Entwicklung des Schienennetzes

Alles über Eisenbahn, was woanders nicht passt.
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chris232
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Beitrag von chris232 »

Grüß euch,

nachdem bei mir seit einiger Zeit ein Artikel auf dem Schreibtisch liegt, nehm ich mir heute mal die Zeit, euch ein paar Zahlen daraus zu präsentieren. So schöne Diagramme gibt's von mir nicht, aber auch so ist die Darstellung doch beeindruckend.

Quelle: "Deine Bahn" 2/2011, Seite 8 ff, "Wir brauchen eine neue Infrastrukturpolitik"

Kommentare von Dirk Flege, Geschäftsführer Allianz pro Schiene


Investitionen in die Schieneninfrastruktur
Investitionen in Bundesfernstraßen / Bundesschienenwege (in Mrd. €)
1994: 4,5 / 3,9
1995: 4,5 / 4,7
1996: 4,2 / 3,7
1997: 4,3 / 2,8
1998: 4,4 / 2,7
1999: 4,3 / 3,4
2000: 4,2 / 3,4
2001: 4,7 / 3,9
2002: 4,7 / 4,3
2003: 4,7 / 4,5
2004: 4,9 / 3,5
2005: 5,2 / 3,4
2006: 5,1 / 3,4
2007: 4,9 / 4,0
2008: 5,1 / 3,6
2009: 6,3 / 3,9

"Politische Entscheidungen über Erhalt und Ausbau von Verkehrsinfrastrukturen haben erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklungschancen der einzelnen Verkehrsträger und auf ihren Anteil am Gesamtverkehrsmarkt. Die Kapazität der Infrastruktur und der jeweilige Netzumfang bestimmen, wie viel Verkehr die einzelnen Verkehrsträger bewältigen (...) Die Verkehrsinfrastrukturinvestitionen von heute prägen den Modal Split von morgen."


Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur
in ausgewählten europäischen Ländern im Jahr 2008
in Euro
47 Deutschland
60 Italien
80 Frankreich
84 Spanien
104 Schweden
105 Niederlande
136 Großbritannien
205 Österreich
284 Schweiz

Staatliche Investitionen in die Schieneninfrastruktur
in ausgewählten Ländern pro 1.000 Euro Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2008
in Euro
0,2 Türkei
1,5 Deutschland
2,3 Italien
2,6 Frankreich
2,8 Russland
2,9 Schweden
3,0 Niederlande
3,5 Spanien
4,6 Großbritannien
4,7 Indien
6,0 Österreich
6,4 Schweiz
12,5 China

"Was unter Effizienzgesichtspunkten eventuell als Erfolg gefeiert werden könnte, nämlich gleichbleibende Investitionen in die Schieneninfrastruktur bei stark gestiegener Verkehrsleistung, sagt nichts über die Effektivität der Investitionen aus. Auch die Tatsache, dass Deutschland pro Kopf und Jahr deutlich weniger in die Schieneninfrastruktur investiert als zahlreiche andere europäische Länder, könnte eventuell effizient sein, schlimmstenfalls ist sie fahrlässig."


Entwicklung der Netze bei Straße und Schiene in Deutschland,
Veränderung der Länge 1990-2008

+ 2,1 % Straßen des überörtlichen Verkehrs
-17,4 % Bundesschienenwege

"Tatsächlich wird über den Fortbestand von weniger intensiv genutzten Teilen der Schieneninfrastruktur in Deutschland ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen Kriterien entschieden. Regionale Straßenverbindungen (...) unterliegen jedoch keinem vergleichbaren betriebswirtschaftlichen Druck und werden als Teil der allgemeinen Daseinsvorsorge auch bei geringer Nutzung flächendeckend vorgehalten."


Veränderung des Schienennetzes in ausgewählten europäischen Ländern,
Veränderung der Länge 1990-2008 in Prozent

+ 4,9 Italien
+ 3,5 Spanien
+ 3,5 Niederlande
+ 2,7 Slowenien
+ 1,7 Norwegen
+ 1,0 Belgien
+ 0,9 Finnland
+ 0,7 Österreich
- 8,1 EU27
-17,4 Deutschland
-25,2 Polen


"Effizienz hin oder her, Tatsache ist, dass die derzeitige Höhe der Bundesinvestitionen in die Schienenwege bei weitem nicht ausreicht, um den Investitionsbedarf zu decken. (...) Um die schon jetzt von der Politik als nötig eingestuften Schienenprojekte zügig realisieren zu können, müssten die Bundesmittel für Schieneninvestitionen deutlich aufgestockt werden. Insgesamt sind nach übereinstimmender Ansicht der Branchenverbände jährlich 5 Milliarden Euro Bundesmittel erforderlich. Dies wäre gut eine Milliarde Euro jährlich mehr gegenüber heute."
Eisenbahnen sind in erster Linie nicht zur Gewinnerzielung bestimmt, sondern dem Gemeinwohl verpflichtete Verkehrsanstalten. Sie haben entgegen dem freien Spiel der Kräfte dem Verkehrsinteresse des Gesamtstaates und der Gesamtbevölkerung zu dienen.
Otto von Bismarck

Daher hat die Bahn dem Gemeinwohl und nicht privaten Profitinteressen zu dienen, begreifen Sie es doch endlich mal!
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Beitrag von Xenon »

"Was unter Effizienzgesichtspunkten eventuell als Erfolg gefeiert werden könnte, nämlich gleichbleibende Investitionen in die Schieneninfrastruktur bei stark gestiegener Verkehrsleistung, sagt nichts über die Effektivität der Investitionen aus. Auch die Tatsache, dass Deutschland pro Kopf und Jahr deutlich weniger in die Schieneninfrastruktur investiert als zahlreiche andere europäische Länder, könnte eventuell effizient sein, schlimmstenfalls ist sie fahrlässig."
Ohne die derzeite Situation zu befürworten, halte ich es für sinnvoll zu hinterfragen, wieso Länder wie Österreich oder Großbritannien ein Vielfaches an Geldern wie Deutschland investieren, ohne dass die dortigen Bahnen signifikant besser aufgestellt sind wie hierzulange.
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Beitrag von ubahnfahrn »

chris232 @ 12 Mar 2011, 17:03 hat geschrieben: Investitionen in die Schieneninfrastruktur
Investitionen in Bundesfernstraßen / Bundesschienenwege (in Mrd. €)
1994: 4,5 / 3,9
1995: 4,5 / 4,7
1996: 4,2 / 3,7
1997: 4,3 / 2,8
1998: 4,4 / 2,7
1999: 4,3 / 3,4
2000: 4,2 / 3,4
2001: 4,7 / 3,9
2002: 4,7 / 4,3
2003: 4,7 / 4,5
2004: 4,9 / 3,5
2005: 5,2 / 3,4
2006: 5,1 / 3,4
2007: 4,9 / 4,0
2008: 5,1 / 3,6
2009: 6,3 / 3,9
80,7
62,5
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

@ chris 232

Danke für die Zahlen. Aber leider beleuchten solche Statistiken nicht die Hintergründe. In den ausgewählten Zeitraum fallen alle Investitionen im Zusammenhang mit dem Verkehrsprojekt Deutsche Einheit. Und wer den Zustand der Straßen nach dem Zusammenbruch der DDR gesehen hat, wird verstehen, dass diese Investitionen dringend notwendig waren.

Vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung muss man auch den Rückgang der Streckenlänge des Schienennetzes sehen. In der DDR wurden viele Strecken aus politischen Gründen aufrecht erhalten, die es im Westen schon lange nicht mehr gegeben hätte (allein für Sachsen finde ich da über 600 Km seit 1994. Hochgerechnet könnten es also rund 3.000 Kilometer sein). Diese Strecken müsste man gerechter Weise heraus rechnen und die Strecken aufführen, die seit diesem Zeitpunkt (auch solche im Rahmen des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit) neu gebaut wurden

Die Gesamtlänge des Fernstraßennetzes ist in achtzehn Jahren um lediglich 2,1% gestiegen, also um 0,12% pro Jahr. Es waren also in den neuen Bundesländern in erster Linie Ersatzinvestitionen (wobei z. T. Bundesstraßen durch Autobahnen ersetzt wurden).

Diese Probleme hatten andere Staaten nicht und daher ist ein Vergleich nur eingeschränkt möglich.

Das in Deutschland nur 47 Euro pro Kopf in die Scheininfrastruktur investiert wird, erscheint im Vergleich mit den „ausgewählten Ländern“ sehr wenig – es dürfte sicher etwas mehr sein.

Interessanterweise hat aber Italien mit seinen auch nicht gerade üppigen 60 Euro pro Kopf und 2,30 pro 1.000 Euro BIP den größten Zuwachs an Eisenbahnstrecken. In Spanien ist das Verhältnis ausgeglichen, die Niederlande haben das Geld etwas effizienter eingesetzt. Magere 0,7% in Österreich stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand. Leider werden die Ergebnisse für Frankreich und die Schweiz nicht aufgeführt und für Deutschland fehlt das Clearing der DDR-Strecken (siehe oben). Die 47 Euro pro Kopf könnten in einem geologisch völlig anderen Gebiet durchaus in einem angemessenen Rahmen stehen.

Ich gehe mal davon aus, dass Du die Auswahl der Kriterien nicht selbst vorgenommen hast, sondern schlicht die vorgegebenen Zahlen abgeschrieben hast. Meine kurze Analyse zeigt aber, dass man mit willkürlich herausgegriffenen Zahlen Politik machen kann.

Nur am Rande, nach schweizerischen Maßstäben müssten wir 23.288.000.000 Euro pro Jahr in die Schieneninfrastruktur investieren. Das wären mehr als 600% der heutigen Leistung. Selbst wenn das Geld dafür bereit stünde, so schnell kann man gar nicht bauen. :lol: :lol:
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.
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Beitrag von ubahnfahrn »

Wo landen eigentlich die restlichen 35 mrd €/Jahr an Steuern, die der arme deutsche Autofahrer abdrückt, wenn nur 4-6 Mrd in die Straßen investiert werden :blink:

Die Umgehung Freising, Kreisstraße, 3 km lang, kosten 80 Mio € muß aus der Kreisumlage von den Gemeinden finanziert werden - und die sehen von der Mineralölsteuer keinen Cent :angry:
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Beitrag von josuav »

Autobahn @ 12 Mar 2011, 20:01 hat geschrieben: Und wer den Zustand der Straßen nach dem Zusammenbruch der DDR gesehen hat, wird verstehen, dass diese Investitionen dringend notwendig waren.
Bei den Schienen war es aber auch nicht besser. Das nimmt sich nichts.
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Beitrag von ubahnfahrn »

josuav @ 12 Mar 2011, 20:07 hat geschrieben: Bei den Schienen war es aber auch nicht besser. Das nimmt sich nichts.
Hier hat man aber oft die Gelegenheit genutzt, auf eine Sanierung gleich ganz zu verzichten. :rolleyes:
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Beitrag von TramBahnFreak »

zu Autobahns DDR-Beispiel: Einige dieser Strecken würden unter schweizerischen Umständen bestimmt noch weiterexistieren; schau dir mal an, was da für kleine Nebenstreckchen noch im regelmäßigen Betrieb sind - und zwar mit Taktverkehr!
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Beitrag von Galaxy »

Xenon @ 12 Mar 2011, 17:55 hat geschrieben: Ohne die derzeite Situation zu befürworten, halte ich es für sinnvoll zu hinterfragen, wieso Länder wie Österreich oder Großbritannien ein Vielfaches an Geldern wie Deutschland investieren, ohne dass die dortigen Bahnen signifikant besser aufgestellt sind wie hierzulange.
Genau das wollte ich auch Schreiben.
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Autobahn
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Beitrag von Autobahn »

@ josuav
Bei den Schienen war es aber auch nicht besser.
Das steht nicht diametral zu meiner Aussage. Ich habe auch erwähnt, dass im Rahmen des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit auch die Schieninfrastruktur in Teilen erneuert wurde.

@ ubahnfarhn
Hier hat man aber oft die Gelegenheit genutzt, auf eine Sanierung gleich ganz zu verzichten
Ohne auf Einzelfälle einzugehen, die wenigsten dieser Strecken wären erhaltungswürdig gewesen.

@ TramBahnFreak
Einige dieser Strecken würden unter schweizerischen Umständen bestimmt noch weiterexistieren; schau dir mal an, was da für kleine Nebenstreckchen noch im regelmäßigen Betrieb sind - und zwar mit Taktverkehr!
Wir sind nicht in der Schweiz. Und davon ab, so blöd sind die Schweizer auch nicht, dass sie eine unrentable Eisenbahnstrecke nicht irgendwann durch eine Buslinie ersetzen. Möglicherweise ist aber die Schmerzgrenze höher.
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Beitrag von TramBahnFreak »

Autobahn @ 12 Mar 2011, 20:56 hat geschrieben: @ TramBahnFreak

Wir sind nicht in der Schweiz. Und davon ab, so blöd sind die Schweizer auch nicht, dass sie eine unrentable Eisenbahnstrecke nicht irgendwann durch eine Buslinie ersetzen. Möglicherweise ist aber die Schmerzgrenze höher.
Aber am Beispiel Schweiz lässt sich auch gut sehen, dass Eisenbahnstrecken, die von dir bzw. in Deutschland generell als unrentabel abgestempelt werden, bei passendem Verkehrs-Angebot (nein, keine morgens-2-Fahrten-hin-abends-2-fahrten-zurück-Methode) gut Profit abwerfen (können).
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Beitrag von chris232 »

TramBahnFreak @ 12 Mar 2011, 21:04 hat geschrieben: Aber am Beispiel Schweiz lässt sich auch gut sehen, dass Eisenbahnstrecken, die von dir bzw. in Deutschland generell als unrentabel abgestempelt werden, bei passendem Verkehrs-Angebot (nein, keine morgens-2-Fahrten-hin-abends-2-fahrten-zurück-Methode) gut Profit abwerfen (können).
Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sich diese Strecken rentabel betreiben lassen, auch nicht in der Schweiz. Nur zählt dort vielleicht nicht nur der Profit auf den ersten Blick, sondern auch die Fahrgäste, die man sonst gar nicht erreichen würde (die nur dank dieser Verbindung das Auto stehenlassen) - oder einfach viel mehr der Nutzen für die Allgemeinheit.
Eisenbahnen sind in erster Linie nicht zur Gewinnerzielung bestimmt, sondern dem Gemeinwohl verpflichtete Verkehrsanstalten. Sie haben entgegen dem freien Spiel der Kräfte dem Verkehrsinteresse des Gesamtstaates und der Gesamtbevölkerung zu dienen.
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Beitrag von Hot Doc »

Autobahn @ 12 Mar 2011, 20:01 hat geschrieben: Danke für die Zahlen. Aber leider beleuchten solche Statistiken nicht die Hintergründe. In den ausgewählten Zeitraum fallen alle Investitionen im Zusammenhang mit dem Verkehrsprojekt Deutsche Einheit. Und wer den Zustand der Straßen nach dem Zusammenbruch der DDR gesehen hat, wird verstehen, dass diese Investitionen dringend notwendig waren.
Umso schlimmer, dass wir trotz dieses Nachholbedarfes bei den Investitionen am unteren Ende dieser Statistik rangieren. (Und selbst wenn sich noch schlechtere Länder finden, sind wir bestens unteres Mittelfeld). Wir sollten doch eigentlich viel weiter oben stehen, wenn wir zusätzlich zu ähnlichen Problemen wie die anderen Länder auch noch die Wiedervereinigung schultern müssen.
Vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung muss man auch den Rückgang der Streckenlänge des Schienennetzes sehen. In der DDR wurden viele Strecken aus politischen Gründen aufrecht erhalten, die es im Westen schon lange nicht mehr gegeben hätte (allein für Sachsen finde ich da über 600 Km seit 1994. Hochgerechnet könnten es also rund 3.000 Kilometer sein).  Diese Strecken müsste man gerechter Weise heraus rechnen und die Strecken aufführen, die seit diesem Zeitpunkt (auch solche im Rahmen des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit) neu gebaut wurden
Sicher kann man darüber diskutieren, dass im Osten einige Strecken wirklich zu viel waren, aber so pauschal wie du kann man das nicht machen! Aus heutiger Sicht tut man sich einfach zu sagen: Gut dass wir die Strecke abgebaut haben, die würde sich nie rentieren. Dass man aber Abwanderung mit einer guten Verkahrsanbindung verhindern kann und sich viele dieser Strecken dann durchaus rechnen würden, kann man als Gegenargument anführen.
Die Gesamtlänge des Fernstraßennetzes ist in achtzehn Jahren um lediglich 2,1% gestiegen, also um 0,12% pro Jahr. Es waren also in den neuen Bundesländern in erster Linie Ersatzinvestitionen (wobei z. T.  Bundesstraßen durch Autobahnen ersetzt wurden).
Was aber entscheidend ist! An vielen Stellen im Eisenbahnnetz warten genau solche Ersatz- oder Ausbauinvestitionen seit Jahrzehnten auf Realisierung (und das trotz einem teilweise weit über 1 liegendem NKF!).
Diese Probleme hatten andere Staaten nicht und daher ist ein Vergleich nur eingeschränkt möglich.
Wie schon geschrieben, das macht den Vergleich nut noch schlechter für uns. (Zumindest was die Investitionen angeht, über die Entwicklung der Streckenlänge kann man vielleicht reden.)
Interessanterweise hat aber Italien mit seinen auch nicht gerade üppigen 60 Euro pro Kopf und 2,30 pro 1.000 Euro BIP den größten Zuwachs an Eisenbahnstrecken.
Könnte auch einfach sein, dass die eben ein ziemlich dünnes Netz haben, was wenig Unterhalt kostet, dann kann man auch mit wenig Geld großen Prozentualen Zuwachs erzielen!

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Magere 0,7% in Österreich stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand.
Im Gegensatz dazu hat Österreich viele Strecken in unwegsamem Gelände. Das kostet Geld.
Meine kurze Analyse zeigt aber, dass man mit willkürlich herausgegriffenen Zahlen Politik machen kann.
Deine Analyse zeigt mir aber nur, dass Deutlschland wirklich madig dasteht, auch wenn man die möglichen Fehlerquellen berücksichtigt.
Nur am Rande, nach schweizerischen Maßstäben müssten wir 23.288.000.000 Euro pro Jahr in die Schieneninfrastruktur investieren. Das wären mehr als 600% der heutigen Leistung. Selbst wenn das Geld dafür bereit stünde, so schnell kann man gar nicht bauen.  :lol:  :lol:
Hast du ne Ahnung, was an Projekten schon seit Jahren in den Schubladen schlummern. Und dann würden auch die Entscheidungsprozesse kürzer dauern, weil nicht ein Ja hier an 3 anderen Punkten ein Nein bedeuten würde.
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Beitrag von Hot Doc »

ubahnfahrn @ 12 Mar 2011, 20:06 hat geschrieben: Wo landen eigentlich die restlichen 35 mrd €/Jahr an Steuern, die der arme deutsche Autofahrer abdrückt, wenn nur 4-6 Mrd in die Straßen investiert werden :blink:

Die Umgehung Freising, Kreisstraße, 3 km lang, kosten 80 Mio € muß aus der Kreisumlage von den Gemeinden finanziert werden - und die sehen von der Mineralölsteuer keinen Cent :angry:
Ohne die Diskussion komlpett neu vom Zaun zu brechen: Mit allen internen und externen Kosten zusammen, reichen die 35 Mrd. nie und nimmer aus um die Ausgaben der Allgemeinheit für das Auto zu decken.

Um mal die offensichtlichsten Beispiele heruaszupicken: Verkehrspolizei, Straßenbau Innerstädtisch, indirekte und direkte Subventionen, Einnahmenausfälle von Verkehrsverletzten/-toten, Beseitigung von Schäden durch Verkehr: Abgase, Abfälle, Schäden nicht gemeldeter Unfälle.....die Liste ließe sich ewig fortführen.
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Beitrag von ubahnfahrn »

Hot Doc @ 12 Mar 2011, 21:53 hat geschrieben:
ubahnfahrn @ 12 Mar 2011, 20:06 hat geschrieben: Wo landen eigentlich die restlichen 35 mrd €/Jahr an Steuern, die der arme deutsche Autofahrer abdrückt, wenn nur 4-6 Mrd in die Straßen investiert werden  :blink:

Die Umgehung Freising, Kreisstraße, 3 km lang, kosten 80 Mio € muß aus der Kreisumlage von den Gemeinden finanziert werden - und die sehen von der Mineralölsteuer keinen Cent  :angry:
Ohne die Diskussion komlpett neu vom Zaun zu brechen: Mit allen internen und externen Kosten zusammen, reichen die 35 Mrd. nie und nimmer aus um die Ausgaben der Allgemeinheit für das Auto zu decken.

Um mal die offensichtlichsten Beispiele heruaszupicken: Verkehrspolizei, Straßenbau Innerstädtisch, indirekte und direkte Subventionen, Einnahmenausfälle von Verkehrsverletzten/-toten, Beseitigung von Schäden durch Verkehr: Abgase, Abfälle, Schäden nicht gemeldeter Unfälle.....die Liste ließe sich ewig fortführen.
Daß die Rechnung insgesamt nicht aufgeht, weiß ich auch.
Aber daß nichtmal aller Straßenbau aus der Mineralölsteuer zu 100% finanziert wird ist schon schlimm genug.

Da Zahlen die Anwohner für ihre Erschließungsstraße, die Gemeinden für Kreisstraßen und die Länder für ihren Staatsstraßenunterhalt (Winterlöcher) aus anderen Einnahmequellen ... :angry:
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Beitrag von Hot Doc »

Das liegt schlicht daran, dass Steuern nicht Zweckgebunden sind. Natürlich könnte man das erst einmal gegenrechnen. Dafür würden den Gemeinden halt dann andere Steuern wieder entgehen, oder man müßte eben dann die Mineralölsteuer exorbitant erhöhen, aber da würden sicher auch wieder alle aufschreien.
Warum soll denn die Mineralölsteuer solitär für den Fernstraßenbau genutzt werden? Da gibt es keine schlüssige Erklärung für.
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Beitrag von ubahnfahrn »

Hot Doc @ 12 Mar 2011, 22:06 hat geschrieben: Das liegt schlicht daran, dass Steuern nicht Zweckgebunden sind. Natürlich könnte man das erst einmal gegenrechnen. Dafür würden den Gemeinden halt dann andere Steuern wieder entgehen, oder man müßte eben dann die Mineralölsteuer exorbitant erhöhen, aber da würden sicher auch wieder alle aufschreien.
Warum soll denn die Mineralölsteuer solitär für den Fernstraßenbau genutzt werden? Da gibt es keine schlüssige Erklärung für.
Ich hab halt was gegen, daß bei mir die Kanalgebühren und die Grundsteuer erhöht werden, nur damit Freising seine Luxusumgehungsstraße hingestellt bekommt :angry:, die übrigens ein reiner Flughafenzubringer (A9-Freising-Isarbrücke-Flughafen West) ist :(
Es geht ja noch weiter, auch die FS44 südlich Freising soll auf Kreiskosten ausgebaut werden und dann für 0 zur Bundesstraße (!) aufgewidmet werden :angry:
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Beitrag von Bayernlover »

chris232 @ 12 Mar 2011, 21:43 hat geschrieben: Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sich diese Strecken rentabel betreiben lassen, auch nicht in der Schweiz. Nur zählt dort vielleicht nicht nur der Profit auf den ersten Blick, sondern auch die Fahrgäste, die man sonst gar nicht erreichen würde (die nur dank dieser Verbindung das Auto stehenlassen) - oder einfach viel mehr der Nutzen für die Allgemeinheit.
Wobei man das als Ganzes betrachten sollte. Wenn eine kleine Strecke in sich unrentabel ist, so sorgt sie doch für Fahrgastzuwächse auf den Hauptstrecken, als Zulieferer sozusagen. Die Gesamtbilanz ist dadurch besser.
Für mehr Administration. Gegen Sittenverfall. Für den Ausschluss nerviger Weiber.
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Beitrag von Didy »

Xenon @ 12 Mar 2011, 17:55 hat geschrieben: Ohne die derzeite Situation zu befürworten, halte ich es für sinnvoll zu hinterfragen, wieso Länder wie Österreich oder Großbritannien ein Vielfaches an Geldern wie Deutschland investieren, ohne dass die dortigen Bahnen signifikant besser aufgestellt sind wie hierzulange.
Vermutlich weil Österreich ein bischen mehr Berge (und damit teurere Bahnstrecken) hat als Deutschland und England die Folgen einer schlechten Privatisierung ausbügeln muss?
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Beitrag von andreas »

ich denke, wenn man dem die Verkehrsentwicklung Schiene/Straße entgegenstellt, dann wird man sehen, daß die Schiene da sehr gut davongekommen ist.
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Beitrag von Hot Doc »

andreas @ 13 Mar 2011, 15:59 hat geschrieben: ich denke, wenn man dem die Verkehrsentwicklung Schiene/Straße entgegenstellt, dann wird man sehen, daß die Schiene da sehr gut davongekommen ist.
etwas ausführlicher bitte, ich verstehe nicht, auf was du dich da beziehst
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Beitrag von Autobahn »

TramBahnFreak @ 12 Mar 2011, 20:11 hat geschrieben: zu Autobahns DDR-Beispiel: Einige dieser Strecken würden unter schweizerischen Umständen bestimmt noch weiterexistieren; schau dir mal an, was da für kleine Nebenstreckchen noch im regelmäßigen Betrieb sind - und zwar mit Taktverkehr!
Mit Sicherheit wird es auch in der Schweiz keine Eisenbahnstrecken geben, wo am Tag 50 oder 100 Leute mit dem Zug fahren!

Lesenswert: http://www.chriguseisenbahnseiten.ch/verg.html
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Beitrag von christian85 »

Mit Sicherheit wird es auch in der Schweiz keine Eisenbahnstrecken geben, wo am Tag 50 oder 100 Leute mit dem Zug fahren!
Man muss aber immer schauen, wie man Strecken sinnvoll betreiben kann. Ich bin der Meinung, wenn es so manche "Lokalbahn" von früher noch geben würde und man sie sinnvoll betreiben würde (z. B. Bad Feilnbach-Bad Aibling gleich bis Rosenheim, diese Abzweige nach Glonn, Taufkirchen(Vils) etc nach München geführt hätte, oder auch die Bockerlbahn nach München fahren lassen würde (so wie jetzt mit Linie A geplant), hätten sie wesentlich mehr Fahrgäste gehabt.
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Beitrag von Autobahn »

christian85 @ 13 Mar 2011, 16:26 hat geschrieben:Man muss aber immer schauen, wie man Strecken sinnvoll betreiben kann......
Es ist sicher richtig, dass so manche Strecke auch heute noch Bestand haben könnte. Hier hat auch die Bundesbahn viel falsch gemacht. Das war aber lange Zeit vor der Bahnreform, als die Beamtenbahn im Wettbewerb gegen das Auto aufgegeben hat. Heute versuchen die Verkehrsverbünde soviel Strecken zu erhalten, wie nur möglich. Aber man kann nicht alle Strecken nur um des Erhalten willens subventionieren.

Wenn sich die Pendlerströme oder die Siedlungsstruktur verändern und nur noch wenige Menschen auf dieser Linie fahren, muss sie eingestellt werden.
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