[BIT] Regionalverkehr in der Südeifel

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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146225
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Beitrag von 146225 »

Servus !

Das ist wieder mal so ein Thema, bei dem ich absolut unschlüssig war, wo ich es hinpacke. Es hat viel mit Nahverkehr zu tun, aber auf Bahn und Straße. Wenn es der werten Moderation anderswo besser gefällt, möge es frisch-fromm-fröhlich-frei verschonben werden.

Also meine nachstehenden Überlegungen begannen damit, daß ich letztes Wochenende auf Organisation der besten aller Partnerinnen (und Freunden) in der Südeifel weilte. An- und Abreise selbstverständlich per Bahn, auch wenn es von der Metropole (Heilbronn) in diesen kurz vor Luxemburg gelegenen Teil Deutschlands schon ein bißchen Zeit in Anspruch nimmt. Aber was solls, bei schönem Wetter ist Bahnreisen auch entspannendes Freizeitvergnügen.

Bitburg war das Reiseziel, die rund 13.000 Einwohner große Kreisstadt des Kreises Bitburg-Prüm (Rheinland-Pfalz), vor allem bekannt durch eine Brauerei, deren Namen ich jetzt irgendwie vergessen habe... ;) Von dieser muß allerdings die Rede sein, weil sie rund 1.000 Arbeitsplätze am Ort anbietet - nicht zu vergessen, all diejenigen Handwerker, Händler, Dienstleister welche sich nur ihretwegen am Ort überhaupt halten können. Als Kreisstadt ist Bitburg auch Schul-, Einkaufs- und Krankenhausstandort für die Umgebung. Bis vor ein paar Jahren hatte die U.S. AirForce dort auch noch eine nicht kleine Airbase, die mit dem Ende des kalten Krieges jedoch komplett geschlossen bzw. auf den östlich gelegenen Standort Spangdahlem verlagert wurde.

Soweit die Ausgangslage. Wie kommt man aber nach Bitburg oder von dort wieder weg ? Der netzkundige Bahnreise denkt sofort an den Bf. [acronym title="SED: Bitburg-Erdorf <Bf>"]SED[/acronym](nein, Genosse Sonne, diese Betriebsstelle ist nicht extra für Dich !) an der KBS 474 (Eifelstrecke) von [acronym title="STR: Trier Hbf <Bf>"]STR[/acronym] nach [acronym title="KK: Köln Hbf <Bf>"]KK[/acronym]. Doch dieser Bf. ist ~ 6 km vom Stadtzentrum entfernt. Es gibt einen Bf. in der Stadt, nämlich [acronym title="SBIT: Bitburg <Bf>"]SBIT[/acronym], die Strecke von Erdorf dorthin liegt auch noch und ist befahrbar, wird jedoch nicht planmäßig befahren. Laut der Heimseite der Stadt Bitburg ist [acronym title="SED: Bitburg-Erdorf <Bf>"]SED[/acronym] übrigens D-Zug-Halt. Na dann.

Naiv wie ich war dachte ich also, fährt man genüßlich gen Trier, setzt sich in den RE gen Eifel und steigt nach 30 Minuten in [acronym title="SED: Bitburg-Erdorf <Bf>"]SED[/acronym] aus. Von dort wird schon ein Bus die Reststrecke überwinden. Soweit die Idee. Die Realität sieht dann allerdings so aus, daß der Busverkehr zwischen der Stadt Bitburg und ihrem RE-Halt gelinde gesagt ausbaufähig ist, und von passenden Anschlüssen auch eher nur zufällig als geplant die Rede sein darf. Das regionale Oberzentrum Trier wird von Bitburg aus also eher nicht per Bahn erreicht, man scheint auf die VRT-Buslinie 201 zu setzen, die vom Rhein-Mosel-Bus [DB] mit (meiner Beobachtung nach) meistens S 315 NF befahren wird. Der Bus benötigt ab Trier Hbf bis Bitburg ZOB je nach Tageszeit und befahrenem Linienweg zwischen 45 und 60 Minuten. Ab Bitburg verkehrt die Linie übrigens weiter nach Prüm (welches vor längst vergangenen Zeiten auch mal von Gerolstein aus per Bahn erreicht werden konnte), wer es bis dorthin aushält, hat ab Trier über 90 Minuten im Bus verbracht. Verkehren tut die Linie im Gegensatz zur Bahn-KBS 474 aber jetzt nicht unbedingt im Takt, und auch nicht gerade öfter. Mo-Fr (mit Schule/Ferien-Abweichung) fahren 16 Kurse hinauf in die Eifel und 18 hinab zur Mosel, Sa noch 6 Kurse je Richtung, So noch jeweils 4 Kurse.

Damit ist das ganze Elend eigentlich schon fast beschrieben. Vielleicht noch die Information, daß die Stadt Bitburg dem optischen Anschein wohl auch nicht glänzend bei Kasse ist, und sich nur das leisten kann (Freizeitbad, Stadthalle etc.pp.) was der größte Arbeitgeber vor Ort mehr oder weniger sponsort. Der scherzhaft so genannte ZOB scheint nicht dazu zu gehören, gibt es dort doch reichlich zerbröselnde Bussteige, eine Uhr die rund 7-8 Minuten vorgeht, und Haltestellenschilder die teilweise noch das alte DB-Logo und "Bahnbus" zeigen. Ambiente passend zum Fahrplan also.

Ich sehe schon den Beitrag vor mir, der einwendet, 13.000 Einwohner sei ja auch nicht groß und die Südeifel im Allgemeinen dünn besiedelt, da würde ein solches (Nahverkehrs-)Angebot doch sicher ausreichen ? Da möchte ich doch sagen, wenn man vor Ort die Dichte an großen Autohäusern sieht und die Tatsache, daß die B51 gen Trier 3- bis teilweise 4-spurig ausgebaut ist und noch weiter ausgebaut wird, daß noch einiges an Potential für vernünftigen Nahverkehr schlummert.

Was würde ich machen ? Zu aller erst die Bahnstrecke in die Stadt reaktivieren. Der Stadtbahnhof liegt zwar eher am Zentrumsrand, aber vertretbar nah. Ein- bis zwei weitere Bedarfshaltepunkte sind im Streckenverlauf von Erdorf her denkbar. Nach dem Stadtbahnhof kann man die Strecke auf dem alten Anschluß der U.S.- Airbase noch rund 900 m verlängern, um das Gewerbegebiet Süd mit einem Hp anzuschließen - dort wird u.a. das Bier produziert. Dann ein Mo-Sa-Stundentakt (So zweistündlich) mit Brennkrafttriebwagen, entweder als Pendel im Anschluß oder idealerweise als Flügel von/an der RB Trier-Gerolstein-Trier. Das Busnetz wie ein Stern auf die Bahn in Bitburg zugeschnitten, mit Anschlüssen die auch passen, gerade die Tatsache daß die Stadt an Arbeitsplätzen und öffentlichen Einrichtungen die unangefochtene Nr. 1 im Landkreis ist, sollte auch für entsprechendes Fahrgastinteresse sorgen. Das wären mal die dringend notwendigen "groben" Schritte.

Denn eins ist klar: Für mich war diese Reise gen Bitburg mit den grottigen Fahrplänen und dem ewigen Busgekutsche über Land ein Trip zurück in die übelsten Phasen der 1980er - die Haltestellenschilder haben schon gepaßt, hätte mir jemand einen weinroten O 307 gehabt, wäre die Illusion perfekt gewesen.
München kann jeder. Duisburg muss man wollen!
viafierretica
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Beitrag von viafierretica »

Ja, das ist leider die Realität in Deutschland (und nicht nur da): wo die Bahn fährt, ist das Angebot ja ganz gut, aber sonst ist der "ÖV" auf dem Land zum reinen Schülerverkehr degeneriert. Es gibt ein paar rühmliche Ausnahmen, wo man das Engagement vor Ort deutlich merkt, aber das sind eher Ausnahmefälle. Und mir ging es oft schon so, dass einem der Busfahrer ziemlich doof angesehen hat, wenn man eine Fahrkarte wollte - normal fahren da nur Schüler mit Monatskarte oder in touristischen Gegenden Urlauber mit Kurkarte.
Die Verantwortung für den Busverkehr liegt bei den Landkreisen, die oft mit der Aufgabe überfordert sind.

Wir sind auch kürzlich mit dem Bus durch die Eifel gefahren - alleine im Bus (tagsüber), versteht sich. Es war die umlaufbedingte Rückleistung einer Schülerfahrt.
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