Ramsauer für starken Ausbau des Schienennetzes

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 26 Dec 2009, 13:01 hat geschrieben: @ Hot Doc

Da ich sehr häufig kleine, mittlere und auch große Betriebe aufsuche, sehe ich den Warenfluss sehr genau. Und ich schaue dann auch, ob nicht evtl. ein Gleisanschluß sinnvoll wäre. Das ist aber in den wenigsten Fällen sinnvoll, weil die Warenmengen nicht das nötige Volumen haben.
Die Frage ist halt auch wie viele Waren man da in welcher Zeit hinschaffen muss.
Früher hat man z.B. ein Lager gehabt und ein paar mal pro Monat kam der Zug und man hat das Zeuchs ins Lager gesteckt und dann rausgeholt, wenn man es braucht. Heute ist es billiger (aber nur für das Unternehmen nicht für die Allgemeinheit), dass der LKW "just in time" kommt, bzw. auch mal auf der Autobahnraststätte zwischengeparkt wird, da sich das Unternehmen die Lagerfläche sparen will, die Allgemeinheit aber den Parkplatz ja schon bezahlt hat.
Wie wäre denn z.B. mal ne Abgabe für alle LKW, die die Nacht auf nem öffentlichen Parkplatz stehen, für die Instandhaltung und Reinigung etc.?
Nochmal, sicher gibt es Unternehmen bei denen sich die Bahn als Lieferant nicht lohnt, aber es gibt sicher auch viele bei denen es eine Möglichkeit gäbe, das auch sinnvoll mit der Bahn zu erledigen.
Schönes Beispiel ist ist auch die MVG. Die Btf ist wenige Meter von den Bundesbahngleisen entfernt, die Spurweiten sind die gleichen und man transportiert alle neuen Varios und alle R2.2 zum Redesingn aufm Tieflader auf der Autobahn. Knapp nebendran, MediaMarkt und Toom Bausmarkt, die haben in der Vorweihnachtszeit jeden Tag mehrere LKW-Ladungen bekommen, da könnte man auch mal 3 Container die Woche ankarren, aber die Fläche für die drei Container ist halt teurer als den selben Mist irgendwo auf öffentlichem Grund zwischen zu parken.
Und genau da scheiden sich die Geister. Gerade die Politik ist nicht geeignet, darüber zu bestimmen, was ich essen und trinken darf! Sie ist nicht dazu geeignet, darüber zu bestimmen, ob ich mir einen neuen Computer kaufe oder nicht. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Ich kaufe Käse aus Frankreich und Holland, Bier vom Niederrhein und Wasser aus der Leitung  :lol:
Nein, da scheiden sich nicht die Geister. Du hast nur mein Argument nicht oder falsch verstanden. Ich habe nie gesagt, die Politik sollte entscheiden, was du essen sollst. Sie sollte die Entscheidung realitätsnaher machen.
Die Politik mischt sich doch jetzt schon in diese Entscheidungen ein, indem sie die Transportkosten auf Kosten der Allgemeinheit niedrig hält. Diese Einmischung sollte sie aufhören und die Transportkosten realistisch berechnen. Wenn du dann weiterhin Wasser aus Frankreich willst, wirst du eben etwas mehr ausgeben müssen, weil der Transport eben nicht von meinen Steuergeldern subventioniert wurde.
Wir glauben nur immer weil es jetzt so ist, sei das richtig so, oder es würde sich keiner einmischen. Das Gegenteil ist der Fall. Praktisch alles was wir kaufen wird irgendwie gefördert oder eben verteuert. Der Staat micht sich indirekt in fast jede Entscheidung ein. Und wenn ich jetzt fordere sich da ein bisschen weniger einzumischen und den Transport ein bisschen weniger zu fördern, dann heißt es die Politik solle sich nicht in solche Sachen einmischen. Das ist entweder komplett realitätsfern oder schizophren.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

@ Hot Doc

Sicher hat man „früher“ ein Lager gehabt, aber die Produktzyklen waren auch weitaus länger, als heute. Wenn Du heute als Unternehmer einen Lagerbestand von mehr als vier Wochen vorhältst, läufst du Gefahr, Ladenhüter zu lagern. Und das ist gerade bei den ach so modernen Multimediageräten der Fall. O.K., man kann darüber nachdenken, ob das denn so sein muss. Aber ich glaube kaum, dass heute noch jemand mit einem zehn Jahre alten Mobiltelefon zufrieden ist. Das gleiche trifft für TV, Computer und sonstige elektronischen Geräte zu. Auch hier kann man hinterfragen, ob man sie überhaupt braucht ….

Die LKW parken übrigens nicht aus Jux und Dollerei oder weil die Warenempfänger es so wollen auf den Autobahnraststätten (bei Autohöfen zahlen sie übrigens), sondern weil die Lenk- und Ruhezeiten es vorschreiben.

Ich habe auch schon einmal darüber nachgedacht, warum U- und Trambahnen (wenn sie die gleiche Spurweite haben) nicht über Bundesbahngleise geschleppt werden. Da dürften aber gesetzliche Gründe ein Hindernis sein.

Es stimmt aber nicht, dass die Politik die Transportkosten niedrig hält. Im Gegenteil, sie verteuert sie mit Mineralölsteuer, Ökosteuer, Mehrwertsteuer und Mautkosten. Und die Transportunternehmer wollen auch etwas davon haben und zahlen von ihrem Erlös auch noch Einkommenssteuer. Ich vermute aber, dass Du unter den Subventionen einige Argumente von Umweltschützern verstehst und eine massive steuerliche Belastung für Transporte forderst.

Wenn das Schlabberwasser aus Frankreich billiger ist, als heimische Produkte, liegt es in erster Linie am Abgabepreis an der Quelle. Und wenn der Abgabepreis so niedrig liegt, taugt es auch nichts. Und am Ende wäre es immer noch billiger, als Wasser aus heimischen Quellen. Es sei denn, Du forderst eine Extraabgabe auf „ausländische“ Produkte, was in der EU aber nicht möglich ist.

„Mein“ Lieblingscamembert und mein Lieblingsholländer kosten fast das Dreifache ähnlicher heimischer Produkte. Dabei hinterfrage ich nicht die Transportkosten, es ist die Qualität und der Geschmack, der mich reizt. Und ich gehe davon aus, das die Transportkosten die gleichen sind, wie für das Wasser.

[OT]Was waren die 1950er – 1960er Jahre doch schön. Wasser aus Frankreich? Nie gehört. TV? Ja, „Deutsches Fernsehen“, später dann „Erstes Deutsches Fernsehen“ und „ZDF“. Natürlich analog und Schwarz-Weiß!.[/OT]
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Beitrag von Didy »

Autobahn @ 26 Dec 2009, 19:27 hat geschrieben:Es ist schon eine Frage, ob die zwei Güterwagen von ein und demselben Versender kommen, oder aus unterschiedlichen Richtungen. Es ist auch eine Frage, ob die Sendungen zur gleichen Zeit ankommen, oder über den Tag verteilt.
(...)
Nehmen wir mal das obige Beispiel. Die Firma A erwartet eine Lieferung aus Italien und eine zweite aus Hamburg. In beiden Fällen jeweils eine ganze Wagenladung (was ohnehin nicht der Regelfall ist, aber gut). Sitz der Firma ist Köln. Der Waggon aus Italien trifft um 05:00 h am Ragierbahnhof ein, der aus Hamburg wird aber erst für 11:30 h erwartet.
Nun, da hängts halt schwer davon ab. Wenn die Logistik so darauf ausgelegt ist, dass der eine Waggon nicht erst um 14 Uhr da ist, wäre es natürlich schwierig. Die Frage ist, wieviel % der Sendungen so extrem darauf angewiesen sind.

In deinem Beispiel scheitert es schonmal nicht am Lagerplatz. Es geht um genau zwei Container/Waggons, die leer ohnehin erst am nächsten Tag wieder mitgenommen werden. Der LagerPLATZ ist also ohnehin vorhanden und kostet nix extra. Lass ich das Zeug einfach nen Tag früher kommen, kostet mich das erstmal nur die Zinskosten dafür, dass ich das einen Tag früher zahlen muss. Und zwar nicht jeden Tag, sondern nur ein einziges Mal - ich hab ja jeden Tag eine Rechnung, nur am Beginn der Produktion schon eben eine nen Tag früher (dafür am Schluß eine weniger). Dafür spar ich mir dann JEDEN TAG eine zweite Fahrt.

Autobahn @ 26 Dec 2009, 19:27 hat geschrieben:Vor 13:00 h wird der zweite Waggon sicher nicht für die Fahrt zum Anschließer bereit stehen,
(...)
Im kombinierten Verkehr sieht es anders aus. Der Container aus Italien wird um 05:30 h auf einen LKW verladen, das dauert ca. 15 Minuten (davon zehn Minuten, die der Fahrer braucht, die Container zu sichern).
Also ich komme nicht aus dem Transportgewerbe. Aber ob das so schnell geht wage ich doch zu bezweifeln.
Einerseits wenn ich sehe, was am Container-Terminal Ulm-Nord sich an Container stapeln, wird da wohl vieles nicht direkt vom Zug auf den LKW umgeladen. Außerdem rechnest du mit einer effektiven Umladezeit von 5 Minuten. Bei einem Zug von 40 Containern, wenn da 40 LKW stehen???
Autobahn @ 26 Dec 2009, 19:27 hat geschrieben:Die Rangierlok zieht ab, ihr stehen noch genügend Aufgaben bevor. Der Empfänger beginnt mit dem Entladen. Hier liegen mir keine Erfahrungswerte vor, aber besonders schnell wird es wohl nicht gehen (Schüttgut und Flüssigkeiten mal ausgenommen).
Wo is hier der Unterschied zwischen Bahnwaggon und Container auf LKW?
In beiden Fällen lässt man die "Transportverpackung" stehen und nimmt beim nächsten mal das Leergut mit. Ob das Leergut nun ein Waggon oder eine Wechselbrücke ist, dürfte ziemlich egal sein, sowohl vom Stellplatz als auch von der Be-/Entladezeit.
Autobahn @ 26 Dec 2009, 19:27 hat geschrieben:Aber halt, nicht immer ist der Inhalt eines Containers nur für einen Kunden bestimmt. Sehr sehr oft sind es zwei, drei oder noch mehr Empfänger. Der Trucker muss dann also die Kunden der Reihe nach anfahren und die Ladung einzeln entladen, bis der Container leer ist.
Türlich, das ist nix was mit der Bahn verladen wird. Hab ich das je behauptet? (In einigen Fällen wird man aber auch da überlegen können, statt täglich einen drittel Container alle drei Tage einen ganzen zu schicken).
Autobahn @ 26 Dec 2009, 20:48 hat geschrieben:Sicher hat man früher ein Lager gehabt, aber die Produktzyklen waren auch weitaus länger, als heute. Wenn Du heute als Unternehmer einen Lagerbestand von mehr als vier Wochen vorhältst, läufst du Gefahr, Ladenhüter zu lagern. Und das ist gerade bei den ach so modernen Multimediageräten der Fall. O.K., man kann darüber nachdenken, ob das denn so sein muss. Aber ich glaube kaum, dass heute noch jemand mit einem zehn Jahre alten Mobiltelefon zufrieden ist.
Also jetzt mit 10 Jahre alten Geräten zu kommen wird endgültig unrealistisch. Sprach jemand von 10 Jahren Lagerung? Auch ein Mediamarkt hat mehr als genug Artikel, die länger als nur eine Woche verkauft werden. Und die Hersteller von TVs und ähnlichem stellen erst recht nicht alle 2 Wochen ihre Produktion komplett um.
Nebenbei gibts ja auch noch ganz andere Branchen, oder glaubst du ein Sack Zement veraltet binnen 3 Wochen?

Auch ein Lager kostet was, klar. (Wenn nicht, wie im obigen Beispiel, die leeren Container eh noch rumstehen) Aber auch die Just-in-Time-Logistik kostet Geld.
Autobahn @ 26 Dec 2009, 20:48 hat geschrieben:Wenn das Schlabberwasser aus Frankreich billiger ist, als heimische Produkte, liegt es in erster Linie am Abgabepreis an der Quelle. Und wenn der Abgabepreis so niedrig liegt, taugt es auch nichts. Und am Ende wäre es immer noch billiger, als Wasser aus heimischen Quellen. Es sei denn, Du forderst eine Extraabgabe auf „ausländische“ Produkte, was in der EU aber nicht möglich ist.
Ich hab nie behauptet ich habe ein Allheilmittel. Aber solange Wasser das erst 1000km in Flaschen durch die Gegend gekarrt wird wesentlich billiger ist als eines das hier ausm Brunnen kommt, läuft was falsch. Wo liegen denn die Kosten bei einem Brunnen, oder bei der Honigerzeugung? Soo wahnsinnig unterschiedlich kann der Aufwand doch nicht sein. Sind es die Personalkosten? Dann sollte man sich überlegen ob man die nicht langsam aber stetig innerhalb der EU aneinander anpassen kann. Das würde auch das Gegeneinander-ausspielen von EU-Staaten untereinander dämpfen, wie das bei Nokia, Electrolux und co passiert ist. Aber wie eigentlich geht das schon über die aktuelle Diskussion hinaus. Ich habe jetzt nicht vor hier tiefergehende politische Diskussionen über dieses Thema zu führen, auch weil ich davon einfach viel zu wenig Ahnung habe.

Ich bin aber der Meinung, es läuft spätestens in dem Moment etwas falsch, in dem Meeresfrüchte in der Nordsee gefischt werden, irgendwo in ein Billiglohnland zum puhlen geflogen und dann zurückgeflogen und in Deutschland verkauft werden. Wohlgemerkt nur zum Geld sparen, nicht weil es hierzulande keine Arbeitskräfte gäbe...

Aber wie gesagt, das geht jetzt über die Ursprungsdebatte, die nur das "wie" im Transportgewerbe hinterfragt hat, weit hinaus.
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Beitrag von glemsexpress »

Autobahn @ 26 Dec 2009, 20:48 hat geschrieben:Ich habe auch schon einmal darüber nachgedacht, warum U- und Trambahnen (wenn sie die gleiche Spurweite haben) nicht über Bundesbahngleise geschleppt werden. Da dürften aber gesetzliche Gründe ein Hindernis sein.
Münchner U-Bahn Wagen wurden schon mal über DB-Gleise von München nach Nürnberg überführt. Bei den meisten Trambahnen scheidet das wegen des unterschielichen radprofils aus. Bei Trambahnen würde dann entgleisungsgefahr bestehen. Ausnahme: 2-Systemer.
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Beitrag von JeDi »

Didy @ 26 Dec 2009, 21:54 hat geschrieben: Also ich komme nicht aus dem Transportgewerbe. Aber ob das so schnell geht wage ich doch zu bezweifeln.
Einerseits wenn ich sehe, was am Container-Terminal Ulm-Nord sich an Container stapeln, wird da wohl vieles nicht direkt vom Zug auf den LKW umgeladen. Außerdem rechnest du mit einer effektiven Umladezeit von 5 Minuten. Bei einem Zug von 40 Containern, wenn da 40 LKW stehen???
Kleiner Hinweis: KV heißt nicht Container umladen, sondern LKW-Anhänger auf Züge stellen...
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Beitrag von BMI »

Didy @ 26 Dec 2009, 15:25 hat geschrieben:
Was lernen wir daraus? Den meisten Leuten is egal woher ihr Wasser kommt, Hauptsache es ist billig. Und da muss man sich schon fragen, wie es sein kann, das Wasser aus 1000km Entfernung teilweise deutlich billiger ist als welches aus 50-100km Entfernung. Und das ist ne Frage, die durchaus Politiktauglich und -würdig ist.
Egal, Wasser kommt, wenn nicht aus dem Supermarkt, aus dem Hahn, der Strom aus der Steckdose, das Fernsehen auch aus der Wand (oder aus der Schüssel)... 90% der Leute scheren sich nicht drum, woher die schönen Sachen kommen, aber jammern wenns für sie irgendeinen (öfters eingebildeten) Einschnitt bedeutet! (Strom immer, aber Kraftwerk vor der Haustür? In den Urlaub nach JWD fliegen, aber Flughafen vor der Haustür? )

Aber in Deutschland wird vieles schlecht geredet... Auf ARTE kam vor kurzem eine Reportage über Airbus, darin ein Zitat:
"Wenn ein Airbus über Toulouse fliegt, schaut der Franzose nach oben und sagt "Viva la France!". Wenn ein Airbus über Hamburg fliegt, schaut der Deutsche nach oben und sagt "Was fürn Lärm!". "

Wer den hier im Forum öfters erwähnten Hackschnitzeltransport nach Angelberg(Zolling) verfolgt hat, wird feststellen, dass sich teilweise Einwohner wegen einem ( 1! ) Zug/Werktag (Mo-Fr) schon aufregen und ein Projekt (obwohl Anfangs von höchsten Instanzen gewünscht) zu Fall bringen... Um sich später über die 70LKW´s /Tag mehr in ihrem Ort aufregen! :P

Leider wird in Deutschland nur gefragt: "Was kostet es?" und nie gefragt: "Was bringt es?"

Ich befürchte, dass die Industrie sich auf die "enormen" Kosten für eine Umstellung berufen wird... Und der Staat wegen dem Geldvernichtungsgesetz wohl die Kostenfrage als Vorwand hernimmt, um sich davor zu drücken, den Schienengüterverkehr zu verbessern... :(
I´ve seen the future, brother:
it is murder.

(L.Cohen, The Future)
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 26 Dec 2009, 20:48 hat geschrieben: Es stimmt aber nicht, dass die Politik die Transportkosten niedrig hält. Im Gegenteil, sie verteuert sie mit Mineralölsteuer, Ökosteuer, Mehrwertsteuer und Mautkosten. Und die Transportunternehmer wollen auch etwas davon haben und zahlen von ihrem Erlös auch noch Einkommenssteuer. Ich vermute aber, dass Du unter den Subventionen einige Argumente von Umweltschützern verstehst und eine massive steuerliche Belastung für Transporte forderst.
Ja und Nein. Natürlich "verteuert" die Regierung die Transportkosten mit den von dir genannten Abgaben. Dennoch ist eine LKW-Fahrt immer noch wesentlich billiger als der Aufwand der dafür von öffentlicher Seite betrieben werden müßte (das gilt für den gesammten Kraftfahrzeugverkehr auf unseren Straßen). Ausgenommen jetzt mal die Einkommenssteuer, die ja jeder zahlen muß.
Ich verstehe unter Subventionen der Allgemeinheit z.B. einen Hausbesitzer, der sein Haus alle 2-3 Jahre streichen muß, weil die Abgase der Straße davor, die Farbe und die Wand angreifen. Ich verstehe die Hunderttausenden Stresspatienten, die jedes Jahr durch Straßenlärm fast in den Wahnsinn getrieben werden, und deren sackteure Behandlung die Allgemeinheit übernimmt. Und JA ich verstehe darunter auch die Umweltschäden vor Ort, die ebenfalls die Allgemeinheit entweder ertragen oder auf ihre Kosten wieder ausbessern muss.
Ich fordere keine massive steuerliche Belastung, aber für eine angemessene Abgabe setze ich mich ein.
Das muss auch nicht gleich in enorme Verteuerungen für Verbrauchsgüter umschlagen, es reicht, wenn eine leichte Lenkungswirkung erzeugt wird und es sich wieder lohnt, in der Region einzukaufen und auch zu produzieren und komplett sinnfreie Transporte weniger werden.

Die Krabben, die aus der Nordsee nach Marokko zum pulen gefahren werden um dann bei uns wieder verkauft zu werden, oder die Tausenden Tonnen Tomaten die aus Italien nach Deutschland und die ebenfalls tausenden Tonnen Tomaten die von Holland nach Italien gefahren werden, sind da nur die bekanntesten Beispiele.
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Beitrag von Fahrgast »

Didy @ 26 Dec 2009, 15:25 hat geschrieben:Aber mal Hand aufs Herz: Wieso kaufen 80% der Bevölkerung das Wasser aus Frankreich und den Honig aus Ich-weiß-nicht-wo? Weils das billigste ist. (Und bei Honig, Milch und Co. steht's i.d.R. nichtmal drauf, woher er denn kommt, da steht nur FÜR wen es produziert wurde, oder dass es aus der EU kommt.)
Um beim Beispiel Wasser zu bleiben: In meinem Umfeld bin ich eine ziemliche Ausnahme, dass ich ein "Markenwasser" kaufe und nicht das 19-Cent-Billigwasser vom Discounter. Und die 19-Cent-Wasser-Trinker sind nicht nur Studenten und Co. sondern durchaus auch Leute mit einem Job, wo man sich das Geld ganz sicher nicht vom Mund absparen muss.
Was lernen wir daraus? Den meisten Leuten is egal woher ihr Wasser kommt, Hauptsache es ist billig. Und da muss man sich schon fragen, wie es sein kann, das Wasser aus 1000km Entfernung teilweise deutlich billiger ist als welches aus 50-100km Entfernung. Und das ist ne Frage, die durchaus Politiktauglich und -würdig ist.
Ist sehr OT, aber:

Das billigste Wasser kommt aus der Leitung :D

Und es schmeckt nicht schlechter (ist in D das bestuntersuchteste Lebensmittel), ist ja auch nichts anderes als das in Flaschen abgefüllte Wasser. Ich trinke seit Jahren nur noch Leitungswasser (oder Bier :lol: ).
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Beitrag von Autobahn »

Hot Doc @ 27 Dec 2009, 01:46 hat geschrieben:Das muss auch nicht gleich in enorme Verteuerungen für Verbrauchsgüter umschlagen, es reicht, wenn eine leichte Lenkungswirkung erzeugt wird und es sich wieder lohnt, in der Region einzukaufen und auch zu produzieren und komplett sinnfreie Transporte weniger werden.
Was für Dich nach sinnfreien Transporten aussieht, nennt sich freier Warenverkehr in Europa :D . Soweit ich weiß, haben sich die Italiener darauf spezialisiert, sonnengereifte Tomaten in großen Mengen zu produzieren (bei den Holländern ist es Treibhausware, die will hier niemand mehr :lol: Möglicherweise machen die Italiener daraus Tomatenmark). Hast Du schon mal versucht, in Deinem Garten ein paar Tomaten zu ernten? Ich ja, und bin - wegen der Witterung - kläglich gescheitert :P Mit anderen Worten, auch Gartenbaubetrieben geht es nicht besser und Tomaten aus heimischer Produktion wären so rar, dass sie zu den Luxusgütern zählten.

Aber wir sollten diese Ausschweifungen beenden, denn sie haben nichts mit dem Thema zu tun.

Ging es nicht um den stärkeren Ausbau des Schienennetzes?
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Beitrag von c-a-b »

Was in Holland funktioniert, sollte hier auch funktionieren. Und ausserdem sei dir gesagt, dass es bei uns im Garten sehr wohl klappt mit ordentlichen Tomaten die nicht nur festes Wasser sind. Gewächshaus heisst hier das Zaubermittel. ;)

Freier Warenverkehr gut und schön, aber die Idiotie mit den Nordseekrabben in Marokko, die LKW Fahrer aus Bulgarien und einige weitere Dinge müssten nun wirklich nicht sein. Nicht immer ist billiger besser!
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Beitrag von Autobahn »

c-a-b @ 27 Dec 2009, 17:51 hat geschrieben:Was in Holland funktioniert, sollte hier auch funktionieren. Und ausserdem sei dir gesagt, dass es bei uns im Garten sehr wohl klappt mit ordentlichen Tomaten die nicht nur festes Wasser sind. Gewächshaus heisst hier das Zaubermittel. ;)

Freier Warenverkehr gut und schön, aber die Idiotie mit den Nordseekrabben in Marokko, die LKW Fahrer aus Bulgarien und einige weitere Dinge müssten nun wirklich nicht sein. Nicht immer ist billiger besser!
Schon mal beobachtet, wie die Gewächshäuser in Holland nachts beleuchtet werden, damit die Tomaten auch schön wachsen? Ich ja, denn ich habe mal unmittelbar an der Grenze gewohnt. Da konnte ich fast im Garten Zeitung lesen :ph34r:

Die Nordseekrabben werden übrigens eingeflogen :P, aber Du kannst Dich ja gerne in Hamburg hinsetzen und Krabben pulen :lol: Dir sollte der Grund bekannt sein, die Lohnkosten in Marokko sind niedriger.

So, und nun kommen wir wieder zum eigentlichen Thema. Der LKW-Fahrer aus Bulgarien war ein gutes Stichwort. Was der LKW aus Bulgarien hier anliefert oder abholt, sei mal dahin gestellt. Ich habe es einmal erlebt, das es Gurken waren, die in Deutschland zu Sauerkonserven verarbeitet wurden (Hintergrund war eine schlechte Ernte im ursprünglichen, nahe gelegenen Erntegebiet). Von seinem Startort bei Sumen bis zum Ziel an der holländischen Grenze bei Venlo braucht er unter Berücksichtigung der Lenk- und Ruhezeiten vier Tage. Und nun möchte ich von Dir wissen, wie lange ein Güterwaggon für die gleiche Strecke unterwegs wäre.
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Beitrag von c-a-b »

Ich muss nicht nach Holland fahren um das zu beobachten, ich weiß was bei uns in welcher Qualität im Garten wächst! :P

Dass die Kosten im Marokko niedriger sind, musst du mir auch nicht erzählen aber hey weißt du was? Ich denke in Thailand sind die noch billiger!

Über das Reiseverhalten von Güterzügen musst du mich nicht befragen, das wissen hier andere deutlich besser als ich. Aber dass Potential zur Verbesserung darin enthalten ist, sollte klar sein!

Übrigens war das eigentliche Thema nicht der LKW Fahrer aus Bulgarien sondern der Schienenausbau...
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Beitrag von Autobahn »

c-a-b @ 27 Dec 2009, 19:51 hat geschrieben:Über das Reiseverhalten von Güterzügen musst du mich nicht befragen, das wissen hier andere deutlich besser als ich. Aber dass Potential zur Verbesserung darin enthalten ist, sollte klar sein!

Übrigens war das eigentliche Thema nicht der LKW Fahrer aus Bulgarien sondern der Schienenausbau...
Der LKW aus Bulgarien war ein guter Aufhänger um die Reisezeit von LKW vs. Güterwagen zu hinterfragen. Wenn die Schiene es schafft, im Zeitablauf mit dem LKW gleich zu ziehen, werden die Verlader sofort umschwenken. Und das hierzu ein Ausbau vor allem von Strecken notwendig ist, dürfte uns allen klar sein.

Abgesehen von Spezialwaggons für bestimmte (Massen)Güter haben aber nur der Container und die Wechselbrücke eine Zukunft. Die letzte Meile macht eben der LKW. Ein Problem bleibt aber dabei bestehen, wenn nur wir unser Schienennetz ausbauen und an den Grenzen Schluss ist, werden wir weiter die LKW aus ganz Europa auf unseren Straßen haben. In den Niederlanden hat man zumindest mit der Betuweroute ein gutes Stück Vorarbeit geleistet. Auf deutscher Seite verzögert nicht nur die DB-Netz einen Weiterbau, auch Bürgerinitiativen laufen Sturm. http://www.rp-online.de/niederrheinnord/di...aid_557722.html . Wobei ich angesichts der bisher dilletantischen Ausbaupläne dafür Verständnis habe.

Ein anderes Problem ist die Linienführung des Eisernen Rhein, einer Schienenverbindung von Duisburg nach Antwerpen. Auf belgischer Seite ist die Route nach wie vor in Betrieb, auch die wenigen Kilometer in den Niederlanden werden fleißig befahren. Auf deutscher Seite streitet man sich über die Reaktivierung an sich und über eine künftige neue Trassenführung. Das Hauptproblem ist der Lärmschutz, wie auch bei der Betuwe Linie. Warum nimmt man nicht ein paar Millionen mehr in die Hand und schafft Frieden?

Das Argument der betroffenen Anwohner über die Lärmbelastung nehme ich sehr ernst. Ich möchte sogar Hot Doc zitieren:
Ich verstehe die Hunderttausenden Stresspatienten, die jedes Jahr durch Straßenlärm fast in den Wahnsinn getrieben werden, und deren sackteure Behandlung die Allgemeinheit übernimmt.
Eisenbahnlärm steht dem in nichts nach.

So, und nun haben wir festgestellt, dass unsere westlichen Nachbarn Eisenbahnmäßig besser gerüstet sind (und trotzdem nicht weniger LKW-Verkehr haben ;) ). Doch wie sieht es mit unseren östlichen Nachbarn aus, die ja nun auch zu EU gehören?
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Michi Greger
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Beitrag von Michi Greger »

Hot Doc @ 26 Dec 2009, 19:28 hat geschrieben:Schönes Beispiel ist ist auch die MVG. Die Btf ist wenige Meter von den Bundesbahngleisen entfernt, die Spurweiten sind die gleichen und man transportiert alle neuen Varios und alle R2.2 zum Redesingn aufm Tieflader auf der Autobahn.
Das hat aber auch (nicht so leicht abschaffbare) technische Gründe. Die Trambahnen (egal ob Vario oder R2) trotz gleicher Spurweite vom Radprofil her nicht mit den Bahngleisen kompatibel, müss(t)en also auch auf der Eisenbahn auf einen Güterwaggon verladen werden. Und eine 40 meter (oder mehr) lange Sendung per Eisenbahn ist eben leider nicht so einfach zu transportieren wie ein Container. Da wird auch der massive Ausbau des Schienennetzes nicht viel helfen.
Für Schwertransporter sperrt man halt ggf. auch mal nachts ne ganze Autobahn oder eine Ein- Ausfahrt, wenn das Ding wegen "zu hoch, zu schwer, zu breit, zu lang" nicht Abbiegen oder Fahren kann wie ein normaler LKW. Bei der Bahn betreffen slche Sperrungen (die es durchaus auch hin und wieder gibt) halt gleich viel mehr anderen Verkehr, so dass man das lieber vermeidet.
Die Technische Basis U-Bahn in Fröttmaning bekommt und verschickt übrigends durchaus U-Bahnen auf eigenen Rädern (bei der U-Bahn gibt es ein anderes Radprofil als bei der Tram; eine U-Bahn kann man über Bahngleise schleppen) und bekommt Baumaterial wie Schotter oder Schienen per Güterwaggon durch den Anschluss in Freimann. Nix LKW.
(Und die MVG bekommt und verschickt wohl gar nix per Bahn ,weil die Emmy-Noether-Straße keinen Gleisanschluß hat, und soviel Akten produzieren die dann auch wieder nicht ;) :D)
BMI @ 26 Dec 2009, 23:51 hat geschrieben:Wer den hier im Forum öfters erwähnten Hackschnitzeltransport nach Angelberg(Zolling) verfolgt hat, wird feststellen, dass sich teilweise Einwohner wegen einem ( <u>1</u>! ) Zug/Werktag (Mo-Fr) schon aufregen und ein Projekt (obwohl Anfangs von höchsten Instanzen gewünscht) zu Fall bringen... Um sich später über die 70LKW´s /Tag mehr in ihrem Ort aufregen!  :P
Wie mans macht is' falsch!
Siehe auch den Steinbruch in ??? (hinter Hengersberg; ehemalige Strecke Deggendorf - Kalteneck(Ilztalbahn)). Dem hat man, trotz guter Versandmengen in nicht-termingebundenen Ganzzügen (Gleisschotter für die DB), die Bahnstrecke stillgelegt und einen wunderschönen Radweg vor die Tür gebaut. Seinen Schotter sollte er doch bitte dann per LKW zum nächsten Bahnverladepunkt fahren und da umladen. Dagegen hat sich logischerweise der nächste ort aufgeregt - früher kam 1 oder 2x am Tag der Zug, jetzt fahren im Minutentakt die LKW. Hat nix geholfen. Irgendwann hat man ihm dann also verboten mit den LKW durch den ort zu fahren - jetzt muss er also auch noch einen umweg fahren, um seine Ware endlich versenden zu können.
In seiner Not hat der Betreiber also nun gefragt, ob er denn nicht seine Bahn wiederhaben könnte - Antwort: Nein ,der Radweg war ja subventioniert, wenn man jetzt den Radweg wieder abreißt muss man die Subvention zurückzahlen.
Nächste Stufe: Dem Steinwerk wird der Transport per LKW mittlerweile zu teuer und zu ärgerlich (die nächste Ortschaft droht ihm mit LKW-Verbot) - also hat er gefragt, was es ihn denn kostet, wenn er selber wieder eine Bahn bis zu sich baut. Egal, ob er die Subventionen zurückzahlt, oder gleich selber eine Neubaustrecke auf anderer Trasse finanziert(damit der Radwerk bleiben kann) - Hauptsache Bahn bis ins Werk!
Er wurde beschieden mit: Es hat seine Gründe, warum man die Bahnstrecke abgebaut hat; man wird keine neue Strecke genehmigen.
Soll der jetzt sein Werk zusperren? Manchmal scheitert es halt auch an politischen Querelen und Unwillen.
Leider wird in Deutschland nur gefragt: "Was kostet es?" und nie gefragt: "Was bringt es?"
Was es kostet? Zuviel.
Hot Doc @ 27 Dec 2009, 01:46 hat geschrieben:Die Krabben, die aus der Nordsee nach Marokko zum pulen gefahren werden um dann bei uns wieder verkauft zu werden, oder die Tausenden Tonnen Tomaten die aus Italien nach Deutschland und die ebenfalls tausenden Tonnen Tomaten die von Holland nach Italien gefahren werden, sind da nur die bekanntesten Beispiele.
Da fällt mir nur das "Lied vom Kartoffel" ein, das den Werdegang einer Kartoffel bis zum fertigen Kartoffelchip in der Packung schildert:
(...)
Finden tust es jetzt dahoam bei uns im Supermarkt
Dafür wer'ns tagelang durch ganz Europa karrt.
A Packerl Luft mit zwoa Kartoffeln drin, ham mir was ned kapiert?
Ahso, genau - des werd ja subventioniert!
Gruß Michi
Achtung! Entladezeit länger als 1 Minute!
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