Du nimmst mich jetzt auf die Schippe, oder? :blink:
Is ja Hammer
Bildungselite? Lass mich raten, die Dame wird reich heiraten und mit 25 Jahren mindestens einen Porsche haben?! *rofl*
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Grundsätzlich sind wir da einer Meinung. Kinder mit zehn Jahren auszusortieren in einem Schulsystem, das de facto nur nach unten durchlässig ist, ist ein riesiger Fehler. Aber wir müssen realistischerweise auch sehen, daß der Begriff Gesamtschule in Deutschland ideologisch verbrannt ist. Ich war auf einer Gesamtschule, ich habe da Abitur gemacht, und das Niveau war über weite Strecken selbst in der gymnasialen Oberstufe wirklich unterirdisch.
Dann muss da eben mal ganz doll umgedacht werden!!!
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Da muß aber ganz, ganz dolle umgedacht werden. Das Problem ist, daß ein bloßes Abschaffen von Gymnasien, Haupt- und Realschulen eben nicht ausreichend ist. Und wenn mir so ein Gesamtschulfreund immer gesagt hat, die Finnen, die bei der PISA-Studie so gut wegkamen, hätten nur Gesamtschulen, dann übersieht er einiges. Die Finnen haben eben nicht nur deutsche Gesamtschulen, sondern die Finnen haben ein ganz anderes Schulsystem, eine ganz andere Schulkultur, in meinen Augen eine viel bessere.
Und nein, das ist bedauerlicherweise kein Witz. Ob die Dame reich heiraten wird, weiß ich nicht, in ihrem StudiVZ-Profil hat sie jedenfalls stehen, sie bräuchte nicht zu lernen, sie sei geil. Wobei man darüber auch geteilter Meinung sein kann, aber lassen wir das.
2007 gab es in Nordrhein-Westfalen zum ersten mal das Einheitsabitur. Nicht mehr die Oberstufenlehrer haben die Abiturklausuren erstellt sondern das Schulministerium in Düsseldorf. An meiner alten Schule sind etwa zwei Drittel der Schüler durchs Abi gefallen. Kürzlich traf ich einen Lehrer dieser Schule im Real-Markt. Er sagte mir, daß er sich bei den heutigen Schülern gar nicht mehr anstrengen würde, denen was beizubringen, die seien "eh alle faul". Was für die einen ein wilder Streik ist, ist für die anderen Dienst nach Vorschrift, auf jeden Fall zeigt das, daß auch die Gesamtschulen, die wir derzeit in Deutschland haben, nicht Teil der Lösung sondern Teil des Problems sind.
Kunden - Ein bei der DBAG völlig unbekannter Begriff für "Beförderungsfälle"
Und nein, das ist bedauerlicherweise kein Witz. Ob die Dame reich heiraten wird, weiß ich nicht, in ihrem StudiVZ-Profil hat sie jedenfalls stehen, sie bräuchte nicht zu lernen, sie sei geil.
*vorlachenbrüllendschenkelklopf*
Haben die Finnen eigentlich viel geändert, nachdem sie von der DDR abgeguckt haben? :ph34r:
Ich bin da im Augenblick nicht so im Thema ... ?!
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Ich weiß nicht, wie das Schulsystem in Ostdeutschland vor der Wiedervereinigung war, ich denke aber, daß man nicht aus purem Prinzip das gegenteilige einführen sollte, sondern ich denke, daß eine Überwindung des aus dem Mittelalter stammenden mehrgliedrigen Schulsystem notwendig ist, wie die Amerikaner das ja auch in Westdeutschland nach dem zweiten Weltkrieg vorgesehen hatten.
Kunden - Ein bei der DBAG völlig unbekannter Begriff für "Beförderungsfälle"
Hm ... , mal sehen, ist ja schon ein bisschen her ... !
Kinderkrippe
Kindergarten & Vorschule
Polytechnische Oberschule vom 6. bis zum 16. Lebensjahr
1.-4. lesen,schreiben,rechnen,werken,Heimatkunde(Naturwissenschaften)
5.-8. Deutsch, Mathe, Musik, Sport, Russisch :rolleyes: , Geschichte, Physik, Chemie, Geographie, Staatsbürgerkunde
9.-10. zusätzlich Astronomie, zweite Fremdsprache eng/fra, PA (Praktikum im Betrieb), ESP (Einführung in die sozialistische Produktion) also BWL auf Ostdeutsch
11. + 12. Abitur wer konnte und wollte ( Abi-Plätze oftmals nur durch politische Auswahl, Studium ebenso)
Ich hoffe es stimmt alles ... ?! :huh:
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Larry Laffer @ 21 Feb 2008, 14:44 hat geschrieben:Aber wir müssen realistischerweise auch sehen, daß der Begriff Gesamtschule in Deutschland ideologisch verbrannt ist. Ich war auf einer Gesamtschule, ich habe da Abitur gemacht, und das Niveau war über weite Strecken selbst in der gymnasialen Oberstufe wirklich unterirdisch.
Das ist wohl der Grund, dass die Gesamtschule einen schlechten Ruf hat. In meinem Berufsleben sind mir Auszubildende Abiturienten begegnet, deren Allgemeinbildung grottenhaft schlecht war. Und dies zum Teil sogar von Gymnasien. Zu "meiner Zeit" konnte kein Abiturient sein Lieblingsthema zum Abiturfach machen und andere abwählen. Geprüft wurde in allen Fächern.
Früher hatte auch ein Hauptschüler gute Chancen, eine Ausbildungsstelle im Handwerk zu finden. Realschülern stand meist ein kaufmännischer Beruf offen. Heute können Realschüler froh sein, wenn sie im Handwerk unterkommen, Banken nehmen schon seit langem nur noch gute Abiturienten. Und diesen wird dann während des ersten Ausbildungsjahres noch Deutsch und Rechtschreibung vermittelt. Es ist nicht das dreigliedrige Schulsystem an sich, das uns in PISA-Studien so schlecht abschneiden lässt. Der Grund sind die in allen Schulformen abgesenkten Lernanforderungen. Durch unser förderales System gibt es gewaltige Unterschiede unter den Bundesländern. Gerechterweise sollte man die PISA-Tabelle dann auch nach Bundesländern in das internationale Ranking einsortieren. Und da stehen einzelne Bundesländer gar nicht einmal so schlecht da.
Die von den Sozialdemokraten geforderte Einheitsschule wird diese Probleme eher verschärfen. Es ist wie bei einer Wanderung, der langsamste bestimmt das Tempo und das Tagesziel. Sicher kann man darüber diskutieren, ob man die Kinder bereits nach der 4. Klasse oder erst später auf eine weiterführende Schule schickt. Aber allzu spät darf es auch nicht sein. Ein weiterer Aspekt ist das soziale Klima. Viele Eltern wünschen für ihre Kinder eben keine Verhältnisse, wie an der berüchtigten Rütli-Schule. Für den Lernerfolg ist, wie eine jüngste Studie belegt hat, auch der Medienkosum der Kinder entscheidend.
Einzig und allein die Vermittlung von mehr Wissen hilft uns im Bildungswesen weiter.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
Bat @ 21 Feb 2008, 15:52 hat geschrieben:Kinderkrippe
Kindergarten & Vorschule
Polytechnische Oberschule vom 6. bis zum 16. Lebensjahr
1.-4. lesen,schreiben,rechnen,werken,Heimatkunde(Naturwissenschaften)
5.-8. Deutsch, Mathe, Musik, Sport, Russisch :rolleyes: , Geschichte, Physik, Chemie, Geographie, Staatsbürgerkunde
9.-10. zusätzlich Astronomie, zweite Fremdsprache eng/fra, PA (Praktikum im Betrieb), ESP (Einführung in die sozialistische Produktion) also BWL auf Ostdeutsch
11. + 12. Abitur wer konnte und wollte ( Abi-Plätze oftmals nur durch politische Auswahl, Studium ebenso)
Und welche Rolle war den Eltern bei der Erziehung zugedacht? :blink:
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
1. Nachtrag
Der Lehrplan war in der gesamten DDR gleich, und im Verhältnis zu heute wohl relativ straff. Außer 2. Fremdsprache war kein Fach abwählbar. Schulwechsel und vergleichende Prüfungen also kein Problem.
Des Weiteren gab es für die Freizeit noch jede Menge Arbeitsgemeinschaften, im Prinzip ein geleiteter Interessenclub für Schüler. Kunst, Musik, Naturwissenschaften.
Dann gab es noch jede Menge Sportvereine.
Das alles für'n Appel und'n Ei, soll heißen extrem preiswert.
Kinder waren von der Krippe bis über die Lehre hinaus so eingebunden, dass wenig Zeit für dumme Ideen blieb. Außer bei den völlig bescheuerten, da half auch in der DDR nichts!
Die Talentförderung erfolgte über Arbeitsgemeinschaften bis hin zur Musik- oder Sportschule ab der 8. Klasse.
Die Lehre schloss Nahtlos an und griff voll den Lehrplan der 10. Klasse auf. Somit war der Übergang fließend und im Prinzip konnten alle ausbildenden Betriebe auf mehr oder weniger gleiches Wissen zugreifen. Die Lehrzeit für einen normalen Facharbeiter lief 2 Jahre. Damit war man mit 18 ein voll ausgebildeter Werktätiger und hat Kohle verdient. Und das in meinem Fall als Lokführer mit 18 Jahren nicht mal schlecht!
Edit: Schande! oben Biologie ab 5. vergessen
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Autobahn @ 21 Feb 2008, 20:17 hat geschrieben: Und welche Rolle war den Eltern bei der Erziehung zugedacht?
Die haben dann alle die Werte gerade gebogen, die man als gutes DDR-sozialistisches Kindergartenkind mit nach Hause gebracht hat! Den "Friedenspanzer" und den "antifaschistischen Schutzwall" z.B.!
Da es in der DDR Vollbeschäftigung für alle gab, waren die Eltern mit ihrer Wertevermittlung auf den Nachmittag/Abend und das Wochenende beschränkt. Aber mal ehrlich, mir hat eigentlich nichts gefehlt!
Allerdings, was aus mir geworden ist sieht man ja auch ... :ph34r: , vielleicht wäre das mit den-ganzen-Tag-Mutti besser geworden? :blink:
Nee, eher nicht! B)
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Autobahn @ 21 Feb 2008, 20:14 hat geschrieben: Die von den Sozialdemokraten geforderte Einheitsschule wird diese Probleme eher verschärfen. Es ist wie bei einer Wanderung, der langsamste bestimmt das Tempo und das Tagesziel.
Nö, da geh ich nicht mit. Ich lehn mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass 80% der damaligen 10 Klassen-Schüler aus der DDR in Sachen Allgemeinbildung 80% der heutigen Abiturienten von der Platte putzen! B)
Einzig und allein die Vermittlung von mehr Wissen hilft uns im Bildungswesen weiter.
Richtig! Und das dann bitte noch in kürzerer Zeit!
Wenn ich sehe, dass die Kinder in den ersten 4 Klassen eigentlich nur spielen ... !? So wird die beste Lernfähigkeit verschenkt anstatt gefördert!
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Seilbahn @ 18 Feb 2008, 17:37 hat geschrieben: Hallo Oliver,
schön dass ich nicht der einzige bin, der sich für solche Themen interessiert.
Danke auch für die Links zum DDR-Alltag. Mich würden aber auch aktuelle Bilder interessieren. Kennt da jemand Seiten, z. B. von Abbrüchen ganzer Stadtviertel, von verlassenen Industrieanlagen oder von Häusern die seit der Wende unbewohnt sind und z. B. noch immer die alten Vorhänge am Fenster haben?
Wäre schön wenn jemand Seiten dazu hätte.
Fotos gibt es im Internet dazu leider nur sehr spärlich. Selbst Flickr liefert zu den Industrie- und Wohnruinen in Leipzig-Plagwitz nur sehr wenige Ergebnisse, dafür aber einige gute: *klick* sowie *klick*
Außerdem konnte ich letztes Jahr selbst einige Fotos machen, leider nur mit der Handycam: *klick* *klick*
Bild 1: Leipzig-Plagwitz, Limburgerstraße
Bild 2: Leipzig-Plagwitz, Karl-Heine-Straße
Auf beiden Bildern bekommst Du auch noch Vorhänge zu sehen
Und damit man auch noch weiß, was ich gemeint habe mit "Häuser, die wie frisch aus dem Bombenkrieg aussehen" (ich hoffe, ich habe nicht übertrieben): das hier konnte ich ebenfalls in Leipzig-Plagwitz an der Karl-Heine-Straße fotografieren.
Bat @ 21 Feb 2008, 20:36 hat geschrieben:Da es in der DDR Vollbeschäftigung für alle gab, waren die Eltern mit ihrer Wertevermittlung auf den Nachmittag/Abend und das Wochenende beschränkt.
Ich würde das sicher anders formulieren. Jeder hatte einen Arbeitsplatz. Aber beschäftigt war er damit nicht Die Personaldecke der Betriebe war doch so aufgebläht, dass jeder nur zu einem Drittel ausgelastet war. Der Lohn war also eher eine Anwesenheitsprämie
Ich habe nie in der "DDR" gelebt und seit dem 13. August 1976 war mir auch der Weg über die Transitautobahn und mit der Eisenbahn versperrt. Damals wollte ich in Westsektor der geteilten Stadt an einer Demonstration gegen den "antifaschistischen Schutz- und Friedenswall" teilnehmen. Auf Grund meiner Äußerungen im anschließenden Fernsehinterview wurde spätestens dann vom MfS eine Akte über mich angelegt. Vielleicht auch schon früher, 1973. Damals habe ich bei einem Tagesbesuch im Ostteil der Stadt einen Verfolger dieses Vereins abgeschüttelt
Da man aber, wenn man sich dafür interessierte, hier in den Printmedien alles über die "DDR" erfahren konnte, war ich bestens im Bilde. Die von Larry Laffer geschilderte Unkenntnis in seiner Schule über die "DDR" habe ich aber auch bei Jugendlichen in den neuen Bundesländern feststellen können. Bekanntlich gehörte der Priwall, eine kleine Halbinsel an der Ostsee, zu Lübeck. Die "Staatsgrenze" verlief über den Strand, die Insel war nur mit einer Fähre zu erreichen. Vor Jahrzehnten stand ich dort am Zaun und blickte auf den menschenleeren Strand ostwärts. Mehrere Jahre nach dem Fall der Mauer kehrte ich noch einmal dorthin zurück. Ich habe ein sehr exaktes Ortsgedächtnis. Genau an der Stelle, wo der Grenzpfahl stand lagen mehrer junge Menschen, die nicht im Entferntesten etwas davon wussten, wass sich wenige Jahre vorher hier befunden hatte.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
Bat @ 21 Feb 2008, 20:54 hat geschrieben:Nö, da geh ich nicht mit. Ich lehn mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass 80% der damaligen 10 Klassen-Schüler aus der DDR in Sachen Allgemeinbildung 80% der heutigen Abiturienten von der Platte putzen! B)
Und ich weis, das 80% der Realschüler meiner Generation (West) in Sachen Allgemeinbildung die heutigen Abiturienten (West) von der Platte putzen! Da haben wir sicher beide Recht <_<
Richtig! Und das dann bitte noch in kürzerer Zeit!
Wenn ich sehe, dass die Kinder in den ersten 4 Klassen eigentlich nur spielen ... !? So wird die beste Lernfähigkeit verschenkt anstatt gefördert!
Leider geht nicht mehr als 100% Zustimmung.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
@Oliver
Danke für die Fotos. Einerseits sehr faszinierend, andererseits auch sehr bedrückend.
Über die DDR scheinen aber viele nicht bescheid zu wissen und viele Jugendliche verharmlosen sie scheinbar, weil sie nicht wissen wie das Land war. Und es ist schon komisch wenn sogar bayerische Hauptschüler mehr über die DDR wissen, als Brandenburger Gymnasiasten.
Naja, es wird einfach gerne verharmlost, so wie derzeit aktuell auch bei Kuba. Es gibt genug rote und halbrote im Lande, für die Kuba ein "Paradies" ist. Dann frage ich mich, ob die das Land auch kennen? Castro hat das Land von einer Diktatur befreit, aber gleich in die nächste, in seine, geführt. Ist eine linke Diktatur besser als eine rechte? Beides ist verwerflich, weil über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden wird.
In Kuba gibts keine Meinungsfreiheit, die Bevölkerung ist bettelarm etc., da hilft auch der Verweis auf den hohen Bildungsgrad und die gute medizinische Versorgung nichts. Was nützt das, wenn man täglich am Existenzminimum lebt und sich nichts leisten kann? Ein Doktortitel macht da nicht satt.
Und genau wie Kuba oder am Beispiel DDR, ein sozialistisches System funktioniert nur, wenn man die Menschen entmachtet, sie einsperrt, überwacht und ihnen vorschreibt was sie dürfen und was nicht.
Sonst hauen viele ab, gerade die, die das Geld erwirtschaften und es bleibt nur der Rest. Insofern hat die Frau Wegener Recht, wenn sie (und das wollen große Teile der Linkspartei, auch wenn sie es nicht zugeben) wieder einen sozialistischen Staat haben wollen, dann geht das nur nach der alten Methode.
Hätte es in der DDR Reisefreiheit gegeben und alle, die das System nicht gewollt hätten, auswandern dürfen, dann wäre interessant zu wissen, wer noch in der DDR geblieben wäre.
Seilbahn @ 21 Feb 2008, 21:30 hat geschrieben: @Oliver
Danke für die Fotos. Einerseits sehr faszinierend, andererseits auch sehr bedrückend.
Ja, diese Szenerie hat etwas sehr faszinierendes, und eine sehr schwierig zu beschreibende Wirkung auf mich. Man ist nur 400km von München weg, und die Kontraste könnten stärker nicht sein.
Selbst 20 Jahre nach der Wende sehen große Teile Leipzigs noch extrem aus.
Einerseits für den interessierten Hobby-Stadtarchäologen, der auf Besuch ist, ein absoluter Glücksfall - andererseits darf man nicht vergessen, dass viele Leute zuschauen müssen, wie ihre Stadt selbst 20 Jahre nach der "Wende" immer weiter verfällt.
Oliver-BergamLaim @ 21 Feb 2008, 21:43 hat geschrieben:Selbst 20 Jahre nach der Wende sehen große Teile Leipzigs noch extrem aus.
Und wenn ich Dir nun erzähle, dass in diesen Häusern (bei intakten Fenstern natürlich) vor der Wende noch Menschen gewohnt haben, läuft Dir wahrscheinlich ein Schauer über den Rücken. Die staatlich festgesetzten Mieten waren so nierdrig, dass nicht einmal der nötigste Erhaltungsaufwand finanziert werden konnte. Auch in der "DDR" gab es privaten Wohnraumbesitz. Nur die Produktionsmittel wurden verstaatlicht.
Ich bin im Frühjahr 1990 häufig in der damals noch existierenden "DDR" gewesen und habe dies sehen müssen. Gerechterweise muss ich aber auch sagen, dass es nicht überall so aussah. Es waren jene Städte bzw. Stadteile, die im Krieg nicht völlig zerstört und notdürftig wiederaufgebaut wurden. Ich habe auch Orte und Stadtviertel mit Einfamilienhäusern gesehen, die so auch im Westen hätten stehen können. Bei der Architektur und Innenausstattung war es allerdings noch etwas "altmodisch", wie etwa in den 50er und 60er Jahren im Westen. Die Wohnungen in den Plattensiedlungen waren klein, hatten aber durchaus alles Notwendige. Das Strom- und Wasserleitungen über Putz verlegt waren, störte die Bewohner kaum.
Die Fotos von den Industriebrachen könnten aber auch aus dem Ruhrgebiet stammen.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
Seilbahn @ 21 Feb 2008, 21:30 hat geschrieben:Hätte es in der DDR Reisefreiheit gegeben und alle, die das System nicht gewollt hätten, auswandern dürfen, dann wäre interessant zu wissen, wer noch in der DDR geblieben wäre.
Flughafen Schönefeld, 23:30h. Der Sonderflug IFL 1 (Interflug 1) aus Moskau landet planmäßig und rollt auf das Anfkunftsgebäude zu. Alles ist hell erleuchtet, aber kein Mensch ist zu sehen. Der Staatsratsvorsitzende steigt aus dem Flugzeug. Sein Volvo steht mit laufendem Motor neben der Gangway. Von seinem langjährigen Fahrer und Vertrauten keine Spur.
Ärgerlich besteigt er das Auto und versucht, selbst zu fahren. Irgenwann hatte er es ja mal gelernt und es gelingt im auch, die Kapitalistenschaukel zu bewegen.
Vom Flugfeld fährt er auf die Straße. Die Laternen tauchen sie in helles Licht. Niemand ist zu sehen.
Verwundert fährt er vom Flughafen zum Palast der Republik. Die ganze Stadt ist hell erleuchtet, auch im Gebäude des Staatrates brennt Licht. Aber kein Mensch ist zu sehen.
Er fährt weiter, kommt zum Brandenburger Tor. Entsetzt sieht er ein großes Loch in der Mauer. Er fährt darauf zu. Neben dem Loch hängt ein Zettel.
Erich, mach das Licht aus, Du bist der letzte.
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
Seilbahn @ 21 Feb 2008, 21:30 hat geschrieben:Hätte es in der DDR Reisefreiheit gegeben und alle, die das System nicht gewollt hätten, auswandern dürfen, dann wäre interessant zu wissen, wer noch in der DDR geblieben wäre.
Erich geht durch seine geliebte Hauptstadt. Wie immer gibt es irgendwo ein "sozialistisches Wartekollektiv" (Westdeutsch: Warteschlange). Neugierig stellt er sich an. Wenn viele Menschen dort stehen, wird es sicher etwas besonderes geben und ich kann dann besser beurteilen, was wir im Fünfjahresplan verbessern müssen.
Sein Vordermann dreht sich um, sieht ihn und geht. Das wiederholt sich viele Male. Als er fast an der Reihe ist, fragt er seinen Vordermann, warum er hier ansteht. Der sagt:
"Hier gibt´s Ausreiseanträge, aber wenn Du gehen willst, bleibe ich hier!"
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
Oliver-BergamLaim @ 21 Feb 2008, 21:43 hat geschrieben: Selbst 20 Jahre nach der Wende sehen große Teile Leipzigs noch extrem aus.
Einerseits für den interessierten Hobby-Stadtarchäologen, der auf Besuch ist, ein absoluter Glücksfall - andererseits darf man nicht vergessen, dass viele Leute zuschauen müssen, wie ihre Stadt selbst 20 Jahre nach der "Wende" immer weiter verfällt.
Man darf aber nicht vergessen, dass es leider auch im Westen genug Städte gibt, die verfallen. Gut, wir in Südbayern brauchen uns da wenig Sorgen machen, aber ich komme ja viel rum und daher sieht man einiges.
Kennst du Hof? Wenn man es nicht wissen würde, könnte man meinen, die Stadt war ein Teil der DDR. Eine total hässliche Stadt, trist und das Bahnhofsviertel sowieso zum abwinken.
Die DDR hätte doch Ausreisewillige nur noch Hof schicken müssen, dann wären fast alle freiwillig zurück.
Autobahn @ 21 Feb 2008, 22:44 hat geschrieben: Erich geht durch seine geliebte Hauptstadt. Wie immer gibt es irgendwo ein "sozialistisches Wartekollektiv" (Westdeutsch: Warteschlange). Neugierig stellt er sich an. Wenn viele Menschen dort stehen, wird es sicher etwas besonderes geben und ich kann dann besser beurteilen, was wir im Fünfjahresplan verbessern müssen.
Sein Vordermann dreht sich um, sieht ihn und geht. Das wiederholt sich viele Male. Als er fast an der Reihe ist, fragt er seinen Vordermann, warum er hier ansteht. Der sagt:
"Hier gibt´s Ausreiseanträge, aber wenn Du gehen willst, bleibe ich hier!"
Na der ist doch mal richtig schön!
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Auf jeden Fall stellt eben diese Pointe ziemlich genau dar, was viele Leute hier Heute denken.
Den sozialen Standard und die Absicherung wollen alle wiederhaben, aber auf das Staatssystem (hier personifiziert durch Erich) können alle gut verzichten!
Eigentlich steckt in dieser kurzen Geschichte so viel bittere Wahrheit drin, dass ich nicht wirklich lachen kann. Aber so waren viele DDR Witze.
Doofheit und Ignoranz verpflichten nicht zu Postings!
Bat @ 22 Feb 2008, 07:31 hat geschrieben:Den sozialen Standard und die Absicherung wollen alle wiederhaben, aber auf das Staatssystem (hier personifiziert durch Erich) können alle gut verzichten!
Soziale Absicherung gab es auch im Westen. Auch heute noch, wenngleich durch die Agenda 2010 auf einem finanziell niedrigerem Niveau.
Was nützt mir der soziale Standard, wenn ich keine oder nur geringe Einflußmöglichkeiten auf meine Lebensgestaltung habe? Ob es aber wirklich erforderlich ist, dass das Leben eines Menschen von der Wiege bis zur Bahre vom Staat vorgegeben, beeinflusst und kontrolliert wird, möchte ich bezweifeln. Genauer, ich lehne es ab.
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