre waren es nicht.

Insofern finde ich den aktuellen Ansatz, tatsächlich dieselbe Plattform wie reine E-Triebwagen zu verwenden, schon sinnvoll - grade wenn bzw. weil es sich um eine Art Übergangslösung handelt.

Rohrbacher @ 23 Jan 2022, 12:27 hat geschrieben:Die 515 wurden meines Wissens immer im Bw geladen, das machen moderne Elektrobusse in der Regel auch nicht anders.
Überwiegend ja, aber nicht nur. In einigen Bw gab es fest installierte Ladestationen, zudem existierte aber auch eine ganze Reihe mobiler Stationen in Form von Dienstgüterwagen. Die wurden des öfteren nach Umbeheimatungen der Akkutriebwagen oder Umlaufänderungen versetzt. Geladen wurde aber natürlich zwangsläufig in längeren Umlaufpausen; "Schnellladen" gab's nicht.

Für die Nördlinger ETA gab es zum Beispiel im Bw Nördlingen eine feste und eine mobile Ladeanlage sowie eine feste Anlage im Bahnhof Gunzenhausen. Als die Nördlinger ETA dann nach Einstellung oder Elektrifizierung fast aller Einsatzstrecken umbeheimatet wurden, wechselte die mobile Anlage nach Günzburg, wo der "Ladewagen" jahrelang auf Gleis 1a (dem Stumpfgleis der Mindelheimer Strecke) hinter dem Prellbock stand.
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mmouse
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Beitrag von mmouse »

146225 @ 22 Jan 2022, 18:32 hat geschrieben:Das ist schon so ein gaanz klitzekleiner Unterschied.
Rohrbacher @ 22 Jan 2022, 19:08 hat geschrieben:Den man dann aber auch kommunizieren muss.
Das ist der Punkt auf den ich rauswollte. Da schreibt so ein ahnungsloser Journalist (immerhin für eine führende Technik-Website) was vom ersten Batteriezug und bejubelt die technischen Daten, alles vermutlich 1:1 aus der Hersteller-Pressemitteilung übernommen.

Aber wo ist die Recherche zum Thema, wo die Einordnung: Beispielsweise dass man eine Nachfolgetechnik für die Lithium-Ionen-Akkus brauchen wird, wenn das jemals sinnvoll in der Größenordnung eines Zuges funktionieren soll. Oder was kann der Zug heute besser als die alte Technik aus den 50er-Jahren? Die eigentlich interessante Neuerung ist doch die Nachlade-Fähigkeit an den Stationen bzw. während der Oberleitungs-Fahrt.

So käme man vielleicht auch zu 'nem wirklich interessanten Artikel...
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