Lobedan @ 22 Jan 2022, 21:07 hat geschrieben:Man müsste dafür wohl erstmal schauen, ob die alte Technik überhaupt zu den modernen Akkus kompatibel ist. Lithiumionen-Akkus arbeiten ja doch ein bisschen anders als Bleiakkus
Von mir aus hängt da ein Batteriemanagement mit dran, aber hinten raus kommt einfach nur Strom, würde ich sagen. Die analoge Rumpeltechnik ist nicht so anspruchsvoll.
Lobedan @ 22 Jan 2022, 21:07 hat geschrieben:vor 60 Jahren verfolgte man mangels Alternativen ja eher das Konzept, dass die Wagen ihre Tagesleistungen von 200-300 km ohne Zwischenladung schaffen (bzw. waren die Umläufe so gelegt, dass man möglichst immer komplett laden konnte).
Die 515 wurden meines Wissens immer im Bw geladen, das machen moderne Elektrobusse in der Regel auch nicht anders. Das ist aber nur eine Frage der Akkugröße bzw. wie weit man kommen will und muss, ob man nur was überbrücken will oder ob der Akku die einzige Energiequelle ist.
Lobedan @ 22 Jan 2022, 21:07 hat geschrieben:Dementsprechend hatte man am Ende auch Akkukapazitäten von über 500 kWh.
Um die 600 kWh sogar. Im Optimalfall. Wenn alle Zellen funktioniert haben. Wir haben heute in einem eCitaro aber auch schon recht kompakt 480 kWh. Genau das meinte ich. Mit zwei solchen Akkupacks könnte man selbst mit der Rumpeltechnik von damals (ohne die ganzen vielen kleinen Nebenverbraucher bis hin zur Klimaanlage) wohl ziemlich weit fahren ohne Nachladen bzw. den Akku mit wenigen und vor allem sanften Ladezyklen lange am Leben halten. So ein Tesla lebt auch nur dann recht zuverlässig acht Jahre mit wahrscheinlich vielen Kilometern, wenn man immer schon daheim über lange Zeit mit vielleicht 3 kW lädt und nicht permanent schnelllädt und dann auch im Verbrauch immer irgendwo zwischen im besten Fall 30 und 80 % Akkustand pendelt. Genau das hab ich aber nicht, wenn ich die Li-Ionen-Akkus bis zu 10x am Tag binnen Miniten vollknalle. Für solche Anwendungen mit sehr vielen Zyklen und/oder langer Nutzungsdauer nutzen
stationäre Anlagen oft Lithium-Eisenphosphat-Akkus, die in der Regel billiger sind, aber größer/schwerer. Im Vergleich zu den "Autobatterien" im 515 dürften die aber immer noch Leichtgewichte sein und im relativ energiesparenden Bahnbetrieb ist Gewicht jetzt im Zweifel auch nicht das allergrößte Problem.
Lobedan @ 22 Jan 2022, 21:07 hat geschrieben:Die Lebenszeit der damaligen Bleiakkus lag übrigens bei gerade mal vier Jahren.
Jetzt schauen wir mal wie lange die Akkus das ständige Schnellladen überleben. Selbst wenn die verbauten Li-Ionen-Akkus mehr als die vor einigen Jahren noch faustformelmäßigen 1.000 Ladezyklen können, vier Jahre ist da ambitioniert. Ich geh davon aus, dass die Teilzeitstromer deswegen relativ kleine Akkus haben, weil man sagt, man muss die ggf. sogar jährlich ersetzen und schaut dann mal, was für Akkutechnik in ein paar Jahren möglich sein wird. Wenn man keine stationären Anlagen bauen muss, weil man aus der "eh vorhandenen" Oberleitung lädt, dann kann sich das in Umläufen mit wenigen Fahrzeugen mal eine Weile rechnen, aber z.B. nicht, um die ganze Agilis-Flotte mit perspektivisch um die 50 Züge im Umlauf vielleicht 1x am Tag nach Eichstätt Stadt fahren zu lassen. Ich geh davon aus, dass die Teilzeit-ETA quasi als Brückentechnik verwendet werden und man vielleicht viele in 10 Jahren schon als normale ET mit wieder ausgebauten Akkus auf dann oder ohnehin schon elektrifizierten Strecken sehen wird.
Der eigentliche Zweck meiner Frage(n) war aber meine Verwunderung, warum man in einem Zug aus der Nachkriegszeit irgendwann knapp über 600 kWh drin hatte und damit 150-300 km gekommen ist, was damals für einen Tagesumlauf reichte, und Stadler heute ne Party gibt, weil ihr Zug im Akkubetrieb statt 150 sogar 185 km weit kommt. Lösung: Die Akkus sind heute im Vergleich zu damals sauteuer und halten nicht lange, es sind quasi Verschleißteile mit der Hoffnung, dass in Zukunft mal alles besser wird. Da hab ich allerdings meine Zweifel, wenn der komplette Straßenverkehr dieser Welt bis auf weiteres Li-Ionen-Akkus haben will. In den 50er Jahren stand die Akkuproduktion bei Varta für den 515 nicht in der einer vergleichbaren Konkurrenz.
Im Datenblatt eines 2017 vorgestellten Stadler Wink für die Niederlande, der wohl auch deswegen sowohl mit Oberleitung, Akku und Diesel (!) fährt, steht z.B. "Später Ersatz der Verbrennungsmotoren durch Batterien und Betrieb als abgasfreie Einheiten".
Das ist alles Brückentechnik, wo man noch nicht weiß, wie weit man wohin überbrückt. Vielleicht klappt's, technisch hab ich keinen Zweifel, aber der Markt und die Wirtschaftlichkeit, das ist die eigentlich große Frage. Deswegen: Baut's lieber schnell Oberleitungen! Sonst endet das wieder wie mit dem Heilsbringer "Neigetechnik statt Beton". Da haben sich die Einsatzgebiete dann doch auf eine Hand voll süddeutscher Strecken eingedampft und wir sind mit den jetzt doch nötigen und auch aus anderen Gründen sinnvollen Streckenausbauten zwei Jahrzehnte hinterher. :ph34r: