München: Unfall in Neufahrn

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fkm
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Beitrag von fkm »

Flok @ 26 Aug 2003, 21:54 hat geschrieben: Also meim Kollege hat mir erzählt, dass er in einer kurzen Pause (ja, sowas gibt es bei uns noch) sich im Automatenraum in der Halle was zum trinken holen wollte. Dabei hat er eben die 2 Plastikbomber in der Halle gesehen. Er sprach von beiden.
Beim 423 227, der (inzwischen) südlich der Halle steht, ist nur der (Ex-)Führerstand in Plastikfolie eingewickelt, ich denke mal, damit es nicht reinregnet.
opw109

Beitrag von opw109 »

ET 423 @ 16 Aug 2003, 15:30 hat geschrieben: Prinzipielle Frage: Gibt es an dem Ausfahrsignal auch Zs2? Denn dann könnte man sofort erkennen, wenn eine Fehlleitung stattfindet.
Um aber ehrlich zu sein sehe ich die Schuld an dem Computer, der da Fahrdienstleiter spielt. Es wird sonst immer hoch und heilig gepriesen, man solle sich auf die Technik verlassen und so. Und wenn man es macht und mal was passiert, dann sind die, die drauf vertraut haben, wieder die Deppen. :angry: :( :(
Natürlich hätte sich TF1 an das Signal herantasten müssen (was hat ihn eigentlich dazu veranlaßt, mit 70km/h loszufahren?? ohne Grund rast er ja nicht mit 70km/h los auf ein womöglicherweise rot zeigendes Signal, oder? er muß also irgendeine Meldung bekommen haben), aber ich denke, daß man sich daran nicht aufhängen sollte. Wir sollten nicht vergessen: Hätte der Computer seine Arbeit so getan wie nötig und wie er programmiert war, wäre es zu diesem fürchterlichen Unfall gar nicht gekommen. :( :( :( :( :(
vieleicht war das vorsignal für die ausfahrt schon frei? dann kann ich mich als tf wohl darauf verlassen, das die ausfahrt auch frei ist...
ET 423
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Beitrag von ET 423 »

opw109 @ 9 Sep 2003, 01:07 hat geschrieben: vieleicht war das vorsignal für die ausfahrt schon frei? dann kann ich mich als tf wohl darauf verlassen, das die ausfahrt auch frei ist...
Nein. Das zum Ausfahrsignal gehörende Vorsignal liegt in diesem Fall (wie wohl in vielen Fällen ;)) hinter dem Bahnsteig. Zwischen Bahnsteig und ASig befinden sich keine Signale mehr; es gibt AFAIR nicht mal einen Fahrtenanzeiger. Daher wundert es mich ja, wieso der TF einfach so aufgeschaltet hat, denn das Hauptsignal konnte er bei 30m Sicht auch nicht mehr erkennen (ansonsten hätte er ja den anderen Zug auch noch gesehen). Sehr viele Sachen liegen hier noch im Dunklen, und ich frage mich, ob es noch ans Tageslicht kommt, was da los war.

Grüße

ET 423
Ich schaue weg, weil mir hier Einiges nicht paßt.
ET 420
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Beitrag von ET 420 »

Hallo liebe Forenmitglieder,

ich würde euch einmal sehr herzlich bitten, mit den Spekulationen aufzuhören. Die Tatsache alleine, das es zu so einem Unfall überhaupt gekommen ist, ist schon traurig genug. Man sollte lieber die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft abwarten und hoffen, das alle Reisenden und Lokführer wieder genesen.

Vielleicht ergibt sich auch noch etwas positives aus dem Unfall her, wie z.B., das die Eisenbahn darauf hin noch mehr Sicherheitseinrichtungen auf ihren Strecken einbaut oder ihre Vorschriften noch weiter ausbaut.

Schöne Grüße
ET 420
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mellertime
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Beitrag von mellertime »

Gestern früh waren ein paar Arbeiter dabei etwas ins Gleis einzubauen. Ich nehme an, ein paar zusätzliche Kontakte.

Zur Zeit wird Neufahrn so abgesichert, daß der zweite zum Flughafen, zusätzlich zum Fahrt zeigenden ASig, noch den Fdl anrufen muss und die mündliche Bestätigung zur Abfaht holt.
magra
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Beitrag von magra »

25.09.2003 


Neue Erkenntnisse über das Unglück von Neufahrn

S-Bahn-Unfall – Folge menschlichen Versagens

Der Lokführer ignorierte eine Sicherheits-Vorschrift Von Dominik Hutter
 
Der schwere S-Bahn-Unfall von Neufahrn ist unter anderem auf eine Missachtung der Sicherheitsvorschriften zurückzuführen. Nach Auskunft des Eisenbahn-Bundesamts hat die Bahn eine im Juni eingeführte Verhaltensregel für Lokführer, die den Zusammenstoß wahrscheinlich verhindert hätte, nicht umgesetzt. Gefordert wird zudem ein Umbau der Neufahrner Signalanlage, die in zulässiger, aber unüblicher Weise konzipiert sei.

Was am Morgen des 16. August im Bahnhof von Neufahrn geschah, ist nach Einschätzung des Eisenbahn-Bundesamtes ein klarer Verstoß gegen die Fahrdienstvorschrift. Um kurz vor sieben Uhr war eine S 1 planmäßig in zwei Zugteile getrennt worden – der erste sollte nach Freising fahren, der andere zum Flughafen. Zug eins wurde jedoch kurz hinter der Station irrtümlich in Richtung Flughafen geleitet. Als der Lokführer diese bemerkte, hielt er sofort auf freier Strecke an. Kurz später prallte der zweite Zugteil hinten auf. Dessen Lokführer war wie gewohnt einfach losgefahren, das Ausfahrtsignal zeigte grün.

Die am 15. Juni eingeführte Bestimmung 408.0331 schreibt aber vor, dass bei zwei abfahrtsbereiten Zügen auf nur einem Gleis der zweite erst losfahren darf, wenn vom Fahrdienstleiter mündlich die Genehmigung erteilt wurde. Dieser Kontakt hat nie stattgefunden – was aus Sicht des Lokführers durchaus nachvollziehbar ist: Denn Bestimmung 408.0331 wurde in Neufahrn grundsätzlich ignoriert. Sie wird erst seit dem Unfall, bei dem 24 Menschen verletzt wurden, angewandt. Das Eisenbahn-Bundesamt hatte am 18. August, zwei Tage nach dem Unfall, bei einer Besprechung mit der Bahn angeordnet, dass „die Kommunikation beim Flügeln der S-Bahn in Neufahrn den geltenden Regeln entsprechend erfolgt“. Heißt: Der Lokführer des zweiten Zugteils muss seitdem stets Kontakt mit dem Fahrdienstleiter aufnehmen, der die Übersicht über die Strecke hat. Mark Wille vom Eisenbahn-Bundesamt geht davon aus, dass am Unfalltag der Lokführer des ersten Zuges die Zentrale an der Donnersbergerbrücke über die „Irrfahrt“ unterrichtet hat. Zeit zum Reagieren blieb jedoch nicht mehr – Lokführer zwei war ja schon unterwegs.

Dieses Versäumnis ist allerdings nicht der alleinige Auslöser des Unfalls. Bei dem Gespräch am 18. August, dessen Protokoll der SZ vorliegt, wurde eine „Verkettung mehrerer Faktoren“ attestiert. Dazu gehört auch die vom Bundesgrenzschutz festgestellte Tatsache, dass kein einziges Rotlicht überfahren wurde und somit trotz des belegten Gleises keine Zwangsbremsung ausgelöst wurde.

An diesem Phänomen war keineswegs ein technischer Defekt schuld. Das Eisenbahn-Bundesamt hat vielmehr „eine dem Regelwerk entsprechend nicht übliche Planung von Signalanlagen“ festgestellt. Denn der Kontakt, der das Neufahrner Signal nach Abfahrt des ersten Zuges auf Rot gestellt und damit die Strecke abgesichert hätte, ist erst in 300 Metern Entfernung montiert. Der Zug hatte ihn noch gar nicht erreicht. Dies sei, so das Gesprächsprotokoll, zwar zulässig, werde aber „allgemein als zu weit hinter dem Ausfahrtsignal erachtet“. Nun muss die Bahn einen zusätzlichen Kontakt einbauen – in 50 Metern Entfernung und damit nah genug, dass ein Zug von der Technik nicht „übersehen“ werden kann.

Die Anordnung der Signale wirft allerdings auch ein schiefes Licht auf die Sicherheitsvorschriften des Eisenbahn-Bundesamts, das die Anlage überprüft und abgenommen hatte. Sprecher Wille bestätigt, dass bei den Ermittlungen auch die gängigen Regularien auf dem Prüfstand stehen – schließlich dürfe sich ein derartiger Unfall nicht wiederholen. Der Bahn wurde zudem empfohlen, an der Ausfahrt des Neufahrner Bahnhofs Richtungsanzeiger anzubringen, an denen der Lokführer rechtzeitig die Stellung der Weiche ablesen kann.

Denn die falsch gestellte Weiche ist Auslöser drei im komplexen Unfall-Geschehen. Dieser Fehler ist nach den Ermittlungen des Bundesgrenzschutzes bereits bei der Fahrplan-Erstellung erfolgt. Die verunglückte S-Bahn hatte einen falschen Steuercode bekommen, der alle Signale und Weichen in Richtung Flughafen stellte – der erste Zugteil mit Fahrtrichtung Freising war sozusagen technisch nicht vorgesehen. Nun wird nach Verantwortlichen gesucht.

Gegen Unfall-Faktor vier kann nicht ermittelt werden – den Nebel. In Neufahrn herrschte am Unglückstag eine Sichtweite von unter 30 Metern. Bei guter Sicht, da sind sich alle Experten einig, wäre der Crash niemals erfolgt – die Strecke ist sehr übersichtlich. Das Tragische: Diese Einschätzung gilt für sämtliche Faktoren – für den Nebel ebenso wie für das versäumte Gespräch mit dem Fahrdienstleiter, den ungünstig montierten Gleiskontakt und den falsch vergebenen Steuercode. Wäre nur ein Aspekt ausgefallen, hätte es wohl nicht gekracht.
Süddeutsche Zeitung
Thomas089
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Beitrag von Thomas089 »

Nun, wie ich schon gesagt habe:

Reichlich unsichere Sicherungen, ein Fehler im Steuercode und dann noch Nebel und schon kracht's. Ist es eigentlich so abwegig, die Sicherungen wirklich sicher zu machen. Bei den heutigen Möglichkeiten der Technik? Muss hier wirklich der Mensch, sprich der Triebwagenführer, für die technischen Unzulänglichkeiten gerade stehen?

Viele Grüße,
Thomas
Gruß, Thomas
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mellertime
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Beitrag von mellertime »

In Neufahrn wurden vor kurzem Verbesserungen gemacht, um die Sicherheit zu erhöhen.
Die Kontakte (damit das Signal auf Halt schaltet) liegen jetzt ca. 50m hinter dem Signal. Und vielleicht ist es ja dem einen oder anderen schon aufgefallen. Am Bahnsteigende steht jetzt ein Richtungsanzeiger. "L" Richtung Landshut und "A" Richtung Flughafen.
ET 420
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Beitrag von ET 420 »

mellertime @ 21 Apr 2004, 15:19 hat geschrieben: In Neufahrn wurden vor kurzem Verbesserungen gemacht, um die Sicherheit zu erhöhen.
Die Kontakte (damit das Signal auf Halt schaltet) liegen jetzt ca. 50m hinter dem Signal. Und vielleicht ist es ja dem einen oder anderen schon aufgefallen. Am Bahnsteigende steht jetzt ein Richtungsanzeiger. "L" Richtung Landshut und "A" Richtung Flughafen.
Das ist doch schon einmal sehr positiv zu bewerten.

Gruß
ET 420
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