146225 hat geschrieben: ↑23 Mär 2023, 05:46
Ihr seht, dass da jemand eine 58 Jahre alte Lok im optischen annähernden Originalzustand erhalten hat und findet das toll.
Grundsätzlich ja, wenngleich jede zweite alte DB- oder DR-Lok mehr oder weniger exakt umgesetzte Retro- oder Pseudoretro-Gewänder trägt.
146225 hat geschrieben: ↑23 Mär 2023, 05:46Ja, wäre es ein Museumsbahnverein, wäre das ja auch eine schöne Sache und technisches Kulturgut.
Warum nur dann? Warum nur bei einem Museumsbahnverein? Was unterscheidetet eine 58 Jahre alte Lok, die kommerziell genutzt wird und das werden de jure alle aktiven Schienenfahrzeuge im öffentlichen Bahnnetz, wo man als Privatperson zu Privatzwecken keinen Zugang hat, eines Vereins (übrigens eine Sonderform der Kapitalgesellschaft) von einer 58 Jahre alten Lok dessen Halter/Nutzer/Eigentümer eine andere Rechtsform wählt? Was ist der Unterschied ob die Lok im Retrodesign einem Museumsverein mit angeschlossenen mehr oder weniger großen Güterverkehrs-EVU (von 5% Spendenfinanzierung lebt es sich halt schlecht) gehört oder gleich dem Güterverkehrs-EVU?
Was wäre an der Sache anders, hätte die Lok kein Retrodesign, sondern irgendwas "buntes" wie es viele andere der oft unter 10 Mitarbeitern kleinen "Bahnservice"-Firmen, die es dank des glorreichen Wettbewerbs nunmal gibt und vermutlich auch braucht?
Rein wirtschaftlich betrachtet macht es natürlich Sinn eine solche Lok "museumsmäßig" zu lackieren, deswegen machen das ja alle. Wenn's zu 95% eh wurscht ist wie die Lok aussieht, dann kann ich auch die 5% noch mitnehmen, wo man die Lok in Altrot besser an den Kunden kriegt ... Selbst die DB macht das ja schon.
Ganz nebenbei dürfte eine Lok, die schon rein optisch mit den Zuständen der modernen Bahn nichts zu tun haben will und ein gewisses "früher war alles besser" ausstrahlt ein positiveres Image haben, speziell auch wenn sie mit Diesel (!) fährt. Eine Lok der 218-Familie im ICE-Design sähe aus wie Investitionsstau, ein Klimaproblem und eine Notlösung, weil man nix anderes hat, im Bundesbahn-Look strahlt sie "Traditionsbewusstsein" aus und ist "was ganz besonderes". Nicht nur im Marketing ist das gleiche nicht das selbe.
146225 hat geschrieben: ↑23 Mär 2023, 05:46Aber hier hat sich jemand hoch verschuldet - das Risiko der Altersarmut ist da nicht gerade gering, wenn aus welchem Grund auch immer die Unternehmung schief geht - um selbstständig Züge fahren zu können. Wie viel aber bei einem Auftrag, der stundenlange Wartezeiten beinhaltet, unterm Strich tatsächlich noch hängen bleibt und was passiert, wenn die Nachfrage nach Leistungen wie das gezeigte Rangieren des Futtermittelzuges wegbricht, ist eine offene Frage. Warum könnte der Bedarf wegbrechen?
So ist das immer, wenn man sich in einem freien Markt selbstständig macht.
146225 hat geschrieben: ↑23 Mär 2023, 05:46Nun, was wäre gewesen, wenn die anbringende 187 für das Rangieren einen Last-Mile-Diesel gehabt hätte? Oder eines Tages eine Vectron Dual Mode am Kerosinzug hängt? Welche, nebenbei bemerkt, der alten 219 in den Leistungsdaten überlegen ist und mit der die "Langstrecke" unter Fahrdraht noch billiger kalkuliert werden kann? Was, wenn sich in den nächsten 10 Jahren irgendwelche Parameter (Trassenkosten, Treibstoffkosten usw.) zum Nachteil der Dieseltraktion verändern? Bleibt das Geschäftsmodell dann wirtschaftlich, oder anders gesagt: wird es reichen, alleine von Bauzügen zu leben?
Alles Entscheidungen und Entwicklungen in einem freien Markt.
Du vergisst übrigens steigende Zinsen. Das dürfte das in den letzten 20 Jahren ziemlich billige und sorglose Leasinggeschäft und Neufahrzeuge auf Kredit massiv verteuern. In den letzten 20 Jahren hätte man extrem billig in die Bahn investieren können, als echte Staatsbahn hätte man wie der Staat selbst sogar von Negativzinsen profitieren können. Ausgerechnet jetzt, wo man sogar auf's Tagesgeld wieder um die 1% ohne ganze Horden vorangestellter Nullen bekommt, plötzlich in die Energie- und Verkehrwende (und Bundeswehr) investieren, könnte leider lustig werden. Auch der Staatshaushalt finanziert sich per Negativzins nicht mehr fast von alleine, wenn dann sicherlich auch nicht mehr mit Förderungen nur so um sich geschmissen werden kann, mal schauen ...
Da könnte gerade jetzt sogar ein noch größerer Markt für drölfzig Mal überholte Eisenbahnfahrzeuge entstehen. Auch im Nahverkehr. Es werden Zeiten möglicherweise kommen, da gehen die 20 Jahre alten, jetzt meistens eh schon niederflurigen Triebwagen nicht mehr nach Tschechien bis Rumänien, um da nochmal 20-30 Jahre zu laufen, das könnte jetzt auch in Deutschland öfter vorkommen.
146225 hat geschrieben: ↑23 Mär 2023, 05:46Und ja, aus Arbeitgebersicht sollte das Modell "1-Mann-Unternehmen, Tf mit eigener Lok" natürlich Schule machen, denn wie man gesehen hat, müssen solche Leute auch stundenlange Wartezeiten einfach hinnehmen, um irgendwie Geld zu verdienen, welches dann vor allem in die Kosten für die Lok fließt. Die lästigen Gewerkschaften wäre man mit dem Modell auch los, denn wenn sich Leute selbstständig ausbeuten lassen, werden Tarifverträge zur Makulatur. Genau dieses Modell stößt ja im Straßengüterverkehr (Paket- und Kurierdienste, Speditionen) zurecht immer wieder auf Kritik. Aber auf der Schiene soll es akzeptabel sein? Bitte da mal kurz darüber nachdenken.
Ob das akzeptabel ist oder nicht, spielt keine Rolle. Das ist nunmal Unternehmertum und Wettbewerb. Keine der mittlerweile geschätzt über 1.000 Bahnfirmen mit oder ohne EVU-Zulassung wird logischerweise über die Größe und die Struktur einer Bundesbahn verfügen wie auch zig konkurrierende Paketdienste mit Subs und Subsubs anders arbeiten als die Bundespost. Das ist nunmal die Dynamik und Flexibilität, die auch du mir als großen Vorteil der Bahnreform immer vorgebetet hast.
Hast du dich nie gefragt, dass so eine verlorene SPNV-Ausschreibung eines "internationalen Finanzkonstrukts" vielleicht Auswirkungen auf oft kleine Dienstleister hat, die z.B. die Klos reinigen? Die sind ja heute eher nicht mehr gemütlich im öffentlichen Dienst angestellt oder gar verbeamtet. Da sich ja nicht selten irgendwer mit ein paar Tausend Euro erspartem und einem Kredit von der Bank als "Bahnservice" oder Brezlfee mit drei Angestellten selbstständig gemacht ... du bist ja lustig.
PS: Keinen Respekt zu haben, ist ziemlich respektlos.