[CZ] Einfache Oberleitung 3kV

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Udo888
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[CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von Udo888 »

Eine Frage an die Experten.
Ich war die letzten Tage in Tschechien unterwegs. Im Norden, aus Dresden kommend, wird unter 3kV gefahren.
Während die anderen Gleichstromer (Italien, Polen, Slowenien...) doppelte Fahrdrähte verwenden, haben die Tschechen für die gleiche Spannung nur einen Draht.
Was wird dort anders gemacht, dass auch der einfache Fahrdraht reicht?
Auer Trambahner
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von Auer Trambahner »

Italien und Slovenien haben auch nur Einfachdraht.
Der mit dem Ölkännchen tanzt!
NIM rocks
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von NIM rocks »

Ohne technisches Hintergrundwissen sind meinen Beobachtungen nach Abschnitte mit doppeltem Draht in den 3kV-Netzen lediglich sehr selektiv eingebaut, insbesondere wo eine erhöhte Belastung gegeben ist. Bahnhöfe, Steigungen. In den Niederlanden ist Doppeldraht jedoch die Regel, die Ströme allerdings auch höher.
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Luchs
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von Luchs »

Die Niederlande fahren auch mit 1500 V - da brauchst Du für die gleiche Leistung den doppelten Strom. Damit man dann aber nicht zuviel Energie in Form von Wärme in der Oberleitung verliert, muss man den Widerstand noch stärker reduzieren - das macht man mit dem doppelten Fahrdraht.

Alles ziemlich aufwändig, daher nimmt man heutzutage Wechselstrom mit deutlichen höheren spannungen - und damit geringeren Strömen und Verlusten in den Leitungen.

Luchs.
Udo888
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von Udo888 »

In Italien, Slowenien und Polen haben zumindest die Hauptgleise doppelte Fahrdrähte. Sekundärgleise, wenig frequentierte Bahnsteige werden auch nur mit einem Fahrdraht überspannt.
Bei der CD sind dagegen alles nur Einzeldrähte. Aufgefallen ist mir auch, dass bei länger stehenden Personenzügen die E-Lok beide Stromlöffel oben hat. Sobald es weiter geht, wird der Vordere gesenkt.
Was ist der Grund, dass die Tschechen mit einem Fahrdraht bei 3kV auskommen?
NIM rocks
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von NIM rocks »

Udo888 hat geschrieben: 03 Nov 2023, 00:52 In Italien, Slowenien und Polen haben zumindest die Hauptgleise doppelte Fahrdrähte. Sekundärgleise, wenig frequentierte Bahnsteige werden auch nur mit einem Fahrdraht überspannt.
Stimmt. Das ist mir bis dato noch nicht wirklich aufgefallen.
Bei der CD sind dagegen alles nur Einzeldrähte. Aufgefallen ist mir auch, dass bei länger stehenden Personenzügen die E-Lok beide Stromlöffel oben hat. Sobald es weiter geht, wird der Vordere gesenkt.
Was ist der Grund, dass die Tschechen mit einem Fahrdraht bei 3kV auskommen?
Die beiden gehobenen Stromabnehmer im Stillstand dienen in Gleichstromnetzen der Vermeidung von Brandstellen an der Oberleitung. Gerade ein Personenzug verbraucht auch im Stillstand viel Energie und die Ströme sind eben sehr hoch. Wenns blöd läuft, könnte sich der Stromabnehmer an der Oberleitung "festschweißen".

In Italien habe ich das aber z.B. noch nicht gesehen, sondern nur in östlichen Gefilden und den Niederlanden. Gut möglich, dass das in Belgien, Frankreich und Spanien in den jeweiligen Gleichstromnetzen auch gemacht wird. In Italien und Slowenien, die sich von der Fahrleitungstechnik her ja sehr ähnlich sind, begegnet man diesem Problem im Stillstand scheinbar anders.

Grundsätzlich gehts im Gleichstromnetz mal um den Leitungsquerschnitt des Fahrdrahts. Um diesen zu erhöhen, gibt es ja auch andere Möglichkeiten als einen Doppelfahrdraht. Z.B. einen deutlich dickeren Fahrdraht, der mit freiem Auge aber schwer erkennbar sein dürfte.

Ich habe mich mal mit google translator ein wenig durch die Website von SZDC gequält. Bin aber weder mit einer Suche nach Netzzugangsbedingungen noch nach "Fahrleitung" oder "Oberleitung" (mit translator übersetzt) weitergekommen. Vielleicht findet ja trotzdem jemand etwas zur technischen Auslegung der Fahrleitungsanlagen im Netz der SZDC.

Spannend übrigens auch, dass bei der Erneuerung der Systemtrennstelle bei Bad Schandau durch die DB Netz ein Doppelfahrdraht verbaut wurde.

Noch weiter Richtung Staatgrenze wurde die Erneuerung des Systemtrennstelle in Schöna Grenze weitgehend abgeschlossen. Die Oberleitung ist erneuert und man kann bei diesem Bild die Grenzbrücke bei km 11,9 sehen. Sehr interessant dabei der Doppelfahrdraht auch auf deutschem Staatsgebiet. Die Deutsche Bauform der OL ist auch noch auf tschechischem Staatsgebiet ein kleines Stück fortgesetzt, die Systemtrennstelle von 3 kV Gleichstrom auf 15 kV Wechselstrom daher vollständig in DB-Ausführung erstellt und bereits für eine mögliche Umspannung auf 25 kV Wechselstrom in Tschechien vorbereitet.

Siehe DSO --> DB Netz Region Südost (Bundesland Sachsen)
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Auer Trambahner
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von Auer Trambahner »

NIM rocks hat geschrieben: 03 Nov 2023, 10:13 Stimmt. Das ist mir bis dato noch nicht wirklich aufgefallen.
Das selbe gilt auch für mich *schäm*.
Wenn man nicht genau schaut wirkts aber auch wie ein Einzeldraht.
In Bahnhöfen habens in IT und SI allerdings teilweise tatsächlich nur einen Draht und nach den Weichen werden die wieder zusammengeführt.
Die beiden gehobenen Stromabnehmer im Stillstand dienen in Gleichstromnetzen der Vermeidung von Brandstellen an der Oberleitung.
Aber das funktioniert bei Mehrsystemloks nicht, und da gibts wohl auch keine Probleme.
Der mit dem Ölkännchen tanzt!
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von NIM rocks »

Auer Trambahner hat geschrieben: 03 Nov 2023, 11:24
Die beiden gehobenen Stromabnehmer im Stillstand dienen in Gleichstromnetzen der Vermeidung von Brandstellen an der Oberleitung.
Aber das funktioniert bei Mehrsystemloks nicht, und da gibts wohl auch keine Probleme.
Ich denke, dass zumindest moderne Mehrsystemloks (und Triebzüge) den Strom im Stillstand im Gleichstromnetz elektronisch/softwareseitig begrenzen können und müssen, wenn nur ein Stromabnehmer für das "aktuelle" Gleichstromnetz aufm Dach ist. Dann werden die Komfortverbraucher runtergefahren, die Klima hinten läuft eben auf Sparflamme und die Steckdosen funktionieren nicht, beispielsweise. Das dürfte technisch kein Problem sein.

Altfahrzeuge, die das nicht können, sind häufig Einsystemfahrzeuge oder wie in Tschechien Zweisystemfahrzeuge, die trotzdem im Stillstand beide Stromabnehmer heben.
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Udo888
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von Udo888 »

NIM rocks hat geschrieben: 03 Nov 2023, 11:33 ...
Altfahrzeuge, die das nicht können, sind häufig Einsystemfahrzeuge oder wie in Tschechien Zweisystemfahrzeuge, die trotzdem im Stillstand beide Stromabnehmer heben.
Das würde ich einmal bestätigen. Die so gesichteten Loks waren a la "Knödelpresse" oder älter.

Zum Fahrdraht, ich dachte eigentlich, dass durch die zwei Fahrdrähte die Auflagefläche des Stromabnehmers vergrößert wird. Ein einzelner dickerer Draht würde das nicht ausgleichen.
Was noch auffällt, in Tschechien verläuft neben dem Gleis eine Speiseleitung, die aller 2-3 Masten mit dem Fahrdraht verbunden ist.
Irgendwie sieht das Ganze gefälliger aus, als z. B. in Polen, wo jede Menge Draht im Himmel hängt.

Die Frage ist, warum das nur in Tschechien/Slowakei so gebaut wird.

Den Doppelfahrdraht bei Bad Schandau hatte ich noch gar nicht entdeckt, danke!
NIM rocks
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Re: [CZ] Einfache Oberleitung 3kV

Beitrag von NIM rocks »

Naja, grundsätzlich haben sich die Oberleitungssysteme nach dem Krieg entwickelt, im Osten wohl eher nach russischem Vorbild (ganz grob gesagt). Nach und nach hat eben jedes Land "sein" System optimiert und auf seine Bedürfnisse angepasst, daher zwar die gleiche Spannung in z.B. Teilen Tschechiens und Polen, aber die unterschiedliche "Optik" (mit den unterschiedlichen technischen Netzzugangsvoraussetzungen heute).

Über die 3kV-Systeme hinweg wären da, wenn es um Auflagefläche des Stromabnehmers geht, erstmal ein paar Dinge zu klären: Welches Profil hat der Fahrdraht überhaupt, es muss ja nicht ein "gewöhnlicher" Rillenfahrdraht, wie aus den Wechselstromnetzen bekannt, sein. Inwiefern spielt das Material der Schleifleiste eine Rolle? Da gibt es auch Unterschiede. Man kann sicher mit den unterschiedlichen Materialien der Schleifleiste spielen, um über einen kleineren Kontaktpunkt größere Ströme zu übertragen. Beispielsweise ist in Slowenien und Italien eine Kupferschleifleiste angesagt, in den 3kV-Netzen in Polen, Tschechien und der Slowakei fährt man mit einer Graphitschleifleiste.

Das sind aber alles laienhafte Mutmaßungen meinerseits. Um etwas Handfestes dazu sagen zu können, braucht man die Dokumente der Netzbetreiber zur technischen Auslegung der Fahrleitungsanlagen. Bzw. manchmal lässt sich auch aus den Netzzugangsbedingungen was rauslesen. Oder man geht mal in eine (Fach-)Bibliothek...
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