Ich schenk es mir jetzt mal, alles im Detail zu kommentieren. Nicht nur weil das lange dauern würde, sondern primär, weil das nichts bringt. Ich möchte primär nochmal etwas umfassendere Überlegungen bringen.
Im wesentlichen habe ich das Gefühl, einige (speziell von der Autofraktion) nehmen den Titel "Das Auto abschaffen" zu ernst. Niemand hat das ernsthafte Ziel, die Erfindung Automobil zu verbieten.
Und man muss da differenzieren zwischen Stadt und Land.
Grundüberlegung ist doch: Motorisierter Individualverkehr mit Autos bringt speziell in Ballungsräumen einige Probleme mit sich. Einerseits natürlich - global gesehen - einen verhältnismäßig hohen Energieverbrauch. Andererseits - und das ist im Stadtbereich Kritikpunkt Nummer eins - einen sehr hohen Flächenverbrauch. Und zwar sowohl für den fließenden als auch für den ruhenden Verkehr. Mit einem gut genutzten ÖPNV liese sich beides reduzieren.
Auf der anderen Seite steht das Auto natürlich für individuelle Mobilität, jederzeit Verfügbar, transportkapazität, und (so Parkplatz verfügbar, was in der Stadt häufig so nicht gegebgen ist) direkt zum Ziel verwendbar.
Wenn man also Verkehr von MIV zu ÖPNV verschieben will, werden die Leute natürlich an der ein oder anderen Stelle ein wenig eingeschränkt - dafür werden sie an anderer Stelle neue Freiheiten gewinnen.
Sinn und Zweck dieser Diskussion sollte in meinen Augen sein: Wieso fahren die Leute Auto und nicht öffentlich, d.h. welche Freiheiten gewinnt man und welche verliert man, wie wiegt das, wie kann man die Einschränkungen einer Verschiebung minimieren, und wie könnte man diese Verschiebung erreichen.
Ganz wichtig: Wir reden hier von "den Menschen" - in der Vielzahl. Also z.B. alle Leute die in einem Ballungsraum leben, arbeiten oder ihn sonstwie regelmäßig betreten. Das heißt, dass wir hier immer vom Durchschnitt reden.
Im Umkehrschluß bedeutet das - und das ist ganz wichtig als Diskussionsgrundlage - dass es immer Personengruppen geben wird, auf die das nicht zutrifft. Beispiel für solch eine Personengruppe sind die rechtmäßigen Nutzer von Behindertenparkplätzen.
Die Existenz solcher Personengruppen behindert aber nicht grundsätzliche Änderungen - wir müssen und wollen ja nicht 0% Autoverkehr erreichen.
Bei dem "wie erreicht man das" steht für mich deswegen persönlich fest: Ein absolutes Auto-Verbot kann es nicht geben. Oberste Priorität ist für mich, durch eine entsprechende Infrastruktur (was einen gut vernetzten und dicht getakteten ÖPNV genauso einschließt wie eine engmaschige und ÖPNV-angepasste Einkaufsinfrastruktur, und sicher noch mehr) die Leute von sich aus zum Umstieg zu bewegen.
Als zweiten Aspekt kann räumlich beschränkt auf gewisse Bereiche (Innenstädte) auch ein Teilverbot in Form von Fußgängerzonen oder eine Beschränkung in Form von Citymaut o.Ä. dazukommen.
Als dritter Aspekt kommt die Kostenfrage dazu. Bei steigenden Energiepreisen regelt sich das zum Teil schon von alleine - inwiefern es sinnvoll ist, diesen Effekt künstlich zu verstärken, kann Teil der Diskussion sein. (Ketzerisch überspitzt gesagt - solange Leute 200m zum Zigarettenautomaten mit dem Auto fahren, ist Benzin zu billig...)
Und auch abgesehen von bestimmten Personengruppen die auf ein Auto angewiesen sind: Wenn mir mal die Verwandschaft ein gebrauchtes Möbelstück vermachen will, oder ich einen Dienst- oder Mietwagen abends mit zur Wohnung nehme, um am nächsten Morgen direkt auf eine Dienstreise aufbrechen zu können - dann möchte ich nicht erst am Amt eine Sondergenehmigung beantragen. Soviel Freiheit muss sein. Wenn ich in einem Citymaut-Gebiet wohne, muss ich halt ggf. zuvor ein Einzelticket per Automat oder Internet erwerben - aber das ist ja eine gewisse Analogie zu heute schon existenten Parkscheinautomaten.
Aber auch das behindert nicht eine generelle Reduzierung von Autoverkehr.
Um noch auf ein paar einzelne Punkte einzugehen.
Die Stadt kann keinen Einfluß auf die Einkaufsinfrastruktur nehmen? Ja wieso denn nicht?
Beispiel wie es im Positiven möglich ist: Giesing Bahnhof in München, Umsteigeknoten zwischen einer U-Bahn, zwei S-Bahn, einer Tram- einer Metrobus- und mehreren Stadtbuslinien. Dementsprechend was los. Hier ist vor ein paar Jahren ein Einkaufszentrum mit einem großen und gut sortierten Supermarkt, einem Drogeriemarkt, und einer Apotheke entstanden. Schon vorhanden waren ein kleinerer Tengelmann, ein weiterer Drogeriemarkt, ein paar kleine Läden (Asiashop etc.) - und in Summe fallen mir fünf Bäcker und drei Kioske ein. Das sind ideale Voraussetzungen, um auf dem Arbeitsweg ohne Umwege den Einkauf mitzuerledigen - und diese sind planerisch von der Stadt geschaffen.
Es sollte genauso möglich sein, zwischendrin in den Wohngebieten entsprechend Verteilt Flächen entsprechender Größe für diesen Zweck in den Bebauungsplänen festzuschreiben. In einer vorhandenen Stadtbebauung ist dies natürlich nicht so einfach zu realisieren. Ich bin kein Experte für Baurecht, aber irgendwie sollte es doch hoffenltich möglich sein, bei baulichen Änderungen dennoch solche Möglichkeiten zu schaffen - wenn nach derzeitiger Rechtslage nicht, wäre es Aufgabe der Politik, den Stadtplanern solche Werkzeuge in die Hand zu geben.
Autobahn lehnt Getränke-Lieferservice ab, weil er Lebensmittel grundsätzlich nicht liefern lässt?
Nun ich sehe da durchaus ein paar Unterschiede zwischen Getränken und anderen Lebensmitteln (als auch Non-Food wie Hygieneartikel):
Erstens das Gewicht - Getränke dürften mit Abstand das Schwerste des täglichen Bedarfs sein.
Zweitens die Vielfalt - ein durchschnittlicher Haushalt kauft (von gelegentlichen Kleinmengen abgesehen) wohl nur eine einstellige Anzahl verschiedener Getränke (z.B. Wasser, Saft, Cola, Bier), aber regelmäßig dutzende verschiedene und auch häufiger wechselnde Lebensmittel, Hygieneartikel und weiteres.
Drittens die Haltbarkeit - ein klein wenig Platz vorausgesetzt, kann man Problemlos den Getränkebedarf von 1-2 Wochen (oder mit mehr Platz auch länger) auf einmal bestellen, im Gegensatz zu Bäcker- oder Metzgerwaren.
Autobahn fragt sich wo man die vielen ÖPNV-Fahrzeuge unterbringen will?
Auf den Außenstrecken von Trambahn und Bus ist noch genug Platz für Taktverdichtungen. Im Innenstadtbereich wo sich mehrere Linien kreuzen wird man bei weniger Autoverkehr oft genug Platz haben um ggf. mehrere Spuren für ÖPNV zu bauen. Darüberhinaus kann man im Trambahnbereich noch sehr viel mit der Länge machen - München fährt mit 27 und 36m langen Fahrzeugen - die BOStrab erlaubt bei Trambahnen die auch im Straßenraum fahren bis zu 75m. Mit weniger Autoverkehr erhöhen sich auch die Möglichkeiten, Bahnsteige länger zu bauen.
Und auch sonst einfach mal vergleichen: Wie viel Platz braucht man für 100 Menschen im Auto und wieviel für 100 Menschen in einer Trambahn?
Elchris fragt sich wie er zur Silvesterparty kommt?
Nun das Feuerwerk könnte sinnigerweise der Gastgeber besorgen bei einem ihm nahegelegenen Laden, der wird für die Party ja ohnehin einkaufen müssen.
Wenn man jemanden Besucht und ihm mit Werkzeug hilft, bietet sich Carsharing an.
Carsharing ist übrigens auch ein interessanter Punkt auf dem Weg zu weniger Autoverkehr. Und es ist auch hochinteressant was Daimler da mit car2go macht. Sicherlich führt car2go bei einigen bisherigen Nur-ÖPNV-Nutzer zu mehr Autoverkehr. Aber ich bin überzeugt, es senkt die Hemmschwelle auf ein eigenes Auto zu verzichten.
Klar gibt es in München schon mehrere Carsharing-Anbieter. Aber wenn ich da bei manchen auf der Homepage lese, da kommt erstmal einer und redet mit dir bei der Anmeldung, tu ich mir das an? Und dann jeden Monat 6 Euro Grundgebühr zahlen - nur um die Freiheit zu haben, wenn es vielleicht 2 mal im Jahr praktisch wäre? Deswegen bin ich da auch bei keinem, weil ich bislang keinen Bedarf hätte. Gäbe es car2go in München, ich wäre längst angemeldet - kostet einmalig 20 Euro und gibt mir die Möglichkeit, es binnen Minuten zu nutzen, wenn ich es mal brauchen sollte.
Übrigens: Auch "konventionelle" Carsharing-Anbieter lernen und profitieren von car2go, wie jüngst dieser Presseartikel erläuterte:
http://www.swp.de/ulm/lokales/ulm_neu_ulm/...;art4329,766469
Irgendjemand hat sich über die Packungsgrößen bei Wasser ausgelassen, weiß gerade nicht wer:
Schau dir mal die Adelholzner-Kästen an:
http://www.adelholzener.de/uploads/pics/ka...ten12x1l_01.jpg
12er-Kasten teilbar, jede Hälfte mit ergonomischem Tragegriff. So ein 6er-Halbkasten trägt sich wesentlich angenehmer als so ein 6er-PET-Blister mit dem Trageriemen (der einen in die Hand schneidet).
Ach zum Thema Sendlinger Straße: Von der Ulmer Fußgängerzone gewöhnt, dass Einkaufsbereiche mit Fußgängerverkehr Autofrei sind, ist mir das bislang auch unverständlich, wieso die Sendlinger Straße nicht autofrei ist. Die Gehwege mögen absolut gesehen breit sein - relativ gesehen zu dem was da am Wochenende Fußgänger unterwegs sind, sind sie alles andere als breit.
Soviel für Heute,
Grüße,
Didi