175 Jahre Deutsche Bahn

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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Andre_HD
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Beitrag von Andre_HD »

echter-HGV @ 8 Dec 2010, 11:22 hat geschrieben: Befindet sich denn zwischen Stuttgart und München so viel, dass jeder Zug dort halten muss? Ich würde mal NEIN sagen.

Zwischen Strasbourg und Paris befinden sich immerhin Reims und Metz. Jetzt stelle man sich das ganze mal in Deutschland vor. Da würden die Strecken durch beide Bahnhöfe der Städte geführt. Wahrscheinlich würde das ganze auch in Teilstücken realisiert werden, über 30 Jahre. Hier haben selbst Städte wie Fulda und Göttingen eine Garantie, dass fast jeder Zug auch dort hält.
Nun, bei der KRM und der NIM hat man ja gezeigt, wie man es machen kann. Man kann Unterwegsbahnhöfe errichten, die mit voller Fahr durchfahren werden können. Hätte man dieses Konzept bei der Strecke Hannover - Würzburg bereits umgesetzt, gäbe es "Göttingen ICE" und "Fulda ICE", welche nur von bestimmten ICE bedient werden, während der Rest mit 280 km/h durchfährt. Klappt auf der KRM ja auch sehr gut. Gleiches würde ich bei einer SFS Stuttgart - München machen. Da gäbe es "Ulm ICE" und "Augsburg ICE", welche nicht von jedem ICE bedient werden. In Frankreich werden Metz und Reims vergleichbar bedient. Nur einzelnde TGV fahren und enden direkt in den Zentren dieser Städte. In Japan ist man auch diesen Weg gegangen. Da wird bei einen solchen Bahnhof "Shin" vorgehängt, also z.B. "Shin Osaka" und kann ebenfalls mit voller Fahrt durchfahren werden. Auf diese Weise lassen sich Züge enorm beschleunigen. Man stelle sich einen ICE Hamburg - München bei durchgehender SFS vor, welcher nur in Hannover, Kassel und Nürnberg hält und ansonsten mit 250 - 300 km/h durchfahren kann. Selbst wenn die Fahrkarte nicht billig ist, aber wer nimmt dann nich das Flugzeug mit all den Umständen oder gar das Auto?
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Flo_K
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Beitrag von Flo_K »

@Fichtenmoped.

Gerade weil es der Sinn jedes privaten Unternehmens ist Gewinn zu erwirtschaften sind ja so viele gegen die Privatisierung. Sogar Adam Smith hat Aufgaben wie Militär oder Infrastruktur ausdrücklich von seiner segnenden Wirkung der unsichtbaren Hand des Marktes ausgenommen. Auch wenn das heute kaum ein FDPler wahrhaben will. Genauso finde auch ich, dass eine staatsbahn, die ein breites angebot für jeden zu vertretbaren Preisen zur Verfügung stellt nicht Gewinn erwirtschaften muss. Natürlich sollte sie halbwegs ordentlich wirtschaften. Aber zugunsten eines Angebotes im Interesse der Allgemeinheit muss hier kein Gewinn gemacht werden.

Zum frankreichvergleich: Der hinkt. Frankreich ist ein sehr zentralistisches Land. Deutschland nicht. Deswegen halten bei uns Zuge auch öfter. Und wenn ich von dresden nach Köln will muss ich auch nicht über Berlin fahren.
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Andre_HD
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Beitrag von Andre_HD »

Noch eine kleine Randnotiz.
Auch dem Ausland fällt es auf, daß man hierzulande immer am längsten für die Umsetzung neuer Strecken braucht.
Ich hoffe, der Verweis in ein anderes Forum geht okay.
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Beitrag von echter-HGV »

Ja genau. So stelle ich mir das auch vor. Unterbrechungsfreie Schnellfahrstrecken zwischen den großen Bahnknoten in Deutschland. Obwohl ich finde, dass man besser die Hauptbahnhöfe der Zwischenhalte anbinden sollte. Ein Bahnhof Limburg ICE mag für eine kleine Region funktionieren. Für Städte wie Augsburg und Ulm halte ich das für keine praktikable Lösung.
Im Thread "[M] 2. S-Bahn-Stammstrecke" Stand dazu gerade ein passender Satz drin: "Also ich sehe viermaliges Umsteigen im Winter durchaus als Todesurteil für den ÖPNV."
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Andre_HD
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Beitrag von Andre_HD »

Für Göttingen und Fulda hätte ich da durchaus Ideen, die vielleicht auch in Ulm und anderer Orts funktionieren täten. Die SFS-Durchgangsgleise unterfahren die Hauptbahnhöfe. Hat man in Japan und Taiwan auch so gelöst. Die Schnellstrecken unterfahren die konventionellen Bahnhöfe, bzw. halten darunter.

Hier mal ein Video zu einem solchen Bahnhof
http://www.youtube.com/watch?v=ybh6KPfw-y4

Der Bahnhof liegt unter dem oberirdischen konventionellen Fernbahnhof. Wie ein 4-gleisiger U-Bahnhof. Halt für den Schnellverkehr. Das war auch mal eine von mir angedachte Idee bezüglich S21. Nicht den ganzen Kopfbahnhof platt machen, sondern für den FV einen kleinen unterirdischen Bahnhof errichten und den Rest oben lassen. Dann steht aus einem Mix von Bahnhöfen alla Limburg Süd oder eben Zentrumsnahen Bahnhöfen alla japanischen Vorbilds nichts mehr im Wege. Nur noch der Wille zum investieren wird benötigt.
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Beitrag von echter-HGV »

Es ist doch immer schön anzusehen wie gesittet die Japaner in einen Zug einsteigen können. Hintereinander ist es doch einiges einfacher als nebeneinander. Wo befindet sich denn diese Station? Ich würde mir das gerne mal in Google Earth anschauen.
Ganz billig ist so ein Bau aber bestimmt nicht. Für Städte wie Ulm, Fulda und Göttingen käme mir das irgendwie zu teuer vor. Dann sollte man doch lieber eine normale Umfahrung bauen und die Strecke auf den Bestandsgleisen in die Bahnhöfe führen. Das ist ja in Japan gar nicht möglich.
Eventuell würde sich so ein Bahnhof für die durchfahrenden Linien in Frankfurt lohnen. Das wird aber leider alles Utopie bleiben.
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3247
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Beitrag von 3247 »

Andre_HD @ 8 Dec 2010, 12:06 hat geschrieben:Für Göttingen und Fulda hätte ich da durchaus Ideen, die vielleicht auch in Ulm und anderer Orts funktionieren täten. Die SFS-Durchgangsgleise unterfahren die Hauptbahnhöfe. Hat man in Japan und Taiwan auch so gelöst. Die Schnellstrecken unterfahren die konventionellen Bahnhöfe, bzw. halten darunter.
In Japan blieb oft (d.h. genau genommen sind es die Bahnhöfe Ueno aus dem Video und Tôkyô) nichts anderes übrig, weil schlicht kein Platz für weitere Gleise ist. Dazu kommt, dass verschiedene Spurweiten einen Mischbetrieb zwischen konventionellen Zügen und Super-Expresszügen unmöglich machen.
Bei Gießkannen wie Yokohama, Ôsaka oder Kôbe hat man dann aber wieder die Lösung gewählt, einen neuen Bahnhof abseits des bisherigen zu bauen (erkennbar an dem Präfix "Shin-" = neu).
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Andre_HD
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Beitrag von Andre_HD »

echter-HGV @ 8 Dec 2010, 12:41 hat geschrieben: Wo befindet sich denn diese Station? Ich würde mir das gerne mal in Google Earth anschauen.
Ganz billig ist so ein Bau aber bestimmt nicht. Für Städte wie Ulm, Fulda und Göttingen käme mir das irgendwie zu teuer vor.
Es ist die Tokyo Central Station, die hat wohl so um die fünf Ebenen. JR West fährt oben, JR East fährt unten, wenn ich das richtig überblickt habe.

Ja, solche Lösungen kosten Geld, aber diese Bereitschaft muß nunmal da sein, wenn man voran kommen möchte. Wenn man nur kassieren, aber kaum investieren möchte, dann steht man irgendwann genau da, wo wie hier heute stehen. Obige Lösung wäre für Stuttgart und Frankfurt sicher toll und anderorts muß man eben schauen, wie man das mit dem Platz hinbekommt. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.
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Beitrag von 3247 »

echter-HGV @ 8 Dec 2010, 12:41 hat geschrieben:Wo befindet sich denn diese Station? Ich würde mir das gerne mal in Google Earth anschauen.
Das ist der Bahnhof Ueno.

Am benachbarten Bahnhof Tokyo hat man zusätzlich auch eine konventionelle Strecke unterirdisch gebaut (und die Gleisnummrn doppelt vergeben).
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Beitrag von Andre_HD »

Ups, verwechselt. Ich war auch persönlich noch nicht vor Ort.
Aber das will ich in 2011, spätestens 2012 nachholen. Zum einem ist das Land an sich sehr interessant und deren Bahnsystem will ich gerne mal life kennenlernen, nachdem ich schon stundenlang via Youtube Eindrücke gesammelt habe.
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Beitrag von viafierretica »

Andre_HD @ 8 Dec 2010, 13:04 hat geschrieben: Ups, verwechselt. Ich war auch persönlich noch nicht vor Ort.
Aber das will ich in 2011, spätestens 2012 nachholen. Zum einem ist das Land an sich sehr interessant und deren Bahnsystem will ich gerne mal life kennenlernen, nachdem ich schon stundenlang via Youtube Eindrücke gesammelt habe.
Japan ist wirklich sehr spannend.
Wobei ich bei all dem tollen HGV empfehlen kann, doch lieber mit der klassischen Eisenbahn (Kapspur, 1076 mm) zu fahren - das ist doch viel spannender. Und mit den "limited express"gibt es ein dem IC vergleichbares Angebot, mit dem man auch sehr schenll durch die Lande kommt und dabei wirklich was sieht, v.a. die schönen Küsten- und Gebirgslandschaften.
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Beitrag von 3247 »

Andre_HD @ 8 Dec 2010, 12:56 hat geschrieben:Es ist die Tokyo Central Station, die hat wohl so um die fünf Ebenen.
In München sind das mit der zweiten Stammstrecke dann auch nicht weniger.
JR West fährt oben, JR East fährt unten, wenn ich das richtig überblickt habe.
Überhaupt nicht.

Eher so: Oberirdisch die konventionellen Strecken (JR East), darunter die Shinkansen (Trennstelle zwischen JR East und Central), dazu zwei konventionelle Strecken unterirdisch in der Nähe (JR East). Und eine Metro-Linie (Tôkyô Metro).
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Andre_HD
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Beitrag von Andre_HD »

Danke für die Richtigstellung.

Solche Konstrukte dürften bei uns auch machbar sein. Geschenkt gibt es nichts, aber wo ein Wille, da auch ein Weg.
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Beitrag von 3247 »

…aber in diesem Thread geht es doch eigentlich um 175 Jahre Bahn in Deutschland, nicht um Japan.

Es ist kein Wunder, dass die Bahn in diesen 175 Jahren lange Zeit auf dem absteigenden Ast war. Nach einem Boom in der Anfangszeit kam die Konkurrenz durch das Auto und durch Flugzeuge. Autos sind für die Flächenversorgung effizienter und Flugzeuge auf mittleren und auf einigen kurzen Strecken schneller.

Investiert wurde vor allem noch in den Hochgeschwindigkeitsverkehr, aber auch das nur halbherzig: An Neubaustrecken bis in die Innenstadt ist aufgrund der Kosten nicht zu denken, oft baut man auch lieber auf 160 oder 200 km/h aus statt für 300 km/h neu.

Daneben wurde vor allem in S-Bahn-Netze investiert; aufgrund der beengten Raumverhältnisse in Städten auch durchaus sinnvoll.

Erst seit kurzem wird auch wieder nennenswert in den Nahverkehr investiert, m.E. setzt da ein Umdenken erst seit der Bahnreform ein.
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Beitrag von Andre_HD »

Es geht um Deutschland und nicht um Japan, das ist richtig. Nur ein Vergleich dennoch nicht verkehrt, denn das Auto und das Flugzeug gibt es auch dort. Nur das man dort sehr frühzeitig nach Lösungen gesucht hat. Auch Frankreich war 10 Jahre schneller, obwohl die Planungen für die LGV Sud-Est von Paris nach Lyon später begannen, als jene für die SFS von Hannover nach Würzburg!!

Man hat sich hier zu lange ausgeruht und nichts gemacht. Und wenn man denn mal anfängt, dann können Meier und Schulze durch Klagereien ein Projekt viel zu sehr verzögern, während man z.B. in Frankreich ein Projekt zu einem Projekt von nationaler Wichtigkeit erklärt und damit Klagen erheblich erschwert. Das würde uns in Deutschland auch enorm helfen. Und natürlich müßte die Lobbypolitik hier aufhören und das wird die größte Hürde sein.

Wir haben hier gute Ansätze! Wir haben gute Züge und wir haben meist engagiertes Bahnpersonal. Solche Potenziale sollten in Zukunft besser genutzt werden, damit wir zur 200 Jahrfeier der Welt zeigen kann, wie man Bahnverkehr richtig macht. :)
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Beitrag von 3247 »

Frankreich ist zentralistischer. Das heißt zum einen, dass das Schienennetz leichter zu planen ist (weil man einfach alle Schnellfahrstrecken nach Paris legt), zum anderen, dass sich solche Planungen leichter „von oben“ durchsetzen lassen.

Japan ist dichter besiedelt und länglich. Das kommt dem Bahnverkehr gelegen, weil man die Großstädte einfach der Reihe nach abfährt. Die Tôkaidô-Shinkansen hat auf einer Länge von etwas über 500 km ein Einzugsgebiet von 60–70 Mio. Einwohnern in den Metropolregionen Kantô, Kansai und Nagoya. Durch die dichte Besiedlung macht Autofahren auch keinen Spaß.
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Beitrag von Didy »

c-a-b @ 8 Dec 2010, 09:51 hat geschrieben:Zu Einführung des ICE war das wirklich ein luxuriöser Paradezug. Was ist es heute? Technisch kaum weiterentwickelt, Komfort gestrichen, engere und unbequemere Sitze, öfter kein guter Pflegezustand, dafür immer höhere Preise.
Technisch kaum weiterentwickelt? Also wenn die Einführung von Unterflurantrieb statt Triebköpfen, Vmax 330 statt 280 und deutlich mehr kW/t keine Weiterentwicklung ist, weiß ich auch nicht. Der Velaro D wird sicher wieder eine Reihe Detailverbesserungen haben. Was willst du konzeptionell das Rad neu erfinden? Die Franzosen gehen mit dem TGV gerade langsam den Weg vom Triebkopfzug weg, was wir seit 10 Jahren im Alltagseinsatz haben.
Komfort gestrichen - wo? Wie gesagt, was Infotainment angeht ist man eben mit der Zeit gegangen - Mobilfunk, WLAN und Steckdosen statt Videobildschirme an jedem Sitz. Ja das WLAN geht nicht auf jeder Strecke, aber auf den wichtigen. Wenn das wichtiger wird wird sich das irgendwann auch weiterentwickeln. Auch Zugzielanzeiger sind nicht an allen Bahnhöfen gleichzeitig aufgehängt werden, 20 Jahre nachdem die ersten Fallblattanzeigen in Ulm kamen und ca. 5 Jahre nachdem die LCDs groß im Kommen waren haben wir noch genügend Bahnhöfe ganz ohne. Du pendelst auf einer Strecke wo es geht, hast du es überhaupt schonmal benutzt? Und außerhalb dieser Strecken kannst du immer noch mit UMTS arbeiten.
Gut bei den ICE3 hatte man kurzzeitig mal den Irrglauben der Bistros statt Restaurants, davon ist man ja schon wieder abgekommen.
Und Pflegezustand? Wie oft fährst du ICE? Ich ungefähr alle zwei Wochen, und kann mich diesbezüglich nicht beschweren. Wenn ein WC im ICE abends um 21 Uhr nicht mehr glänzt wie Meister Proper liegt das weniger an der Bahn als an den Fahrgästen. Gemerkt hat mans bei den ICE1 vor dem Redesign, die waren einfach abgewohnt... Aber deswegen hat man ja das Redesign gemacht.
c-a-b @ 8 Dec 2010, 09:51 hat geschrieben:Die Regionalzüge werden dank wahnsinniger Ausschreibungen immer schlimmer, zuerst die Brettsitze der 42xff, dann die Sardinenbüchsen der 440er. Komfort war gestern, heute gehts nur noch darum, möglichst viele Brettsitze in möglichst billige Fahrzeuge zu stopfen!
Was die 425er angeht stimme ich dir zu. Was alle gegen den 440er haben verstehe ich nicht so ganz - die Sitze sind deutlich bequemer als im 425, die Mülleimer Kniekompatibel montiert und die Antriebe verdammt leise. Während du nur Stopftaktit erkennst, erkenne ich im Vergleich von 425 und 440 eine Veränderung, die durchaus in die richtige Richtung läuft. Dass man auch am 440er noch was verbessern kann will ich nicht abstreiten, aber die Richtung stimmt.
c-a-b @ 8 Dec 2010, 09:51 hat geschrieben:Dazu haben auch längst die Technokraten und Bahnverhinderer das Ruder übernommen und pflastern Strecken mit Lärmschutzwänden, unter Tunnel und hinter großen Erdwällen. Wo das noch nicht so ist, lässt man alles zuwachsen. Zum Fenster rausschauen und eine Reise genießen ist nicht mehr in Mode, und wenn dann fahren wir eh ins Ausland dazu. Es hat eben alles seine Schwachsinnsbestimmungen und Regeln.
Dass im Bereich Lärmschutz nich alles so läuft wie es sollte mag sein. Ich denke da nur an eine Lärmschutzwand in Neu-Ulm, die den Hinterhof eines Industriebetriebes vor Bahnlärm schützt :ph34r: oder die Tatsache, dass die Städte Ulm und Neu-Ulm die Lärmschutzwände auf der Donaubrücke, wenn sie baurechtlich schon sein müssen, wenigstens gerne aus Glas gehabt hätten, sich die DB aber stur gestellt hat. Und grundsätzlich die Thematik, dass zwar Lärmschutzwände allerort spriesen, aber die Sache mit der Flüsterbremse für Güterwagen sich irgendwie endlos zieht, obwohl das flächendeckend und vermutlich auch sonst erstmal mehr helfen würde...
Grundsätzlich ist Lärmschutz aber richtig und wichtig.
Und dass eine Schnellfahrstrecke nunmal in Einschnitten und Tunneln verläuft... Links meckern, dass wir zu wenig SFS haben, und rechts statt einer SFS eine Panoramastrecke haben wollen? Sorry, eine SFS hat nunmal den Anspruch möglichst Schnell von A nach B zu kommen - und nich den Anspruch, ein Glacier-Express zu sein. Und das entspricht auch dem Anspruch der meisten Fahrgäste. Mit dem Argument "da siehst du viel mehr Landschaft als auf der Autobahn" bekommst du niemand vom Auto in den Zug. Wenn er aber zwischen Ulm und Stuttgart 30 Minuten im ICE statt 1h im Auto braucht, das dürfte überzeugen.
c-a-b @ 8 Dec 2010, 09:51 hat geschrieben:Die harten Bahnfans können nie und nimmer berechtigte Kritik einstecken, selbst wenn es allzu offensichtlich ist...
In der Annahme, dass du mich jetzt auch mit in diese Gruppe steckst: Sicher kann ich an berechtigten Stellen Kritik sehen, und äußere die auch selbst (siehe die Themen zu Defas und Winterdienst). Aber wenn man aus einer SFS eine Panoramabahn bauen will, hat das für mich nichts mehr mit berechtigter Kritik zu tun.
c-a-b @ 8 Dec 2010, 09:51 hat geschrieben:Was der DB und deren Fans und Verteidigern wohl am meisten fehlt, ist Fantasie und Innovationsgeist.
Oh, Ideen hätte ich genug.
Bayernlover @ 8 Dec 2010, 09:56 hat geschrieben:Die Preispolitik im FV, die eine Spontanfahrt (-2 Tage Buchungszeit) für jemanden, der eh ein Auto hat unattraktiv, weil sauteuer und für den, der weniger Geld hat, total unbezahlbar macht.
Vollkommene Zustimmung, das wirre Preissystem ist eine Zumutung. Mich persönlich kratzt es mit Bahncard nicht, aber es ist für Seltenfahrer eine Zugangshürde die unnötig hoch gelegt ist.
Andre_HD @ 8 Dec 2010, 10:08 hat geschrieben:Die Chinesen werkeln gerade an 16.000 km Hochgeschwindigkeitsstrecke bis 2020 und werden bis dahin mit 860(!) Hochgeschwindigkeitszügen unterwegs sein.
Bei aller Liebe, aber Chinesische Bedingungen, wo es für die Bewohner eines Einfamilienhause das in der geplanten Trasse steht halt irgendwo ne neue Bleibe gibt, möchte ich dann auch nicht.
Fichtenmoped @ 8 Dec 2010, 10:31 hat geschrieben:-Wollen wir ein Unternehmen, dass jedes Jahr Milliarden Euros an Steuergeldern schluckt oder lieber doch mehrere Millionen Euro im Jahr als "Dividende" an den Staat auszahlt?
Jaja. Die DB bringt ein paar Millionen im Jahr an Dividende hinten raus. Aber vorne kommen über 6,5 Milliarden Regionalisierungsmittel und 2 Milliarden (oder wieviel es genau waren) für die Infrastruktur hinein. Volkswirtschaftlich gesehen sehe ich da jetzt noch nicht so den wahnsinnigen Unterschied zur defizitären Bundesbahn.
Wobei mich tatsächlich mal ein Vergleich vom Defizit der Bundesbahn (und Reichsbahn zur Vergleichbarkeit mit Gesamt-DB) sowie dem Konzernergebnis, Regionalisierungsmittel und Infrastrukturgelder seit der Bahnreform über die Jahre interessieren würde. Zahlen, Diagramme - kein Stammtischgerede.
Fichtenmoped @ 8 Dec 2010, 10:31 hat geschrieben:-Wollen wir ein Unternehmen, dass von der Politik vorgeschrieben bekommt, was für Material es kaufen soll, auch wenn kein Bedarf da ist nur um anderswo Arbeitsplätze zu sichern? (Auch wenn es "veraltete" Technik ist? Ich höre schon das rumgeheule, aber die DB-Baureihe 112.1 wurde nur wegen Arbeitsmarktpolitischen Gründen produziert, die DBundesbahn wollte lieber die BR120 weiter beschaffen!)
Naja, heutzutage geben halt die Besteller vor was sie ungefähr wollen - und die Betreiber fallen oft genug mit den Neufahrzeugen auf die Nase, weil ein sanfter Übergang bis man die Kinderkrankheiten der neuen Züge im Griff hat nicht möglich ist.
Und hier im Forum diskutiert man, wie man Betreiberwechsel unter Beibehaltung der Fahrzeuge machen kann - dann doch lieber von der Politik vorgeschriebene Neufahrzeuge als zwangsweise vom Konkurrenten übernommene Gebrauchtfahrzeuge.
echter-HGV @ 8 Dec 2010, 11:22 hat geschrieben:Befindet sich denn zwischen Stuttgart und München so viel, dass jeder Zug dort halten muss? Ich würde mal NEIN sagen.
Andre_HD @ 8 Dec 2010, 12:06 hat geschrieben:Für Göttingen und Fulda hätte ich da durchaus Ideen, die vielleicht auch in Ulm und anderer Orts funktionieren täten. Die SFS-Durchgangsgleise unterfahren die Hauptbahnhöfe.
Nun. Rein geographisch könnte das mit der Untertunnelung in Ulm schwierig werden. Auf der einen Seite kommt man ja gerade erst von der Alb runter (wobei zugegebenermaßen der geplante Tunnelmund in leichter Tieflage in Ulm Hbf aus dem Berg kommen würde), auf der anderen Seite kommt gleich die Donau. Zudem haben wir in Deutschland bei Tunneln unter Bahnhöfen oft noch das Problem mit Blindgängern, wie erst letztes Jahr die explodierte Bombe beim Fundamentbau für den neuen Ulmer Bahnhofssteg gezeigt hat.

Aber Grundsätzlich: Ich sehe Perspektiven und Weiterentwicklung nicht in der Frage, Halte auszulassen - sondern vielmehr in der Frage, Mehrverkehr (dann gerne schneller durch weniger Halte) anzubieten.
Ich hab nichts gegen Umfahrungen von kleineren Orten bei einer Taktverdichtung. Aber beim derzeitigen Stundentakt die ICEs nicht mehr oder nur noch zum Teil in Ulm, Augsburg und co. halten zu lassen, halte ich einfach nicht für den richtigen Weg. Da sparen 500 Leute im Zug vielleicht 5 Minuten, dafür verprellst du 200 Leute in Ulm und Augsburg (plus Hinterland - das sind ja durchaus auch nenneswerte Nahverkehrsknoten) durch 2h statt 1h Takt oder Umsteigezwang mit Zeitverlust, wer weiter als München/Stuttgart will.
Insofern wäre mein Konzept: Bei neuen Strecken schonmal grob mitplanen wo eine Umfahrung laufen könnte und die Strecke so legen, dass es Prinzipiell möglich ist sowas später zu bauen. Wenn man dann in 20-30 Jahren mal den Halbstundentakt im Fernverkehr einführt, kann man die Umfahrungen bauen, dann gibts pro Stunde einen Sprinter der - um bei der Strecke als Beispiel zu bleiben - München-Stuttgart ohne Halt fährt, und einen ICE der mit den bisherigen Halten fährt.
DAS ist eine Perspektive. Nicht "wir werden dadurch schneller, dass wir alle halte zwischen Landesgrenze und Paris streichen". Oder bei uns halt Berlin und München.

Aber das ist das nächste Thema, wo ich die heutige Bahnpolitik echt kritisieren muss: Dass man soetwas wie einen Halbstundentakt im Fernverkehr anscheinend weder für möglich hält noch sich vorstellen kann dass das in 50 Jahren mal Sinn machen könnte. Wenn sich die Bahnleute bei Stuttgart 21 hinstellen und sagen "wir haben 30% Kapazitätsreserve, aber wir sehen keinen Grund wieso das die nächsten 80 Jahre nicht reichen sollte", da sammel ich meine Kinnlade zwei Stockwerke weiter unten wieder ein. Gerade wenn ich an die Verkehrsentwicklung der letzten 30 Jahre denke und überlege, dass aus Ökologischen Gründen eigentlich eher mehr als weniger Verkehr auf der Schiene laufen sollte...
Wer die nächsten 80 Jahre halbwegs zuverlässig prognostizieren kann, sollte sich mit ner Glaskugel auf die Kirmes setzen....

In diesem Sinne...
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

c-a-b @ 8 Dec 2010, 09:51 hat geschrieben: Zu Einführung des ICE war das wirklich ein luxuriöser Paradezug. Was ist es heute?
Im Vergleich zu dem was vor dem ICE war war er ein luxuriöser Paradezug. Im Vergleich zu dem Material was vor dem ICE war ist auch der heutige ICE noch ein luxuriöser Paradezug. Im Vergleich zu den ICE vor 15 Jahren fällt der heutige ICE natürlich nicht mehr durch Luxus auf, das stimmt.

Nur: Macht es Sinn, den Luxus weiter zu steigern? Was fehlt denn?
Technisch kaum weiterentwickelt
Nööö, überhaupt nicht, wenn man davon absieht dass der ICE3 eine völlige Neuentwicklung gegenüber dem ICE1 ist, und in Form des Nachfolgers Velaro D nach wie vor zu den erfolgreichsten und modernsten HGV-Fahrzeugen zählt die es gibt.
engere und unbequemere Sitze
Geschmacksache - ich find die neuen Sitze bequemer als die alten.
öfter kein guter Pflegezustand
Stimmt, wenn vor mir jemand auf dem Platz war der den vollgemüllt hat dann ist der Platz dreckig. Nur: Was kann die Bahn dafür? Am morgen waren die ICEs mit denen ich mim Deutschlandpass unterwegs war jedenfalls immer sauber.
Innovationen gibt es kaum, und wenn dann setzt man aufs falsche Pferd, wie beim Internetzugang, der nur Streckenweise funktioniert.
-Steckdosen am Platz
-Handyrepaeter
-Am-Platz-Service in der 1. Klasse

Was hättest Du denn sonst gerne?
Die IC Wagen dösen im Dornröschenschlaf vor sich hin, bis sie zerfallen und bilden bis dahin IR-Ersatzzüge und sofern möglich ICE Ersatz.
Die IC-Wagen sind alt, das stimt. Aber das ist ein gutes Beispiel für das Thema Innovation - sie sollen ja jetzt durch eine groß angelegte Neubauserie ersetzt werden.
Güterverkehr wurde ja eh vollkommen geschrottet mit der tollen Idee, DB Schenker without rail per LKW auf die Straßen zu schicken und dafür massenweise Güteranschlussgleise zu kappen. Kompliment und Beileid zugleich an alle Firmen, die sich das immer noch per Schiene antun.
Stimmt, mim Rückbau wurde übertrieben. Wo es örtliche Güterbahnen gibt geht der Trend inzwischen aber wieder in die andere Richtung.
Aber was rede ich da, ich habe ja gewiss üüüberhaupt keine Ahnung und mecker doch nur den ganzen Tag vor mich hin, wie es ja alle tun. Ich bin ja einfach nur dagegen! Die harten Bahnfans können nie und nimmer berechtigte Kritik einstecken, selbst wenn es allzu offensichtlich ist...
Gegen berechtigte Kritik habe ich nichts, und ich kritisiere auch des öfteren. Dem dauernde Gejammer "die Bahn ist so gemein" und "früher war alles besser" dagegen stimme ich nun wirklich nicht zu.
Was der DB und deren Fans und Verteidigern wohl am meisten fehlt, ist Fantasie und Innovationsgeist.
Es gibt genug Innovationen - aber sag doch mal, was für eine (realistische) Innvoation geht Dir ab?
Bayernlover @ 8 Dec 2010, 09:56 hat geschrieben:Die Preispolitik im FV, die eine Spontanfahrt (-2 Tage Buchungszeit) für jemanden, der eh ein Auto hat unattraktiv, weil sauteuer und für den, der weniger Geld hat, total unbezahlbar macht.
Stimmt, das Preissystem ist Blödsinn - aber was hat das mit der Frage der Innovationen zu tun?
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

Fahrdienstvorschrift bayerische Staatsbahnen 1876
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Beitrag von DumbShitAward »

Jaja Frankreich ist so zentralistisch und Deutschland so polyzentrisch... langsam aber sicher kann ich's nicht mehr hören.

Erstens: auch Frankreich hat sich in den letzten 20 Jahren politisch gewollt von seiner Parisfixierung ein wenig gelöst und auch Deutschland fokusiert sich, ganz im Gegensatz zum politischen Willen mancher Provinzfürsten, immer mehr auf eine Handvoll Großzentren - zum Teil ist das ja auch schon historisch bedingt: gerade in Süddeutschland, nehmen wir mal Bayern als Paradebeispiel, sind die ehemaligen Kurfürstentümer und Königreiche aber SOWAS von zentralistisch, da sieht Frankreich aus wie unser Bundesrat.


Ich persönlich kenne nichts, von solchen Dingen wie dem TEE in reiner 1. Klasse Ausstattung einmal abgesehen, auf deutschen Schienen, was an einen ICE1 oder 3 vom Komfort heranreicht (und noch fährt). Das einzige, was ich unter bestimmten Umständen einem ICE3 in der 1. Klasse noch heranreicht ist ein guterhaltener Apmz.

Und schauen wir uns doch mal um: dem Railjet wird vorgeworfen, man könne die Sitze nicht verstellen (ich bin noch nie im RJ gewesen, kommt Ende des Monats vielleicht, halte also lieber meine Klappe), der TGV POS hat zu geringe Sitzabstände und ist allgemein sehr eng und das was die SBB da abliefert ist sowieso unter aller Kanone... ich würde sogar so weit gehen, dass der ICE in Europa der komfortablste HGV-Zug von allen ist.

Das Tarifsystem finde ich persönlich auch nicht so sonderlich schlecht... wenn ich mal die Normalpreise von vor 25 Jahren mit den heutigen vergleiche, dann hat sich da nicht viel getan, tendenziell ist das ganze sogar etwas günstiger geworden.
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
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Beitrag von Andre_HD »

Unser Problem ist vielleicht eher auch die Zuverlässigkeit des hiesigen Bahnsystems.

Während es in anderen Ländern bisher glücklicherweise keine schweren Unfälle gab, haben wir es geschafft, bereits nach 7 Jahren unseren ersten ICE völlig zu zerstören und 100 Opfer zu beklagen. Und das nur deswegen, weil man bei der Wartung nachweislich geschlampt hat (siehe Absatz 'Mängel am Rad wurden ignoriert'). Danach folgten viele kleinere Störungen ohne Unfallfolgen. Dann wurde es wieder ungemütlich mit der Entgleisung eines ICE 3 in Köln, wo dann in Bezug auf Wartung der Achsen wieder allerlei Dreck hochkam. Dank unzureichender Fahrzeugreserven erinnern wir uns noch gut an das Chaos. Dann die rausfliegende Tür bei voller Fahrt. Was ein Glück, daß wir auch hier gimpflich davon gekommen sind. Von den vielen Problem bei Winter und Hitzetagen will ich gar nicht reden, treten zum Glück auch nur in Extremsituationen auf.

Unser Problem ist einfach, die Bahn macht viele negative Schlagzeilen wegen mangelner Wartung und unzureichenden Ersatzfahrzeugkapazitäten und sollte sollte schnell etwas geschehen. Schaut z.B. mal zur S-Bahn Berlin. Wie kann so etwas sein? Warum wurden Werkstätten geschlossen? Warum gibt es keinen ausreichenden Ersatz im Fernverkehr? Wie kann es sein, daß eine SNCF haufenweise TGV in ihren Werken gelangweilt rumstehen hat und das auch zur Hauptreisezeit, während es hier zu Problemen im Fahrplan führt, wenn 1-2 ICE ihren Dienst verweigern? Ich kenne die Shinkansen-Reserven der Japaner nicht, aber bei deren Anforderungen an Pünklichkeit können die sich auch keine Schluderei erlauben und die JR ist privatisiert, muß also auch schwarze Zahlen schreiben.

Über die Pünktlichkeit könnte man nun stundenlang diskutieren, aber wir werden um eines nicht herumkommen. Um die Verlässlichkeit des Bahnsystems zu erhöhen, muß die Wartung wieder eine bessere Qualität erreichen. Und zwar gleichermaßen für Strecken und Züge. Jede LA bremst das System unnötig aus. Jeder Zugausfall sorgt für Folgeverspätungen.

Was das Thema Entertainment im Zug angebelangt: Mir reichen Steckdosen und zeitnahe Durchsagen, vor allem bei Betriebsstörungen. Der Rest ist mir egal, denn mir kommt es allein auf die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit an und nicht auf Videositze, Audioprogramm und anderen Spielkram.

Sehr löblich finde ich die Online-Buchungssystem und auch die aktuellen Fahrscheinautomaten. Die sind mittlerweile wirklich richtig gut geworden, da kann man eigentlich nichts mehr falsch machen.
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Boris Merath
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Beitrag von Boris Merath »

DumbShitAward @ 9 Dec 2010, 02:30 hat geschrieben: Jaja Frankreich ist so zentralistisch und Deutschland so polyzentrisch... langsam aber sicher kann ich's nicht mehr hören.

Erstens: auch Frankreich hat sich in den letzten 20 Jahren politisch gewollt von seiner Parisfixierung ein wenig gelöst und auch Deutschland fokusiert sich, ganz im Gegensatz zum politischen Willen mancher Provinzfürsten, immer mehr auf eine Handvoll Großzentren - zum Teil ist das ja auch schon historisch bedingt: gerade in Süddeutschland, nehmen wir mal Bayern als Paradebeispiel, sind die ehemaligen Kurfürstentümer und Königreiche aber SOWAS von zentralistisch, da sieht Frankreich aus wie unser Bundesrat.
Ähm...dass die einzelnen Ex-Königreiche zentralistisch sind stimmt schon, nur haben wir eben viele zentralistische Königreiche, die in der Summe dann wiederum polyzentrisch sind. Schau Dir das TGV-Netz doch mal an - von einem Netz kann man hier nicht sprechen, das ist im wesentlichen ein Stern.
Andre_HD @ 9 Dec 2010, 07:57 hat geschrieben:Während es in anderen Ländern bisher glücklicherweise keine schweren Unfälle gab, haben wir es geschafft, bereits nach 7 Jahren unseren ersten ICE völlig zu zerstören und 100 Opfer zu beklagen.
Auch wenn ich jetzt wahrscheinlich wieder als unverbesserlicher DB-Verteidiger dastehe: Das war einfach Pech.

Es ist nicht so dass es nur beim ICE brenzlige Situationen gegeben hat, auch der TVG ist schon des öfteren entgleist, auch hält der TGV AFAIK immer noch den Weltrekord für die schnellste Entgleisung bisher.

Dass der Unfall in Eschede so schlimm verlaufen ist war schlicht Pech - der ICE ist direkt an einer Weiche entgleist, und blöderweise stand auch noch eine Brücke im Weg, während der TGV halt bei seinen Entgleisungen nie mit einer Brücke kollidiert ist. Dass der ICE auch entgleisen kann ohne dass allzu viel passiert hat man ja im Lammrückentunnel gesehen.

Es ist ganz klar: Die Wartungsmängel, die zu der Entgleisung geführt haben, sind natürlich definitiv nicht in Ordnung gewesen. Dennoch kann man nicht sagen dass der TGV da so wesentlich besser wäre in dieser Hinsicht.
Schaut z.B. mal zur S-Bahn Berlin. Wie kann so etwas sein? Warum wurden Werkstätten geschlossen?
Da stimme ich zu - in Berlin ist einiges schiefgelaufen.
und die JR ist privatisiert, muß also auch schwarze Zahlen schreiben.
Allerdings haben die Japaner da einen Vorteil - durch die geographische Situation bedingt können die mit wenigen Strecken bereits einen großen Teil der Bevölkerung mit ihrem wenigen Linien abdecken, während wir Deutschen eben ein Netz brauchen.
Über die Pünktlichkeit könnte man nun stundenlang diskutieren, aber wir werden um eines nicht herumkommen. Um die Verlässlichkeit des Bahnsystems zu erhöhen, muß die Wartung wieder eine bessere Qualität erreichen.
Mehr Wartung kann sicherlich dazu beitragen, ein großer Teil der Verspätungen ist aber auch durch externe Einflüsse gegeben - die bekommt man damit auhc nicht weg.
Bis zur vollzogenen Anbringung von ausreichenden Sandstreuapparaten an allen Maschinen haben die Bahnwärter bei aufwärtsgehenden Zügen auf stärkeren Steigungen die Schienen ausgiebig mit trockenem Sand zu bestreuen und für die Bereithaltung eines entsprechenden Vorrathes zu sorgen.

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Andre_HD
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Beitrag von Andre_HD »

Eschede war einfach Pech?
Wochen vor dem Unfall registrierte das Onboard-Diagnoseprogramm DAVID eine „Flachstelle“ und „Unruhigen Lauf“. ZEUS, eine Zentraleinheit für die Überwachung und Steuerung“, ergänzt DAVID, indem vom Zugpersonal Mängel und Auffälligkeiten eingespeichert werden. Ab dem Monat April gab das Personal insgesamt achtmal ein, dass der Wagen lästig vibriert. Trotz dieser beiden Systeme wechselte niemand das verschlissene Rad aus. Am 2. Juni 1998 wurde der ICE routinemäßig im ICE-Werk in München inspiziert. Er passierte unter anderem eine Radsatz-Diagnoseeinrichtung. Sensoren maßen das zwischen Rad und Schiene entstehende Laufgeräusch, und drei voneinander unabhängige automatische Messmodule suchten Querrisse, Profilabweichungen und Flachstellen. Alle Messungen des Rades zeigten so unglaubwürdig schlechte Ergebnisse an, dass man an Fehlmessungen glaubte und ließ das Rad im Drehgestell.
Das war kein Pech, das war ignorieren von Warnsignalen!

Und ja, auch der TGV hat schon einige Unfälle gebaut, vornehmlich mit LKWs. Was jedoch die ICE-Entgleisung im Lammrückentunnel betrifft, so sollte man über die Ursache nachdenken! Es waren einfache Schafe! Und warum? Weil man im Sparwahn auf Zäune bei SFS verzichtet!

Und was war das mit dem ICE 3 in Köln? Der Achsbruch? War das auch Pech?

Man kann Dinge wirklich schön reden, aber um nochmal auf Eschede hinzuweisen, Pech konnte man das nicht nennen! Das war leider die logische Konsequenz von verantwortungslosem Handeln im ICE-Werk. <_<
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Beitrag von DumbShitAward »

Boris Merath @ 9 Dec 2010, 09:48 hat geschrieben: Ähm...dass die einzelnen Ex-Königreiche zentralistisch sind stimmt schon, nur haben wir eben viele zentralistische Königreiche, die in der Summe dann wiederum polyzentrisch sind. Schau Dir das TGV-Netz doch mal an - von einem Netz kann man hier nicht sprechen, das ist im wesentlichen ein Stern.
Ist ja richtig, aber auch hierzulande haben wir nicht so viele Zentren, wie oft getan wird. In Deutschland würde ein HGV System genügen, dass mehr oder weniger einen Ring mit einem Kreuz darin gleicht, also München - Stuttgart - Frankfurt- Rhein/Ruhr - Hamburg - Berlin - Dunkeldeutschland - Nürnberg - München im Ring, die Nord-Süd-Strecke und eine Querverbindung in etwa auf der Höhe Frankfurts, dazu noch Zu- und Abläufe Richtung Schweiz, Österreich, Frankreich und Benelux. Zumindest im Ansatz kann man das ja schon so erkennen, man müsste es nur Konsequent durchziehen

Ich finde auch nicht, dass man den ICE dann überall wo er heute hält benötigt, gerade bei den Klein und Mittelstädten kann man mit vertretbarem Aufwand, beispielsweise im Rahmen des ICx, untergeordnete Zubringerzüge zum ICE-Netz einrichten, nehmen wir mal als Beispiel Deutschlands Südwesten mit ausgebauter Rheintalstrecke und SFS Ulm - Wendlingen (ich gehe das einfach mal bewusst konservativ an). Man könnte als "Soft-Variante" beispielsweise die stündlich verkehrenden Züge alternierend in Ulm oder Augsburg halten lassen und die "Löcher" mit einem zwischen Stuttgart (oder Karlsruhe) pendelnden ICx, der dann auch in diesen Mittelstädten hält stopfen. An den ICE Bahnhöfen stellt man dann einen bahnsteiggleichen ICE-Anschluss her, d.h. diese Mittelstädte verlieren von der Fahrzeit lediglich ein paar Minuten.

Oder man macht gleich Nägel mit Köpfen:
Jeweils ein Zweistundentakt (oder mehr?) für einen Zug von München über Stuttgart und Mannheim nach Frankfurt (weiter nach Berlin?), einen von München über Stuttgart, Mannheim, Frankfurt nach Köln (und optional weiter) und ein Dritter von München über Stuttgart nach Karlsruhe, dort Flügelung nach Basel (-> Zürich/Bern) und Paris. Für die ausgelassenen Halte nimmt man dann einen Fugger-ExpressExpress mit Fernverkehrskomfort, aber etwas niedrigerem Preis (dafür braucht man dann aber nicht erwarten, dass man die Dinger auch mit bequemen 15-Minuten-Umsteigezeiten stückeln kann - wenns geht, klar warum nicht).

So zwickt man den Städten die zwar einen Fernverkehr verdient haben, wie eben Ulm, Augsburg oder Offenburg den ICE, aber nicht halbwegs schnelle Anbindung an diesen
Lektion 73 in unserer Serie "Rechtsstaat für Anfänger", heute: §81 StGB

Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
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Beitrag von DumbShitAward »

Andre_HD @ 9 Dec 2010, 10:07 hat geschrieben: Eschede war einfach Pech?
Was Boris meinte war nicht, dass es da einen Schaden am Rad gegeben hat, sondern, dass die Folgen auch unter widrigsten Laborbedingungen nicht zu erwarten gewesen wären...
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Beitrag von Boris Merath »

Andre_HD @ 9 Dec 2010, 10:07 hat geschrieben: Eschede war einfach Pech?
Dann les bitte nochmal genauer was ich geschrieben habe. Die Entgleisung als solche war kein Pech, das ist klar - habe ich aber auch nie behauptet. Dass die Entgleisung jedoch zu den schlimmen Folgen geführt hat, das war dann wirklich Pech, und wäre bei einer Entgleisung mit einem TGV an selber Stelle möglicherweise genauso passiert. Wie gesagt, TGVs sind auch schon oft genug entgleist, nur lag an der Stelle halt nie eine Weiche so blöd rum dass die den Zug direkt auf einen Brückenpfeiler geführt hat.

Welches System sicherer ist lässt sich jedenfalls nicht so ohne weiteres an der Zahl der verletzten oder getöteten Fahrgäste ablesen. Unfälle gab es mim TGV genauso, nur gingen die halt bisher glimpflich aus.
DumbShitAward @ 9 Dec 2010, 10:13 hat geschrieben:Ist ja richtig, aber auch hierzulande haben wir nicht so viele Zentren, wie oft getan wird.  In Deutschland würde ein HGV System genügen, dass mehr oder weniger einen Ring mit einem Kreuz darin gleicht, also München - Stuttgart - Frankfurt- Rhein/Ruhr - Hamburg - Berlin - Dunkeldeutschland - Nürnberg - München im Ring, die Nord-Süd-Strecke und eine Querverbindung in etwa auf der Höhe Frankfurts, dazu noch Zu- und Abläufe Richtung Schweiz, Österreich, Frankreich und Benelux.  Zumindest im Ansatz kann man das ja schon so erkennen, man müsste es nur Konsequent durchziehen
Das ist aber dennoch ein wesentlich größerer Aufwand als die Linie in Japan oder der Stern in Frankreich.
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Beitrag von Andre_HD »

Okay, dann habe ich das "das war Pech" falsch interpretiert. Sorry!

Nun gut, ich hoffe sehr, daß das Thema Wartung in allen Bereichen wieder ernster genommen wird. Die Pünktlichkeit wird nie bei 100% liegen, aber mit einer guten Wartung wird die Pünktlichkeit sicher spürbar besser. Aber auch das insgesamte Erscheinungsbild bessert sich mit besserer Wartung.

Wie ist es eigentlich mit dem Dauerproblem "offene Bugklappen"? Wenn ein ICE mit offener Bugklappe vorraus fährt, geht doch teilweise die Aerodynamik verloren. Steigt dadurch nicht der Energieverbrauch? Interessant ist dabei auch die Beobachtung, daß man bei TGV oder Shinkansen (ja, auch dort gibt es Doppeltraktionen) dieses Problem in der Häufung offenbar nicht hat. Zumindest habe ich da noch keine offenen Bugklappen gesehen.
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Beitrag von firefly »

3247 @ 8 Dec 2010, 22:04 hat geschrieben: Frankreich ist zentralistischer. Das heißt zum einen, dass das Schienennetz leichter zu planen ist (weil man einfach alle Schnellfahrstrecken nach Paris legt), zum anderen, dass sich solche Planungen leichter „von oben“ durchsetzen lassen.

Japan ist dichter besiedelt und länglich. Das kommt dem Bahnverkehr gelegen, weil man die Großstädte einfach der Reihe nach abfährt. Die Tôkaidô-Shinkansen hat auf einer Länge von etwas über 500 km ein Einzugsgebiet von 60–70 Mio. Einwohnern in den Metropolregionen Kantô, Kansai und Nagoya. Durch die dichte Besiedlung macht Autofahren auch keinen Spaß.
Im Grunde sind das alles Ausreden. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir Nägel mit Köpfen gemacht hätten, wenn Deutschland, die Topographie und die Siedlungsstruktur Frankreichs oder Japans hätte.
In letzterem Fall hätte man auf die vielen Inseln und das bergige Terrain verwiesen.

Die Wahrheit ist, dass wir Systemhalte und Mitspracherecht der Länder haben. Hier geht das grosse Ganze schnell in lokalen Planungsgremien verloren. Das sind die Gründe, warum wir nur Stückwerk haben und kein SF-Netz.
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Beitrag von 3247 »

firefly @ 9 Dec 2010, 11:05 hat geschrieben:Im Grunde sind das alles Ausreden. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir Nägel mit Köpfen gemacht hätten, wenn Deutschland, die Topographie und die Siedlungsstruktur Frankreichs oder Japans hätte.
In letzterem Fall hätte man auf die vielen Inseln und das bergige Terrain verwiesen.
Hätten wir eine Siedlungsstruktur wie Japan, hätten wir den Transrapid gebaut. Tôkyô—Ôsaka ist zwar doppelt so lang, hat aber 20-Mal so viele Einwohner.

Und so weit her ist es mit dem Schnellfahrverkehr zwischen den Inseln in Japan auch nicht. Zwischen Honshû und Kyûshû existiert ein (relativ kurzer) Tunnel; die Brücke nach Shikoku und der Tunnel nach Hokkaidô sind nur für Schnellfahrverkehr vorbereitet, aber nicht in Betrieb.

Die Kyûshû-Shinkansen wird auch erst nächstes Jahr fertig – vermutlich, weil auch hier die Geologie schwierig ist.
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Beitrag von Bayernlover »

Boris Merath @ 9 Dec 2010, 00:57 hat geschrieben: Stimmt, das Preissystem ist Blödsinn - aber was hat das mit der Frage der Innovationen zu tun?
Mit einem anderen Preissystem könnte man ohne größeren Mehraufwand mehr Leute in den Fernverkehr holen - nach meiner Auffassung. Möge ein BWLer kommen und das widerlegen ;)
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Xenon »

Mehr Fahrgäste muss aber nicht notwendigerweise mehr Einnahmen bedeuten.
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